Das Brot ist voll
Endlich wieder einmal altes Brot: Ein Grund zur Freude!
Wer sein altes Brot verschämt und (zu Recht) mit schlechtem Gewissen schmeissen will – bitte. Ich ziehe es vor, damit etwas brachial Einfaches und gleichzeitig brutal Ergötzliches daraus zu machen.
Pane cotto oder dialektisch Pan‘ cott‘ – gekochtes Brot – gibt es in Italien in vielen regional unterschiedlichen Varianten. Gemeinsam ist ihnen, altbackenes Brot einzuweichen oder aufzukochen und als rustikale Mahlzeit zu servieren.
Die Toskaner zum Beispiel machen daraus eine Pappa, einen bestimmt wohlschmeckenden, leider aber auch etwas unansehnlichen Brei.
Bei uns in den Abruzzen ziehen wir es vor, dass sich das harte Brot in einem Gemüsesud volllaufen lässt, aber die Form trotzdem noch behält.
Einmal mehr erstaunt, wie viel Geschmack (und Glück) mit so wenig Zutaten herauszuholen sind. Es braucht nebst altem, harten Brot (kann weiss oder dunkel sein, aber gut muss es sein) nur vier Zutaten: Olivenöl, Knoblauch, Peproncino und Broccoletti auch bekannt als Cime di Rapa.
Ich habe ja bereits über die Askese italienischer Abendbrote geschrieben. Das hier reiht sich bestens in diese Nische.
Brot grob stückeln. Cima di rapa waschen und grob zerkleinern. In einer Pfanne Olivenöl erwärmen und einzig mit Knoblauch und Peperoncino bei sanfter Hitze aromatisieren.
Beim Peperoncino habe ich übrigens auf eine Probe von Josefina Petrus’ Chili zurückgegriffen. Diese Verrückte hat es sich zum Ziel gemacht, den bestmöglichen Chili aufzuspüren und zu vertreiben. Passt mir.
Cime di rapa dazugeben. Knapp mit Wasser bedecken und zugedeckt gute 15 Minuten köcheln. Salzen, pfeffern.
Brotbrocken in die Pfanne legen und leicht andrücken, damit sie sich vollsaugen. Alles in einen Teller kippen und reichlich Olivenöl darüber träufeln.
Wer mag, kann das einfache Glück noch mit einem würzigen Pecorino ausbauen.
Den süditalienischen Rotwein bechert man am besten aus Zahnputzgläsern, die man bis zum Rand füllt (mit einem Zitronenschnitz garniert) und in jeweils einem Zug leert. Das ist sehr gesund und wärmt die Seele.
Salute!
Welch herrlicher Beitrag. Finde, dass die einfachsten Gerichte oft die besten sind. Habe am Samstag in einem netten kleinen Restaurant im südbadischen Badenweiler (www.lacantinella.de)ebesno einen leckeren Antipasto aus altem Brot gehabt. Olivenöl, Knoblauch, altes Brot, gutes Salz und ein paar Kräuter angebraten. Absolut lecker!
-Das Lesen des letzten Abschnittes brachte mich schön zum Schmunzeln und hat viele schöne Erinnerungen geweckt. Denn das mit den randvollen Weingläsern, welche ‚auf ex‘ geleert werden kommt mir von meinem Grossvater (möge er in Frieden ruhen) her nur allzu bekannt vor.
-Da bedauere ich fast, dass ich gestern sämtliches altes Weißbrot zu Paniermehl verarbeitete. Leider ist bei uns auch der Cime di rapa nicht zu bekommen, und Broccoli ist keine Alternative. Schön ist, dass es nicht immer Fleisch sein muss, und dass Lebensmittel aufgebraucht werden, die in vielen Familien achtlos den Weg in den Mülleimer finden. Claudio, vielleicht sollten wir uns Gedanken machen, mehr solcher Rezepte zu posten. Reste at its best! Also nicht „Rest in peace“ (RIP), sondern RIP (Remains in production), oder so …
-meinst Du, dass ich das auch mit cavolo nero machen kann ? Der wäre gerade im Hause.
-Ah, das finde ich mutig, Gregi, und das gefällt mir sehr, wenn sich das ein Gastronom traut. In der Tat, Mike, zumal ja auch viele Gerichte gleich doppelt gut schmecken, wenn sie aufgewärmt werden. Jetzt wo dus sagst, Marco, – waren es nicht auch unsere Grossväter, die den Wein danach und nicht dazu getrunken haben? Mir jedenfalls wurde immer eingebläut, den ersten Schluck erst zu trinken, wenn der primo piatto leer war. Ausgezeichnete Idee, Robert, dazu finden sich haufenweise Rezepte (im Web auf Italienisch: pancotto e cavolo nero) mit derselben Zubereitung. Geht auch mit Wirsing, Mangold, Catalogna, Fave, wildem Fenchel, Weiss- und Grünkohl, mit oder ohne Kartoffeln oder Tomate …
-Das ist ein super Rezept. Gerade vor dem Hintergrund, dass soviele Lebensmittel weggeworfen werden. Viele Menschen wissen ja auch nicht mehr, was sie überhaupt aus altem machen können und diese Möglichkeiten aufzuzeigen, finde ich sehr toll.
-Askese…für mich ein Festessen!
-Amarcord, lieber Claudio. Bei uns gabs das ja auch mit Baccalà, an ungeraden Wochentagen, wo ich dann immer plötzlich Bauchweh bekam…
-Und dann gabs da noch die alte Signora im Dorf, liebevoll Panecotta genannt. Sie hockte den ganzen Tag auf ihrem Zwergen-Baststuhl hinter der Türe und füllte für 1000 Lire die 1-Liter-Karaffe mit rotem Hauswein. Der Wirbel im Trichter und der Rosa Schaum ergaben ein hypnotisches Schauspiel. Für die Kinder gabs den Wein dann mit Gassosa gemischt, damit die Bäckchen auch schön rot leuchteten…
was für ein Titel (und nicht mal eingefleischte SVP’ler könnten da Nein sagen ;-)) – jetzt ist klar, was mit dem alten Maggia rusticana vom Wochenende passiert – Danke!
-Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Gut habe ich das hier jetzt noch gelesen. Wollte nämlich heute mein hartes Brot zu Paniermehl schreddern. Cooles Rezept, wird gleich ausprobiert.
-[…] werden. Auf die Idee zur Erstellung dieses Eintrags bin ich durch die Beschreibung eines leckeren Reste-Rezept auf dem absolut lesenswerten Blog Anoyme Köche gekommen. Angelehnt ist dieses Rezept an einen […]
-Keine Leichte Sache, Barbara, aber eine sinn- und vor allem genussvolle. Nicht immer, Sybille, aber immer öfter. Yeah, danke für den Flashback, Frenk! Aus gesicherten Quellen weiss ich, sogar unsere Grossmutter hatte den Nickname Marietta de Panecotta. Ah, bestimmt ein tolles Brot, Andy. Ich muss auf das nächste alte Brot warten fürs Paniermehl, Henne 😉
-Hatte gestern Orecchiette ohne cime de rapa – aber mit Rosenkohl. Gut. Und jetzt lese ich das hier: Mein Dauerfeldversuch – die apulische mit der rheinischen Küche zu versöhnen – wird also mit Deinem Rezept und Grünkohl fortgesetzt. Ich werde berichten…
-Asche auf mein Haupt… Da habe ich meine Frau Mutter genötigt mir ein exzellentes Brot zu backen und das nur, um es alt werden zu lassen. Claudio, das ist auch ein bisschen Deine Schuld 🙂
-Ihr habt vielleicht Ideen, Joerg und Daniel! Bin gespannt auf euer Résumé.
-Nachgebastelt und für wunderbar befunden. Wird morgen verbloggt 🙂
-[…] Brotkohlsuppe habe ich noch nie gekocht. Ritter Claudio verheisst Rettung mit dem Rezept seiner abbruzzesischen Brotsuppe, sekundiert von der wilden Henne. Doch cima di rapa ist keiner im Hause. Hingegen eine Staude […]
-So, nachdem ich hier immer heimlich rumgebummelt bin, melde ich mich mal offiziell als Fan an. Bei uns gibt es Cima di Rapa praktisch nirgendwo zu kaufen. Gestern habe ich welchen ergattert und wenn es euch nichts ausmacht, werde ich heute euer fantastisches Essen nachkochen.
-Grossartig, Wilde Henne, Robert und uda – schön zu sehen, wie das Rezept Anklang findet und sich verbreitet!
-[…] aus dem Sortiment schmeißt. Ein absolut wunderbares Rezept für Rapa findet ihr beim Meister des Schlichten…nachgekocht von der wilden Henne und wer sich sonst noch diese Suppe eingebrockt hat weiß ich […]
-Kürzlich hatte ich endlich altes Brot und konnte so dieses Gericht ausprobieren. Was für ein Genuss! Vielen Dank für das Rezept 🙂
-[…] hatte nämlich auf Reisen den Post “Das Brot ist voll” der Anonymen Köche gelesen war hin und weg. Olivenöl, Knoblauch, Peperoncino, Gemüse und […]
-[…] abbruzzesischen Brotsuppe […]
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