Creative Dinner im Les Trois Rois.

Creative Dinner Les Trois Rois

UPDATE: DIESER ANLASS FINDET WEGEN COVID-19 NICHT STATT.
Das Ausweichdatum im Herbst werde ich hier und auf Social Media publizieren.

Bleibt gesund! 

 

Der eine malt. Der andere kocht. Gemeinsam reden sie über Kreativität.

Am 19. März 2020, freue ich mich ganz besonders, Gastgeber eines einzigartigen kulinarischen Abends zu sein. Mit meinem langjährigen Freund und brillanten Illustrator Boris Zatko. (Allein ein Ausflug auf seine Instagramseite raubt einem den Verstand – und locker Unmengen Zeit, wenn man sich treiben lässt).

Im wunderschönen Ballsaal des Grand Hotels Les Trois Rois, GaultMillau Hotel des Jahres 2020, servieren wir ein 10-Gang-Menü inklusive Getränkebegleitung. Wir sprechen über Kreativität, kochen und malen live und führen Interviews mit spannenden Persönlichkeiten des geschichtsträchtigen Basler Grand Hotels.

Der Abend kostet 220 Franken pro Person. Tickets gibts hier.

Les Trois Rois Basel

Les Trois Rois Basel

Anolini

Fagottini con Vongole

 


Ich habe einen Fehler gemacht. Einen dummen, dummen Fehler. Auf dem Weg zur diesjährigen, achten Ausgabe der ChefAlps, bin ich aus Leichtsinn hinabgestiegen in die Kommentarhölle auf 20min.ch und habe die dummen, dummen Bemerkungen zu einem Artikel über ein Schweizer Spitzenrestaurant gelesen. Die abgrundtiefe Ignoranz, die sich in den wenigen Zeilen manifestiert, ist jenseits der Schmerzgrenze. Natürlich weiss man, dass man nichts darauf geben sollte und sich das nicht antun sollte. Trotzdem ist es beängstigend zu wissen, dass da draussen eine gigantische Masse ist, die null Verständnis hat für die Kunst des Kochens. Nichts übrig hat für hochwertige Lebensmittel, für guten Geschmack, für ehrliches Handwerk, für die Spitzenleistungen in den Spitzenküchen und für kulinarische Kreativität. Da kommt einem das internationale Fachsymposium mit den weltweit besten Köchen wie eine rettende Insel vor und man schöpft wieder Hoffnung, dass das Gute nicht verloren geht und Sorgfalt, Achtsamkeit, Sinnlichkeit, Inspiration, Nachhaltigkeit, das Schaffen von Schönheit und tiefem Geschmacksempfinden weitergegeben wird und auf fruchtbaren Boden fällt.

Hier ein paar Eindrücke der Show vom Sonntag. Über die Show am Montag berichtet wieder mein hochgeschätzter Kollege David Schnapp auf dasfilet.ch

Heiko Antoniewicz und Adrien Hurnungee
http://www.antoniewicz.org/

Heiko Antoniewicz und Adrien Hurnungee stellen ihr neustes Forschungsprojekt «Kochen mit Asche» vor. Die beiden Spitzenköche und Unternehmer widmen sich der wissenschaftlichen Entwicklung innovativer Kochtechniken und noch unentdeckter Geschmacksrichtungen. Sie halten gemeinsam Profiseminare und sind Autoren zahlreicher Kochbücher wie beispielsweise über Molekulartechniken, Sous-Vide, Fermentation, Flavour-Pairing oder die vegane Küche. Diese avancierten jeweils zu Grundlagenwerken und wurden mehrfach prämiert.

Mit von der Partie ist auch ein persönlicher Freund von mir, der Basler Molekularbiologe Michael Podvinec. Er ist leidenschaftlich Wissenschaftler und Koch, oder wie er sagt: Der Nerd am Herd. Sein Forschergeist treibt ihn an, genauer herauszufinden, was beim Kochen passiert. Er macht wissenschaftliche Zusammenhänge der Lebensmittelzubereitung und -veredelung verständlich und gibt sie in Büchern, Fachartikeln, Workshops und an Food Events weiter.

Asche zieht Wasser aus den Lebensmittel, verdichtet das Aroma und wirkt antimikrobiell. Schon die Mayas und Azteken konservierten ihre Maiskörner in Asche. Antoniewicz und Hurnungee produzieren in verschiedenen Sequenzen und mit unterschiedlicher Hitze von 40 bis 900 Grad Asche und experimentieren, wie sich der Geschmack von Lebensmitteln verdichten, erweitern und konservieren lässt. Beim ersten Gericht, das sie auf der Bühne zubereiten, wurde ein Cobia (Königsfisch) gesalzen, mit Aschepulver vom Raps eingestrichen und für zwei Tage gereift. Der begleitende Raps wurde von leaf to root in verschiedenen Reifestadien von der Saat bis zu den Bohnen in diversen Texturen verarbeitet. Dazu gibt es einen essigsauren Fond aus fermentierten Kastanienblüten.

Beim nächsten Gericht wird ein 36 Stunden sous-vide gegarter Schweinebauch mit Ahornsirup lackiert und auf dem Big Green Egg karamellisiert. Dazu gibt es Esspapier aus Brennnesseln, eingelegte Farnsprossen und Asche von fermentierter Pomelo.

Weiter geht es mit Wallnussblätter, Kartoffel und 5-fach verbranntem Kohlenfisch. Dabei werden die Fischkarkassen in mehreren Etappen zuerst angeröstet und dann langsam weiter geröstet bis sich ein umami-intensives Würzpulver ergibt, das man mehrere Jahre aufbewahren kann. Dazu junge, fermentierte Wallnussblätter, einen Sud davon, wilder Meerettich und knusprige Elemente vom Fisch und von der Kartoffel.

Auch bei der Wachtel mit schwarzem gerösteten Reis und Passionsfrucht wurden die Knochen bei diversen Temperaturstufen geröstet, dann pulverisiert und verwendet, um die Wachtel damit einzureiben. «Das ist 100 Prozent Umami», betont Antoniewicz.

Für das Dessert mit Sauerrahm-Eis, Sellerie-Asche und Zitrone wurden in Salz eingelegte Zitronen kalt mit Kirschholz geräuchert und Sellerie bei drei verschiedenen Temperaturen getrocknet. Mit weisser Sellerieasche lässt sich das Eis mit Sauerrahm ohne Sahne und Eier binden.  Zu den süssen Selleriewürfeln kombinieren sie eine Olivencreme und Kaffeepulver als bittere Komponente.

Josep Roca
https://cellercanroca.com

Es folgt eine eindrückliche Präsentation vom, ja, man muss fast sagen, Genie Josep Roca. Das komplexe Universum und Gesamtkunstwerk des Restaurants Celler de Can Roca in Girona der drei Roca-Brüder hier erklären zu wollen, würde den Rahmen sprengen. Josep zeigt Videos und Slides und doziert in einem ruhigen, ununterbrochenen Redefluss. Einem Kunst-Professor gleich. In dunklem Anzug. Auf Spanisch. Erstmals wird die Präsentation an der ChefAlps via App simultan übersetzt. Ich habe die stotternde Stimme im Ohr während er unzählige Gerichte und kreative Ansätze durchgeht und von der Philosophie dahinter erzählt. Von der bedingungslosen Gastfreundschaft und Grosszügigkeit gegenüber Gästen und Angestellten. Die Dolmetscherin kommt bedauerlicherweise nicht ansatzweise nach (ich ehrlich gesagt auch nicht wirklich und sie tut mir aufrichtig leid) und so entsteht eine gewisse Dissonanz. Es wird für mich unumgänglich, diesen magischen Ort bald einmal selber zu erleben.

Josep Roca ist für das Food & Wine Pairing im El Celler de Can Roca verantwortlich. Gleichzeitig dirigiert er als Maître das Zusammenspiel im höchst ausgezeichneten Restaurant. Er gilt als als einer der weltweit kreativsten Sommeliers. Im Dreiklang mit seinen Brüdern Joan (Chef de Cuisine) und Jordi (Patissier) gelingt es Josep, Weine in Gerichte zu transzendieren und nahezu grenzenlose assoziative Verbindungen mit Aromen und Texturen zu erschaffen. Indem Weine reduziert werden, verdickt, gefroren, vakuumimprägniert, zerstäubt, geliert oder sphärifiziert werden. Diese kreativen Prozesse kombinieren Wissenschaft, Kunst, Literatur, Musik und Sensorik, bis hin zur Pädagogik und Psychologie. «Indem wir Wein als Hauptzutat ansehen, können wir die Begriffe umkehren und Texturen sowie Behältnisse austauschen, sodass der Wein etwa auf dem Teller serviert und mit dem Löffel gegessen werden kann und das Dessert dafür in einem Weinglas serviert wird», erklärt er.

René Frank
http://www.coda-berlin.com/

Spitzenpatissier René Frank wollte ursprünglich nur eine Bar mit Drinks und Desserts eröffnen und sich von der Sternegastromie (unter anderem La Vie, Osnabrück) verabschieden. Nun ist sein Restaurant CODA in Berlin Neukölln aber so einzigartig und so revolutionär, dass es von Michelin mit einem Stern ausgezeichnet wurde. Serviert wird ein mehrgängiges Dessert-Menü mit passenden Drinks. Natürlich sind diese Desserts nicht klassische Süssspeisen, sondern komplexe Kreationen, die alle fünf Geschmackssinne ansprechen. Neben süss, sauer, salzig und bitter also auch den fleischigen Umamigeschmack. Das sei die grösste Herausforderung und auch extrem wichtig, damit man ein Sättigungsgefühl habe, ohne dass man zu viel ist. «Mein Alptraum wäre, dass jemand nach unserem Menü raus geht und sagt, so, jetzt brauch ich einen Burger!». Er vermeidet Convenianceprodukte, wie sie noch oft in der Patisserie verwendet werden. Er vermeidet vor allem Zucker. «Ein guter Koch verwendet kein Glutamat. Und ein guter Patissier sollte keinen Zucker verwenden». Und er vermeidet das Wort vegan. Seine Kreationen, sagt er, sind zum grössten Teil pflanzenbasiert. Die natürliche Süsse stecke in den Zutaten. Man müsse nur wissen, wie man sie herausarbeitet. Indem man Früchte extrem lange reifen lässt zum Beispiel, oder Zutaten so lange konzentriert und reduziert, bis sich die Stärke in Zucker wandelt. Wie auch durch Amakaze-Fermentation mit Kojipilzen, wie es die Japaner praktizieren. Für seine Gerichte lässt er sich von anderen Ländern inspirieren. «Im Iran gibt es eine Süssspeise mit Rindermark. Wir haben einen Kuchen mit Rindermark im Menü.» Ein Drink sieht er grundsätzlich als flüssige Speise, deshalb verarbeiten und kombinieren sie die Zutaten auch gerne auf ungewohnte Weise und mischen verschiedene Weine oder ergänzen Sake mit Säften oder anderen alkoholischen Getränken. «Beim Food und Drink Pairing zielen wir auf Multisensorik.»

Auf der Bühne bereitet sein Team ein paar Gerichte zu und zeigt, wie sie Kakaobohnen als bean to plate selbst zu Schokolade oder Kakaomasse verarbeiten, indem sie die Kakaobohnen 24 Stunden im Grinder verarbeiten.

Banane, Kakao, Birnen-Balsamico
Bananenschaum mit Kokosmilch, Bananencreme von ofenkaramellisierter Banane, Kakaomasse, Tapioka mit Birnen-Balsamico, gepuffter Mais. Drink dazu: Rum, Jasminblüten, Moscato d’Asti. Und den Gästen auf die Handflächen gesprüht: Mit Jasminblüten und Tonkabohnen aromatisierter Rum.

Reis, Kakao, Bonito

Die Idee dieses Gerichts ist, die klassische Schokoladenmousse leichter und bekömmlicher zu machen. Weil sie sonst zu sättigend ist. Dazu wird Sojamilch aufgekocht und mit Agar 100% Kakaomasse im Thermomix zubereitet. Für das Volumen sorgt Eischnee, der mit Ahornsirup gesüsst wird. Die Umamikomponente kommt als Cashewmilch mit Bonito hinzu. Die Inspiration dazu fand er im traditionellen philippinischen Dessert namens Jamborado, wo zu süssem Brei salziger Fisch gereicht wird. Die Eiskomponente besteht aus Reiskuchen, Soja- und Kokosmilch. Dazu gibt es Reiscracker mit gerösteten Cashewkernen und Kakao, das erinnere geschmacklich an gepuffte Schweinehaut. Drink dazu: Premium Sake mit reduziertem Apfelsaft.

Die Gäste, die ins CODA kommen müssen auf jeden Fall neugierig und offen sein. «Unsere Gerichte sind schon fordernd. Und das ist gut so.»

César Troisgros
https://troisgros.fr

Den Abschluss des Tages macht César Troisgros. Ein sehr sympathischer, ein wenig schüchtern wirkender Typ, der nur so von Romantik und Poesie sprudelt. Und von Bescheidenheit! «On fait une cuisine très simple. Des petit choses. Pas compliqué. Voilà.»  Wenig High Tec, mehr Handwerk. Mehr und mehr pflanzliche Gerichte. Alles drehe sich darum, den neuen Standort zu reflektieren, der eine enorme Biodiversität biete. Auf der ChefAlps-Bühne wird er von seinem ehemaligen Souschef Giuseppe D’Errico assistiert, der heute Küchenchef im Zürcher Ornellaia ist, welches mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet ist. «Mein italienischer Bruder! Wir gleichen uns sogar im Aussehen, finden Sie nicht?»

César Troisgros gilt als herausragender Vertreter der New French Cuisine. Als Küchenchef in vierter Familiengeneration schreibt der 32-Jährige die legendäre Geschichte der Maison Troisgros fort, die seit 51 Jahren mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist. Césars Grossvater Pierre Troisgros wird bis heute als Meisterkoch der Nouvelle Cuisine verehrt. Das kulinarische Familienerbe, Gerichte zu kreieren, in denen die geschmackliche Klarheit erstklassiger Produkte maximal zur Geltung kommt, zeichnet auch die neuzeitlichen Kreationen von César Troisgros aus. Experimentierfreudig und offen für Inspirationen aus aller Welt verleiht er der familiären französischen Küche gekonnt frische Akzente. 2017 sind sie aufs Land nach Ouches bei Roanne gezogen. Ein malerisch gelegenes altes Herrenhaus mit Gehöften wurde nach ihren Vorstellungen von Spitzengastronomie und Gastgeberkultur in entspannter Umgebung umgebaut. Seither führen die drei hier unter dem Dach des neuen «Grande Maison Troisgros» die Drei-Sterne-Gastronomie im rundum verglasten, neuen Restaurant Le Bois sans feuilles, eine 5-Sterne-Auberge sowie eigens gepflegte Wälder, Obst- und Gemüsegärten. Regionalität und Nachhaltigkeit spielen denn auch eine zentrale Rolle in der Küche von César Troisgros, der sich darüber hinaus stark für den Erhalt von Permakulturen und traditioneller Gemüsesorten in der Auvergne engagiert. Man schaut sich ein Video auf der ChefAlps-Bühne an und verliebt sich so sehr in diesen Ort, dass man sogleich die Koffer packen und hinfahren möchte. Auf der Bühne bereiten sie ein paar super schlichte Gerichte zu:

Les aspèrges qui donnent la force
Knapp blanchierte Spargeln, geschnitten wie Tagliatelle und zu einem Nest gerollt. Dazu duftende Sechuanblätter, Korianderblüten, Haselnussöl und eine geeiste Rhabarberbouillon mit Sechuanpfeffer.

Coucou, je suis chaché sous le chou
Der Idee dieses Gerichts liegt der Geschmack von geröstetem Kohl zugrunde. César findet ein Kohlblatt an sich auch unglaublich ästhetisch. Das Gericht besteht aus eingelegten Navetten-Julienne, in Butter geschwenkten, mit Orangenzesten und Curry gewürzten Schnecken und einem blanchierten Kohlblatt, das in Butter geröstet wird. Um das Kohlblatt giesst er den Jus der Schnecken, der dann die Ränder schön karamellisiert. «Voilà, très simple. Un arbre, une feuille, la décomposition, la vie …»

Cosa croccante
Dieser leichte Salat besteht aus frittierten Karottenschalen, Pimentpüree, Kapern, Kresse, eingesalzten Meyerzitronen, vietnamesischem Koriander, Oxalys, Fenchelsprossen, Schnittlauch, und fein aufgeschnittener Bottarga. Die Vinaigrette ist reduzierter Karotten- und Zitronensaft.

Dessert le papillon s’envole
Dieses Dessert sei inspiriert von einer Schweizer Künstlerin. Ein buntes Millefeulle bestehend aus leichten Tuiles von Navetten, Rhabarber und Kohlrabi. Dazwischen abwechselnd eine Honog- und eine Zitronencreme.

Am Schluss drückt er mit dem Messer in die Mitte des Millefeuilles, sodass sich die Enden wie Schmetterlingsflügel erheben: «Voilà, le papillon s’envole!». Der Schmetterling fliegt davon und mit ihm unzählige Eindrücke und Inspirationen eines wieder einmal grossartigen ChefAlps Symposiums. A l’année prochaine!

Auf dem YouTube-Channel von Chef-Alps finden sich übrigens alle Shows in kompletter Länge. Die neusten werden vermutlich gegen Ende Woche aufgeschaltet.


Crazy Kontraste: Chef-Alps 2018

Immer wieder werde ich gefragt, ob es sich denn lohne, im Mai nach Zürich an die Chef-Alps zu gehen, die dieses Jahr zum siebten Mal stattfand. Natürlich, keine Frage! Wo sonst kann man live so viele unterschiedliche Spitzenköche erleben? Es ist ein bisschen wie Netflix schauen, aber eben live.

Die Branche fiebert auf den zweitägigen Event hin. Profis treffen sich und tauschen sich aus. Und auch wenn man kein Gastronom ist, reicht es, genussorientiert und ein bisschen kochverrückt zu sein, um ganz viele Eindrücke und Inspirationen aufzusaugen. Man reflektiert das eigene Schaffen, und schärft die Wahrnehmung für Dinge, die einem selbst wichtig sind oder die man schon lange mal anders anpacken wollte. Lernt neue Techniken, Philosophien und Trends kennen und profitiert von einem attraktiven Rahmenprogramm mit Ausstellern und Experten in Masterclasses. Hier meine Eindrücke der vier Shows von Sonntag, 27. Mai.

Ryan Clift
Restaurant Tippling Club, Singapur

www.tipplingclub.com

Ryan Clift und sein Head Bartender Joe Schofield wippen zu Beastie Boys’ Intergalactic auf die Bühne und begrüssen das Publikum mit breitem britischem Akzent: «’ello guys!». Der gebürtige Brite gehört mit seinem Restaurant Tippling Club zur Gourmetspitze Singapurs und ist mehrfach ausgezeichnet.

Seine Spezialität ist das Pairing von progressiven Cocktails zu avantgardistischen, verspielten und geschmacklich intensiven Gerichten. Der erfolgreiche Spitzenkoch mit auffälligen Tattoos und einer überschäumenden Let’s have fun-Attitüde startete seine Bilderbuchkarriere sprichwörtlich als Tellerwäscher. Mit 14 Jahren schon, in einem Sternerestaurant in Wiltshire. Danach arbeitete er an der Seite einiger der weltbesten Chefs. Von Marco-Pierre White über Peter Gordon, Emmanuel Renaut, Shannon Bennett oder Raymond Capaldi bevor er 2008 in Singapur seinen experimentellen Küchenstil entwickelte.

Sein Logo sei die Darstellung eines Mind-Maps, mit dem er seine Menüs entwickelt. Im eingespielten Video sieht man, wie das Team arbeitet. Sieht nicht nach Küche aus. Mehr nach einem Labor, wo Düfte oder eine neue Droge kreiert werden. Für die Entwicklung eines neuen Menüs nehmen sie sich neun Monate Zeit. Dafür wird der Gast dann auf eine einzigartige kulinarische Reise geschickt. Beim Sensorium Menu Memory Triggers zum Beispiel geht es um Erinnerungen und die olfaktorischen Verknüpfungen dazu.

Das Chef-Alps Publikum wird angehalten, an den verteilten Duftstreifen zu schnuppern. «Space» sei die Extraktion des Geruchs von einem Raumanzug eines Astronauten. «So riecht das Weltall – theoretisch» erklärt Clift. Es riecht metallisch, ozonlastig. Im Spektrometer wird der Duft Mandarine und Curry zugeordnet. Stimmt, jetzt wo ers sagt, rieche ich auch das. Leider erinnere ich mich aber nicht, wann ich das letzte mal im Weltall war oder in Indien. «Bei uns geht es um Fun, darum, eine gute Zeit zu haben. Mit den Duftstreifen stimmen wir die Gäste auf das ein, was danach kommt, damit sie mit den Gerichten und Cocktails auf derselben Wellenlänge sind.»

Bei einem anderen Menü geht es um die Verknüpfung von Begriffen wie «Happyness», «Baby», «Peace» oder «Holiday» und der Frage, wonach riechen diese? Welche Düfte assoziieren wir damit? «Baby» zum Beispiel nach Milch, Vanille, Aprikosen, Honig, Citrus und Gin. Wieder darf das Chef-Alps Publikum selber probieren. Diesmal sind es Gummibärchen, die 12 solcher Begriffe geschmacklich wahrnehmbar machen. Clift möchte seine Gäste, die heute ja mehr erwarten, als einfach nur Essen serviert zu bekommen, unterhalten und anregen. Man soll über Food und Drinks ins Gespräch kommen, Erfahrungen teilen und Meinungen hinterfragen. Als nächstes bereiten sie einen Sonic Negroni zu. Sieht zunächst aus wie ein klassischer Negroni. Clift erklärt aber, dass der Cocktail dann mit Ultraschall in einem Sonic Prep-Gerät künstlich um etwa 30 Jahre gealtert wird und dann entsprechend gereift, dicht und tiefgründig schmeckt.

Clifts Team arbeitet eng mit Physikern, Chemikern, Ärzten, Psychologen oder Parfümeuren zusammen, um bei der Entwicklung neuer Gerichte ganz spezifische und Geschmacksempfindungen kreieren zu können. «War euch das zu kompliziert?» fragt er das Chef-Alps Publikum, «dann kommt nach Singapur, es ist einfacher zu versthen, wenn ihr es selbst erlebt!». Mittlerweile betreibt Clift zwei weitere Betriebe in Asien und das «Bistronomie»-Konzept Grow auf Bali. Und er möchte weitere Tippling Club-Ableger in Tokio, New York, Amsterdam und – Zürich. Er sei hier bereits mit der «you be s, weisst du, die Bank» im Gespräch gewesen, einen Tippling Club in Zürich zu eröffnen, wäre klasse. Super Stadt – seriously.

Titti Qvarnström, Schweden

www.tittiqvarnstrom.se

Die nächste Köchin auf der Chef-Alps-Bühne kommt aus Schweden und ist im Gegensatz zu den beiden Briten zuvor das pure Gegenteil. Mit Betonung auf pur. Titti Qvarnström aus Malmö ist ein Naturkind, das am liebsten Barfuss über Moos läuft, im Wald Kräuter sammelt, oder sich mit einer Flinte in der Hand und selbst erlegtem Wild ablichten lässt. Sie ist aber auch ein Akademikerkind, das lange so überhaupt nichts mit Kochen und Kochkultur am Hut hatte. Erst als sie müde von der Theorie in ihrem Ingenieurstudium einen Sommerjob in einer Altersheim-Küche annahm, leckte sie Blut und seither ist sie getrieben von gutem Essen.

Sie liebt es, etwas zu machen, das man anfassen kann und Menschen mit Essen glücklich zu machen. Sie spricht perfekt Deutsch und das alles erzählt sie in einem nahtlosen Redefluss. Dann bemerkt sie, dass sie ja noch jemand vorstellen sollte, der auf der Bühne bereits mit Kochen angefangen hat: «Ja, das ist mein Bühnenassistent. Aber auch mein Ehemann» Sie ist: Sehr witzig. Und sie plaudert in einem Schwall aus ihrem Leben und von ihrem Werdegang. Darüber, dass Schweden hat das Handwerk verloren habe. Dass es keine Berufslehre mehr gebe, was eine Katastrophe sei, weil es jetzt nur noch unbrauchbare Hochschulabsolventen gebe, die keine praktische Erfahrung haben. Das findet sie schade. Oder wie sie nach Berlin ging und dort als Koch anheuerte und die Stadt und die aufkommende Spitzengastronomie dort lieben lernte.

Als dann der Vater erkrankte, wollte sie zurück nach Schweden. «Und da wollte ich ein Souvenir aus Berlin mitnehmen, ich hab mir das Beste ausgesucht» sagt sie und zeigt auf ihren Mann. Zurück in Malmö, wo es keine Sternegastronomie gab, dachte sie, das ist das Ende ihrer Karriere in der Spitzengastronomie. In Malmö, einer typischen Arbeiterstadt, sei es schwierig, Essen zu servieren, das einen besonderen Wert hat. Genuss gilt schnell mal als dekadent. Man ist nicht besonders stolz auf die eigene Esskultur. Sie selbst sei mit Dosenravioli und Fischstäbchen aufgewachsen. Traditionell sei die Schwedische Küche eine rustikale Küche mit viel Kartoffeln, Speck und eingelegtem Gemüse. Frisches Gemüse gab es so gut wie nie. Kalorienreich musste die Nahrung sein, für die kalten Winter.

So habe sie sich aufgemacht, Südschwedens Produkte in ein neues Licht zu rücken und diese mit Nachhaltigkeit und Sorgfalt zu kochen, um ihren besonderen Eigengeschmack hervorzuheben. Dafür wurde sie 2015 als erste Frau Skandinaviens mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Ausserdem wurde ihr Restaurant «Bloom in the Park» als bestes Restaurant in Schweden gelistet. Allerdings betreibt sie das Restaurant nach einem Zwist mit ihrem damaligen Kompagnon nicht mehr und ist heute beruflich frei unterwegs.

Ihr Mann bereitet derweil in der Chef-Alps-Küche geduldig Hasselback-Kartoffeln zu. Sie werden mit Crème fraîche und Rogen serviert. Warum sie dieses eher banale Gericht gewählt hat und nicht ein inspirierendes aus ihrer experimentellen Naturküche, erschliesst sich leider nicht. Sie selbst mischt nun ein schnelles Roggenbrot mit gesäuerter Milch, Malz, einer Anis-Kräutermischung und einer gehörigen Portion Natron als Treibmittel zusammen . Ich bin etwas vor den Kopf gestossen. Schweden mit seiner grossartigen Sauerteig-Brotkultur und Titti macht Soda-Bread ohne Teiggare? Sie aber liebt es. Es sei sehr aromatisch und bleibe lange frisch. Am liebsten esse sie Käse oder Butter dazu. «Ist die Butter schon fertig?» fragt sie ins Publikum. Sie hatte zu Beginn der Show ein Glas mit Rahm ins Publikum gegeben und gebeten, es zu schütteln, bis sich die Butter trennt. Sie ist sehr zufrieden damit.

«Wisst ihr, Schweden ist vermutlich das einzige Land, wo du geschmolzene Butter auf den Tisch stellen und es Sauce nennen kannst.». Schon wechselt sie wieder das Thema und sinniert über Gender-Unterschiede und weshalb so wenige Frauen an der gastronomische Spitze sind und ausgezeichnet werden. Wie sehr Frauen immer noch konditioniert seien, sich in die zweite Reihe zu stellen und dass sich das wirklich ändern müsse. Aber dass es vor allem an den Frauen selbst liege, den Mund aufzumachen und das zu fordern, was ihnen zustehe. Sie nennt den Spitzenkoch Marko Müller, der einen grossen Einfluss auf sie gehabt habe, weil er die Persönlichkeit seiner Köche gefördert habe und keine Roboter nach seinem Vorbild programmiert.

«Und was kommt jetzt? Gibt es bald ein neues Restaurant?» möchte Moderator Waldemar Schön wissen (der dieses Jahr sein Comeback auf der Chef-Alps-Bühne gab). Sie würde gerne, ja. Lässt sich aber Zeit, bis das richtige Angebot kommt. Waldemar doppelt nach: «Ich würde mich freuen, nächstes Jahr die Restaurants in Kopenhagen links liegen zu lassen und stattdessen nach Malmö in Tittis Küche zu kommen.» «Ja, oder schlaf mit uns im Wald», antwortet sie «und schiess ne Ente!»

Nicolai Nørregaard, Restaurant Kadeau
Bornholm & Kopenhagen 

www.kadeau.dk

Nicolai Nørregaard beim Arbeiten zuzuschauen, ist eigentlich schon fast Meditation. So filigran, so fokussiert. Es ginge sogar ohne Kommentare oder Moderation. Wie damals bei diesem TV-Format Silent Cooking. Könnte man stundenlang zusehen, wie die gestylten Spitzbuben mit ihren Bärten Schälchen um Schälchen minutiös anrichten, als wären sie ein Dänisches Designstudio, und nicht ein Restaurant. Die Insel Bornholm kulinarisch erlebbar zu machen, ist Nørregaards Leitidee. Er bezieht die ganze umgebende Natur mit ein und entdeckt immer wieder überraschende Zutaten, die essbar sind, oder findet Wege, sie essbar zu machen, durch traditionelle und moderne Zubereitungsarten oder indem er auf eine zehn Meter hohe Leiter klettert und junge Tannensprossen sammelt. Mit seinem Headchef bereitet er auf der Bühne sechs Gerichte zu.

Als Erstes ein Cracker mit Eingemachtem (sie produzieren pro Jahr sieben Tonnen eingelegtes Gemüse, Früchte und Wildpflanzen) unter anderem getrocknete Algen, Miso, eingelegtem Apfel, verkohltem Knoblauch, Blüten und Fliedersirup. Ein intensiver, umamibeladener Happen. Im Restaurant werden typischerweise mehrere Snacks in dieser Art in einer Vorspeisenfolge serviert.

Das nächste Gericht: Roher Hering, leicht eingeschnitten, um die Gräten zu brechen, auf einem Stück Roggen-Brot, mit Butter und Ziegenfrischkäse. Nørregaard arbeitet relaxed und redet sehr ruhig. Die Teller sehen schlicht aus, aber man kann erahnen, wie komplex und dicht die Gerichte in ihrem vielschichtigen Aufbau schmecken müssen, angereichert mit unzähligen dehydrierten Zutaten, Ölen, reduzierten Fonds oder Gels von Einmach-Flüssigkeiten.

Heiss geräucherter Lachs wird als nächstes kombiniert mit selbst gezogenen Bornholm-Feigen und verschiedenen fermentierten Zutaten, wie zum Beispiel Tomatenwasser.

Die folgende rohe, norwegische Jakobsmuschel ist eines seiner liebsten Meereszutaten. Kombiniert mit einer Paste aus getrockneten Jakobsmuscheln, Hanföl, Pinien-Pollen, Karotten, die zunächst dehydriert und dann wieder rehydriert und schliesslich frittiert werden. Für eine einzigartige Textur und intensivstes Aroma, dazu extrem reduzierter Muscheljus – «ein fantastischer Umamibooster» und zum Schluss etwas Bottarga. Das alles in der Muschelschale auf Eis serviert «das macht den Geschmack sehr clean».

Next: Gepickelte Tannensprossen auf weissen eingelegten Spargeln mit fermentiertem Erbsenjus und Muschelbrühe.

Das letzte Gericht, das sie zubereiten, ist gepickelter Kürbis der anschliessend grilliert und mit Quittenhonigsirup glasiert wird. Dazu kombiniert er frittierte Rosenblättern und rote Waldameisen. Sie wirken als säuerliches, scharfes Gewürz. Dazu etwas Buttermilchsauce.

Zusammen mit seinen beiden Partnern erforscht Nørregaard ständig neue gastronomische Welten. Zudem ist er Mitinhaber des Restaurants PONY in der Kopenhagener Shoppingmeile Vesterbrogade und des Bornholmer Hotels Nordlandet, wo in den Sommermonaten zeitweise das Sommer PONY als Pop-up-Restaurant eröffnet. Daneben ist er auch Mitinhaber einer Saftmanufaktur auf Bornholm. Das Kadeau ist damit weit mehr als nur ein Restaurant: Es ist Ausdruck von Nørregaards Liebe zu diesem ganz besonderen Fleckchen Erde und ein Gemeinschaftsprojekt von Freunden – kulinarikbegeisterte Lokalpatrioten, die sich für die Arbeitsplätze auf Bornholm einsetzen. Und für die Wertschätzung ihrer Heimat. Nächste Projekte sind ein weiteres Restaurant in Kopenhagen und eine Metzgerei in Bornholm.

Dominique Persoone
The Chocolate Line, Brügge

thechocolateline.be

Der Mann ist ein Feuerwerk! Nicht umsonst nennt er sich «Shock-O-Latier». Liebt er es doch ganz offensichtlich, zu provozieren und zu polarisieren. An der Chef-Alps macht er seinen Auftritt zu einer Mischung aus Stand-up-Comedy, Showcase und Appel für mehr Crazyness und Mut zu verrückten Kreationen. Er gilt als innovativster Chocolatier und Nummer eins der Gourmetszene.

Persoone betreibt mit seiner Frau Fabienne (der er ständig von der Bühne aus zuzwinkert und Küsschen schickt) eine Schokoladen- und Pralinenmanufaktur sowie zwei Outlets in Brügge und Antwerpen. Spitzenköche wie Alex Atala, Albert Adrià, Sergio Herman, Jordi Roca, Heston Blumenthal und René Redzepi pflegen eine intensive Zusammenarbeit mit ihm. Auf den Sitzen im Publikum hat er Pralinenboxen verteilt.

Während er über seine avantgardistischen Kreationen spricht, soll man die passende Praline verkosten. Ich kann mich nach der ersten nicht zurückhalten und esse eine nach der anderen auf! Das waren ohne jeden Zweifel die besten Pralinen, die ich je gegessen habe. Ich hasse das Wort Geschmacksexplosion, aber nichts anderes spürt man, wenn man auf seine Pralinen beisst. Komplexe Kakaoaromen die von Tabak über Gras bis Holzfass von süss über sauer, bitter und scharf gehen und einen irrsinnig langen und intensiven Abgang zeigen. Und schon im nächsten Augenblick bereue ich meine Gier. Denn Dominique erklärt, wie man Schokolade richtig geniesst: Auf die Hand nehmen, temperieren, schnuppern, und dann erst (ganz langsam!) im Mund schmelzen lassen. Nicht kauen.

Er lobt die Schweiz für ihre Schokolade, schiebt aber sogleich nach, wie schade es ist, dass die Kakaobohnen hier wie vielerorts viel zu stark geröstet werden. Das killt die vielfältige Komplexität, die Kakao aromatisch bieten kann. Dann schweift er wieder über zu pubertärem Schalk. Er erzählt erst harmlos, dass er im Fernsehen als Botschafter für die Erhaltung der Bienen einsteht. Und wie ihn die Begattung der Bienenkönigin durch mehrere Männchen fasziniert, um dann einen regelrechten Bienenporno auf der Bühne zu performen, inklusive eindeutiger Hüftbewegungen, explizitem Vokabular und weiteren nicht jugendfreien Anspielungen. Das Publikum kugelt sich vor lachen und applaudiert begeistert.

Seiner grenzenlosen Offenheit sind aber auch die kühnsten Kombinationen und Kooperationen zu verdanken: Pralinen mit knuspriger Hühnerhaut, Kaviarkaramell oder Heliumgas, betäubende Schokofrösche, eine fliegende Mousse au Chocolat der berühmte Schoko-Lippenstift oder der «Chocolate Shooter», mit dem sich Schokoladenpulver in die Nasenlöcher schiessen lässt.

Diese Erfindung war ursprünglich ein Geburtstagsgeschenk für die Rolling Stones. Inzwischen hat sich die Prinzessin von Jordanien auch acht(!) solcher Shooter bestellt. Modedesigner Stephen Jones bat Persoone eine Pralinen-Kollektion in der Form von Hüten zu entwickeln und mit Designer Nicky Vankets entwarf Persoone ein 20 Kilogramm schweres Schokoladenkleid für Miss Belgien, dazu initiiert oder unterstützt er aber auch unzählige Benefizveranstalungen, Hilfsprojekte und gemeinnützige Organisationen. Zum Schluss gibt er noch einen filmreifen Motivational Speech und plädiert, selbst die Veränderung zu sein, die man sich für eine bessere, mutigere und kreativere Welt wünscht. «Hey, ich habe letztens sogar Schokolade in Form von Hundescheisse kreiert. Könnt ihr euch das vorstellen? Ich mache Hundescheisse und werde reich damit!»

Auf dem YouTube-Channel von Chef-Alps finden sich übrigens alle Shows in kompletter Länge. Die neusten werden vermutlich gegen Ende Woche aufgeschaltet.

Fotos: ©Nadine Kägi

Andreas Caminada Casa Caminada

Andreas Caminada ist zurück – und geht neue Wege.

Der Spitzenkoch (3 Michelin-Sterne, 19 Punkte Gault Millau) hatte sich Anfang Jahr erstmals nach 15 Jahren intensiver Arbeit eine Auszeit gegönnt. Die letzten fünf Monate war er mit seiner Familie auf einer kleinen Weltreise. Von Thailand über Neuseeland und Australien bis nach Südamerika und USA. Sein Restaurant, Schloss Schauenstein im Bündnerischen Fürstenau, kürzlich von OAD zum besten Restaurant Europas gewählt, blieb geschlossen.

Doch untätig war man nicht in dieser Zeit. Das grösste Projekt mehrerer Umbauten und Renovationen betrifft das neue Gasthaus namens «CASA CAMINADA». Heute gab es für einen kleinen Kreis von Journalisten einen Einblick – mit Bauhelm – aus erster Hand.

Aus einem ehemaligen Stall entsteht von Grund auf ein Gasthaus. «Ein einfaches, ehrliches Gasthaus, wie ich es mir immer gewünscht habe. Nicht mit so Fake Alpenchic. Mehr so eine gute Dorfbeiz für Einheimische, Reisende und Hotelgäste. Schlichte Einrichtung, hervorragendes Essen, nachhaltige Materialien aus der Umgebung und warme Gastfreundschaft. Wir werden traditionelle Bündner Gerichte servieren. Farm-to-Table, modern interpretiert, mit besten Zutaten und sehr geschmackvoll.»

Weiter gibt es 6 Doppelzimmer und 4 Familienzimmer, einen Laden und eine Bäckerei. Genauer: Eine Holzofen-Bäckerei. Ich muss hier wohl nicht betonen, wie sehr ich für Brot brenne. Für echtes, handwerklich hergestelltes Brot. Für natürlichen Sauerteig. Und genau diesem Thema schenkt Andreas Caminada die grösste Aufmerksamkeit. Damit geht er noch einen Schritt weiter Richtung kulinarisches Erbe der Region, die er langfristig archivieren und anderen Köchen zugänglich machen möchte.

«Das Zentrum ist der Ofen» betont er. «Mein Traum war es, das Handwerk wieder in die Schlossmauern zurückzubringen. Zuerst dachten wir an ein Kunsthandwerk oder ein Künstleratelier, dabei liegt es doch eigentlich auf der Hand, dass ein Lebensmittelhandwerk viel besser zu uns passt.» Wir stehen im Rohbau vor einem mächtigen Gebilde aus Backsteinen, Gusseisenluken, Vulkan- und Schamottsteinen. Und ich merke, wie mein Puls ansteigt. Das Ding ist ein Traum. Wie aus einer anderen Epoche. Gebaut für die Ewigkeit. Eigentlich, es ist mir jetzt klar, hat er Casa Caminada um den Ofen herum gebaut!

Holzofen

Der Ofenbauer aus Deutschland erklärt, wie der Ofen durch seitliche Feuerkanäle beheizt wird. Vorzugsweise mit dünn gespaltenem Fichtenholz. Der Boden vom Backraum besteht aus Vulkanstein aus der Eifel. Vier Quadratmeter Backfläche! Da ist Platz für etwa 50 Brote zu einem Kilo. Ich hab mich schon mal zum Praktikum angemeldet und werde hoffentlich im Herbst darüber berichten können.

Casa Caminada eröffnet am 1. September 2018. Und am 9. September findet übrigens wieder der Genussmarkt mit vielen lokalen Produzenten auf Schloss Schauenstein statt. Ein Ausflug nach Fürstenau lohnt sich also gleich doppelt.

Beinvegni Casa Caminada


Claudio und Boris

Mein bester Boris, begnadeter Illustrator, Urban Sketcher und Geschichtenerzähler macht mit mir gemeinsame Sache.

Anmeldungen direkt im Café Smilla: 061 302 31 31
Wir freuen uns auf euch!

 


Viva la Pasta!

Pasta machen

Heute ist Weltpastatag. Dazu folgendes:

Man will sie uns mies reden. Schlecht machen. Die Freude, den Genuss, die Lust darauf verderben. Jeden Tag lese ich Artikel, dass Pasta ungesund sei. Einer schreibt dem anderen ab und kolportiert diesen Nonsens.

«Low Carb» heisst die neuste Sau, die durchs kulinarische Dorf getrieben wird.

Von Kohlenhydraten wird man jetzt scheinbar krank. Wie von Fett, Butter, Salz, Eiern und was da sonst noch war – oder etwa doch nicht mehr? Wer weiss das schon so genau.

Ich glaubs einfach nicht, wie viele mir bekannte Menschen diesen Schwachsinn bereits nachplappern!

Dahinter stehen keine neuen Erkenntnisse ausser diese: Neue Hersteller wollen mit neuen Lebensmitteln Kohle machen. Sich ein Stück vom Pastamarkt krallen. Simple as that.

Bietet diesen profitgeilen Unternehmen die Stirn. Nehmt eure ganze Leidenschaft für gutes Essen in die Hand. Kauft gutes Mehl. Kauft Eier von Hühnern, die anständig gehalten werden.

Macht eure Pasta selber. Von Hand. Zuhause. Und dann sagt mir ins Gesicht, dass das ein schlechtes Lebensmittel sei.

Viva la Pasta!


Female Future: Chef Alps 2017.

Gleich drei Spitzenköchinnen prägten die diesjährige Chef-Alps in Zürich. Die World’s Best Female Chef 2016, Dominique Crenn. Die aktuelle World’s Best Female Chef Ana Roš. Und die mehrfach ausgezeichnete Best Female Chef Antonia Klugmann.

Das grandiose Ladies-Lineup wird flankiert von den herausragenden Topchefs Peter Knogl, Oriol Castro, Heinz Reitbauer, Even Ramsvik, Eric Menchon und – man staune und vor allem höre: Spitzenkoch Nick Bril, der als Star-DJ gleich an der ersten Afterparty der Chef-Alps aufgelegt hat.

Auch dieses Jahr berichte ich als Medienpartner vom international Cooking Summit. Diesmal von den Shows am Sonntag. Den Montag kann man wie die letzten Jahre bei meinem geschätzten Kollegen David Schnapp auf Das Filet lesen.

Die Shows vom ersten Tag boten einen eindrücklichen Einblick in vier komplett verschiedene Koch-Philosophien und Persönlichkeiten, die sich stärker nicht kontrastieren könnten.

Dominique Crenn

Le Superstar: Dominique Crenn
Atelier Crenn, San Francisco

Auszeichnungen: 2 Michelin-Sterne, Nr. 83 – World’s Best Restaurants 2017, World’s Best Female Chef 2016, Finalrunde für Best Chef: West 2016 (James Beard Foundation Awards), Chef of the Year 2015 (Eater), Nr. 742 (La Liste 2015)

Tanzend, unter tosendem Applaus, erscheint Dominique Crenn auf der Bühne. Reisst die Arme hoch und schleudert ein «Hello Zürich!» in die Menge. Rock ’n’ Roll, Baby! Die zierliche Powerfrau wurde von allen mit grösster Vorfreude und Spannung erwartet. Ihre Kreativität, Eigenständigkeit und Poesie wirken sehr anziehend. Die Medien lieben sie. Wir lieben sie. Und sie selbst bestätigt: «Ich möchte am liebsten alle umarmen und abküssen.» Da springt der San Francisco Spirit förmlich über. Essen ist für sie Kommunikation. Sie möchte mit ihren die Kreationen Menschen zusammenbringen und verbinden.

Sie ist eine Künstlerin, die über ihr kulinarisches Schaffen auch den Blick auf Politisches und Gesellschaftliches schärfen will. «Ein guter Koch ist jemand der denkt, bevor er kocht. Man kann nicht einfach auf den Markt gehen und, tralala, einkaufen. Das ist kein guter Koch. Man muss Produktion, Gesellschaft und Politik hinterfragen. Essen ist Politik», stellt sie unmissverständlich klar. Und fordert ein Umdenken und die Fokussierung auf Wertschätzung und Respekt.

Diese Haltung habe sie von ihrem Vater mitbekommen. Ihm hat sie ihr erstes Gedicht gewidmet, das sie für ihr Restaurant geschrieben hat. Ihre Gerichte stehen im Atelier Crenn nicht nüchtern auf der Karte, sondern werden immer mit einem sehr persönlichen Gedicht umschrieben. Sie liest dem Publikum ihre poetische Hommage an den Papa vor und erzeugt einen intimen, zerbrechlichen Moment.

Kurz darauf sorgt die Moderatorin für den Brüller des Tages. Auf die Frage, warum Crenn von Frankreich in die USA ausgewandert sei, antwortet sie, Frankreich sei ihr zu bürokratisch. Darauf die Moderatorin: «Und ist Amerika tatsächlich weniger demokratisch?» Ein freudscher Versprecher erster Güte, der für heitere Zustimmung sorgt.

Sie stellt ihren Souschef Felix Santos vor: «Erzähl ihnen deine Geschichte». Er sagt, er wollte eigentlich nie bei Dominique Crenn essen. Seine Freundin habe aber so lange insistiert, bis er endlich nachgab. «Und dann hat es mich förmlich weggeblasen!». Und er wusste: Da, und nirgendwo sonst, will ich arbeiten.

Dominique Crenn

Gemeinsam bereiten sie zwei Gerichte aus dem aktuellen Menü zu. Besser gesagt, er bereitet sie zu und sie sorgt für beste Unterhaltung. «Wo ist der Weisswein?» will sie wissen. «Ich habe Weisswein bestellt. Es ist kein Weisswein da. Na, egal. Aber bestellt habe ich welchen. Was ist das hier?» Sie trinkt einen Schluck aus einer Flasche ohne Etikett: «Wow! Sake! Ich liebe Sake!», und setzt gleich nochmals an. She’s such a Rockstar.

Dominique Crenn

Fish and Chips

Fish and Chips

Das erste Gericht, das sie präsentiert, ist eine Hommage an ihre Liebe zu England. Es sei das einzige Gericht der englischen Küche, an das sie eine gute Erinnerung habe. Sie verwendet dafür Knochenmark vom Schwertfisch. Gegrillt und geräuchert. In einem frittierten Kartoffelnest mit Algen und Gold. Dazu ein Getränk in einem Gefäss, das an ein Parfumflakon erinnert. Mit mit Shizo, Passionsfrucht und diversen fermentierten Elementen wie Pfirsichtee. Sie würzt viel mit selbst gemachtem Essig aus Abschnitten wie Karotten-, Melonen- oder Obstschalen. «Wir verwenden einfach restlos alles von einem Lebensmittel.»

Im Salz gebackene Mairübe mit Kaviar.

Mairüben oder Navetten finden sich in Frankreich auf jeder Speisekarte. In USA eher selten. Sie kombiniert sie mit einer Beurre montée aus Weisswein und Dashi, geräuchertem Kaviar, einer Koji-Crème aus selbst fermentiertem Reis, Wakame-Algen und eingemachten Zitronen.

Im kurzen Interview mit Chef-Alps Botschafter Frank Giovannini, Küchenchef im Hôtel de Ville de Crissier, stellen beide fest, wie wertvoll ein internationaler Cooking Summit wie die Chef-Alps für sie ist. Es sei sehr bereichernd, Küchenchefs aus allen Ländern zu treffen, sich auszutauschen, zu lernen und Wissen zu teilen. «Unsere Welt rückt ein wenig näher zusammen und wir lernen andere Kulturen und Philosophien kennen», so Crenn.

Frank Giovannini

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Peter Knogl

Der Saucenkönig: Peter Knogl
Cheval Blanc by Peter Knogl, Grand Hotel Les Trois Rois, Basel

Auszeichnungen: 3 Michelin-Sterne, 19 GaultMillau, Koch des Jahres 2011 und 2015 (GaultMillau), Bestes Hotelrestaurant in Europa 2015 (Prix Villégiature Awards), Gewinner des Schweizer Kochbuch-Oscars 2012, Aufsteiger des Jahres 2009 (GaultMillau Schweiz)

Ebenfalls mit Spannung wurde «Der Saucenkönig» aus dem Hotel Drei Könige in Basel erwartet. Wie wirkt ein Spitzenkoch, der als Medienscheu gilt, auf der Bühne, fragten sich viele. Souverän lautet die eindeutige Antwort! Seine Gerichte gelten als Mass für Präzision. Und ebenso präzise und minuziös getaktet stellte er mit seinen beiden Souschefs einige Signature Dishes vor.

Saucen seien tatsächlich seine grosse Passion. «Andere haben andere Interessen, mich faszinieren Saucen. Am liebsten möchte ich alle meine Gerichte mit einem Löffel servieren.» Er selbst esse praktisch alles mit dem Löffel. «Der Löffel ist sozusagen mein Talisman» gesteht der grossgewachsene Bayer und, dass er in der Schweiz seine zweite Heimat gefunden habe.

Jalapeno Espuma mit Gurke und Carabinero

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Ich hatte kürzlich das Vergnügen, dieses Gericht im Cheval Blanc zu essen. Die Leichtigkeit, das frische, fruchtige Aroma vom Jalapeno Chili und der intensive, differenzierte Geschmack der anderen Komponenten sind verblüffend. Um der Chili die Schärfe zu zäumen, werden die Schoten gewässert.

Dann entsaftet und als Mayonnaise mit Traubenkernöl und Limettensaft hochgezogen. Dazu gibt es eine Gurken-Mayonaise die mit gekochtem Eiweiss(!) und Olivenöl aufgemixt wird. Die Carabineros werden 1-2 Minuten bei 45 Grad gegart und kommen als Einlage zusammen mit einem Tomatentatar unter das Espuma. Ausgarniert wird das gericht mit Kresse, Gurkenstiften und rotem Pfeffer.

Gehobelte Entenleber, Taschenkrebs und grüner Apfel

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Witzig: Die Idee zu diesem Gericht hatte Peter Knogl am Strand. Als er einen Krebs beobachtete, der sich im Sand verbuddelte. Soviel zur beliebten Standardfrage an Spitzenköche: «Woher kommt eigentlich Ihre Inspiration?» Die Idee hinter der gefrorenen und geraspelten Entenleber ist, dem Gericht eine Leichtigkeit zu geben. Ist diese Form doch wesentlich filigraner, als eine eher schwere Entenleberterrine. Das sanft gegarte Fleisch vom Taschenkrebs wird mit einer Mayonnaise mariniert. Darüber kommt die gefrostete, mit einer Microplane-Reib geraspelte Entenleber und als säuerlicher Kontrast eingelegte, eingefärbte Apfelstücke, Julienne vom grünen Apfel und Apfelblüten.

St. Petersfisch, Karotte, Senfgurkengel und Estragon

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Butter ist eines der wichtigsten Produkte für Peter Knogl. Was das in konkreten Zahlen bedeutet, macht er an einem Beispiel fest: 1 Liter Beurre blanc besteht bei ihm aus 750 g Butter. Man spürt förmlich das Herzrasen im Publikum. Darin und mit Estragon und Estragonessig aromatisiert, zieht der sous vide gegarte Fisch, bevor er angerichtet wird mit Karottenpüree, süss-sauren Karotten, Senfgurkengel und ein paar Tropfen Karottenöl mit leichter Tandoori-Würze.

Rotbarbenfilet mit knusprigen Schuppen, schwarzer Knoblauch, Safran und Tomaten-Vinaigrette.

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Dieses Gericht ist emblematisch und nicht mehr von der Karte des Cheval Blanc wegzudenken. Das Fischfilet wird mit auf einem Gitter langsam mit 200 Grad heissem Öl übergossen. Das geht keine 30 Sekunden. Dabei stellen sich die Schuppen igelartig auf. Sie sind dann extrem knusprig und sehr schmackhaft. Das Fleisch darunter geschmeidig glasig und weniger tranig, als wenn es in der Pfanne gebraten wird. Die Safransauce besitzt die Tiefe für die Knogl so bekannt ist. Gemüsesud, Fischfond und Noilly Prat reduzieren innerhalb von 20 Minuten auf ein Drittel. Dazu kommen Rahm und Beurre blanc und das präzise Moment, die Sauce vom Herd zu ziehen. «Jede Sauce hat ihren Höhepunkt. Man muss sie nehmen, wenn sie am besten schmeckt. Das braucht es halt ein bisschen Erfahrung» bringt er es lapidar auf den Punkt. So, jetzt wissen wirs! Als prickelnde Überraschung wartet unter der Safransauce eine Vinaigrette aus konfiertem Tomaten-Concassée. Garniert wird mit einer Mayonnaise aus fermentiertem Knoblauch.

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Der Neuerer: Oriol Castro
Disfrutar, Barcelona
Auszeichnungen: 1 Michelin-Stern, Nr. 55 – World’s Best Restaurants 2017, 2 Sonnen (Repsol Guide 2015 und 2016), Restaurant des Jahres 2015 (Acadèmia Catalana de Gastronomia i Nutrició), Best New European Restaurant 2016 (Opinionated About Dining), Barcelona Best Restaurant 2016 (Macarfi Guide)

Die Spanier wieder! Wie jedes Jahr an der Chef-Alps begeistern und polarisieren sie mit ihrer technisch avancierten Küche und avantgardistischen, verspielten Gerichten. Der Kontrast zur vorherigen Präsentation könnte grösser nicht sein. Erkennt man bei Peter Knogl noch fast jede Zutat und klassisches französisches Handwerk, ist beim kreativen Trio vom Disfrutar Barcelona nichts wie es scheint. In einem Feuerwerk aus Videoeinspielungen und katalanischem Stakkato eilt Oriol Castro durch faszinierende Zubereitungen, die Zuweilen aussehen wie tollkühne Laborexperimente.

Da gibt es einen Radieschen Snack, der in einer Schale aus schwarzem Sesam serviert wird. Schüttel man die Schale, ploppen die „Radieschen“ aus der „Erde“ als wären sie eben im Zeitraffer gesprossen. Natürlich handelt es sich nicht wirklich um Radieschen sondern um Baisers, die mit einer Radieschencrème gefüllt sind. Diese poetischen Elemente gehören ebenso zum Konzept wie die Verblüffung über ungewohnte Konsistenzen und Formen. Dazu gehören, nach wie vor, Sphärifizierungen, wie die auf Rosenblättern gereichten Rosenwasser-Lychee-Perlen die mit Ingweressenz besprayt werden. Wie die ikonischen „Oliven“ entstehen sieht man in diesem Video.

Bei aller Innvovation erklärt Oriol: «Alle in Spanien wollen werden wie Ferran Adrià, aber ohne Kenntnis der Tradition kann man nicht kreativ sein. Sie ist das Fundament und muss unbedingt erhalten bleiben.»

Baisers, Radieschencreme, Rosenblätter, Rosenwasser-Lychee-Perlen

Nocken aus geliertem Parmesangriess und Eigelb

Tütchen aus Obulato-Papier, Walnuss, Mango

Multisphärifizierung aus Mais, Schweineschwarte, Schweinesauce  

Kaninchenconsommé im Armagnac-Glas, Eis, Estragon, Orangenzesten

Gazpacho-Sandwich

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Der Forscher: Heinz Reitbauer
Steirereck, Wien
Auszeichnungen: Koch des Jahrzehnts (GaultMillau 2016), 2 Michelin-Sterne, 19 GaultMillau, 4 Hauben, Nr. 9 – World’s Best Restaurants 2016, Bestes Restaurant / 100 Punkte (Falstaff Restaurantguide Österreich 2016), Bundeslandsieg Wien 2016 (Falstaff Guide)

Heinz Reitbauer möchte bitte nicht unhöflich sein, ja? Aber er habe einiges vorbereitet, das er den Zuschauern zeigen möchte in der kurzen Zeit. So beendet er den Small Talk mit der Moderatorin, die gerne von ihm gewusst hätte, ob sein Vater, der ihm das Unternehmen quasi in die Wiege gelegt habe, noch aktiv sei. Aber nix da, sie huscht eilig von der Bühne und Reitbauer setzt zur spektakulär fundierten Fungologie an.

Er präsentiert in seinem geradezu wissenschaftlichen Exkurs den «aktuellen Wissensstand über Pilze». Es seien ganz spezielle Lebewesen. Kein Tier, keine Pflanze. Mit einer enormen Vielfalt und reizenden kulinarischen Möglichkeiten. Das Küchencrew von Reitbauer ist ein veritables Forschungsteam, das sehr nahe an der Natur ist und Produkte in enger Zusammenarbeit mit Produzenten und Erzeugern vorantreibt. Dazu entwickeln sie Zubereitungstechniken die neu aber nicht abgehoben sind, sondern oft das Handwerk neu erfinden oder weiterentwickeln.

Die faszinierenden Gerichte zum Thema «Der Geschmack des Waldes» die er mit seinem Team präsentiert, sind nicht nur alle auf der Webseite beschrieben sondern stehen auch als Rezept-Download zur Verfügung.

48-Stunden-Speck

Lungenseitlinge werden in einem Pilzfond mit Gewürzen eingelegt. Dann gedörrt und anschliessend mit Heu geräuchert. Über Nacht kühl gestellt, entwickelt der Pilz eine fleischige, ledrige Konsistenz und speckige Aromen. Sie werden mit einer Creme aus Chupetinos Chili bestrichen und mit Koriander, Anis und Hefe gewürzt.

Alpenlachs mit Samthäubchen, Gurke & Pfefferblatt

Der Alpenlachs in Sashimi-Qualität wird roh, aber gebrandet serviert. Dazu haben sie eigens ein spezielles Brandeisen entwickelt. Damit brennen sie Streifen in den Fisch, der dadurch einen delikaten Grillgeschmack bekommt. Mariniert wird er mit Pfefferblattöl. In einer Rettichschleife werden Pefferblätter und Fruchtstand angerichtet.

Lauch Frittaten Rehschulter, Igelstachelbart & schottischem Liebstöckel

Morcheln & Selleriekohl mit Bergamotte & Entenzunge

Der Versuch, Morcheln zu fermentieren hat zu erstaunlich guten Ergebnissen geführt. Mit Salz und Molkebakterien fermentieren die Morcheln zwischen 5 und 12 Tagen. Sie bekommen eine erstaunlich seidige Textur und einen intensiven Umami-Geschmack mit sehr weichen Karamelltönen. Sie werden kombiniert mit Selleriekohl der in Buttermilchgewürzmolke gegart und anschliessend im schweinenetz eingeschlagen gebacken wird. Dazu geschmorte Entenzungen, eine Bergamottpaste und eingelegte Bechermorcheln.

Rehherz mit Stockschwamm, wildem Lattich & Steinklee

In Nussbutter konfiertes Reh-Herz. Dazu Lattichsalat, in der Holzkohle gegrillt sowie fermentierte Rüben.

Mairitterling mit Meereskopfsalat, Walnussblatt & Ziegenkitz Nierenfett

Ziegenkitz-Nierenfett wird verwendet, um die Ritterlinge zu braten. Sie werden mit Pfarrgarten-Spinat, einer alten Sorte, in ein Algenblatt eingerollt. Dazu gibt es eine Vinaigrette aus dem Ziegenkitz-Nierenfett, klein geschnittenen Ritterlingen, Wallsnussöl, Wallnussblättern und Reisessig.

Schopftintling mit Cyclame, Kochsalat & Wiener Kaviar

Der Schopftintling wird gschmort und anstatt mit Salz mit Garum gewürzt. Dieses Garum (Fischsauce) stellen sie mit Fischabschnitten und Innereien sortenrein her. Ja, ich habe richtig gehört. Er hat eben sortenrein gesagt! Dazu gibt es Kochsalat, Knochenmark , Erdäpfelsauce und – eine Novität – Wiener Kaviar.

 

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Über die Shows vom zweiten Tag berichtet David Schnapp auf seinem Blog.


Privataudienz beim Foodpapst.

Richi Kägi Globus

Der Hohepriester des guten Geschmacks vollendet in Leder gewandet sein Werk.

Sensei Richi Kägi schmiedet nicht etwa ein Katana. Nein, er bereitet das beste Pata Negra Rack zu, das ich je hatte. Zuhause in seiner Küche. Ja, dort hat er eine offene Feuerstelle in der Herdzeile. Crazy Guy!

Seit 20 Jahren reist Richard Kägi als Foodscout für Globus rund um die Welt, besucht Produzenten, probiert, schmeckt, riecht – und entscheidet, ob die Delikatesse in der Delicatessa von Globus landet.

Sein Netzwerk: Wertvoller als die Festplatte von Snowden. Sein Job: Ein Traum. Er wird natürlich abwiegeln und behaupten, es sei harte Arbeit. Ich glaub ihm kein Wort. Er tut, was er liebt und liebt, was er tut. Und das ist das grosse Glück für alle, die mit ihm zu tun haben.

Schon längst ist er der beste Brand-Ambassador, den sich Globus wünschen kann. Denn er muss nicht wie ein doofer Promi so tun, als ob er die Produkte geil findet, die er mit seiner Persönlichkeit propagiert. Nein, he is the one who knocks! Er ist der geile Typ, der die geilen Produkte findet. Darum findet er sie geil, capisc‘?

Vor Kurzem durfte ich Gast in seinem eklektischen Haus sein. Ich könnte mir vorstellen, dass sich selbst Jason Statham alias The Transporter für die exquisite Immobilie erwärmen könnte. Ein moderner Kubus hoch über Zürich, mit Metallfassade, Sichtbeton im Innern und abgeschirmten Garten. Das Haus ist, wie es mein geschätzter Kollege David Schnapp in seinem Blog treffend formuliert, «um eine massgeschneiderte Küche im wohnlichen Industrielook» gebaut.

Für die Lancierung der sehr gelungenen und inspirierenden Globus-Platform Delicuisine, kochte er für eine kleine Gruppe Medienvertreter ein fulminantes Menü. Einige der Gerichte finden sich online mit Rezept, Anleitung und mundwässernden Videos.

Zum Beispiel der gegrillte Pulpo mit Röstgemüse und Korianderdressing.
Seine geniale Fenchel Conserva.
Dazwischen Frischer Kräutersalat mit gerösteten Mandeln.
Oder die schlichte, tief aromatische Pasta all Acqua Pazza.
Und als Dessert die fantastische Filo-Apfeltarte mit Pecan-Amaretti-Crunch.

Für alle, die jetzt vielleicht ein wenig neidisch sind, die gute Nachricht: Richi veranstaltet mehrmals im Jahr kulinarische Abende, für die man hier einen der begehrten Plätze buchen kann.

Ich empfehle auch einen Blick auf seine Website, unter Medien gibt es einige sehr schöne Portraits, die auch ein paar Bilder von seinem Haus preisgeben. Die Videoportraits, in denen man ihm bei seinen Foodtouren begleitet, müssten eigentlich längst als TV-Serie produziert werden. Und schliesslich kann man ihn auch lesen, in seiner Kolumne der NZZ.

Amen.


Das Thema Essen selbst in die Hand nehmen, möglichst in seiner Ganzheit.

«Wir wollen dieses wichtige Thema nicht den Marketingabteilungen von Grossverteilern überlassen, sondern unsere eigenen Geschichten vom Essen erzählen», schreiben die Menschen, die hinter dem Crowdfunding für ein neues Magazin vom Essen stehen.

Es heisst schlicht «gut» und verspricht im besten Sinne gut zu werden: ernsthaft, fundiert, facettenreich und vor allem – werbefrei. Die Chefredaktorin heisst Anna Pearson und ich mag alles, was sie tut, denn sie macht es: gut.

Gestern ist das Projekt auf der Platform wemakeit gestartet. Nicht zufällig gleichzeitig mit einem gleichgesinnten digitalen Medienprojekt, das ebenso konsequent einen hohen Anspruch an guten Journalismus und Unabhängigkeit stellt: Republik.

Ich empfehle, beide Formate zu unterstützen, weil sie auf Qualität statt Klicks setzen.

Wie viele Gleichgesinnte habe auch ich es satt, jeden Tag mit hohlen Food-Botschaften bombardiert zu werden. Man wird andauernd angelogen und für blöd verkauft. Es scheint medial nur zwei Positionen zu geben: Entweder werden Lebensmittel und Ernährungsformen total gehypt und geradezu hysterisch für super yummy und gesund erklärt, oder sie werden gebasht, verteufelt und in die dunkle Pfui-Ecke verbannt. Alles ohne einen Funken Reflexion. Jeder plappert jedem dasselbe Blabla nach.

Erst gestern habe ich wieder einen Artikel gelesen in dem Stand: «Wir alle wissen, dass Pasta ungesund ist.» «Einen Scheiss wisst ihr!», habe ich enerviert ausgerufen.

Es ist dasselbe Muster, das sich vermehrt in Gesellschaft und Politik manifestiert, wo zusammenhangslos zugespitzt, übertrieben und manipuliert wird und sich extrem gegensätzliche Lager anfeinden. Allen scheint das Mass der Vernunft zu entgleiten. Die Balance, die goldene Mitte, der gesunde Menschenverstand.

Auch wenn es ums Essen geht. Manchmal ist es wirklich unpackbar, wie sehr sich die Gesellschaft von der Normalität entfernt. Bloggerin Nicole erzählte mir, dass es in ihrem Bekanntenkreis Leute gibt, die Poulet nur essen, wenn keine Knochen dran sind (was bleibt da ausser Pouletbrüstli und zur Unkenntlichkeit panierte Nuggets?). «Wie bitte?», fragte ich unwissend. «Ja, sie ekeln sich davor!» Knochen erzeugen Ekel, weil ihnen dann bewusst wird, dass es ein totes Tier ist.

Und diese Leute mit ihrem angelesenen Halbwissen schwafeln dann in aller Naivität von gesunden Lebensmitteln. Lasst euch mal was sagen: Wer nur das isst, was gesund sein soll, ist krank.

Vier Mal im Jahr widmet sich «gut» einem Thema und bringt es in einen kulinarischen Kontext. Über drei Monate verteilt macht «gut» ein Thema wie «Ei», «Hand», «Tod» oder «Nacht» auf verschiedenen Ebenen erlebbar.

Während das Crowdfunding läuft, wird im Mai zum Beispiel das Ei gefeiert– in all seinen Facetten.

Deshalb habe ich zugesagt, hier einen passenden Beitrag zum Thema Ei zu teilen. Ich erinnerte mich an das einschneidende Erlebnis, als ich das erste Mal ein Huhn geschlachtet habe. Ich habe es vor etwas mehr als drei Jahren aufgeschrieben.

Hier gehts zur Geschichte aus dem Archiv: Am Sonntag sind Köpfe gerollt.

Welches denkwürdige Essen ich dann aus dem ganzen Tier zubereitet habe, lässt sich hier nachlesen: Respect the cock.


Gratistickets: ChefAlps 2017.

Chef-Alps 2017

Auch dieses Jahr bin ich als offizieller Medienpartner an der ChefAlps in Zürich.

Ich verlose 6 Gratis-Tickets: Die ersten sechs, die hier einen Kommentar hinterlassen, kommen zum Handkuss! 

An der 6. Ausgabe des wichtigsten Schweizer Branchenanlass am 21. und 22. Mai 2017 geben neun aussergewöhnliche Spitzenköche verschiedener Länder auf der Showbühne Einblick in ihre Philosophie. Im Nebenprogramm gibt es in der Markthalle 34 Aussteller zu entdecken. Ein Speed-Dating bietet die Chance, Experten zu fragen, was man Experten schon immer fragen wollte. Und nicht zuletzt wird die neue ChefAlps Afterparty jede Menge Gelegenheit zum Networken bieten. Ob Profi, Nachwuchs, passionierter Amateur oder Foodjournalist – diesen horizonterweiternden Cooking Summit sollte man nicht verpassen.



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