Die essenzielle Nudel.

Eine wie keine: Exzeptionelle Pasta mit Gerste aus Abruzzo.

Kürzlich war ich in Sulmona und was sehe ich da im Soldo di Cacio, dem Laden der Locanda da Gino?

Diese wunderbare Box mit der höchst hochwertigen Pasta Ma’kaira aus abruzzesischem Weizen und Gerstengraupe. Hergestellt im Casino di Caprafico, wo auch die Linsen produziert werden, über die ich hier schon geschrieben habe.

Die Qualität dieser Pasta ist aussergewöhnlich. Wie auch der Preis, zugegeben. Dafür schmeckt sie aber auch wie keine andere. Körnig. Mit dem leichten Strohduft von reifem Weizen. Und im Gegensatz zur schlichten Verpackung gibt sie sich beim Kochen extrem geschwollen und vollmundig. Eine so raue Oberfläche sieht man selten, selbst bei anderen hochwertigen Nudeln, die durch Bronzeformen gepresst werden. Und die schreit förmlich nach der Verbindung mit einer Sauce.

Allerdings sollte man sich da zurückhalten und das feine Aroma der Pasta nicht mit brachialen Saucen erschlagen. Man geniesst sie erst mal am besten nur mit etwas Olivenöl und geriebenem Käse. So wird man sich am besten bewusst, in welcher Liga diese Pasta spielt (und leider auch, in welcher die Supermarktpasta spielt, die man sonst so verdrückt und die man immer für recht okay gehalten hat).

Jetzt, wo es reife Gartentomaten im Überfluss gibt, vermählt sich aber auch ein schlichter Sugo al pomodoro sehr gut mit den leicht kantigen Chitarra-Spaghetti. Die Zubereitung erfordert allerdings ein wenig Aufwand. Was sich durch einen intensiven, fruchtig-süssen Geschmack längstens rechtfertigt.

Die vollreifen Tomaten waschen und den Strunk herausschneiden. Dann die Tomaten, und nur die Tomaten, ohne nichts anderes, vierteln und eine gute Stunde in einem hohen Topf zugedeckt einkochen, bis sie zerfallen. Danach durch die Passiermühle drehen.

In der Zwischenzeit konfieren wir im Backofen ein paar schöne Datterini-Tomaten: Längs in die Hälfte schneiden und mit der Schnittfläche nach oben auf ein mit Backpapier belegtes Blech geben. Salzen, pfeffern und mit Staubzucker überpudern.

Mit Olivenöl beträufeln und 1 Stunde bei 140 Grad Umluft konfieren. 10 Minuten vor Ende fein geschnittenen Knoblauch und ein paar Zweige frischen Thymian dazugeben. Dann in einem Teller bereitstellen. Und dabei vor allem jeden Tropfen vom hocharomatischen Öl auffangen.

Die passierten Tomaten, die noch sehr viel Wasser aufweisen, müssen jetzt nochmals offen eingeköchelt werden, bis nur noch dicke Tomaten-Polpa – eigedicktes Fruchtfleisch – übrig ist.

Erst jetzt setzen wir den Sugo an: Eine kleingewürfelte Zwiebel (am besten eine süsse Tropeazwiebel) in reichlich Olivenöl schwimmen lassen und bei mittlerer Hitze geduldig weichschmoren. Dann die Tomaten-Polpa dazugeben und zugedeckt 20 Minuten einköcheln. Gut salzen, pfeffern und mit frisch gezupftem Basilikum aromatisieren.

Die Pasta in reichlich Salzwasser al dente – wirklich sehr bissfest – kochen. Für perfekte Spaghetti al pomodoro muss die Pasta in der Tomatensauce fertig gegart werden. Nur wenn sie in der Sauce geschwenkt werden, saugen sich die Spaghetti mit dem aromatischen Sugo voll, der sich noch so gerne an die Nudel schmiegt.

Dazu in einer grossen Schwenkpfanne (beschichtet oder auch nicht) ein paar Löffel Sugo und einige konfierte Datterini-Tomaten erhitzen, die tropfnassen Spaghetti aus dem Kochwasser hineinheben und gut durchschwenken. Schrittweise mehr Sugo dazugeben und bei mittlerer Hitze 1 bis 2 Minuten amalgamieren.

Anrichten, mit weiterem Sugo nappieren, die konfierten dazugeben und wenn man hat, ein paar Tropfen Basilikum-Öl von PPURA über den Teller träufeln.

Die Pasta schmeckt so reich, so vollmundig und die Tomaten so ausgewogen und komplex zugleich, dass man vermutlich jede Pasta al pomodoro die man sonstwie zubereitet oder sonstwo gegessen hat, getrost vergessen kann.

Zumindest für eine gewissen Zeit. Sagen wir, so lange, bis ihr selbst einmal solch einmalige Spaghetti zubereitet habt.


11 Kommentare zu Die essenzielle Nudel.

  1. Claudia am 31. August 2014 at 22:35:

    Nicht mehr und nicht weniger als eine Verneigung vor der perfekten Nudel. Ich mache mich jetzt mal auf die Suche, wo ich sie bekomme.
    vorfreudige Grüße
    Claudia

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  2. Kerstin am 31. August 2014 at 23:03:

    DAS ist so wunderschön! Claudia – ich suche mit dir!
    Herzlich, Kerstin.

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  3. Micha am 1. September 2014 at 07:08:

    Im Schwärmen übers Essen macht dir kaum einer etwas vor. Hmmm, selbst wenn ich überlege, hast du die Nase dabei ganz vorne. Und ich höre dir gerne dabei zu!

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  4. Andreas Gradert am 1. September 2014 at 10:10:

    Na, einfach bestellen, z.B. im Casino di Caprafico, für 5,20 das Kilo, das ist nicht so teuer.

    http://www.casinodicaprafico.com/wp-content/uploads/2013/10/LISTINO-SANTOLERI-2014.pdf

    Oder bei den einschlägigen Feinschmeckerversandhäusern, mit dem Marktwirtschafts- und „beim-Foodblogger-als-nur-für-mich-Geheimtipp-gelesen“-Aufschlag zu Preisen zwischen 12 und 18 Euro das Kilo.

    Siehe hier: http://lmgtfy.com/?q=ma%27kaira+bestellen

    Oder aber – mach sie selbst.

    8-10% Gerstengraupe sind drin, diese mahlst Du sehr fein, und dann den Eigelbanteil Deines Vertrauens. Das EU-Standard-Ei (jaja, sollte es auch in der Schweiz geben) hat 60 Gramm, die Formel ist zwei Teile Ei (60g) plus drei Teile Mehl (90g, also 80g auf Wunsch auch abruzzesischem Weizen und 10g gemahlene Graupen).

    Ich nehme Milch dazu, aber nur sehr wenig, damit ich besser kneten kann, und ich nehme ganz wenig Öl dazu, ein sehr, sehr sanftes Öl.

    Mach mal. Und lad mich ein – ich bringe ein Stück altes Fleisch mit. Ein sehr begehrenswertes Stück altes Fleisch. Der Rest fällt uns auf dem Marktspaziergang ein.

    LG
    Andreas

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  5. Claus am 1. September 2014 at 13:52:

    Die würd´ ich nur mit Butter und Salbei…

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  6. Irene am 1. September 2014 at 14:13:

    wunderbar! allein die verpackung ist sowas von edel, da kann nur eine gediegene Pasta darin zu Hause sein.
    Liebs Grüessli
    Irene

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  7. Andreas Gradert am 1. September 2014 at 20:44:

    Claudia, habe ich Dir eigentlich schon erzählt, dass ich mich in Deine Jakobsmuscheln in Wodka-Zitronengras-Sauce und schwarzer Pasta verliebt habe?

    Beim letzten Mal bin ich allerdings beim Wodka stehengeblieben, weil ich die Jakobsmuscheln vergessen hatte 😉

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  8. Claudio am 1. September 2014 at 22:50:

    Claudia, Kerstin: Hoffentlich werdet ih bald fündig. Setzt schon mal den Sugo auf! Merci, Micha. Kann nur Txogitxu sein, Andreas. Claus, im Direktvergleich würdest du die mit meinem Sugo vorziehen, vertrau mir. Sag nichts, Irene, zumal es eine 1 kg-Packung ist, die liegt wunderbar schwer auf der Hand!

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  9. Lars am 2. September 2014 at 13:35:

    Sieht einfach aber unfassbar lecker aus. Als Student hab ich leider kein Geld für solche Luxus Artikel aber ich freu mich schon wenn ich mein erstes Gehalt für unfassbar viel gutes Essen rausballern kann 🙂 Leckeres essen muss natürlich nicht teuer sein, aber mit guten Zutaten schmeckts halt immer noch besser als mit den günstigen Alternativen von Aldi und Co.

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  10. Martin am 19. September 2014 at 10:53:

    Das sieht absolut lecker aus!! 🙂

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  11. Sugo: Auf den Spuren eines Dogma | Cookingcrisis am 11. Juni 2015 at 22:24:

    […] zuweilen recht dogmatisch sein. Zum Beispiel wenn es um Tomatensauce geht. Zum Beispiel hier oder hier oder auch und vor allem hier. Klar, er ist Italiener, da werden die Diskussionen ums Essen  […]

    -

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