Erde aus Steinpilzen.

Erde aus Steinpilzen

Ich habe geträumt. Ich hatte etwas wahnsinnig köstliches, tiefwürziges im Mund.

«Was ist das?», habe ich mich selbst im Traum gefragt.
Mein anderes Ich antwortete: «Ist geil was?»
«Total! Schmeckt nach Steinpilzen und ist irgendwie körnig, knusprig, salzig …»
«Wach auf» sagte das wache Ich zu mir. Aber ich wollte weiterschlafen.
«Ich möchte aber noch schlafen, ich bin so müde.»
«Steh auf! Du musst das jetzt machen. Es ist „Erde“ aus getrockneten Steinpilzen.»
«Geil. Dachte mir sowas. Hast du Brot geröstet und dann fein gemixt?»
«Ja, und karamellisierte Schalotten sind auch drin. Hopp jetzt! Steh auf, du Penner.»
«Ja, ich machs ja. Lass mich jetzt noch schlafen», antwortete ich meinem Traum-Ich.
«Nein, tu das nicht. Nicht weiterschlafen! Du weisst, wie schnell man seine Träume vergisst. Steh auf, sonst erwachst du und weisst von nichts mehr.»
«Schon okay, mach dir keine Sorgen. Dieser Geschmack ist zu genial. Ich werd mich schon daran erinnern, wenn ich aufwache, versprochen. Steinpilze, Brot, Schalotten. Alles klar, bis später.»
Dann schlief ich tatsächlich weiter ohne vom Traum aufzuwachen. Heute Morgen dann, war klar, was ich als Erstes tun würde:

1 Brotscheibe im Ofen rösten. Daneben 1 fein gehackte Schalotte mit etwas Olivenöl beträufeln. Nach 10 Minuten bei 180 Grad Brotscheibe wenden. Nach weiteren 5 Minuten ist das Brot schön gebräunt und die Schalotten duften betörend goldgelb.

Zusammen mit 2 Esslöffel sehr guten getrockneten Steinpilzen, einem halben Kaffeelöffel Salz, einem halben Kaffeelöffel Olivenöl und frisch gemahlenem Kampotpfeffer habe ich dann alles fein gemixt.

Boah. Sprachlos. So eine tolle Textur! Und dieser Geschmack!

Hab noch keine Ahnung, was ich damit anstellen werde, von Butterbrot bestreuen, zu würzen von Gemüse- und Fleischgerichten kann ich mir alles vorstellen.

Sogar dünne Apfelscheiben damit bestreuen und aufschichten, keine Ahnung.
Probiert es mal. Vielleicht fällt euch was Geniales ein.

Eine Frage hab ich noch: Warum träumen wir so konkret von einem Geschmack, einer Konsistenz? Und dann stehen wir auf und setzen es zwanghaft um? Ich wusste ja nicht, ob meine Zutaten wirklich funktionieren würden. Aber sie tun es. Wenn ich jetzt im Nachhinein Rezepte nach „Erde“ oder „Soil“ suche, sind alle ganz anders zusammengesetzt als mein Rezept.

Finde das faszinierend, was unser Hirn nachts so produziert. Das ist voll gut!


Paradiesische Paccheri pomodoro.

Paccheri pomodoro

Es gibt Pasta mit Tomatensauce und es gibt paradiesische Paccheri al pomodoro.

Jetzt ist die Zeit wieder reif. Die letzten sonnenbetankten Tomaten schwemmen den Markt. Freunde beschenken mich mit kistenweise tiefroten, duftenden, zum Platzen prallen Früchten ihrer Arbeit im Schrebergarten.

Und auch im Handel ist das Embargo für italienische Tomaten versus heimischer Wasserballons aufgehoben und es gibt in Hülle und Fülle Peretti und San Marzano aus Italien zum Schnäppchenpreis.

Ich mache jeweils passierte Tomaten oder fertigen Sugo als Wintervorrat daraus.

Sugo im Einmachglas

Es gibt aber auch diesen einen Tomatensugo, der so ganz anders ist als alle anderen.

Dickflüssig, samtig, geschmeidig, cremig. Und den muss man zwingend mit wuchtigen Paccheri vermählen. Legendär wird dieses Gericht in Brusaporto bei Bergamo zubereitet. Im Ristorante Da Vittorio, das mit 3 Michelin-Sternen ausgezeichnet ist.

War zwar noch nie dort, aber die Idee dieser Parade-Pasta hat mich beflügelt.

Die Tomaten der Länge nach aufschneiden und auf einem Backblech verteilen. Mit Olivenöl beträufeln und bei 180 Grad backen bis die Ränder karamellisiert sind und sie so aussehen:

Tomaten gebacken

Inzwischen in einer Pfanne Olivenöl erhitzen und eine fein geschnittene Tropeazwiebel sanft schmelzen lassen, auf dass sie ihre ganz Süsse abgibt. Nicht bräunen! Zusammen mit den Tomaten in einem Mixer sehr fein pürieren und anschliessend durch ein Sieb streichen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Die besten Paccheri die man finden kann in Salzwasser sehr bissfest kochen. Mit einer Schaumkelle direkt in den Sugo transferieren und darin ein paar Minuten schwenken, bis sie fertig gegart sind.

Jetzt kommt das Finish: 50 Gramm kalte Butter in Stücken und 50 g jungen Parmesan einrühren. Der Duft macht schwindlig. Zum Schluss frischen Basilikum hinein zupfen. Auf Tellern anrichten und mit kleinen Basilikumblättern garnieren.

Pasta-Perfektion.

Paccheri pomodoro


Schmetterlinge im Bauch.

Farfallesalat Zucchini

Nudelsalat kann jeder. Leider. Farfalle e zucchine ist der Versuch, dagegen zu halten.

Wer liebt nicht eine leichte pasta fredda an heissen Tagen? Bedauerlicherweise sind die meisten Pastasalate verkocht und vermasselt mit zu vielen Zutaten. Von pappigen, zu süssen oder zu sauren Mayonnaise-Dressings ganz zu schweigen.

Auch bei der Form der Pasta vergreifen sich viele viel zu oft und verwenden viel zu rustikale, zu griffige (weil gerippte) Penne oder Rigatoni.

Fusilli sind nicht ganz so daneben. Aber: Wie grazil sind Farfalle dagegen? Mit samtigen Flügeln und einem kernigen Herz.

Farfalle – das italienische Wort für? Schmetterlinge, richtig. Und Schmetterlinge sieht man zu welcher Jahreszeit durch die Luft tanzen? Eben. Es gibt keine passendere Pastaform als Farfalle im Sommer.

Egal, womit man sie am liebsten kombiniert: Süsse Pachinotomaten, mollige Ofenpeperoni, Auberginen oder, wie in diesem Fall, Zucchini – die grösste Freude bereiten sie, wenn man sich auf nur eine einzige Hauptzutat beschränkt.

Tomaten wollen als Begleiter Basilikum, Knoblauch, Olivenöl, Aceto balsamico tradizionale, Salz und Pfeffer. Dazu entweder Parmesanspäne, gezupfte Mozzarella oder Stracciatella. Allerhöchstens noch Taggiasche Oliven.

Ofenpeperoni wollen nichts als ihren eigenen Schmorsaft, Knoblauch, Olivenöl, Salz und Pfeffer. Kein Essig. Das würde die feine Säure bedrängen. Dazu ein junger, zerbröckelter Pecorino Sardo.

Zu gebratenen Auberginenwürfel empfehle ich viel Petersilie (alternativ Basilikum), Peperoncino, Ricotta salata, Olivenöl, Condimento bianco und Salz.

Für Farfalle mit Zucchini werden Scheiben von 8 mm geschnitten (aussen knusprig, innen saftig) und akkurat in Olivenöl gebraten. Akkurat heisst, jede Scheibe liegt in der Pfanne neben der anderen ohne sich zu überlappen. Nur so kann man bei mittlerer Hitze jede einzelne goldbraun braten. Dann wendet man sie und wartet geduldig, bis auch diesseits eine schöne Bräunung erscheint.

Gegen Ende zwei gequetschte Knoblauchzehen dazu geben (nur zum Aromatisieren, nicht zum Mitessen). Würzen mit Salz, schwarzem Pfeffer aus der Mühle und wenig Muskatnuss. Mit Condimento bianco ablöschen und etwas verkochen lassen. Grosszügig Petersilie darüber streuen.

Was ist eigentlich das Problem mit Petersilienstängeln? Warum schneiden die so viele ab und schmeissen sie weg? Da steckt so viel Saft, Knack und Geschmack drin. Hier auf jeden Fall mitverwenden!

Die Farfalle abgiessen, auf keinen Fall abschrecken (muss man das wirklich schreiben?) und noch warm mit den Zucchini mischen. Einen Moment warten, bis die Pasta etwas auskühlt und die Aromen aufgesaugt hat.

Viel bestes Olivenöl darüber träufeln und dann nur die allersaftigste und zarteste Mozzarella di Bufala darüber zupfen. Also so mit den Fingern zerreissen. Auf keinen Fall in Würfel schneiden!

Wer all diesen Kleinigkeiten grosse Beachtung schenkt, hat mehr von jedem Bissen.

Versprochen.

 


Kohlrabi aus der Kohle.

Wow. Kohlrabi & Co. aus der Kohle. Das, bitte, ist mein neues Grillgemüse.

Unglaublich, was da passiert. So saftig, so knackig, so geschmacksintensiv!

Ich hatte es einfach mal so mit einem frischen Kohlrabi versucht. Hopp in die Glut! Ohne das Gemüse in Alufolie oder so zu wickeln (ich will eh wegkommen von dieser energieverschleissenden und gesundheitlich fraglichen Folie).

Direkt in der heissen Kohle verbuddeln und 1 Stunde warten.

Ich hatte Bedenken, dass der Kohlrabi komplett verbrennt, verkohlt oder austrocknet. Aber nix da. Nur eine dünne Schicht verkohlt ganz leicht. Man kann die Asche einfach wegpinseln, oder die Knolle schälen.

Das Interessante aber ist, was mit dem Saft passiert. Der scheint sich wie ins Innere der Knolle zu zurückzuziehen.

Das Resultat ist ein unglaublich geschmacksintensiver Kohlrabi, überraschend saftig und knackig. Alles, was es braucht, ist Olivenöl oder Butter und Fleur de Sel. Ergreifend gut.

Beim zweiten Mal habe ich ihn in eine Vinaigrette mit Olivenöl und Condimento bianco gelegt. Mit gehackter Petersilie und Estragon und gutem Kampotpfeffer. Wahnsinn.

Zum Testen habe ich auch einen ganzen Fenchel, Apfel, Rotkohl, Sellerieknollen und rote Beete in die Glut gelegt und mit glimmender Kohle zugedeckt.

Der Vorteil von meiner offenen Feuerstelle gegenüber dem Big Green Egg (oder einem anderen Grill) ist eine moderatere, gleichmässigere Hitze, die langsam abnimmt.

Und dann ist da sowieso dieser Duft. Immer, wenn wir mit dem Holz unserer Obstbäume Feuer machen, riecht es nicht einfach nach Rauch. Immer wieder steigt eine süssliche, fruchtige, an Harz erinnernde Note auf.

Wer es also mit einem Grill versuchen will, sollte über die Zugabe von Räucherchips nachdenken. Ist bestimmt nicht verkehrt.

Den Apfel habe ich schon nach 30 Minuten ausgebuddelt. Dieser Duft!

Richtig intensives Bratapfelaroma. Kann man wunderbar als Dessert servieren. Mit Honig, Joghurt, zerbrochenen Méringues und Sablées und Cashewnüssen.

Gemüse aus der Kohle

Fenchel ist nach 1 Stunde weich gegart, aber von fester Textur und sehr saftig.

Rote Bete funktioniert natürlich auch super.

Mit Schafsjoghurt, frischer Minze, Aceto balsamico tradizionale und Olivenöl.

Der schöne Rotkohl hingegen war etwas langweilig.

Den mag ich lieber klassisch geschmort. Ich habe versucht, ihn ein paar Tage mit Salz und Essig einzulegen, aber der Rauchgeschmack ist zu dominant und zusammen mit dem sich immer stärker entwickelnden Kohlgeschmack eher unangenehm.

Dafür dann wieder Sellerieknolle!

Wahnsinnig intensiv im Geschmack und am Rand süsslich karamellisiert.

Ich habe ihm den Sud von ofengeschmorten Peperoni verpasst (Olivenöl, Knoblauch, Salz, Pfeffer und Peperoni-Schmorsaft), etwas Joghurt, Fleur de Sel und Peperoncino. Absoluter Killer. Wird wohl mein Klassiker.

Bin gespannt, wie sich weitere Gemüse zubereiten lassen.

Ich sitze übrigens wahnsinnig gerne bei der Glut, während das Gemüse langsam gart. Dann muss ich immer an die Eröffnungs-Szene von «Blechtrommel» denken. Wie die Oma von Oscar, dem Trommler, Anna Bronski, an der rauchenden Feuerstelle hockt und gierig verkohlte Kartoffeln verspeist. Ikonisch.


Pop-up in Pasta-Manufaktur.

Flyer Tavolata

Der grossartige Dominic Lambelet hat mich eingeladen, als Gastkoch mit ihm in seiner Pasta-Manufaktur zu kochen. Es gibt 12 Plätze an einer langen Tafel und ein fixes Menü:

ANTIPASTI
Mit Sardellen gefüllte, frittierte Salbeiblätter
Lauwarmer Mönchsbart
Thunfisch-Tatar
Pizza bianca

PRIMI
Mit Salsiccia gefüllte Tintenfische im Sughetto
Risotto mit Artischocken, Radicchio und Saba di mosto cotto
Ziegenkäse und Minze gefüllte Agnolotti mit Lammrippen-Ragù

SECONDO
Brasato vom Rind mit Petersilienwurzel-Kartoffelstampf

DOLCE
Spuma di Ricotta mit Saba di mosto cotto

Dominic serviert passend dazu erstklassige Weine aus Italien, die Rotweine alle aus der Magnumflasche. Menü inklusive Wein und Wasser 148 Franken pro Person. Freue mich über euer Pop in ins Pop-up!

Samstag, 13. Mai, 18:00 Uhr  
Paste Ines, Hegenheimerstrasse 128, Basel

Reservation: 079 320 71 75
claudio[at]anonymekoeche.net


Spargel Quiche

Ich mag meine spontanen Ideen: Quiche mit weissen Spargeln.

Wer kennt das? Man hat etwas im Kopf und kann sich so richtig gut vorstellen, wie es schmeckt, obwohl man es a) noch nie zubereitet hat, b) kein Rezept dafür kennt, aber c) sofort zur Tat schreitet, weil länger hält man es nicht aus, man will es jetzt sofort zubereiten und essen!

Da ich kaum zum Bloggen komme, verlieren wir auch nicht länger lange Worte, ihr wollt das schliesslich nachbauen, so lange es noch weissen Spargel gibt. Also, hier quick ’n‘ dirty:

Für den Teig (ergibt etwas mehr als nötig)

500 g Mehl
125 g Butter
200 g Wasser
2 Eier
12 g Salz

Mehl in eine Schüssel sieben. Alle Zutaten zügig vermengen (ich mach das von Hand, geht natürlich auch maschinell). Zu einer Kugel formen und in Folie gewickelt mindestens 2 Stunden kühlstellen.

Für den Guss

700 g weisse Spargeln
300 g gesalzener Rohspeck
1 Spritzer Weisswein
1 Zwiebel
100 g Gruyère
1 Ei
250 g Crème fraîche
500 g Vollrahm
Petersilie

Gesalzener Speck in Würfel schneiden, geduldig knusprig braten, mit einem Spritzer Weisswein deglacieren und auskühlen lassen. Zwiebel und Petersilie fein schneiden, Käse reiben. Alles mit dem Ei, Crème fraîche und Vollrahm verrühren. Leicht salzen und pfeffern. Spargeln schälen und in 5 cm lange Stücke schneiden.

Eine 28er Springform ausbuttern. Teig auf einer bemehlten Arbeitsfläche 1 cm dick ausrollen, Springform damit bis zum Rand hoch auskleiden. Spargelstücke einschichten und mit dem Guss bedecken. Bei 200 Grad 30 Minuten backen, Oberfläche mit Alufolie abdecken und weitere 15 Minuten fertig backen.

Genau so hab ich mir das vorgestellt: Schmeckt fantastique.


Meine Carbonara macht Schule.

Rigatoni Carbonara

Mein Sohn lernt in der Schule viele wertvolle Dinge. Zum Beispiel: Wie gut die Carbonara von seinem Papa schmeckt.

Das Schulfach Hauswirtschaft – bis gestern war es mit meinen Vorurteilen behaftet. Ich dachte, Lehrstoff und Lehrpersonen wären ebenso vorgestrig wie spassbefreit. Aber ich wurde eines Besseren belehrt.

Die Lehrerin von meinem Sohn ist äusserst aufgeschlossen. Sie hat sich das Rezept für Carbonara aus meinem Buch Ein Sommer wie damals rausgesucht und es die Schüler zubereiten lassen.

Grazie mille! Jetzt isst mein Sohn endlich meine Carbonara! Daheim hatte er sie verschmäht. Dieses Phänomen dürfte vielen Eltern bekannt sein: Es gibt Gerichte, die finden die eigenen Kinder zuhause bäh, auswärts yeah!

Ich fordere: Hauswirtschaft muss ein Pflichtfach werden! Es führt im besten Fall zu Horizonterweiterung, kulinarischer Kompetenz, Geschmacksbildung und in meinem Fall sogar zu – Abbau von Vorurteilen.

200 Gramm Guanciale in 1 cm breite, 2 cm lange Streifen schneiden und bei mittlerer Hitze in einer Bratpfanne ohne Fettzugabe langsam knusprig braten.

Das Fett wird zuerst glasig, dann verflüssigt es sich nach und nach. Darauf achten, dass noch genügend Fett am Fleisch bleibt, dann stimmt die Balance zwischen knusprig und saftig-weich.

Knoblauchzehe andrücken und mitrösten. Danach entfernen.

1 ganzes Ei und 3 Eigelb in einer kleinen Schüssel verquirlen. 50 Gramm geriebenen Pecorino romano (wers lieber mag, Parmesan) daruntermischen. Mit viel schwarzem Pfeffer würzen, zur Seite stellen.

Pasta in siedendem Salzwasser bissfest kochen. Spaghetti oder Rigatoni sind die beiden legitimen Klassiker für dieses Gericht.

Die knusprig gebratenen Guanciale-Streifen aus der Pfanne nehmen und beiseite stellen. Das Fett durch ein Sieb auffangen, auskühlen lassen und dann das hier damit machen.

Pasta abgiessen, dabei 100 ml Pastawasser auffangen. Röststoffe im Pfannenboden damit lösen, abgetropfte Pasta mit in die Pfanne geben und bei starker Hitze kurz durchschwenken, damit die Stärke bindet.

Pfanne vom Herd ziehen. Die Hälfte der Guanciale-Streifen und die Eier-Käse-Mischung darüber giessen. Energisch mischen (die Eier sollen cremig bleiben und nicht stocken). Der entscheidende Tipp dabei: Ist die Sauce zu dünn, Pfanne wieder auf den Herd setzen und bei niedriger Hitzen geduldig weiter rühren. Ist sie zu dick, einfach mit einem Schluck Wasser strecken.

Pasta in Teller verteilen und mit den restlichen Guanciale-Streifen garnieren. Käse zum Bestreuen dazu reichen.

Rigatoni Carbonara


Geballte Geschmacksbrandung.

Fregola Sarda Eticalimenta

Ex­zep­ti­o­nelle Pasta aus Sardinien: Fregula Sarda.

FregulaFregola oder auch Freula, ist eine traditionelle Hartweizenpasta aus Sardinien, die im besten Fall handwerklich hergestellt und im Steinofen getrocknet wird, wodurch ihr zarte Röstaromen mit auf den Weg gegeben werden.

Industriell hergestellte Fregola ist eine Frechheit und sollte ungeachtet im Ladenregal liegen bleiben.

Ich habe meine auf der Reise an die Taste12 nach Florenz bei Eataly gekauft. Sie stammt von Eticalimenta, Bergamo. Die gebürtige Sardin Antonella Pinna Masia hat erst vor einigen Jahren ein kleines Familienunternehmen gegründet und vermarktet wenige, hochwertige und aussergewöhnliche, handwerklich hergestellte Produkte aus ihrer Heimat.

Traditionell wird Fregula mit Telline zubereitet. Das sind die kleinen Vongole. Dazu werden die Muscheln kurz in einem Topf mit Deckel und sonst nichts gedämpft. Der austretende Muschelsud wird durch eine feines Sieb passiert und aufgefangen. Die Fregola wird in einem Soffritto aus Olivenöl, Knoblauch und Petersilie kurz angeröstet, mit Weisswein abgelöscht und dann mit dem Muschelsud und wenig Wasser wie ein Risotto eingekocht. Am Schluss kommen die Muscheln dazu, frische Petersilie und eine wenig Olivenöl. Sehr simpel, sehr schmackhaft.

Ich habe heute eine üppige Variante ai frutti di mare zubereitet. Für vier Personen braucht es 400 g Fregula und so viele unterschiedliche Meersfrüchte wie man mag, zum Beispiel:

  • 500 g Vongole Veraci
  • 500 g Cozze (Miesmuscheln)
  • 8 Calameretti (Tintenfische)
  • 12 Gamberetti (Crevetten)

Die Muscheln putzen, offene aussortieren. In einer Schwenkpfanne Olivenöl erhitzen und mit Knoblauch, Peperoncino und Petersilienstängeln aromatisieren. Muscheln und einen Spritzer Weisswein dazugeben, zudecken und bei hoher Hitze 2 Minuten dämpfen.

Sud durch eine feines Sieb passieren und beiseite stellen. Offene Muscheln aus der Schale lösen und bereitstellen. Ein paar Schalen zum Ausschmücken beiseite legen.

Die Gamberetti putzen und schälen. Die Köpfe und Schalen im Olivenöl kräftig anrösten. Danach Karkassen herausnehmen und entsorgen. Calamaretti putzen, kleinschneiden (Tentakeln ganz lassen, sieht hübscher aus) und mit klein gewürfeltem Peperoncino in derselben Pfanne kurz braten. Mit Weisswein ablöschen. Ein paar Löffel passierte Tomaten, oder im Sommer süsse, gewürfelte Kirschtomaten dazugeben. Den Muschelfond dazugiessen und zugedeckt 15 Minuten köcheln. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Fregola in einen Topf geben und nach und nach mit der Meeresbrühe übergiessen. Immer so viel, wie die Fregula aufsaugen kann. Wie bei einem Risotto. Nach etwa 15 Minuten die Crevetten und die ausgelösten Muscheln dazugeben. Nach weiteren 5 Minuten sollte die Fregula al dente fertig gegart sein, mit cremiger Stärke überzogen und vollgesogen mit der köstlichsten Meeresbrandung, die ihr euch vorstellen könnt!

Fregola Sarda Frutti di Mare

Frische Petersilie darüberstreuen, einen Schuss Olivenöl und in Tellern anrichten.

Wahrlich ein aussergewöhnliches, sehnsüchtiges Pastagericht.

Fregola Sarda


Streifen machen schlank.

Petersilienwurzel

Aktuelles Lieblingswintergemüse: Geröstete Petersilienwurzelstreifen.

Die Dinger sind so gut, ich werd noch wahnsinnig. Ich esse sie am liebsten als Snack, als Vorspeise oder als Beilage – vorwärts und zurück.

Man sieht ja jetzt vermehrt Rezepte für geröstetes Wurzelgemüse. Urkarotten, Pastinaken. So vom Blech. Da wird dann immer hip Honig drüber geglibbert, ganze Kräuterbüsche werden mit in den Ofen geschoben, Tonnen von Knoblauch und Zwiebeln sowieso und gewürzt wird, als wären wir im Beduinenzelt.

Eigentlich aber braucht es nur: Olivenöl, Pfeffer, Salz. Und: Einen Sparschäler.

Denn wenn die Petersilienwurzeln in sehr dünne Streifen geschnitten werden, mutieren sie zu einem leichten, süchtigmachenden Snack. Superknusprig und süsslich konzentriert (genau, die Wurzeln haben schon genug Eigenzucker, da braucht es nicht noch extra Honig) mit einem intensiven Sellerie-Petersilien-Kartoffelchips-Geschmack.

Die Petersilienwurzeln einfach mit dem Sparschäler schälen. Anschliessend die Wurzel der Länge nach halbieren, mit der Schnittfläche auf ein Schneidebrett legen und dann mit dem Sparschäler möglichst gleichmässige Streifen abziehen.

Streifen in eine Schüssel geben, wenig Olivenöl darüberträufeln und alles mit den Händen gleichmässig vermischen. Jeder Streifen sollte mit einem dünnen Ölfilm überzogen sein. Es braucht wirklich nicht viel.

Ich gebe sie gerne in einen Antihaftbräter und röste sie während etwa 10 Minuten bei 200 Grad Umluft. Man kann sie auch auf einem mit Backpapier ausgelegten Blech verteilen. Wichtig ist, dass sie locker verstreut werden und nicht auf einem Haufen liegen. Zwischendurch zwei, dreimal wenden und auflockern.

Mit frisch gemahlenem Pfeffer aus der Mühle und Fleur de Sel würzen. Und weil die auch ohne fette Dips schmecken, ist das alles in allem eine sehr schlanke Sache.


Kostbarste aller Zutaten: Zeit.

Gnocchetti sardi Malloreddus

Malloreddus, geschmorte Lammschulter, Cicerchie. Zubereitungszeit: 36 Stunden.

Richtig gelesen. Die Zubereitung dieses Pasta-Gerichts hat nicht weniger als 36 Stunden in Anspruch genommen. Jede einzelne war es wert. Und bei jedem Bissen, für den man sich schön Zeit lässt und den man mit ungewöhnlich klarem Verstand kaut, wächst neben dem Gefühl der Sättigung auch jenes der Erfüllung.

Wer also Kochbücher und Rezeptseiten aus Arbeitsscheu, Drückebergerei oder was auch immer notorisch nach den kürzesten Zubereitungszeiten abklappert: Husch, husch! Weg hier! Geht und macht eure Blitznudeln und One-pot-Pasta woanders.

Was wir hier machen ist: Platterbsen 24 Stunden einweichen und danach 2 Stunden weichkochen. Eine Lammschulter 7 Stunden im Ofen schmoren, dem trotz akkurater Teigversiegelung des Bräters ein hypnotischer Duft entweicht der die ganze Bude betört. 2 Stunden für handgemachte Pasta aufwenden. 1 Stunde Zutaten aufbereiten, Sauce aufkochen und Teller anrichten. Gibt nach Adam Riese? 36 Stunden.

Cicerchie Platterbsen

Am Vortag werden die schönen, aber auch schön giftigen, Cicerchie eingeweicht. Und zwar nicht weniger als 24 Stunden. Wasser aufkochen, salzen, die Platterbsen damit übergiessen. Damit wird das toxische Alkaloid namens Lathyrin abgebaut. Ist wie mit dem Phasin in grünen Bohnen, die dürfen ja auch nicht roh verzehrt werden. Alles in bester Ordnung. Keine Sorge.

Am nächsten Tag Cicerchie abbrausen und in frischem Wasser etwa 2 Stunden weichkochen. Für 100 g Cicerchie braucht es 1 Liter Wasser. Ausserdem 1 Karotte, 1 Selleriestange, 1 Zwiebel, 1 Knoblauchzehe, 1 Lorbeerblatt, 1 Esslöffel passierte Tomaten und ein paar Tropfen Olivenöl. Alles kalt ansetzen, einmal aufkochen, dann zugedeckt bei kleiner Hitze schmoren und erst am Schluss mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Platterbsen sind wahnsinnig delikat. Sie schmecken süsslich, nach Erbsen, Kichererbsen und Lupinen. Die Textur ist kompakter als die von Kichererbsen oder Bohnen und die Haut ist leicht seifig und weniger brüchig.

Lammschulter

Ebenfalls am Vortag lässt sich das Sieben-Stunden-Lamm nach Anthony Bourdain zubereiten. Treue Leser dieser Seiten haben die Hausaufgaben natürlich längst gemacht. Für die Neulinge: Es ist einfach der Hammer! Sollte man echt öfters machen, es ist so eine Freude und das Fleisch ist so was von – wie sagt man „melt in your mouth“ auf Deutsch? – schmelzig und intensiv!

Anstelle einer Lammkeule habe ich diesmal eine Lammschulter von 2 kg verwendet. Der türkische Metzger (nein, nicht der hier, der gerade das Internet zerlegt) hat sie mir in vier Teile zersägt, damit sie in meinem Gusseisenbräter passt.

Das Wichtigste: Das Fleisch nicht anbraten! Wir geben es einfach so in den Topf. Roh. Bisschen Salz, bisschen Pfeffer. Dazu nach Belieben, ein paar Zwiebeln, Karotten, Sellerie, eine Knoblauchknolle (ja von mir aus auch zwei, du Wahnsinniger), ein Loorbeerblatt, ein paar Petersilienstängel, Thymianblüten – oder was immer ihr an Kräutern in eurem Bouqut garni mögt – und schliesslich, auch das ist sehr wichtig. Zwei bis drei Deziliter Flüssigkeit. Und zwar einen Teil Weiss- oder Rotwein und einen Teil Olivenöl.

Jetzt einen Teig aus etwa 500 g Mehl und 300 g Wasser kneten. Keine Angst, nicht zum Essen. Damit minutiös den Gusseisen-Bräter versiegeln.

Gusseisenbräter versiegelt

Dann kommt der Bräter für sieben Stunden in den 150 Grad heissen Ofen. Versteht jeder, dass in dieser Zeit keine Feuchtigkeit aus dem Bräter entweichen darf? Weil sonst haben wir am Schluss Briketts im Topf statt zartestem Fleisch, welches auf leisesten Druck vom Knochen fällt. Das Aufschlagen der Versiegelung ist ein wahrlicher Indiana Jones-Moment!

Siebenstundenlamm

Das Fleisch ist ein Festessen für sich, keine Frage. Und die Sauce, die wir mit etwas Wasser strecken und durch ein ein Sieb passieren eine Wucht.

Siebenstundenlamm Platte

Für unsere Pasta brauchen wir pro Person etwa 100 Gramm Lammfleisch. Von Hand vom Knochen lösen, etwas zerzupfen und mit der Sauce bereitstellen.

Für die Malloreddus, oder Gnocchetti Sardi, wie sie auch genannt werden, brauchen wir nichts als italienisches Hartweizengriess, bekannt als Semolina rimacinata di grano duro und Wasser. Toll, nicht? Ist also gar nicht so kompliziert, wie vermutet.

Für vier Personen 300 g Mehl mit 150 g lauwarmem Wasser mischen. Dann zu einem sehr glatten, kompakten Teig kneten. Geht gut und gerne 15 Minuten und ziemlich in die Arme. Der Teig sollte sich trocken und hart anfühlen. Abdecken und mindestens 30 Minuten ruhen lassen. Dann Teig portionsweise in fingerdicke Rollen formen und in 1 cm lange Stücke schneiden. Diese mit Daumendruck über ein bemehltes Gnocchiholz drücken. Das geht so:

Mit Mehl bestäuben und bereitstellen. Die Gnocchi können auch ein paar Stunden im Voraus zubereitet werden. Pasta im kochenden Salzwasser al dente kochen. Ganz einfach: Das ist der Moment, in welchem sie aufschwimmen. Abschöpfen und in eine breite Schwenkpfanne geben, wo sich bereits das Lammfleisch, die Lammsauce und eine Handvoll Cicerchie pro Person  befinden.

Gnocchetti sardi Malloreddus

Alles bei mittlerer Hitze vermengen, dabei etwas Pastawasser einrühren, damit die Sauce schön bindet und alles gleichmässig überzieht. Auf Tellern anrichten und dann stolz die Ahh! Ooh! und Mmh! einkassieren.

Gnocchetti sardi Lamm Cicerchie



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