Es gibt noch viel zu fressen.

Flechtengedeck 4

Der Mensch, ein Allesfresser? Es darf gelacht werden. Oder etwa nicht?

Vielleicht gibt es auf unserem Planeten mehr Dinge, die nicht essbar sind. Ich weiss es nicht. Aber bestimmt gibt es tausende Organismen, die man essen könnte, von denen ich noch viel weniger eine Ahnung habe. Das fesselt mich.

Flechten zum Beispiel. Diese hier [Edit: sind keine Flechten sondern Pilze, wie sachkundige Leser freundlicherweise kommentiert haben, danke!] sind auf der Schnittfläche unserer gefällten Birke gewachsen. Einfach so mir nichts dir nichts. Im Herbst war da noch eine blanke Fläche. Und letzte Woche entdecke ich dann diese prachtvollen und farbenfrohe Wucherungen.

Musste ich gleich fotografieren, mich an ihrer Schönheit laben und so tun, als könne man sie gleich servieren. So wie sie sind. Wäre super, nicht?

Obwohl, Schönheit ist einfach so dahin gesagt. Ein gewisser Schauer läuft mir schon auch den Rücken runter. Der Anblick erinnert nämlich auch an eher unappetitliche Lebewesen unterm Mikroskop oder an bedauernswerte Zeitgenossen, die ihre Flechten am Körper sommers spazieren tragen müssen. Brr!

Bei den Pilzen ist es anscheinend so, dass über 90 Prozent giftig sind für den Menschen. Bei den Flechten scheint es gleich umgekehrt zu sein. Es gibt nur wenige, die nicht essbar sein sollen. Vorausgesetzt, man weiss, wie man sie zubereiten muss. Einige müssen nämlich auf jeden Fall gekocht werden, bevor man sie verzehrt.

Flechtgedeck 1_s

René Redzepi, weiss auch, was man damit anfangen kann und würde sie jederzeit Popcorn vorziehen, wenn er ins Kino gehe.

Da hockt man da mit den immer gleichen Gemüsen und bildet sich ein, etwas vom Essen etwas zu verstehen.

Flechtgedeck 3_s

Dabei versteh ich gerade wieder: Je mehr man weiss, desto weniger weiss man.


14 Kommentare zu Es gibt noch viel zu fressen.

  1. Silvan am 28. Januar 2013 at 08:00:

    Lieber Claudio! Ganz ganz wunderschöne Bilder sind das, und dann noch die Idee, diese mit dem Besteck zu kombinieren – schöner kann ein Wochenstart nicht sein!

    Allerdings sind das auf Bild zwei definitiv keine Flechten, sondern Pilze, bzw. genauer die Fruchtkörper der holzzersetzenden Pilze. Diese leben mit ihrem Mycel (Geflecht) in totem Holz und bauen die Stoffe ab, die eigentlich nur schwer abzubauen sind, insbesondere das Lignin, das dem Holz seine Festigkeit verleiht.

    Flechten wachsen viel langsamer und haben eher dürre und vertrocknet wirkende Körper, während man auf den Fotos von Dir sehr schön diese feuchten fleischigen Fruchtkörper der Pilze erkennen kann. Manche Baumpilze verhärten allerdings auch äußerlich, wirken aber dennoch nie dürr und mager wie eine Flechte…

    Bekannte Flechten sind zum Beispiel die Wolfsflechte, diese giftgelbgrüne Flechte, die man gerne an Lärchenstämmen in den Alpen findet:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Wolfsflechte

    Oder die allseite bekannte Landkartenflechte, die ebenso in den Alpen auf Steinen wächst und so lustige Muster erzeugt:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Landkartenflechte

    Flechten haben übrigens nichts mit der „Schuppenflechte“ zu tun, dieser Hautkrankheit beim Menschen, es sind harmlose und an extreme Lebensräume angepasste Lebensgemeinschaften aus Algen und Pilzen. Die Algen brauchen Feuchtigkeit und werden darum von einem Pilz umschlossen, der ihnen eine Art Schwimmbecken baut. Dafür bekommen die Pilze von der Alge als Gegenleistung etwas von ihren Photosynthese-Produkten ab.

    Auf die Idee, Flechten zu essen, zum Beispiel frittiert, muss man echt erst mal kommen, danke für den interessanten Link. Allerdings sollte man wohl wie bei den Pilzen sehr gut wissen, was man da isst, denn auch bei den Flechten sind einige der beteiligten Pilze giftig. Die Wolfsflechte z.B. enthält ein starkes Nervengift und wurde früher angeblich zum Vergiften von Fuchs- und Wolfsködern verwendet… Wenn es also nicht gerade ein letztes Abendmahl werden soll, lieber zu weniger giftigen Arten greifen 😉

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  2. Eva am 28. Januar 2013 at 08:53:

    Faszinierend in der Tat, sehr spannendes Interview. Danke. Mir war nicht bewußt, dass Flechten proteinreich sind… Pilze habe ich ja schon viele gesamelt, aber das eröffnet einen neuen Kosmos 🙂

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  3. lieberlecker am 28. Januar 2013 at 09:17:

    sehr schöne Bilder! Flechten Chips anstelle von Pommes oder Gemüse Chips kann ich mir sehr gut vorstellen, aber als Produkt für die Masse sind wahrscheinlich noch nicht ganz salonfähig.
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

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  4. WildeHenne am 28. Januar 2013 at 11:12:

    Als Pilzlerin muss ich Silvan recht geben – das was Du hier zeigst, sind Pilze, und zwar die meisten aus der Gattung Porlinge. Hingegen die weissen, zotteligen auf dem zweituntersten Bild könnten z.B. Spaltblättlinge sein. Aber so aus der Ferne ist das schwierig zu bestimmen.

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  5. Claudio am 28. Januar 2013 at 13:40:

    Da kann man mal sehn, wie wenig ich davon verstehe, vielen Dank für die Erhellung, lieber Silvan! Mit entsprechender Kenntnis und Vorsicht, Eva. Wer weiss, Andy, vielleicht der Speiseplan der Zukunft: Flechten und Insekten! Danke, liebe Henne, Pilzeln ist für mich leider auch ein Buch mit sieben Siegeln, obwohl ich sie sehr gerne verspeise.

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  6. WildeHenne am 28. Januar 2013 at 18:55:

    Wenn Du Lust auf eine kleine Pilzexkursion hast, kannst Du Dich ab dem Sommer melden. Ich komme gerne mal mit Dir durch den Wald. Auf meinem Blog findest Du unter dem Label «Pilze» einiges zum Thema Pilze sammeln und Pilze putzen.

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  7. Juri am 28. Januar 2013 at 22:56:

    Wir haben vor ein paar Monaten mal in einem ganz fantastischen Restaurant im fränkischen Schiefergebirge eine sog. „Schiefertrüffelsuppe“ gegessen. Dabei handelt es sich auch um solche Gewächse, die auf Schiefer wachsen. Sehr empfehlenswert.

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  8. Claudio am 28. Januar 2013 at 23:34:

    Beeindruckend, liebe Henne! Danke für das Angebot, mein Vater hat auch schon versucht, mich anzufixen, aber jedes Mal, wenn er mich mitgenommen hat und ich fragte, wo denn jetzt diese Steinpilze wachsen, musste er zerknirscht antworten: da zum Beispiel – unter deinem Stiefel … Schöne Entdeckung, Juri, lese ich zum ersten Mal, du meinst den hier? Warst du bei Herrmann?

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  9. Juri am 29. Januar 2013 at 00:40:

    Claudio: Nicht ganz, mein Restaurant war dieses hier: http://harmonie-lichtenberg.de
    Laut Empfehlung wohl dem weit bekannteren Herrmann mindestens ebenbürtig. Ich kann das nur bestätigen.

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  10. Waltraut am 6. Februar 2013 at 22:45:

    Bei den meisten deiner Fotos dürfte es sich um Trameten handeln, ich habe letzten Sommer das Wachstum eines solchen Pilzes auf der Schulhauswiese in der Nähe verfolgen können. Er wurde ganz schön gross. http://siebensachen.twoday.net/STORIES/120174917/
    Grüsse Waltraut

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  11. Claudio am 7. Februar 2013 at 17:57:

    Danke, Waltraut, die Geschichte mit dem Einfärben ist ja frech.

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  12. anette am 23. Februar 2013 at 12:10:

    mit islandflechten wird angeblich hier gekocht: http://favikenmagasinet.se/

    många hälsningar anette

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  13. anette am 23. Februar 2013 at 13:50:

    noch ein ps;
    allerdings dekoriert der herr hier
    http://de.phaidon.com/store/food-cook/faviken-9780714864709/
    nach meinem dafürhalten ein törtchen mit zaunwicken(vica sepium) …und die sind definitiv giftig…

    also vorsicht beim (nach)kochen von naturkost….!

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  14. Anonyme Köche » Blog Archive » Rocking the Castle. am 14. November 2016 at 01:59:

    […] Vorspeise mit Ungewöhnlichem wie selbst gesammelten Flechten (ich hatte mich hier mal gefragt, ob Flechten essbar sind, wer erinnert sich?) oder in Bienenwachs gegarter […]

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