Kalbskaramell

Steht bestimmt in keinem Rezeptbuch und schmeckt auch so: Einmalig.

Mein Türke wieder. Seit Tagen steuert das Wetter auf ein perfektes BBQ-Weekend zu. Und er? Hat schon am Samstagmorgen keine Lammkoteletts mehr. Er wisse auch nicht, was los sei. Ach, nichts, Hasan.

Sag mir lieber, was ich auf den Rost legen soll. Na hier. Schöne Kalbsbrust, schau mal. Kalbsbrust? Weisst du, wie lange die auf dem Grill hat, Hasan? Das ganz gut, sicher! Warum du schauen so? Ach, nichts, Hasan. Pack das 3-Kilo-Ding ein. Wird schon irgendwie werden.

Ich wollte sie ganz langsam über kleinem Feuer braten. Immer wieder mit einer Mischung aus Olivenöl, Weisswein, Knoblauch, Salz und Thymian bepinseln. Das hätte ich bestimmt vier Stunden durchgehalten. Aber meine Leute wollten essen, nicht mir beim bepinseln zuschauen.

Natürlich war das Fleisch nach zweieinhalb Stunden noch nicht annähernd zart. Aber erklär das mal deinen Leuten (von aussen sieht es super aus, das ist bestimmt schon gut!).

Was folgte, war zäh. Und ich meine nicht nur das Fleisch. Auch die Litanei über fehlende Kundenorientierung von türkischen Fleischhändlern. Falschem Timing beim Befeuern der  Grillstelle. Ungeeignetem Grillgut. Oder dem Grillglück mit saftigen Rinds-Entrecôtes

Aber noch etwas folgte. Der glückliche Zufall, der solchen Kochpannen manchmal anhaftet. Am nächsten Tag nämlich wurde aus dieser Kalbsbrust das wahrscheinlich weltweit erste Kalbskaramell!

Dazu hab ich die restliche Kalbsbrust mit Knochen in einem selbstgemachten Kalbsfond aufgewärmt und während rund zwei Stunden simmernd zu Ende gegart.

Das Fleisch beginnt sich dann vom Knochen zu lösen und ist butterweich. Grob zerteilen und beiseite stellen. Fond mehrmals durch ein feines Sieb passieren. Dann reduzieren, reduzieren, reduzieren.

Frisch mit Knoblauch und Thymian aromatisieren und zum Schluss mit Unmengen eiskalter gesalzener Echiré-Butter montieren. Fleisch in dieses Aromabad legen.

Bon dieu! Diese Sauce schmeckt wie das reinste Karamell. Aber salzig. Wie so Karamell mit Fleur de Sel.

Man will gar nicht mehr aufhören, das auszulöffeln. Oder höchstens mal, um noch ein Stück von diesem knusprigen Baguette dazu abzubrechen.

Und das Beste: Ich durfte alles allein aufessen. Meine Leute glauben einfach nicht mehr an Kalbsbrust.

Ich schon. Danke Hasan!


19 Kommentare zu Kalbskaramell

  1. Micha am 19. Juni 2012 at 07:01:

    Mit der Art wie du es verstehst, einem den Mund wässrig zu machen, bist du schon ein Gangster!

    -
  2. Heike am 19. Juni 2012 at 07:41:

    Gut gelöst, schaut wirklich fantastisch aus!
    Ich steh ja total auf große Fleischteile vom Grill. Aber bei mir hat ja ausser mir auch niemand was zu sagen :p

    -
  3. Mike am 19. Juni 2012 at 08:30:

    Kalbsbrust vom Grill kannte ich bisher noch nicht, ich habe die immer gefüllt und als Braten serviert. Aber indirektes Grillen auf einem Weber-Grill sollte funktionieren. Dein Kalbskaramell ist aber auch nicht zu verachten. Und wie heißt es doch so schön: Selber essen macht fett!

    -
  4. Wilde Henne am 19. Juni 2012 at 09:23:

    Naja, wenn ich mir das Tier auf dem Grill so anschaue – das kann so nix werden 😉
    Aber was Du dann draus gemacht hast, das gehört dann schon in die erste Liga! 🙂

    -
  5. Konrad am 19. Juni 2012 at 12:04:

    Butter ist schon was Leckeres!

    -
  6. Turbohausfrau am 19. Juni 2012 at 12:55:

    Du schwenkerst? Geht das denn auch für große Fleischstücke?

    -
  7. Britta am 19. Juni 2012 at 19:50:

    Schrecklich, wenn das schöne Kalb zäh geworden ist, ist mir aber auch schon passiert. Und umso schöner, wenn man so eine wunderbare Ehrenrettung hinlegt.

    Wir schwenkern übrigens auch, sehr gerne 😉

    -
  8. Josélito am 20. Juni 2012 at 17:25:

    Claudio, Du kannst es einfach!

    -
  9. Andrea am 20. Juni 2012 at 23:08:

    Wie gut, dass Hasan im Grunde keine Ahnung hat! Das liest sich einfach unglaublich lecker!

    -
  10. Alex am 21. Juni 2012 at 09:30:

    Einige der berühmtesten Gerichte sollen ja durch „Unfälle“ geboren worden sein. Dieses sensationelle Gericht zählt mit Sicherheit dazu. Trifft genau meinen Geschmack und ich werde das baldmöglichst mal nachkochen. Bravo!

    -
  11. Claus am 21. Juni 2012 at 09:49:

    Wie neulich mit meiner dicken Rippe vom Schwein. Mit so´nem Grill und Ungeduld im Nacken kannste nur alt aussehn. Aber du hast die Kurve elegant gekriegt. Hut ab.

    -
  12. Ariane am 21. Juni 2012 at 22:52:

    Boah, in dem Aromabad könnt ich mich auf der Stelle suhlen!

    -
  13. lieberlecker am 21. Juni 2012 at 23:08:

    … und Du hast wirklich keine Sauce übrig? Da würd ich mich nämlich gerne mal reinsetzen – 🙂
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

    -
  14. Nicole am 27. Juni 2012 at 14:57:

    Das schaut super lecker aus.. und die Kombi Caramell und Fleur de Sel mag ich sowieso. Verfolge euren Blog fleissig.. deshalb stehen die Anonymen Köchen natürlich auch in meiner Food-Blog Top 10.

    Der Beitrag ist seit heute auf unserem Firmen-Blog online. Falls du mal reinschauen möchtest, würde mich freuen.
    http://blog.xeit.ch/2012/06/foodblog-top-10-die-besten-deutschsprachigen-food-blogs/

    Liebe Grüsse aus der Schweiz.
    Nicole

    -
  15. Evi am 3. Juli 2012 at 12:32:

    Hallo, das Rezept klingt gut und sehr interessant, daher werde ich es mal am WE ausprobieren.
    Gruß Evi

    -
  16. capitan am 5. Juli 2012 at 16:06:

    Sollten wir uns eines Tages treffen und in der Nähe bruzelt etwas auf dem Grill – wir bleiben über Nacht! Nur zur Sicherheit!

    -
  17. Lana am 10. Juli 2012 at 11:34:

    Ich brauche auch so einen Hasan bei mir um die Ecke 😀

    -
  18. Henrik am 1. August 2012 at 15:38:

    Also ich hätte das Teil rundherum mit einem schönen Branding versehen und dann indirekt bei 110°C in einem Kugelgrill auf eine entsprechende Kerntemperatur gebracht. Ergebnis garantiert lecker ^^. Vielleicht noch ein bisschen mit nassem Hickoryholz geräuchert. Aber auch so eine schöne Story.

    -
  19. dani am 6. August 2012 at 19:55:

    knupserknusperknäuschen sieht das gut aus!

    -

Kommentieren

 


Handcrafted by kubus media.