Wann ist Werbung Werbung?

Für mich fängt Werbung bei der Partnersuche an. Wenn man versucht, sein Gegenüber zu verführen und für sich zu gewinnen. Die beste Werbung soll bekanntlich die Mundpropaganda sein. Eine gute Empfehlung unter Freunden ist Gold wert. Sowohl für Käufer wie für Bieter.

Werbung hört für mich dort auf, wo sie plump, aufdringlich und doof ist. Das ist leider der grösste Teil des Kuchens. John Hegarty formuliert es sinnigerweise so: „Good advertising is probably like making a great sauce. It just takes time.“

Und dann gibt es da neuerdings diese Foodblogs und die ewige Frage nach Unabhängikkeit, Werbefreiheit und Authentizität.

Bei meinem letzten Beitrag hat die mir bis anhin unbekannte – aber langjährige – Leserin Harriet einen Kommentar hinterlassen. Ich nutze die Gelegenheit, meine Antwort darauf zum Thema zu machen. Denn so wie Harriet, denken vielleicht auch andere Leserinnen und Leser dieses Blogs. Vielleicht beantworte ich also dieselben Fragen gleich mit.

 

Lieber Claudio, ich lese deinen Blog seit einigen Jahren und das wirklich sehr, sehr gerne. Ich mag deine Schreibe, deine Art zu kochen, deinen Humor – dein Blog hat, Verzeihung, Eier. Was mir aber überhaupt nicht gefällt, ist das Maß, in dem hier das zunimmt, was man im weitesten Sinne “Produktvorstellungen” nennen könnte. Oder einfach: Werbung. Ich weiß, du würdest nie über etwas berichten, das du nicht selbst gut findest. Aber trotzdem. Ein bisschen schade ist es. 

Danke für deine Offenheit, Harriet. Schön, dass dir meine Texte schon so lange Freude bereiten.

Du hast recht, ich würde nie über Dinge schreiben, die ich nicht gut finde. Und selbst wenn ich Produkte gut finde, gerne shoppen gehe und Neues teste, ist dieser Blog keine Ablage für vorgefertigte PR-Texte oder Werbepostillen. Auch wenn das einige PR-Verantwortliche diverser Unternehmen nicht schnallen.

Ich bekomme täglich Post und E-Mails mit lächerlichen Kooperationsvorschlägen und der Bitte (oft sogar mit der Anweisung!) Werbung für Sie zu machen. Nein. Mach ich nicht. Ich habe kein Interesse daran, meiner Leserschaft warme Luft oder vorgekauten Marketingbrei zu servieren.

Aber was mache ich dann? Ich berichte über Dinge aus meinem Alltag, die mit Essen, Kochen und Geniessen zu tun haben. Darum auch die drei Kategorien im Blog: Gekocht | Gegessen | Gesehen. In meinem Alltag dreht sich aber auch vieles um Werbung und PR. Denn ich bin freischaffender Texter. Ich schreibe auch für Kunden aus den Bereichen Gastronomie, Lebensmittelproduktion und -Vertrieb.

Für mich ist also Werbung oder PR nicht a priori etwas Schlechtes. Für viele Zeitgenossen scheint aber alles, was irgendwie nach Werbung riecht, nervig und verachtungswürdig. Im Fall von plumper, aufdringlicher und doofer Werbung kann ich das sogar verstehen. Davon gibt’s ja leider reichlich.

Ich werde aber immer gerne aus meiner Sicht über etwas schreiben und meiner Leserschaft eine Story drumherum bieten. Wenn es gelingt, sogar mit Witz und Selbstironie. Erlebnisse und Genüsse teilen, mich über etwas lustig machen, Dinge kritisieren und Rezepte oder Tipps abgeben.

Wenn mich also ein Produzent, Winzer oder Händler einlädt und sich die Zeit nimmt, mir seine Produkte zu zeigen, dann interessiert mich das. Ich mache es zu meinem Ding. Und wenn mich Herkunft und Hintergründe bei Laune halten oder inspirieren, dann ist die Chance gross, dass ich darüber berichte und euch davon erzähle. Oder darüber schwärme.

Denn das ist der Grund, weshalb ich vor fünf Jahren diesen Blog gestartet habe. Ich hatte sonst niemanden, dem ich das alles hätte erzählen können!

Heute teile ich dank dem Bloggen die Leidenschaft über alles Kulinarische mit sehr viel mehr Menschen. Logisch, dass da auch neue Bekanntschaften, Partnerschaften und im weitesten Sinne Kooperationen entstehen. Nebst ganz tollen Freundschaften natürlich.

Du könntest es also auch so sehen: Wir sind befreundet und schwärmen beide gerne übers Essen. Wir treffen uns zufällig und dann erzähle ich dir: „Gestern war ich im Fall auf dem Jungfraujoch, Reto Mathis hat dort seine Delikatessen-Kollektion vorgestellt …“


11 Kommentare zu Wann ist Werbung Werbung?

  1. Paul Fritze am 6. September 2012 at 15:58:

    Ich wünschte mir sehr mehr Leute würden ein wenig entspannter mit Werbung umgehen. Jeder unaufgeregte Beitrag dazu ist hilfreich. Schön.

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  2. capitan am 6. September 2012 at 16:17:

    solange die werbung so wie hier so hübsch verpackt ist (und meistens erkennt man ja nach den ersten zwei bis drei sätzen ob es sich gerade zufällig um eine kleine werbeunterbrechung handelt), solange finde ich das gar nicht so schlimm. sie ist ja gut gemacht und hat genug wortwitz. und wenn ich gerade keine lust auf werbung habe, dann zappe ich weiter. mach ich sonst ja auch so. z.b. im fernsehen. und da ist werbung selten wirklich gut. nein, eigentlich nie. und ich bin schließlich auch werber. aber ich muss die miesen texte nur hübsch bebildern – da kann man einiges retten 😉

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  3. Sophie am 6. September 2012 at 16:17:

    Danke, lieber Claudio, für dieses Statement. Ich verstehe die ganze Aufregung über dieses Thema nur noch in begrenztem Maße – solange im Blog die eigenen Erfahrungswerte mit dem Produkt/Unternehmen/Lebensmittel kommuniziert werden, ist doch alles in Ordnung?! Bei (Food-)Zeitschriften regt sich seltsamerweise keiner über Werbebanner und/oder als redaktionelle Beiträge getarnte Promos auf.

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  4. Harriet am 6. September 2012 at 17:27:

    Lieber Claudio,

    siehst du? Das meinte ich mit „Eiern“: Du machst die Kritik gleich zum Thema. Sehr gut! Ich will auch gleich auf deine Erwiderung reagieren.

    Dass dein Blog keine „Ablage für vorgefertigte PR-Texte oder Werbepostillen“ ist, ist freilich jedem klar, der ihn regelmäßig liest. Und natürlich erwartet auch niemand, dass auf Produktfotos sämtliche Etiketten abgeklebt sind, ganz im Gegenteil, man ist ja froh, wenn man hin und wieder mal einen Hinweis auf ein gutes … was weiß ich … Ketchup kriegt.

    Und natürlich kannst du für Produkte, die dir gefallen, Werbung machen wie du willst. Der Grund für meinen Kommentar war auch ein anderer. Ich hatte das Gefühl (aber das ist rein subjektiv und vielleicht tue ich dir Unrecht, ich will jetzt aber auch nicht die Erbsenzählerin spielen), dass dir dabei das rechte Maß verloren gegangen ist. Und weil dies hier einer meiner Top-3-Lieblingsblogs ist, an dem ich sehr hänge und den ich gerne weiterhin mit Genuss und Interesse lesen will, und weil sich aber sonst niemand beschwert hat (obwohl ich mir sicher bin, dass es anderen Lesern so geht wie mir), habe ich eben das Wort ergriffen. Ich will nämlich (aber das ist wieder rein subjektiv) über Kalbskaramell und Coq au Vin lesen, über zähe Fasanenbraten und dicke, saftige Steaks. Kochzeitschriften, gutes Olivenöl und Chilisauce mit Konservierungsstoffen drin entdecke ich nämlich selber.

    Beste Grüße!

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  5. Scuba am 6. September 2012 at 17:33:

    Hallo Claudio,

    bin zwar erst seit kurzem Leser, möchte dir aber hier meine Unterstützung aussprechen, obwohl ich Harriets Kritik durchaus nachvollziehen kann (auch wenn ich sie nicht in diesem Maße teile). Gegen ein bisschen Werbung ist absolut nichts einzuwenden, besonders wenn sie im Rahmen einer kompetenten Empfehlung daherkommt. Auch deine Reaktion auf Harriets Kritik teile ich vollkommen, die Info das du Unternehmungen wie die im letzten Beitrag beschriebene auch aus beruflichen Gründen unternimmst, räumt auch die letzten Zweifel aus: Natürlich ist dein Beruf auch Teil deines Lebens, also kannst du gefälligst auch auf deinem Blog davon berichten. Und solange du das gewohnt ansprechend verpackst und wirklich hinter dem Produkt stehst: Weiter so!

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  6. Eline am 6. September 2012 at 19:58:

    Eine immer wieder spannende Diskussion. Ich fuer mich habe entschieden, nur fuer „Genusquellen“ zu werben, die ich selbst entdeckt habe. Ich weiss aber nicht, was ich taete, wenn unter den vielen Aufforderungen, die ich bekomme mal was wirklich Herausragendes waere. Claudio bekommt als Werbeprofi da sicher Interessantes, das ist eine andere Situation. Dazu zaehle ich den letzten Beitrag allerdings nicht, weil ich es aufgesetzt finde, wenn Starkoeche Ketchup mit ihren Namen branden.
    Ich gebe Harriett schon recht, zu viel soll es nicht werden. Ich habe aber auch kein Problem, mich aus einem Beitrag auszuklinken, wenn ich das Beworbene nicht mag, ohne deswegen meine Zuneigung zu den „Anonymen Koechen“ zu verlieren 😉
    Wirklich nervig finde ich Flut an Preisausschreiben und Kochevents.

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  7. cucina e libri am 6. September 2012 at 21:43:

    Ecco. Ha le palle ’sto ragazzo! mancherebbe altro. ed almeno ce li va vedere, meglio:leggere. Gegen jede Foodzeitschrift wie zB sale & pepe oder wie sie sonst heissen, ist claudio ein klosterzögling mit viel sense of humor – eben: einzigartig. Keep on running, my dear, keiner kanns so gut wie du, und das bisschen werbung zappen wir weg (so ich denn jemals eine gesehen hätte in diesem blog), und mal ehrlich: wir brauchen doch klug präsentierte produkt-info, davon leben wir köche ja auch, dass es foodscouts gibt, die uns ihre entdeckungen mitteilen. neugierde ist ein lebenselixir. give me excess of it! und, harriet, gut, dass du das angestossen hast, danke.

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  8. Armin am 7. September 2012 at 13:44:

    also ich möchte nichts essen wofür Werbung gemacht wird, frei nach dem alten Dr. Bruker. Denn gute Produkte sind doch zeitlos, und brauchen eigentlich keine Werbung.Außerdem sollte man doch auf sein Gefühl achten was gut für einen selber ist.Klugscheißmodus aus.

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  9. Micha am 8. September 2012 at 04:50:

    Witziges Bild! Siehst du immer, wenn du auf seriös machst, so unseriös aus? (Späßken). Und müßte ich den Amerikaner im Hintergrund kennen?

    Klar geht Werbung fließend. Und bei all den vielen und nochmehr vielen Produkt-Preis-Verleihungen in den abervielen Blogs gehörst du eindeutig zu den sehr gemäßigten. Wenn aber ein geneigter Leser vielleicht den Anfängen wehren möchten, könnte man das einfach als kleines, warndendes Zeichen nehmen, n’est-ce pas?

    Die beste Leserschaft, von der man ausgehen kann, ist eine mündige. Wer wird schon gerne ab einem gewissen Alter erzogen.

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  10. angela am 8. September 2012 at 22:32:

    vai claudio, sei forte. quel po‘ di pubblicità non fa male a nessuno. e poi fai tutto con stile!!

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  11. Claus am 9. September 2012 at 11:14:

    Ich sehe es wie du. Und mache auch Werbung. Für mich, meine Kocherei und für Dinge, die mir gut gefallen. Wenn dann auch mal ein paar Euro dabei rausspringen – umso besser. Wenn nicht, auch egal…

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