Hallo Herbst!

Wozu jammern über den Verlust des Sommers? Mit dem Herbst kommt doch für uns Kulinariker die Erntezeit, der wir das Summum abgewinnen können.

Mit grösster Vorfreude habe ich mich darum an das Aushecken und Zubereiten eines reichen Menus gemacht.

Auf dem Herbstteller gab es als Einstieg wunderbar pfeffrige Hirschsalami von Tichy und Wildschweinschinken. Darunter versteckt sich ein halber Steinpilz. Mal eben kurz mit Schalotten in Butter geschwenkt.

Dazu die ersten glasierten Marroni. Gedämpft, geschält und dann langsam mit Karamellzucker, Butter und Fleur de Sel überschmelzt.

Die perfekt gereiften italienischen Feigen habe ich im Ofen mit Staubzucker und Weisswein gebacken. Und schliesslich ein Apfel-Chutney aus den eigenen Sauergrauech-Äpfeln dazu gereicht.

Den Sirup mit Schalotten, Senfkörnern, Ingwer, Rohrzucker und Zimt eindicken lassen – ohne Apfelstücke drin, damit sie nicht zerfallen. Würfelchen davon lieber alleine in einer Pfanne kurz und heftig anbraten und dann unter den fertigen Sirup heben. Passt übrigens auch sehr gut zu Käse.

Dazu Riesling von Boxler. Mal mineralischer, mal harmonischer. Beide eine Wucht.

Den Butternut-Kürbis gab es als Süppchen mit Safran und selbst gemachtem Gemüsefond. Veilchen als Farbtupfer und süss-saure Crevette als Abschiedsgruss an den Sommer.

Exotischer aber sehr gesitteter Begleiter dazu ein Chardonnay aus Südafrika.

Das Herzstück im Trüffelrisotto ist ein rosa gebratenes Medaillon vom Rehrücken. Die Sauce dazu gezogen aus den ausgelösten Knochen, Mirepoix, Rotwein, Port und aromatisiert mit Nelken, Wacholder, Zimt und Thymian.

Dieser Côtes-du-Rhône ein respektvoller Begleiter, dem auch ein Steinpilzrisotto geschmeckt hätte.

Zum dritten Mal hab ich nun das Sieben-Stunden-Lamm nach Anthony Bourdain aufgetischt. Ich habe meine Hausaufgaben gemacht. Um 6 Uhr morgens aufgestanden, nur eine Tasse Weisswein als Flüssigkeit verwendet und minuziös den Creuset mit Brotteig zugespachtelt.

Das Resultat kann sich sehen und vor allem schmecken lassen. Den eingedickten Bratenjus habe ich vor dem Servieren nochmals kurz mit Weisswein deglaciert. Die 20 Knoblauchzehen die man herausfischen konnte, waren herrlich karamellisiert und zart wie Pralinen.

Als Beilage gab es blaue St. Galler-Kartoffeln, die als Püree leider etwas von ihrem intensiven Violett einbüssen.

Dafür hat dieser Papst unseren Durst nach intensiven Purpur bestens gestillt.

Karamelliger geht fast nicht. Das ist selbst für Kalbsbäckchen harte Konkurrenz.

Die Vieille Julienne konnte bestens Paroli bieten. Komisch, ich hätte schwören können, dass wir dazwischen noch eine Bottiglia di Barolo getrunken haben. Aber die Flasche ist entweder verschwunden oder in meinem sanften Rausch abgetaucht.

Der Käsehändler vom Basler Markt streckte mir ein Stück entgegen und warnte: „Sind Sie sicher, dass sie diesen Gorgonzola piccante versuchen möchten? Der macht süchtig!“ Das muss der erste ehrliche Dealer sein, den ich getroffen habe.

Zum Dessert zwei Mal Todsünden von Maître Pâtissier Jacques, Mulhouse: Chocolat und Caramel au Fleur de Sel. Mein Gast, der am nächsten Tag nach Kalifornien geflogen ist, meinte treffend: „Wenn mein Flieger morgen abstürzt, hat es sich wenigstens gelohnt!“

Ach ja, Dessertwein war auch noch und lange, lange Gespräche und ein noch längerer Nachhall auf einen schönen Herbstauftakt.


22 Kommentare zu Hallo Herbst!

  1. Heike am 24. September 2012 at 21:46:

    Ernte sei Dank für so ein wunderbares Menue, das nur der Herbst uns bieten kann und verflucht nochmal nur eins:
    Ich war nicht dabei!

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  2. Andrea am 24. September 2012 at 22:16:

    Einfach nur: Chapeau!

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  3. lieberlecker am 24. September 2012 at 22:28:

    Auch ich kann mich da ziemlich kurz halten:
    Grossartig! 🙂
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

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  4. Antonio am 24. September 2012 at 23:40:

    Porca miseria, ma cazz è? N‘ orgia????
    Fantastisch!

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  5. Irene am 25. September 2012 at 00:43:

    Was für ein Herbst-Gedicht! Schon allein die Farben machen Lust auf alles!
    Kompliment u es Liebs Grüessli
    Irene

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  6. Britta am 25. September 2012 at 08:54:

    Toll, toll, und schöne Inspiration, plane auch gerade ein Herbstmenü für Freunde 🙂

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  7. Magdi am 25. September 2012 at 11:06:

    Mein Gott, was für ein Menü!!

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  8. Micha am 25. September 2012 at 13:56:

    Schenial!

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  9. Eline am 25. September 2012 at 14:23:

    Mir gefällt an diesem Menü:
    die Stilsicherheit
    die Weinbegleitung
    die opulenten Desserts
    und die geschmorte Lammschulter – so gut könnten Kalbsbäckchen nie sein!

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  10. Wilde Henne am 25. September 2012 at 14:49:

    Ich lagere grad ein Gigot. Die ganze Woche hirne ich schon dran rum, wie ich das Teil am Wochenende zubereiten soll, wäge ab, verwerfe… Merci für die Idee mit dem Bräter – das ist die Lösung.

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  11. Mike am 25. September 2012 at 15:28:

    Tolles Menü, Claudio! Ich war am Samstag im Wald, Steinpilze sammeln. Was soll ich sagen: keinen einzigen gefunden! Überhaupt waren sehr wenig Pilze zu finden. Noch nicht mal ein Fliegenpilz zum Rausch anessen. 😉

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  12. Wilde Henne am 26. September 2012 at 16:17:

    @Mike
    Wenig Pilze? Das kann man von der Schweiz nicht behaupten. Die letzten zweieinhalb Wochen gab es nur Steinpilze und Hexenröhrlinge – sonst nichts, die dafür tonnenweise. Und seit dem Wochenende jagt es die Perlpilze und die Zigeuner aus dem Boden wie irr. Ich habe am letzten Wochenende an zwei Tagen mit meiner Tochter fast 8 kg Pilze gesammelt.

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  13. Mike am 26. September 2012 at 16:39:

    @Wilde Henne: Da bin ich jetzt neidisch. Hier ist der Wald wie leergefegt. Auch an Stellen, an denen ich immer was gefunden habe. Allerdings haben die Waldarbeiter im Frühjahr auch etliche Schneisen in den Wald geschlagen. Vielleicht hat sich das Myzel ja „weggeduckt“.

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  14. Claus am 26. September 2012 at 20:12:

    Boaaah!!!

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  15. Gabor am 26. September 2012 at 20:51:

    Damm!

    Das macht einem fertig.

    Grad auch noch die reduzierten Kurzhinweise, was da wie zustande gekommen ist… Kopfkino.

    Hab mir ein Tampon in den Mund geschoben, damit der unversiegelte Parkettboden keinen Schaden nimmt.

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  16. Elisabeth am 29. September 2012 at 18:22:

    Ein super menu!!!!
    Aber bitte, wie kriegt man es hin, Trueffelrisotto zu kochen und sich gleichzeitig um seine Gaeste zu kuemmern??
    Allés Liebe aus Bruessel
    Elisabeth

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  17. Claudio am 30. September 2012 at 20:58:

    Durch eine rigorose Mise en place, Elisabeth. Dazu gehört auch, den Risotto vorzukochen. Geht sehr gut: Einfach nach halber Kochzeit auf ein Backblech kippen und möglichst schnell auskühlen lassen. Wenn es dann im Menu soweit ist, einfach etwas Brühe erwärmen und den Risotto fertig stellen.

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  18. Sheik am 3. Oktober 2012 at 17:33:

    durchweg gelungen. bravo !

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  19. Gabor am 4. Oktober 2012 at 11:36:

    Gäbe es einen passenderen Ort als einen Foodblog, um seinen eignen Senf dazu zu geben?

    Risotto aufs Backblech schütten. Pah!

    Du hast doch gar keine Ahnung, Claudio!

    🙂

    Nein… im Ernst jetzt:

    Du hast natürlich einiges mehr als nur ne Ahnung.

    Aber beim Risotto wage ich dennoch einzuwerfen:

    Also das halte ich für unnötig.

    Sofern ich das richtig kapiere, dient das doch nur dem Auskühlen; also dass die Körner noch nicht durchgaren. Dafür scheint mir die Methode ziemlich aufwendig.

    Ich stelle nach dem ersten Ablöschen mit Wein das Feuer (bzw. die Hitze aufm Glasfeld) einfach aus, geb aber dennoch etwas Brühe dazu und rühr noch etwas weiter, bis ich sicher bin, dass da nix mehr anhockt.

    Deckel drauf und stehen lassen.

    Zur Sicherheit, dass alles gleich regelmässig angegart ist, rühr ich ein-, höchstens zwei Mal in der nächsten Viertelstunde um und dann kann das so ruhen, bis es mit etwas warmer Bouillon und entsprechender Anfeuerung neues Leben eingehaucht kriegt.

    Funktioniert für so was – meine ich – ebenso gut.

    Oder hab ich da was ausser Acht gelassen?

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  20. Claudio am 4. Oktober 2012 at 19:33:

    Eine Frage der Zeitspanne, lieber Gabor. Letzthin durfte ich an einem Fest 60 Portionen Risotto zwischen Mittag und neun Uhr abends raushauen. Auf Abruf. Da ist man froh um diese Methode. Funktioniert einwandfrei, weil du den Kochvorgang schnell stoppst. In Restaurants kühlen sie den Risotto bei minus 30 Grad runter und halten ihn so servicebereit. Zuhause empfehle ich es nur bei langen Menus, bei denen du um jeden vorbereiteten Handgriff froh bist.

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  21. Gabor am 4. Oktober 2012 at 23:04:

    Also gäll: Unbestritten bei grossen Menues, bzw. grossen Töpfen, die nicht von alleine mal eben schnell auskühlen.

    Dann kannste meinen Tipp natürlich rauchen!

    Anyway – wie der Lateiner sagt – : Dein Menueplan hat mich fix und foxi gemacht!

    (übrigens schwärmt mein Sohn heute noch davon, wie wir im Sommer am Rheinbord neben der Mittleren Brücke in Dich reingelaufen sind. Ich hoffe, dass praktiziert er nicht selbst bei schreckhaften, gebrechlichen Bekannten! 😉 )

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  22. capitan am 9. Oktober 2012 at 19:57:

    NEID!

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