Genau die richtigen Koteletts

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Also ich weiss nicht wie lange ich schon davon träume, Schweinekoteletts mitsamt der Schwarte zu braten.

Und wenn ich sage, Schwarte, dann meine ich Schwarte. Dann spreche ich von 30 mm dicken Fetträndern – yes, Sir! Bis zur Borstenhaut.

Das erste Mal gesehen, hab ich das vor ein paar Jahren. Richard Corrigan, der irische Sternekoch vom Lindsay House in London war Gast bei Jamie Oliver und hat zwei so Riesenteile gebraten – ich war hin und weg!

Corrigan servierte das Fleisch, so weit ich mich erinnern kann, mit Aprikosen und einem traditionellen, irischen Kartoffelstock – Champ genannt, oder so ähnlich. Bemerkenswert war, wie er einmal kurz auf Jamies Würzorgie rüberschaute und sagte: «Du weisst ja, Jamie, ich koche jetzt seit dreissig Jahren und seit dreissig Jahren versuche ich einfach möglichst viel weg zu lassen.»

Nun muss man wissen, dass man in Basel nicht einfach in eine Metzgerei latschen kann und sagen: «Einmal Schweinekotletts mit Schwarte, wie immer, Werni.» Nachdem der Metzger in der Regel erst mal grosse Augen macht, versucht er einem in der Regel zu erklären, dass es zwar schon Fett am Fleisch habe. Aber das müsse eben so sein und das könne man im Fall am Schluss also problemlos wegschneiden.

Darauhin man seinen Wunsch mit Nachdruck wiederholt: «MIT SCHWAR-TE!» Der Metzger, sichtlich irritiert, wird darob das dringende Bedürfnis haben, etwas klar zu stellen: «Sie wissen, was das heisst?! Da ist dann das ganze Fett dran, mitsamt der Haut. Und Borsten kann man vielleicht auch noch erkennen – einfach alles!»

«Bingo, du Schlaumeier!», denke ich.

«Ja, also wenn Sie so was wollen, kann ich das schon organisieren. Das muss ich dann aber vier Tage vorher wissen!»

Fett ist out und hat ein schlechtes Image. Im weigth-watchenden Zeitalter sind Schwartenkoteletts etwa so angesagt, wie Melkfett zum Sonnenbräunen. Ich kann gut verstehen, dass ein Metzger da erst mal zurückhaltend reagiert.

Ich habe schon erlebt, wie mein Fleischer des Vertrauens einem Ehepaar aus dem gehobenen Mittelstand, das er vor mir bediente, einen wirklich traumhaften, gut abgehangenen Rindsbraten aus seiner Schatzkammer holte. Natürlich leicht durchzogen. Und die feine Schnepfe sich daruafhin persönlich beleidigt fühlte und umgehend Ware verlangte, die ihrer würdig sei: «Mager, wenn ich bitten darf!»

Dem Boucher schossen beinahe die Tränen in die Augen und er versuchte vergebens, noch mal Gehöhr zu finden: «Gute Frau, das magere Stück wird ihnen gewiss austrocknen! Glauben sie mir, sie werden keine Freude daran…» – der Drache liess sich das rosa Trockenfutter einpacken und ich murmelte leise so was wie: «erstick doch dran!»

Aber eigentlich wollte ich ja noch erzählen, dass ich am Wochenende in der Stuttgarter Markthalle meine Schweinekoteletts entdeckt habe. Ja-haa! Solche, wie die von Corrigan! Mit alles, Mann! Die lagen da einfach so gemütlich beieinander in der Auslage. Als wäre es die normalste Sache der Welt. Als gäbe es keine adäquatere Form, dieses Fleischstück zu verkaufen.

Mein Blick klebte an der Glasscheibe. Und von weit weg hörte ich die Stimme eines italienischen Metzgers, der eben sein Handygespräch beendete (was denn sonst?!): «Prego?». Ich antwortete, ebenfalls, auf Italienisch: «Buon giorno. Mi dia due di queste cotolette.»

A-haa!, soo muss ein Metzger kucken! Und er gab mir eine Antwort, bevor meine Frage überhaupt aus meinem wässrigen Mund kullern konnte: «Sai come cucinarli? Eh, tu prendi una padella. Asciutta, senza olio, capito? Poi tu metti del sale e… aspetta!». Er unterbrach, ging kurz nach hinten und kam mit einer Bratpfanne und Salz zurück, streckte mir die Pfanne entgegen und bestreute sie mit drei Prisen. Dann erklärte er mir, dass ich die Pfanne erhitzen müsse, bis das Salz zu schmelzen beginnt. Dann die Koteletts hinein legen, zwei Minuten auf jeder Seite braten und dann 15 Minuten auf kleinem Feuer zu Ende garen. Dazu empfahl er mir Chicorée, angeschwitzt mit Pancetta und abgelöscht mit Weisswein, dazu noch ein paar Ofenkartoffeln. Die ganze Kombi war ein Hammer!

Ausser, dass ich das Fleisch zum Schluss einen Tick zu lange, zu warm gegart habe. Ich hätte es bestimmt noch zarter hinbekommen.

Aber selbst meine Freundin, die beim Betreten der Küche die brachiale Ausstrahlung dieser rohen Rippen mit einem ich ahne Schlimmes kommentierte, war restlos begeistert.

Ich hab sogar die offizielle Freigabe erhalten, jederzeit bei meinem neuen Freund vorbei zu schauen und dort für die nächste Runde einzukaufen.


4 Kommentare zu Genau die richtigen Koteletts

  1. Mike Seeger am 17. November 2007 at 02:53:

    So! Dafür jetzt so eine Werbekampagne, wie für das Tibits. Stelle mir gerade einen Macho vor, Drei-Tage-Bart, freier Oberkörper, sixpack, daneben das Kotelett mit einem Rosmarinsträußchen. Unter seinem Konterfei: Damit Er knackig bleibt …
    Sabber! Und das hat nichts mit dem Macho zu tun!

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  2. Boris Zatko am 17. November 2007 at 12:36:

    Nun, im Braunen Mutz habe ich mal so etwas bestellt, aber ich bekam dann nur die reine Schwarte, mit Borsten und einem Hauch Fleisch, das war dann schon zu viel des Guten. Ich mag Fett, keine Frage, aber essen in reinster Form muss ich es nicht. Aber danke für den Kochtipp, das probier ich mal aus.

    Und die Illu ist toll, zeichnest du auch sonst? Dann hättest du nämlich eine goldene Zukunft hinter dir. Davon versteh ich nämlich wirklich was!

    Viele liebe Grüsse

    Boris

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  3. patrick am 17. November 2007 at 16:58:

    hallo boris. ich merke grade dass ich ja im bericht ein wichtiges detail vergessen habe.
    der fettrand wird vor dem servieren natürlich weggeschnitten.
    das spezielle ist ja dass das fleisch im eigenen fett brät. das gleiche kann man zum beispiel auch mit einer entenbrust machen. sie mit der haut nach unten, in die kalte, trockene pfanne legen, so erwärmen und langsam das fett auslassen.
    wenn das kotlett jedenfalls dann erstmal schön präpariert auf dem teller liegt sieht es ganz harmlos und appetitlich aus.

    ja was das zeichnen angeht versuche ich drann zu bleiben 🙂

    liebe grüsse
    patrick

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  4. comenius am 19. November 2007 at 14:55:

    wunderbarer eintrag, kannst du vieleicht das nächste mal wenn du nach stuttgart reist ein paar mitbringen ?
    dann kochen wir es nochmals mit kürzerer garzeit ? könnten ja ein anonymekoeche essen bei mir veranstalten.
    die die illustration ist der hammer, grandios. gogogo!

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