Rocking the Castle.
Thierry Fischer weiss, wie man eine Kitchenparty im Schloss rockt: Mit Team-Spirit und befreundeten Gastköchen.
Von links: Dave Wälti, Sous Chef in der Eisblume in Worb (1 Michelinstern); Wolfgang Potzmann, Leiter Koch Atelier der Hiltl Akademie, Zürich; Klemens Schraml, Executive Chef im The Omnia, Zermatt (1 Michelinstern); Küchenchef Thierry Fischer, Schloss Binningen und Samuel Blanc, Executive Chef im Restaurant Le Sélys im Crown Plaza Hotel in Lüttich (Belgien).
Für einmal hatte ich das Vergnügen, einen kulinarischer Spitzenevent in Gehdistanz an meinem Wohnort zu besuchen: Im Schloss Binningen feierten am 29. Oktober über 200 Gäste die legendäre Kitchenparty, die bereits seit sieben Jahren jeweils im Herbst stattfindet und jedes Mal ziemlich schnell ausverkauft ist.
Für 170 Franken pro Person gibt es dutzende spannende Gerichte inklusive Wein, die man sich an verschiedenen Stationen, von der Schlosshalle über die beiden Restaurants, zur Küche, bis in die historischen Räume im ersten Stock, holen und stehend oder sitzend einnehmen kann.
Zum Apéro gab es Champagner, Austern und delikate Häppchen und das Team vom Schloss Binningen servierte den Gästen flying Amuse Bouches, vom marinierten Lachs über Tatar bis zur Wildterrine.
Das Kreativ-Team um Klemens Schraml überraschte zur Vorspeise mit Ungewöhnlichem wie selbst gesammelten Flechten (ich hatte mich hier mal gefragt, ob Flechten essbar sind, wer erinnert sich?) oder in Bienenwachs gegarter Saibling.
Besonders stimmungsvoll ist der Gang in die Schlossküche, wo man den Köchinnen und Köchen direkt bei der Zubereitung zuschauen und sich gleich einen fertigen Teller schnappen kann, zum Beispiel superzarte Schweinskopfbäckchen vom Team Eisblume Worb,
oder den legendären vegetarischen Hackbraten von Hiltl.
Ganz grosses Kino war das Buffet mit perfekt gereiften Kuh-, Geiss- und Schafsmilchkäse von Jumi. Ihre handwerklich hergestellten Rohmilchkäse wie der Cironé, Belper Knolle oder Blauä Hirni gibt es mittlerweile vom Ämmital über den Borrough Market in London bis in die entferntesten Sternerestaurants weltweit.
Für die süsse Verführung sorgte die Confiserie Grellinger zusammen mit Kreationen
aus der Schlossküche, stilvoll aufgetragen von Sous-Chef Ole Petzold!
Nach dem Dinner steigt in den alten Gemäuern jeweils die Party mit DJ und die Bar lockt mit feinen Spirits und edlen Zigarren. Chapeau an die Schloss-Equipe, die mit ihrer happy tasty Kitchenparty 2016 das Schloss gerockt hat. See you next year!
Von der Essenz des Essens.
Italienische Esskultur. What else?
In Italien fühlt sich ein Sonntagsessen im Restaurant manchmal an, als gehöre man zu einer grossen Familie. Neugeborene, Kleinkinder, Jugendliche, Eltern und Grosseltern – alle sitzen gelassen beisammen und lassen sichs gut gehen. Und auch wenn sich die Gäste nicht kennen, so erkennen sie doch, dass sie Teil einer Gesellschaft sind, für die es nichts Wichtigeres gibt, als: Essen in Gesellschaft.
Jemand am grossen Tisch hat Geburtstag. Geschenke werden ausgepackt. «Oh! Eine Uhr. Grazie, grazie mille!» Und was ist in dieser Schachtel? Seidenpapier raschelt. Schuhe! Richtig schöne Herrenschuhe aus Leder. So was. Ich hab noch nie Schuhe verschenkt. Geschweige denn, welche geschenkt bekommen und in einem Restaurant ausgepackt. Der Kellner kommt zum Tisch. Nicht wegen den leeren Tellern. Nein. Er möchte was anderes und streckt die Hand aus: «Darf ich?». Er wiegt den Schuh in seinen Händen, dreht und kippt ihn. Begutachtet ihn von allen Seiten. Dann sagt er in existenzialistischem Tonfall: «Tja. So ein Schuh. Das ist natürlich immer etwas Faszinierendes.»
Wann immer ein Kind einen Anflug von Langeweile aufzeigt, wird es von einem Erwachsenen in ein Gespräch verwickelt. Droht ein Baby mit Weinkrampf, wird es sofort von jemandem auf den Arm genommen, gehätschelt und liebkost. Oder mit etwas versorgt, dass es kauen, trinken oder nuckeln kann. Die Alten sitzen prominent in der Mitte. Nicht abgeschoben am Rand. Nie ist die Gruppe zu laut. Nie versiegt das Tischgespräch in peinliches Schweigen. Es ist, als wäre die Familie bei sich zuhause. Ganz normal.
Eine Frau isst alleine. Sie hat einen Einzeltisch mitten im Raum. Ihr Körper ist von monumentalen Ausmass. Wie die Mengen an Speisen, die eine nach der anderen aufgetragen werden. Sie geniesst jeden Happen und schenkt jedem, der in ihre Richtung blickt, ein strahlendes, ansteckendes Lächeln. Diese Frau kann essen. Das kann jeder sehen. Deshalb erntet sie Anerkennung. Und nicht etwa Verachtung oder Häme.
An einem anderen Tisch sitzt ein junges Paar. Ihr kleines Kind ist dabei. Keine Frage. Und es isst, was die Eltern essen. Auch keine Frage. Nicht die geringste.
Wenn ich dann in unseren Breitengraden immer wieder lese, dass Leute ernsthaft ein Verbot für Babys und Kinder im Restaurant fordern, denke ich mir: Wie derangiert ist so eine Gesellschaft eigentlich? Wie krank, egomanisch, unmenschlich und unfähig, sich auf etwas einzulassen, das nicht zu 100 Prozent den eigenen Erwartungen entspricht. Die ganze Welt soll sich der eigenen Befindlichkeit unterordnen oder wie? Das ist doch ziemlich paradox. Denn so ein Verhalten zeigen eigentlich nur verzogene Kinder.
Damit wir uns richtig verstehen: Wenn ich mit Kumpeln Saufen und Essen gehe, nehme ich keine Kinder mit. Wenn ich einen schönen Abend zu zweit in einem Sternerestaurant geniessen möchte, auch nicht. Dennoch haben wir unsere Kinder von klein auf in fast jedes Restaurant mitgenommen, auch in gehobene Lokale. So lernen sie ungezwungenes Benehmen in der Gastronomie. (Und der kluge Wirt freut sich auf die nächste Generation Gäste). Auf der anderen Seite gehörten wir nie zu der Spezies Eltern, die ihre Kinder mit verschmiertem Mund und klebrigen Händen durch den Gastraum Amok laufen lässt. Oder alle daran teilhaben lässt, dass jetzt die wer-hat-denn-da-einen-Stinki-gemacht? Windeln gewechselt werden müssen. Aber, Leute: Es gibt einen Mittelweg des Miteinanders. Einfach fordern Kinder müssen draussen bleiben, wie auf dem Hundeschild, das ist krank.
Das Restaurant liegt übrigens an einem Ausflugsort. Am Strand. In der schönen Bucht von Portonovo im Naturschutzgebiet des Cònero in den Marken. An jedem anderen Ausflugsort auf dieser Welt wäre das Verpflegungsangebot, gelinde ausgedrückt, bescheidener. Vermutlich würde die schöne Aussicht mit dem unschönen Gestank von ranzigem Frittierfett getrübt. Oder das Essen in den Ausflugsrestaurants wäre so schlecht und teuer wie nirgendwo sonst. Dafür würde es auch von störrischem Personal serviert. Ist dann ohne Zweifel Erlebnisgastronomie.
Hier aber, in dieser besseren Strandbude namens Il Molo, hat Slow Food eine Auszeichnung hinterlassen. Es gibt zum Beispiel wilde Moscioli (Slow Food Presidio) – die besten, zartesten und aromatischsten Miesmuscheln, die ich je hatte.
Oder das: Spaccasassi. Knackiger Meerfenchel, der geschmacklich an Kapern erinnert. Wächst ebenfalls wild auf den umliegenden Felsen.
Kombiniert mit einem Salat aus gedämpften Puntarelle und Sardellen, wahnsinnig gut. Wie übrigens alles andere auch, vor allem die traditionelle handgefertigte Pasta aus Campofilone mit Meeresfrüchten.
Ich kann alles empfehlen. Den Ausflugsort. Das Restaurant. Das Essen. Und das Beobachten der heiteren Gäste!
Oh! de Cologne.
Brachiales Bürgermeisterstück vom Australian Blackmore Beef im Pure White, Köln.
Letzte Woche war ich kurz beruflich in Köln. Endlich mal: Köln! Da gibt es ja jede Menge befreundete Blogger und Bekannte, die ich schon lange besuchen wollte.
Was für ein Glück, dass die seit Jahren sehr gern gelesenen Torsten, Allem Anfang, und Sophia, Cucina Piccina, spontan Zeit hatten, gemeinsam einen Happen im Pure White Foodclub essen zu gehen.
Ich sehe jeweils auf Facebook, wie sehr die Kölner Kulinarik Comunity von diesem kleinen, ungezwungenen Restaurant schwärmt.
Spitzenkoch Cristiano Rienzer (viel gereister Venezianer und Ferran Adrià Adept) setzt auf erstklassige Produkte, schlichte Zubereitung, Meeresfrüchte und Heritage Beef, das er im Josper Grill zubereitet – einem Höllenkasten der mit Holzkohle extrem hohe Temperaturen erreicht.
Zu den knackigen Shrimps mit Zitronengras
und Vongole mit einer cremigen Weissweis-Sauce
lassen wir uns Torstens Lieblings-Soave von Filippo Filippi schmecken: Einen charaktervollen Naturwein mit Biss, 18 Monate auf der Hefe gereift.
Grazie mille, Torsten!
Zum Fleisch überraschte Wein-Aficionado Torsten mit einem eleganten Lambrusco.
Wer den Abend mit exzellenten Drinks ausklingen lassen möchte (und das wollten wir), siedelt kurz ums Eck ins Little Link. Ich entschied mich für den Haus-Negroni mit Rum statt mit Gin. Guter Abend. Nicht zu viel. Nicht zu lang. Genau richtig. Schreit nach Wiederholung, cari amici!
Tags darauf hatte ich noch Zeit und das Vergnügen, endlich Nata von Pastasciutta kennenzulernen. Alle Welt (und ich jetzt auch) weiss, dass sie neben ihrem Appetit für kulinarische Themen auch für die Kultur Kölns brennt.
Für ihre Führung durch den beeindruckenden Kölner Dom und den Blick auf das berühmte Richter-Fenster lasse ich jede Delikatsse links liegen.
Danke, Nata, das war gross!
Fazit: Never leave Cologne without eating at Pure White, schon gar nicht, ohne das Richter-Fenster im Dom gesehen zu haben – und – ein paar neue Freunde gewonnen zu haben. Amen.
Der signature Tisch.
Urban, modern, ungezwungen: Das Drei-Sterne-Lokal The Table by Kevin Fehling.
Am besten lässt man die Vorstellung zuhause, wie ein Restaurant mit der höchsten gastronomischen Auszeichnung auszusehen hat. The Table könnte auf den ersten Blick ebenso gut eine Bar, ein Showroom oder ein Studio für Innenarchitektur sein.
Der hohe Raum ist 100% kitschfrei: Sichtbeton, Edelholz, Hängeleuchten, offene Küche mit Chromstahl-Fronten. Das Lichtkonzept setzt warme, wohnliche Akzente. Und der Koch? Der ist – was seine Idee zeitgemässer Spitzenküche betrifft – gleichzeitig Designer, Künstler und Forscher. Und: Er ist, wie seine Berufskollegen Massimo Bottura, Nenad Mlinarevic, Holger Bodendorf und Tim Raue, Brand Ambassador für Maserati.
Auf Presse-Einladung des italienischen Sportwagenherstellers besuchte ich ihn und erlebte einen höchst unterhaltsamen und einzigartigen kulinarischen Abend.
Wir lassen uns im lederduftenden Fond des röhrenden Maserati Ghibli in den prosperierenden Hamburger Stadteil HafenCity chauffieren. Gleich hinter einem der meistfotografierten Sujets und UNESCO Welterbe Speicherstadt entstehen im grössten Stadtentwicklungs-Projekt Europas in den nächsten Jahren mehr als 12’000 Wohnungen und 50’000 Arbeitsplätze. Alle umgeben von Fluss- und Kanalläufen. Praktisch: Vom lässigen 25hours Hotel HafenCity sind es nur drei Gehminuten zu Kevin Fehlings The Table.
Der 39-jährige Spitzenkoch war von 2005 bis 2015 Küchenchef im Restaurant La Belle Epoque im Columbia Hotel Travemünde, wo sein kreatives Schaffen bereits 2013 mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde. Im August 2015 eröffnete er sein eigenes Restaurant, welches auf Anhieb die Höchstbewertung bestätigte. Das hat in Deutschland vor ihm noch keiner geschafft. So viel dazu.
Kapitän Kevin und seine Küchen-Crew machen kulinarisch klar Schiff.
Am schlangenförmigen Tisch finden maximal 20 Gäste Platz. Es gibt ein fixes Menü und einen freien Blick auf die Küche. Allerdings kann man das, was man beobachtet, nicht wirklich als kochen bezeichnen. Es wird vielmehr angerichtet. Still, konzentriert und hoch getaktet. Immerhin flämmt ab und zu einer der Köche mit einem knallroten Bunsenbrenner in der Grösse eines Autofeuerlöschers die Speisen mit langer Flamme und sorgt für zusätzliches Aufsehen.
Das Menü beginnt mit einer Reihe von kleinen Snacks. Als erster, Kevin Fehlings moderne Interpretation eines norddeutschen Klassikers: Fischbrötchen. Ein süsslicher Gurken-Macaron mit Gurkencreme, Lachs und Dill. Ein delikater, sehr aromatischer Happen, mit einer betonten Süsse. Es könnte ebenso gut eine Mignandise im Dessertgang sein. Ohnehin verschwinden ja die Grenzen in der Spitzengastronomie je länger je mehr: Nachspeisen sind salziger, gemüsiger, aromenkomplexer, Vorspeisen dafür weniger säurebetont, harmonischer und in der Form handwerklich vielschichtiger Miniaturen.
Auch das nächste Amuse Bouche könnte aus der Hand eines Pâtissiers kommen. In einer eckigen Glasschale, die ein wenig an Opas Aschenbecher erinnert, steht ein zigarrenförmiger Zylinder. Auch hier wieder ein moderner Klassiker des Nordens: Labskaus. Ganz gross! Die Zylinderhülle ist ein intensiv schmeckendes Rote-Bete-Krokant, darin eine betörende Füllung, die durch kühle Petersilien-Perlen kontrastiert wird.
Das Spannende am eher dezenten Spargel-Espuma (kein Foto) im dritten Snack war die pfeffrige Kirschenüberraschung darunter.
Spannungsvoll auch die Komposition Soft-Chell-Crab „Marokko“, mit Krabben-Tempura, würzigem Couscous, Jogurt-Espuma und Arganöl-Vinaigrette. Fehling liebt es, ohne Einschränkung, Aromen und Zutaten aus aller Welt zu kombinieren.
Man hätte allen Grund nie wieder Thai Bun zu essen, wenn es nicht ein Thailändisches wäre oder dieses mollige Geschmacksbömbchen. Luftiges Bun gefüllt mit scharfen Garnelen und darauf zarter Schweinebauch mit Kokoscurry-Crème.
Als erster Hauptgang kommt: Die Nordsee. Auf einem grossen „Kieselstein“ finden sich feinste Meeresfrüchte wie klitzekleine Nordseekrabben, ein Stückchen geflämmte Makrele, eine Auster mit erstaunlich reinem Geschmack, Queller, Muscheln, eine nachgebaute Muschel, und eine Muschel aus Zitronengel. Komplementär dazu gefrorener Dillstaub und Austernschaum.
Ein Klassiker, den Fehling aus dem La belle Epoque in Travemünde, wo er zuletzt wirkte, mitgebracht hat, ist die Komposition mit Gänseleber, Erdbeere, Rhabarber und Waldmeister.
Das Erdbeerkrokant liegt als witziger Eyecatcher über den Komponenten. Man könnte es wegen der geriffelten Struktur für ein Fahrzeugteil halten, ein Rückstrahler oder so. Tatsächlich ist es die verkleinerte Form der mäandrierten Theke vom The Table und somit so etwas wie ein Key Visual. Geschmacklich ist das Gericht wiederum sehr ausbalanciert und perfekt aufeinander abgestimmt.
Beim unglaublich zart konfierten Lachs von den Färöer Inseln ist es vor allem der Champonzusud, der mit tiefem Umami-Geschmack für grosse Stimmung sorgt. Als kräftiger Kontrast dazu Passionsfrucht und Yuzu, die von Miso in Balance gehalten werden, sowie eine geflämmte Gurke.
Der Carabinero „Guatemala“ ist von ausserordentlich guter Qualität, was die Konsistenz betrifft, geschmacklich ist er jedoch weniger intensiv als erwartet. Auch die etwas schleimige Oberfläche empfand ich als unangenehm.
Der Taco mit Salsa dazu: Sehr erfrischend.
Am wenigsten Überraschung, wenn auch hocharomatisch, bot der Gang mit dem superzarten Lammrücken mit Orangen-Hollandaise, nachgebauter Olive und Rosmarinjus.
Etwas gar weit hergeholt, die dazu gereichte Focaccia, die nicht wirklich einen tragenden Akzent dazu bot.
Bei den Nachspeisen lässt uns Baby Banane „Indisch“ von der Bezeichnung her zuerst einmal schmunzeln. Die ulkige Formulierung „Indisch“ (wie auch schon Soft-Shell-Crab „Marokko“ und Carabinero „ Guatemala“) erinnert an Gerichte wie Toast „Hawaii“, aber vielleicht ist dieser Spass ja beabsichtigt.
Beim ersten Löffel jedoch schiesst gleich die nächste Erinnerung in den Kopf: Riz Casimir! Wer in der Schweiz aufgewachsen ist, kennt diese klassische helvetische Auslegung von Curry-Reis mit exotischen Früchten (meistens aus der Dose!) aus Kindheitstagen, sonntäglichen Restaurantbesuchen oder Ferienlager. Hier als mutiges Dessert mit Kurkuma, Tandoori, Yasmin Reis und Sanddorn – und es schmeckt: phänomenal! Die Banane übrigens ist natürlich keine Baby Banane, sondern Bananeneis in Form einer Banane. Ein bisschen Spass muss sein.
Ich liebe Auberginen in fast allen Formen, aber als Eis? Ja, bitte, mehr davon! Erst recht in Kombination mit Melone, Kalamansi, Nori-Alge und Matcha-Tee. Grandios!
Beim Sandförmchen-Abguss des Schiefen Turms von Pisa aus Schokolade musste ich mich schon wieder fragen, ist das Parodie oder kann das so? Kevin Fehling meinte dazu, jede Speise kommt in einer bestimmten Form auf den Teller, die nicht unbedingt der ursprünglichen Form des Produkts entspricht. Warum also nicht eine Form wählen, die die Assoziation an den Ursprung eines Gerichts – Italien – auch optisch verstärkt.
Auf der Getränkeseite sorgt der heitere Sommelier David Eitel mit seiner spannenden Weinbegleitung für Furore. Fast vom Hocker gehauen hat mich die fantastische Riesling Auslese von Dreissigacker zur Foie Gras. Auch der in der Nase verquere, nach Kerosin und Bitumen duftende Sauvignon Blanc Grassnitzberg aus der Südsteiermark hinterliess eine einprägsamen Anker an ein erstklassiges Gesamterlebnis.
Bester kulinarischer Roadtrip.
Unvergesslich gut: Quenelles au Brochet – traditionelle Lyoner Hechtklösschen.
Erinnert ihr euch noch an meine Kulinarische Himmelfahrt 2014 nach Lyon? Da schwärmte ich von so manchem traditionellen Gericht. Und die Quenelles von Malartre hatten mir besonders geschmeckt.
Nun ist Anonyme Köche für den besten kulinarischen Roadtrip in der deutschen Blogosphäre nominiert.
Auf Travelcircus gibt es 9 teilnehmende Foodblogs und ihre kulinarischen Roadtrips zu entdecken. Das Voting startet am 26. April und dauert bis zum 29 April 2016.
Ich freue mich über jede Stimme – merci beaucoup!
Der Kohl-Koenner.
Spitzenkoch Tobias Zihlmann macht mächtig Kohldampf auf Federkohl.
Anfangs Woche zeigte er virtuos wie versatil sich Grünkohl zubereiten lässt. Gleich sieben Gänge – vom Amuse bis zum Dessert – gab es zu degustieren, ohne dass sich auch nur ein My von Kohl-Koller breit machte.
Er verarbeitete den wunderschönen, palmblättrigen Nero di Toscana, dazu die Sorten Hoher Roter Krauser, Halbhoher Grüner, Westfälischer Winter, Ostfriesische Palme sowie die schmalblättrige Lärchenzunge. Alles Sorten mit unterschiedlichen Geschmacksnuancen und Eigenschaften, denen der kreative Koch mit innovativer Zubereitung erstaunliche Aromatik und Textur entlockte.
Federkohl gehört ja zu den ältesten verwendeten Kohlarten überhaupt. Und bei aller Liebe zu traditionellen Gerichten wie Ribollita oder Grünkohl mit Pinkel: Es gibt echt einige spannende Methoden ihn überraschend anders zu servieren. Vorreiter der neuen Kohlwelle sind zurzeit die Amerikaner, die den trendigen Kale ohne Ende rauf und runter rezeptieren und sogar zu healthy Smoothies verarbeiten.
Als Starter gab es frittierte Blätter. Das kann man gut finden. Wer steht nicht auf Frittiertes? Mir war es nach dem dritten Bissen einen Tick zu eindimensional. Begeistert war ich hingegen von der unscheinbaren Asche auf Zitronen-Alpbutter zu vorzüglichem Sauerteigbrot. So einfach, so viel Geschmack. Klasse!
Bei den gedämpften Kohl-Wickeln mit geschmortem Entenschenkel versetzte die dazu gereichte Kohl-„Sojasauce“ einige Gäste in Verzückung. Tobias liess lange geschmorten Kohl mit Hefe über Nacht sous-vide fermentieren und gewann dadurch eine angenehme, süsslich-salzige Würzsauce mit Tiefgang. Bildet eine Gasse und wedelt mit euren Palmkohlblättern, dieses Elixier sollte als Standardsauce in die Küchen einziehen!
Beim nächsten Gang bildete fein geschnittener, kurz gebratener Schwarzkohl das Nest für ein in Nussbutter konfiertes Eigelb. Darünter Kürbispüree, darüber geröstete Kürbiskerne und – der Knaller: Bestes Kürbiskernöl vom Oelist, der mit seinen extrem hochwertigen Ölen gerade ziemlich für Furore bei Spitzenköchen wie Sven Wassmer sorgt.
Zum lauwarmen Saibling gab es unter einer hauchdünnen Scheibe schmelzenden Lardos einen knackigen Kohlstrunk vom Westfälischer Winter in einer milden Kohlbouillon. Tüpfchen im Töpfchen waren ein paar Tropfen bestes Haselnussöl – ihr wisst ja jetzt von wem.
Als Hauptgang geschmorte Brust von der alten Fleischrasse Evolèner Rind mit sauren Zwiebeln, gebratenem und gedämpften Kohl und einem Kartoffelschaum von den einzigartigen Bergkartoffeln aus dem Albulatal. Diese Kartoffeln sind übrigens eine Geschichte für sich. Sich einlesen und sie ausprobieren lohnt sich!
Beim Dessert schliesslich überraschte und überzeugte eine grandiose Kohlmelasse(!) mit konzentrierter Süsse und feiner Säure von Boskoop-Äpfeln. Dazu geschmorter Apfel, gepuffter Amaranth und mit Heu aromatisiertem Joghurt. Grosses Tennis.
Eingeladen zu diesem handverlesenen Federkohl-Dinner im Meyers Culinarium hatten ProSpecieRara und die Biogemüse-Erzeugergemeinschaft Terraviva.
Tobias Zihlmann, der lange Jahre in der Spitzengastronomie unterwegs war, macht sich als Berater selbstständig und ist unter anderem in Mission unterwegs: Er möchte Produzenten und Gastronomen zusammenbringen.
«Ich finde es sehr schade, dass beim Gemüse wenig Sortenbewusstsein vorhanden ist. Rüebli ist Rüebli oder eben Federkohl ist Federkohl. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, aus jeder Sorte die ganz spezifischen Vorzüge herauszuarbeiten, sie entsprechend zu verwenden und dieses Wissen auch weiterzugeben», sagt er.
Das Federkohl-Diner ist der erste Anlass in einer Reihe, mit der neue Zugänge zu alten Gemüsearten und -sorten einem Publikum aus Gastro-Kreisen näher gebracht werden sollen.
Gute Sache, viel Erfolg!
Wer bock hat, die Ärmel hochzukrempeln und etwas nachzukochen, kann sich an die beiden Rezepte wagen, die Tobias freundlicherweise zur Verfügung stellt.
Abtauchen und Aufleben.
Samnauns überragende Bergkulisse als Seelenfutter fürs Genuss-Weekend.
Ich fahre echt viel zu selten in die Schweizer Berge. Dabei hat unsere Alpenwelt so viele Kraftorte, dass einem beim Anblick der Atem stockt. Tiel Luft holen, das herbstliche Panorama einatmen und schon leuchtet die persönliche Ladeanzeige wieder grün.
Doch bevor wir den äussersten Ost-Zipfel der Schweiz erreichen, gibt es noch einen Schmankerl-Schlenker. So mögen wir das: Auf dem Weg nach Samnaun die Route über Österreich wählen und dank einer Umleitung zufällig an so ein Wirtshaus geraten. Passt!
Super romantisch eingerichtet, traditionelle Gerichte, solide zubereitet und jeder Teller kann auch als halbe Portion bestellt werden (was über Mittag als Zwischenstopp-Mahlzeit mehr als willkommen ist). Ja sicher, ist doch überhaupt kein Problem.
Sehr freundliche Bedienung. Oder sagen wir, eine unverkrampfte. Meine Frau bekommt an ihrem Platz etwas viel Sonne ab. Als die Hoteliersfrau die Vorhänge zuzieht, danke ich: «Oh, da ist meine Frau aber froh, dass sie keinen Sonnenbrand bekommt.» Darauf sie: «Wanns die Leit an Sonnenbrand bekommen is mia des wurscht, owa i mags ned, wann die Möbel abschiess’n duan!»
Munter rauschen wir bei Kaiserwetter über den Arlberg und erreichen Samnaun in satter Indian Summer-Koloration. Muss mir ein gedankliches Post-it anheften: Das Skigebiet, das bis nach Ischgl reicht, muss immens sein, alle schwärmen davon.
Die Einladung zu einem genussvollen Weinabend verbinden wir mit einem Relax-Wellness-Weekend im Relais & Château Chasa Montana Hotel & Spa. Das Haus im gehobenen Chalet-Stil nimmt uns mit seiner familiären Ambiance und dem extrem freundlichen Staff ein.
Küchenchef Johannes Partoll (eben wieder mit einem Michelin-Stern für das hoteleigene Gourmet-Restaurant «La Miranda» ausgezeichnet) bereitet ein grandioses Siebengang-Menü zu den passenden Spitzen-Weinen der Domaine Chanson zu.
Zweite Post-it-Notiz: Wieder mal ins Burgund fahren!
Chanson-CEO Gilles de Courcel stellt seine Weine jeweils vor. Sein Önologe, Jean-Pierre Confuron, wurde letztes Jahr zum Winzer des Jahres gewählt. Eingeschenkt heisst das: grosse, sehr saubere, sehr charaktervolle Pinot Noirs (und ein Chardonnay) der besten Lagen.
Auch der sympatische Hoteldirektor und passionierte Sommelier Daniel Eisner spickt den unterhaltsamen Abend mit Weinwissen und Anektoden. Im hoteleigenen Weinkeller pflegt er gemeinsam mit seinem Service-Chef Thomas Monsberger über 1000 Positionen.
Auf dem Teller überzeugen präzise gegarte und perfekt komponierte Kombinationen wie Seesaibling mit Gurke und Wasabi, konfierter Kaisergranat mit geräucherter Mandel, fermentiertem Lauch und schwarzem Knoblauch oder Hirschrücken mit Feigenkaffee, kandierten Oliven und Karotten-Maracuja-Chutney.
Aber, dieser Einschub muss sein: Nicht nur im Gourmet-Teil isst man hervorragend. Küchenchef Partoll verantwortet auch die Karte der Tagesrestaurants.
Und dort bemerkte mein Junior zu Recht, dass er noch nirgends ein so gutes Wiener Schnitzel bekommen hat (nicht mal das bei Plachutta). Tatsächlich wird es in einer Schweineschmalz-Butter-Mischung ausgebacken und hat eine unverschämt feine und perfekt gewellte Panade. Gibt Extra Junior-Bonus-Punkte!
Die Weinabende finden zweimal jährlich statt und sind seit Jahren bei vielen Weinkennern und Gourmets kulinarische Fixsterne.
Sorgte am Ende des Abends für vinologische Tiefenentspannung: Chambertin-Clos de Bèze Grand Cru 2008.
Eine Tiefenentspannung der besonderen Art war meine erste Erfahrung in einem Floating Tank. 60 Minuten wohlig-warme Schwerelosigkeit.
Mag sich noch jemand an den Film Altered States erinnern? Übertriebener 80er-Jahre Quatsch aus heutiger Sicht. Die extrem entspannende Wirkung im Salzwasser in völliger Dunkelheit ist grandios.
Anfangs bleibt das sanfte Licht noch 5 Minuten an und ich wiege mich mich hin- und her. Strecke und dehne mich und lasse es da und dort etwas knacken. Dann geht das Licht aus, Meeresrauschen ist zu hören. Wärme umschliesst den Körper. Langsam legt man den Kopf ganz nach hinten und breitet die Arme aus, so dass nur noch Mund uns Nadenspitze aus dem Wasser ragen.
Einem imaginären Hypnotiseur folgend, werde ich immer schwerer, entspannter und dabei gleichzeitig leichter. Alles fliesst. Der Gedankenrausch ebbt ab. Der Puls verlangsamt sich und dämpft die Atmung. Bis man nur noch an eine Farbe denkt: Tiefes Smaragdgrün. Wunderschön.
Wenn das Licht wieder angeht ist es, als wären erst 10 Minuten vergangen. Das Wasser läuft langsam ab. Nun spürt man die Erdanziehungskraft wie nie zuvor. Der Körper sinkt stetig. Wird gegen den Boden gedrückt. „Geerdet“ zu sein, jetzt fühlt man es. Man klebt förmlich in der Wanne, wie ein Crew-Mitglied in einem Science-Fiction-Film, der aus dem Cryo-Schlaf gespült wird.
Bloss, dass man sich hier nicht in einem kühlen Raumfrachter befindet, sondern in der wohligen SPA-Oase mitten in der Schweizer Bergwelt. Fast zu schön um wahr zu sein, denkt man. Und ist dankbar.
Verliebt in eine Mutterhefe.
Das ist Chef Tomas Morazzini. Seine Freundin heisst Eleonor und ist 65 Jahre alt.
Er liebt sie. Sie ist seine ganze Inspiration und grosse Passion. Er frischt sie jeden Tag einmal auf. Ohne sie könnte er nicht das tun, was er jeden Tag mit grosser Leidenschaft tut: Backen. Eleonor ist seine Mutterhefe.
Er hat sie von einem traditionellen Bäcker im Piemont bekommen. Also ein Stück davon. Dort hat er seine Ausbildung zum Chef Pastry gemacht.
Im Piemont, erzählt er, wurde sie damals, vor über 65 Jahren mit Erde angesetzt. Mit Erde? Ja, Erde vom Acker.
Im Winter, das heisst, wenn es bald schon Frühling wird, aber der Boden noch frostig ist, gehst du hin und nimmst ein wenig gefrorene Erde. Diese löst du im Wasser auf. Dann filtrierst du das Wasser und mischst es mit Mehl.
Das Gemisch frischst du dann zwei Wochen lang jeden Tag mit frischem Wasser und frischem Mehl auf. Fertig.
Den Rest übernehmen die natürlichen Hefebakterien der Umgebung.
Heute backt er damit hier. Er ist Mitbegründer des bezaubernden «Urbino dei Laghi» auf der wunderschönen «Tenuta Santi Giacomo e Filippo», mitten in der Region Marken.
Müsst ihr hin. Ist eh eine meiner Lieblingsregionen. Unweit der beeindruckenden, mittelalterlichen Universitätsstadt Urbino. Da müsst ihr auch hin. Umwerfend.
Er verwendet Eleonor für alle Backerzeugnisse. Brot. Pizza. Focacce. Panettoni. Colombe. Schmeckt alles fantastisch.
Wenn Tomas Lust auf eine gute Pizza hat, geht er zu Simone Padoan. Müsst ihr auch hin. Keine Frage. Unweit von Verona. Eine meiner Lieblingsstädten.
Jetzt kommts aber dick: Fragt er mich doch, woher meine Familie kommt. Pescasseroli sage ich. Pescasseroli! Machst du Witze? Kenn ich! Da war ich schon öfters. Ich sag dir: Die Pizza die sie dort machen ist nicht von dieser Welt! Da komm ich nie und nimmer ran.
Das weiss ich. Obwohl seine wirklich sehr gut ist. Wie, ihr wart noch nie in Pescasseroli? Jetzt aber nichts wie hin!
Cappuccio e Cornetto
Seit bald vier Wochen ist das mein Frühstück: Un Cappuccio e un Cornetto.
Wieder einmal bin ich auf einem Giro d’Italia. Von Ligurien bis Venetien, über die Emilia-Romagna zu den Marken, Abruzzen, Molise und Apulien. Auf der Suche nach traditionellen, regionalen Gerichten. Und dem Rezept für Dolce Vita.
Dabei ist mir aufgefallen: Italien weckt den Italiener in mir!
In der Schweiz würde ich niemals mein Gipfeli in den Cappuccino tunken. Hier schon. Ganz ungezwungen. Es schmeckt fantastisch! Egal ob leeres oder mit Marmellata oder Cioccolata gefülltes Cornetto.
Und fast alle tun es. Mit Ausnahme von Frauen. Ich habe tatsächlich noch nie eine Frau beobachtet, die sich wie ein Alpöhi über seine Milchkaffeeschale beugt und an einem triefenden Cornetto schlürft.
Besonders elegant sieht es wirklich nicht aus. In der Theorie. Aber wie so oft, hebeln die Italiener im Alltag die Gesetze der steifen (und allzu oft bideren) Etikette aus und es wirkt total akzeptabel.
Dann tragen sie zum Beispiel ihre braungebrannten Körper in Unterleibchen spazieren und es sieht super aus. Tragen abends(!) braune Schuhe ohne Socken zu Hochwasserhosen und es sieht Hammer aus. Schütten Gassosa in den Wein und es schmeckt grossartig!
Also, so lange ich noch im Bel Paese bin, tunke ich weiterhin mein Cornetto im Cappuccio. Mal schauen, wie schnell ich diesen Ritus ablege, sobald ich wieder daheim bin.
Selbstgeisselung: Plastik-Pasta.
Weltraumpasta aus Italien. Ich hab mich durchgebissen. Für euch. Für die Nachwelt.
Wieso tut man sich als Feinschmecker so was an? Ich kann es euch sagen: Neugier. Ich meine, wer seine napoletanischen Fleischspezialitäten in so schönes Papier wickelt, der wickelt auch mich ein.
Diese «Boutique del Gusto», ich nenne so was Metzgerei, in der Nähe der Mailänder Piazza del Duomo hat mich magisch angezogen. Auf die Frage, welche einzigartigen Produkte aus ihrem Sortiment ich unbedingt probieren muss, hat der Metzger nicht lange gefackelt: Alles was wir in der Nähe von Napoli selbst herstellen und hier verkaufen.
Da wären die richtig gute Mozzarella di Bufala, geräucherte Scamorze, Provolone, grobe Salami tipo napoletano mit grossen Fettwürfeln und sensationelle frische und getrocknete Salsicce. Normale, geräucherte und superscharfe. Und auch typisches napoletanisches Gebäck wie die Sfuiatell‘, Pastiera oder Babbà sind stadtbekannt.
«Und was geht mit dieser Pasta?» frag ich ihn, als ich meine Einkäufe bezahle. «Ganz okay. Alles natürliche Zutaten.» «Selber schon gegessen, wie schmecken sie?»
«Ich? Also nein. Ich hab die noch nie probiert. Aber unsere Kunden kaufen die regelmässig und sind begeistert.» Hm, was soll man von gestressten Milanesi halten, die lieber Trockenfutter in die Pfanne hauen als selber schnell eine Pasta zu kochen? «Probiers halt, dann weisst dus», meint der Metzger.
Ich werfe einen genaueren Blick drauf: Oha! Der Namensgeber ist ja voll der Hipster. (Und das bereits seit der Gründung im Jahre des Herrn 1888.)
Und noch etwas entdecke ich auf der Packung. Die vier Buchstaben NASA. Wow! Das ultimative Killer-Verkaufs-Argument. Ich weiss das. Ich schaue oft (und gerne) Dauerwerbesendungen. Da fehlt es Sekunden vor dem Bestelltelefon so gut wie nie als Zünglein an der Waage. Und es wiegt schwerer als Gold. Härter kannst du ein Produkt nicht prüfen, als durch die NASA. Das weiss jedes Kind.
Und diese Pasta wurde 2007 und 2011 von der NASA anerkannt! (Wusste zwar nicht, das im Weltall schwebende Techniker die massgebliche Instanz in Sachen Kulinarik sind, aber egal). Einen TV-Bericht darüber gibt es hier.
Und auf der Firmenwebsite der apulischen Sudalimenta gehts weiter mit aktuellen NASA-Commitments und jeder Menge Produkte, die eigentlich einen ganz ordentlichen Eindruck machen.
Zuhause kippe ich, zack! den Inhalt des Palstikbeutels auf einen Teller und begutachte die zerbrochenen Pappardelle und die dehydrierte Würzmischung.
Man muss dazu sagen. Dehydrieren, also trocknen, ist nicht die schlechteste Art der Lebensmittel-Konservierung. Besser als jede andere Methode, die Konservierungsmittel welcher Art auch immer verwendet. Niemand kann zum Beispiel etwas gegen getrocknete Pasta oder Hülsenfrüchte einwenden.
Und wenn das Ausgangsprodukt gut ist, sollte auch das Resultat nach dem «Regenerieren» (so nennen Gastroprofis das Wiederaufbereiten von Speisen – ich mag das Wort, aber nicht unbedingt den Prozess) akzeptabel sein.
Die Zubereitung ist wirklich idiotensicher (schafft sogar ein Astronaut in der Schwerelosigkeit). Inhalt mit Wasser und Olivenöl zum Kochen bringen …
… und tatsächlich, nach 12 Minuten ist das Wunder vollbracht: Ecco pronta la Pasta!
Bisschen Parmesan drüber und fertig.
Sieht aus wie liebevoll gekochte Pappardelle con Ragù, ist aber eine Simulation.
Auf der anderen Seite: Ich hab in italienischen Restaurants – leider, ganz ehrlich – schon viel schlechtere Pasta gegessen.
Aber meins ists trotzdem nicht. Schon gar nicht, wie die Etikette verspricht, il Primo come piace a te! Die Pappardelle sind eine Spur zu dick. Auch wenn sie einen angenehmen Biss haben und nicht quellen. Die Sauce schmeckt intensiv nach (guten) getrockneten Tomaten. Insgesamt aber zu eindimensional, als hätte man nur Tomatenmark mit Wasser gemischt. Das Fleisch hat so gut wie keinen Geschmack.
Fall ihr also demnächst zufällig diese Pasta in Italien entdeckt und sie in eurer Ferienwohnung verputzen möchtet: Kann man machen, muss man aber nicht. Die Zeit, die ich zum Kochen einer eigenen Pasta spare, wäre es mir nicht wert.