Abtauchen und Aufleben.

Samnaun Panorama

Samnauns überragende Bergkulisse als Seelenfutter fürs Genuss-Weekend.

Ich fahre echt viel zu selten in die Schweizer Berge. Dabei hat unsere Alpenwelt so viele Kraftorte, dass einem beim Anblick der Atem stockt. Tiel Luft holen, das herbstliche Panorama einatmen und schon leuchtet die persönliche Ladeanzeige wieder grün.

Doch bevor wir den äussersten Ost-Zipfel der Schweiz erreichen, gibt es noch einen Schmankerl-Schlenker. So mögen wir das: Auf dem Weg nach Samnaun die Route über Österreich wählen und dank einer Umleitung zufällig an so ein Wirtshaus geraten. Passt!

Traube Braz

Super romantisch eingerichtet, traditionelle Gerichte, solide zubereitet und jeder Teller kann auch als halbe Portion bestellt werden (was über Mittag als Zwischenstopp-Mahlzeit mehr als willkommen ist). Ja sicher, ist doch überhaupt kein Problem.

Sehr freundliche Bedienung. Oder sagen wir, eine unverkrampfte. Meine Frau bekommt an ihrem Platz etwas viel Sonne ab. Als die Hoteliersfrau die Vorhänge zuzieht, danke ich: «Oh, da ist meine Frau aber froh, dass sie keinen Sonnenbrand bekommt.» Darauf sie: «Wanns die Leit an Sonnenbrand bekommen is mia des wurscht, owa i mags ned, wann die Möbel abschiess’n duan!»

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Munter rauschen wir bei Kaiserwetter über den Arlberg und erreichen Samnaun in satter Indian Summer-Koloration. Muss mir ein gedankliches Post-it anheften: Das Skigebiet, das bis nach Ischgl reicht, muss immens sein, alle schwärmen davon.

Die Einladung zu einem genussvollen Weinabend verbinden wir mit einem Relax-Wellness-Weekend im Relais & Château Chasa Montana Hotel & Spa. Das Haus im gehobenen Chalet-Stil nimmt uns mit seiner familiären Ambiance und dem extrem freundlichen Staff ein.

Küchenchef Johannes Partoll (eben wieder mit einem Michelin-Stern für das hoteleigene Gourmet-Restaurant «La Miranda» ausgezeichnet) bereitet ein grandioses Siebengang-Menü zu den passenden Spitzen-Weinen der Domaine Chanson zu.

Zweite Post-it-Notiz: Wieder mal ins Burgund fahren!

Chanson-CEO Gilles de Courcel stellt seine Weine jeweils vor. Sein Önologe, Jean-Pierre Confuron, wurde letztes Jahr zum Winzer des Jahres gewählt. Eingeschenkt heisst das: grosse, sehr saubere, sehr charaktervolle Pinot Noirs (und ein Chardonnay) der besten Lagen.

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Auch der sympatische Hoteldirektor und passionierte Sommelier Daniel Eisner spickt den unterhaltsamen Abend mit Weinwissen und Anektoden. Im hoteleigenen Weinkeller pflegt er gemeinsam mit seinem Service-Chef Thomas Monsberger über 1000 Positionen.

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Auf dem Teller überzeugen präzise gegarte und perfekt komponierte Kombinationen wie Seesaibling mit Gurke und Wasabi, konfierter Kaisergranat mit geräucherter Mandel, fermentiertem Lauch und schwarzem Knoblauch oder Hirschrücken mit Feigenkaffee, kandierten Oliven und Karotten-Maracuja-Chutney.

Aber, dieser Einschub muss sein: Nicht nur im Gourmet-Teil isst man hervorragend. Küchenchef Partoll verantwortet auch die Karte der Tagesrestaurants.

Und dort bemerkte mein Junior zu Recht, dass er noch nirgends ein so gutes Wiener Schnitzel bekommen hat (nicht mal das bei Plachutta). Tatsächlich wird es in einer Schweineschmalz-Butter-Mischung ausgebacken und hat eine unverschämt feine und perfekt gewellte Panade. Gibt Extra Junior-Bonus-Punkte!

Die Weinabende finden zweimal jährlich statt und sind seit Jahren bei vielen Weinkennern und Gourmets kulinarische Fixsterne.

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Sorgte am Ende des Abends für vinologische Tiefenentspannung: Chambertin-Clos de Bèze Grand Cru 2008.

Chasa Montana

Eine Tiefenentspannung der besonderen Art war meine erste Erfahrung in einem Floating Tank. 60 Minuten wohlig-warme Schwerelosigkeit.

Floating Tank

Mag sich noch jemand an den Film Altered States erinnern? Übertriebener 80er-Jahre Quatsch aus heutiger Sicht. Die extrem entspannende Wirkung im Salzwasser in völliger Dunkelheit ist grandios.

Anfangs bleibt das sanfte Licht noch 5 Minuten an und ich wiege mich mich hin- und her. Strecke und dehne mich und lasse es da und dort etwas knacken. Dann geht das Licht aus, Meeresrauschen ist zu hören. Wärme umschliesst den Körper. Langsam legt man den Kopf ganz nach hinten und breitet die Arme aus, so dass nur noch Mund uns Nadenspitze aus dem Wasser ragen.

Einem imaginären Hypnotiseur folgend, werde ich immer schwerer, entspannter und dabei gleichzeitig leichter. Alles fliesst. Der Gedankenrausch ebbt ab. Der Puls verlangsamt sich und dämpft die Atmung. Bis man nur noch an eine Farbe denkt: Tiefes Smaragdgrün. Wunderschön.

Wenn das Licht wieder angeht ist es, als wären erst 10 Minuten vergangen. Das Wasser läuft langsam ab. Nun spürt man die Erdanziehungskraft wie nie zuvor. Der Körper sinkt stetig. Wird gegen den Boden gedrückt. „Geerdet“ zu sein, jetzt fühlt man es. Man klebt förmlich in der Wanne, wie ein Crew-Mitglied in einem Science-Fiction-Film, der aus dem Cryo-Schlaf gespült wird.

Bloss, dass man sich hier nicht in einem kühlen Raumfrachter befindet, sondern in der wohligen SPA-Oase mitten in der Schweizer Bergwelt. Fast zu schön um wahr zu sein, denkt man. Und ist dankbar.


4 Kommentare zu Abtauchen und Aufleben.

  1. Mathias am 13. Oktober 2015 at 15:01:

    Hallo Claudio,
    seit langem lese ich nun interessiert deinen Blog und freu mich über jeden neuen Eintrag. Heute denk ich mir wo bist du da denn wohl gewesen bei deinem Weg über Österreich nach Samnaun. Dann auch noch am Arlberg vorbei und siehe da – du warst bei mir zuhaus in Braz.

    Nur als kleiner Tip, Braz hat nicht nur ein, sondern zwei Haubenlokale und ein paar hundert Meter weiter Richtung Arlberg kommt nach der Kirche der Gasthof Rössle den ich dir für deinen nächsten Trip wärmstens ans Herz legen möchte.

    Schöne Grüße aus den Bergen!

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  2. Claudio am 13. Oktober 2015 at 15:37:

    Danke für deine Lesetreue und deinen Tipp, lieber Mathias! Dacht ichs mir: Hab das Rössle beim Weiterfahren tatsächlich wahrgenommen (war aber, glaub ich, geschlossen) und sag noch zu meiner Frau: Da isst man bestimmt auch gut 🙂 Hoffe, ich komm bald mal wieder in eure schöne Ecke. Beste Grüsse!

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  3. miraculix am 2. November 2015 at 12:54:

    Koch doch einfach mal wieder was. Das fehlt auf deiner Seite seit langem. Etwas besonderes.

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  4. VÍCTOR am 3. November 2015 at 13:16:

    Hallo, ein paar sehr gute Köche und einige sehr schmackhafte Gerichte.
    Gesundes Essen ist nicht teuer.
    Gute Web. Grüße aus Spanien

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