Vom Treiben getrieben

Man kann sich schon fragen, ob es tatsächlich möglich ist, eine so triebhafte Lust auf einen kulinarischen Genuss zu entwickeln, die nichts mit Fleisch zu tun hat.

Die Sehnsucht nach der weltbesten Pizza bianca reisst mich aber immer wieder in einen unaufhaltsamen Tatendrang, dass es für mich keine Zweifel gibt.

Ich weiss, dass es eigentlich ein sinnloses Unterfangen ist. Ich habe weder das geeignete Mehl (Typ 00 W 250), noch die geeignete Hefe und schon gar nicht den nötigen Ofen dazu. Egal – wenn du musst, dann musst du.

Am Vortag einen Vorteig ansetzen aus 20 g Frischhefe, 500 g Weissmehl (viel zu schweres vom Typ 405) und 250 ml kaltem Wasser. Abdecken, 24 h ruhen lassen.

Am nächsten Tag weitere 100 g Mehl, 10 g Salz und nach und nach Wasser dazugeben. Kneten, kneten, kneten, bis ein superglatter, superelastischer Teig entsteht. Weitere 6 h gehen lassen.

Und wie das ging – meine Güte, welch luftige Euphorie!

Backblech einölen, mit den Händen locker einen Pizzafladen darauf formen und nochmals abgedeckt 1 h ruhen lassen. Den Ofen ebensolange auf 250 Grad jagen.

Mit den Fingern Dellen in den Teig formen, verschwenderisch mit bestem Olivenöl bepinseln und mit grobem Meersalz bestreuen. Gute 30 Minuten goldgelb backen.

Diesmal haben Optik und Konsistenz Höchstwerte erreicht! Aber der Geschmack? Wo?! Eine Enttäuschung. So durchschnittlich, so fad.

Ich hasse dieses Mehl, ich hasse diese Hefe. Ich will meine eigene! Wie mach ich die bloss? Und woher bekomme ich das Mehl?


21 Kommentare zu Vom Treiben getrieben

  1. Malte Diedrich am 26. Januar 2010 at 23:11:

    Ist es dieses Mehl?
    http://www.gourmondo.de/Produkt-Details/alimenti-dallari-Weizenmehl-Farina-tipo-00-1000g-Packung/1000535401?p=4

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  2. Malte Diedrich am 26. Januar 2010 at 23:13:

    Und alternativ mal hier geguckt?
    https://www.bosfood.de/Mehl_und_Griess_9;0,11,0,1;;10.html

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  3. nata am 26. Januar 2010 at 23:15:

    Sorry, das sieht nicht gut aus. Mit diesem Mehl kann es aber tatsächlich nicht klappen. Da hilft wohl nur a) direkt bei einer Mühle bestellen, b) mal schnell über die Grenze huschen und in Deutschland das 505er kaufen, denn das eignet sich ganz gut für Pizza, c) einen italienischen Lebensmittelimporteur aufsuchen und ein Pizzamehl erwerben. – Viel Glück!

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  4. Alex am 26. Januar 2010 at 23:44:

    Also das Mehl zu besorgen dürfte nun wirklich keine grössere Schwierigkeit sein. Nur die Hefe… Hattest Du nicht mal selbst berichtet in Italien werden die Hefen Generationen lang am Leben gehalten ? Das heisst Du müsstest rohen Teig aus einer Pizzeria deines Vertrauens klauen!

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  5. lamiacucina am 27. Januar 2010 at 06:47:

    So viel Hefe frisst den Geschmack.

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  6. Pinot am 27. Januar 2010 at 07:59:

    Nun machst Du schon so eine lange Teigführung – was brauchst Du dann soviel Hefe? Wie lamiacucina sagt: die macht’s fad.

    Und wenn Du schon Deinen Ofen eine Stunde lang auf 250° laufen lässt: kauf Dir einen preiswerten Schamottstein in der Größe Deines Ofens (nicht zu dick, sonst musst Du noch länger vorheizen, 25 mm reichen völlig aus – in der Größe 30×40 werden sog. Pizzasteine allenthalben im Internet angeboten) und leg‘ ihn mit rein: der Unterschied wird gewaltig sein (und Du brauchst dann auch keine halbe Stunde mehr zu backen…)

    Viel Spaß und Erfolg beim weiteren Probieren, auf dass die Euphorie nicht beim Teig-Betrachten sondern beim Essen aufkommen möge!

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  7. Eline am 27. Januar 2010 at 08:59:

    Seit ich solche, schlicht perfekte Köstlichkeiten in den verschiedensten Regionen Italiens unter den verschiedensten Namen gegessen haben, backe ich keine Pizzen oder Fladenbrote mehr. Es fehlt mir einfach der riesigen Holzofen, in dem halbe Baumstämme verglühen können, der dick mit Lavasteinen oder Schamott ausgekleidet ist. Am besten gelangen mir Pizzen noch in einem alten Bauernhaus, in dem ich mal lebte, im grossen Küchenofen, der mit Holz zu beheizen und dick mit Schamott ausgekleidet war. Aber das Ergebnis war trotzdem nicht so gut, wie aus einem Holzbackofen, in dem die Fladen direkt auf den von Holzkohle durchglühten Stein gebacken werden.
    So wie man ein nordindisches Brot auch nie zum perfekten Geschmack bringt, wenn man es nicht in einem Tandoor mit Holzkohle bäckt.

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  8. Franz am 27. Januar 2010 at 09:15:

    ZEIT ist beim Brotbacken AROMA und damit ALLES! Nimm weniger Hefe, so um die 10 g. Ich würde mehr Wasser nehmen, so um die 300 ml, das Brot geht besser auf, auch 15 g Salz. Mehl Typ 505 oder Weizendunst ist OK, „Manitoba“-Mehl ist besser, weil es mehr Weizenkleber hat (hb-kunstmuehle.de oder METRO). Pack den Teig nach dem Kneten in einen Gefrierbeutel, leg ihn in den Kühlschrank und vergiss ihn dort für drei, vier Tage, auch länger. Durch Pilzsäure und Fermentation entwickelt sich köstliches Aroma. Dann wieder Raumtemperatur annehmen lassen, nochmal kneten, aufgehen lassen, schließlich auf ein paar unglasierten Keramikfliesen im unteren Teil des Ofens sehr heiß backen. Versuch’s mal.

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  9. Claus am 27. Januar 2010 at 10:39:

    Genial, dafür ist´n Blog da: Problem erkannt, geschildert und gelöst. Was will man mehr…

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  10. Schnick Schnack Schnuck am 27. Januar 2010 at 10:48:

    Mir sind solche sprudellebendigen Hefesätze immer etwas unheimlich, aber das Ergebnis sieht top aus!

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  11. katha am 27. Januar 2010 at 11:25:

    zu viel germ, wie robert u. a. schon sagten. ich glaube, das macht weit mehr aus (in kombination mit der dann längeren gehzeit) als das mehl.

    dazu eine sehr spannende und streitbare geschichte über weizensorten (Are Heirloom Wheat Varieties the Next Big Baking Trend?), das mit einem zitat von jim lahey (ja, der mit dem grossartigen no-knead-bread) beginnt:

    „You could give me dog-shit wheat, and I could still make it taste great.“ —Jim Lahey, Sullivan Street Bakery

    und bist du dir sicher, dass dein ofen wirklich 250 grad erreicht? bei mir wäre die pizza nach einer halben stunde bei dieser temperatur dunkelbraunes knäckebrot.

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  12. Claudio am 27. Januar 2010 at 11:49:

    Danke, Malte, ich werd mich in der Schweiz auf die Suche machen. Mindestens ein De Cecco-Mehl wird sich schon finden. 505er macht aber keinen grossen Unterschied zu 405er, nata. Nice thinking, Alex! Diesen Satz sollte man in Marmor meisseln, Robert! „Teigführung“ find ich auch ein schönes Wort, Pinot: Ich, morgens am Rheinbord, an meiner Leine ein kleiner Vorteig … Ich probiers weiter, versprochen. Recht hast du, Eline, aber wenn nun mal die Sehnsucht grösser ist als die Vernunft? Klingt verlockend, Franz ich sehe schon eine lange Testreihe vor mir (wie erklär ich das bloss meiner Frau?). Gelöst ist da noch gar nichts, Claus, aber genial find ich die Feedbacks allemal. Ja, an der Optik gibts wenig zu mäkeln, Schnick Schnack Schnuck. Danke für den Link, Katha, und vor allem, ich bin kein Bäcker! Man darf nicht erwarten, als Laie zuhause rasch ein Produkt aus dem Handgelenk zu schütteln, für das Berufsleute Generationen von Wissen und Handfertigkeit in die Waagschale werfen. Wäre ja auch absurd.

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  13. Jürg am 27. Januar 2010 at 12:11:

    ciao claudio, da ich selbst schon kiloweise der «weltbesten pizza bianca» gegessen habe weiss ich ganz genau wie sie auszusehen hat. dein resultat sieht äusserlich wirklich gut bis sehr gut aus, nach dem aufschneiden wird jedoch klar das du noch weit vom original entfernt bist, vom geschmack – so wie du selbst beschreibst – gar nicht zu reden . . . . falls es dir nur annähernd gelingen sollte das original zu erreichen müssen wir dies im sommer unbedingt bei wein, fleisch vom grill und «deiner» pizza bianca feiern . . .

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  14. nata am 27. Januar 2010 at 17:47:

    Wenn man mal davon absieht, dass ich mich vertippt habe und eigentlich Mehl der Type 550 meinte, macht es sehr wohl einen großen Unterschied zu 405er. – Probier’s aus!

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  15. Claudio am 28. Januar 2010 at 00:49:

    Okay, Jürg, heiz schon mal ein! Okay, nata, wenn du so darauf bestehst!

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  16. tao am 28. Januar 2010 at 10:48:

    bezüglich mehl könnte man hier mal schauen:
    http://www.rhonemuehle.ch/pizza.html

    die haben diverses „pizza“-mehl, unter anderem diese spezialmischung(?).

    selber hatte ich noch keine gelegenheit für einen test, 10kg mindestmenge übersteigt meinen pizzateig bedarf leider bei weitem.

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  17. Claudio am 28. Januar 2010 at 20:59:

    So eine ähnliche „Spezialmischung für Ciabatta“ habe ich tatsächlich schon mal ausprobiert (vor Jahren). War tatsächlich gar nicht mal schlecht. Aber es ist halt auch extrem uncool ..

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  18. annas finest am 4. Februar 2010 at 19:15:

    Nachdem ich mich selbst intensiv mit der Mehl-Typ-Frage beschäftigt habe, weil ich richtige italienische Pasta machen wollte, kam ich zu folgendem Ergebnis: Das Mehl, das in Italien als Tipo 00 bezeichnet wird, entspricht (anscheinend) dem deutschen Typ 405. Dieses Mehl fand ich nach langer Suche in einigen italienischen Lebensmittelgeschäften in Zürich, z.B. bei Alimentari Barone an der Josefstrasse im Kreis 5. Er hat ein 00-Mehl im Angebot, das aus einer Tessiner Mühle kommt: «Molini Ticinesi Riuniti» in 6512 Giubiasco. In Locarno habe ich im Ippergros das De Cecco Pasta Mehl gekauft, das ebenfalls ein 00-Mehl sein soll, aber gelblicher ist. Mit beiden kann man super Pasta machen, mit Focaccia hab ich allerdings keine Erfahrung… Bin sicher, dass du in Basel dieses Mehl auch finden solltest.

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  19. Claudio am 4. Februar 2010 at 23:57:

    Danke, Anna, unterdessen bin ich auf ein reines CH-Weizen-„Pizzamehl“ dieser Mühle gestossen: http://www.graf-muehle.ch/index.htm. Mit etwa 10 Gramm Bio-Hefe auf 500 Gramm Mehl habe ich letzten Sonntag eine schon um Welten aromatischere Pizza hinbekommen. Ich bleibe dran!

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  20. zorra am 8. Februar 2010 at 16:59:

    Ich schliesse mich meinen Vorrednern an, viel zu viel Hefe. Wenn du den Teig so lange gehen lässt kannst du auch nur 5 g nehmen und etwas mehr Wasser musst du auch nehmen. Mit viel Uebung wirst du es irgendwann schon hinkriegen, toi, toi, toi!

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  21. Filuzi am 31. März 2010 at 13:28:

    Spät, aber….
    Die alchimistischen Hinweise zum Pizzateig haben mich doch nicht ruhen lassen und ich werde es am Freitag mal ausprobieren.
    Der Bayer hat dazu wohl schon das richtige Mehl und zwar den Wiener Grießler, denn es außerhalb Bayerns nicht gibt. Das Zeug ist doppelgriffig. Ist wohl ziemlich das gleiche.
    Plus wenig Hefe, kalt ansetzen und viel Zeit. Na ich bin gespannt 🙂

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