Tempura

Tempura. Eigentlich kinderleicht, aber nicht eigentlich ein Kinderteller.

Endlich hab ich einmal ein Tempura zubereitet. War etwas chaotisch und nicht ganz nach Originalrezept. Geschmacklich aber solide Mittelklasse.

Etwas stressig, weil man laufend wie fünf Power Rangers gleichzeitig frittieren muss, während die anderen genüsslich alles verputzen können – theoretisch.

Tenpura

Denn meine beiden Jungs haben nach den ersten Anstandsprobierhäppchen (sonst gibt es Power Rangers-Entzug!) die Ess-Stäbchen geworfen.

Ich durfte dann die mittlerweile latschig gewordenen Shrimps, Hühnerstücke und das vormals knackige Gemüse aufessen. Alleine, denn meine Frau hatte sich an meinen übertriebenen Mengen auch schon überessen.

Also ich glaube, so schnell werde ich diesen Aufwand nicht mehr betreiben. Obwohl.

Es war so, dass ich auf einmal einen unbändigen Appetit darauf hatte. Und dann gibt es kein halten mehr. Kennen Sie das? Nicht mal mehr Zeit, sich in ein paar Rezepte einzulesen und eine Einkaufsliste zu machen. Nein, einfach Samstagnachmittag loshetzen, kreuz und quer einkaufen und dann gierig drauflos kochen.

Junge Eltern sind ja total fasziniert, wenn ihr Nachwuchs beginnt, feste Nahrung zu sich zu nehmen. Was für eine Entdeckungsreise für beide Seiten! Endlich Schluss mit Brei kochen, pürieren, quetschen und zerstampfen als müsste man ein Altersheim durchfüttern.

Als ich meinem Sohn zum ersten Mal im Leben mezze penne rigate al pomodoro in sein Tellerchen schöpfte, leuchteten seine Augen. Und nach jedem Happen reckte er sein Kinn in die Höhe und intonierte ein lang gezogenes «Mmmh!» bevor er schluckte.

Schade eigentlich, dass wir als Erwachsene unsere Freude so zügeln. Ich möchte auch wieder einmal wild mit den Beinchen strampeln und mein Getränk auf den Boden werfen, wenn etwas Gutes auf den Tisch kommt.

Zwischen Eins und Vier haben Kinder eine beeindruckend offene Haltung gegenüber Essbarem. Um die Umwelt in gut und böse einzuteilen wird erst mal alles über den Gaumen erfasst und neugierig probiert.

Anfangs funktioniert das so: einspeicheln, schmecken und dann entweder ausspucken, weiterlecken oder schlucken. Je nachdem, ob es sich beim Gegenstand um Turnschuhe, Papas Handy, die eigene Faust oder etwas Essbares handelt.

Umgekehrt geht übrigens auch: Mein Sohn rieb sich einmal minutenlang und hoch konzentriert die nackten Fusssohlen mit der Schnittfläche einer Salami ein, während wir angeregt bei Tisch sassen und mit unserem Besuch plauderten.

Nach dieser Baby-Phase scheinen sie dann keine Tabus mehr zu kennen und geben sich jovial als vermeintliche Spitzengourmets. So mit drei Jahren vertilgte mein Sohn genüsslich Trüffelkäse, -salami oder -oliven, Sushi, Pulpo und andere Delikatessen. Er verlangte sogar ungeniert raue Mengen davon. Ich dachte, ich müsse einen Kleinkredit aufnehmen, um ihn durchzufüttern.

Wir assen damals oft in einem japanischen Restaurant. Das Personal liebte den Knirps, dem alles zu schmecken schien. So sehr, dass der Chef de Service, eine Japanerin, unserem Sohn einen selbstgetöpferten Teller schenkte

Japanischer Teller

Aber eben, so ab vier Jahren ist schluss. Da werden sie extrem picky und mäkeln an Essen rum, das zwei Wochen zuvor noch zu ihren absoluten Leibspeisen zählte.

Der jüngere der Beiden fängt jetzt sogar schon an meinen Sugo zu verschmähen! Frechheit, kann ich dazu nur sagen. Das hat bis jetzt noch niemand gewagt.

Aber ich weiss, früher oder später dreht sich der Spiess wieder. Und dann werden sie sich die Finger nach meinem Food lecken. Und mich anbetteln, so wie ich meine Mutter angebettelt habe, damit sie mir mein Lieblingsgericht auftischte, das ich als kleiner Junge ignoriert hatte.

Falls das dann wider erwarten Tempura sein sollte, würde ich es wieder mehr oder weniger so zubereiten.



12 Kommentare zu Power rangers ja, Tempura nein.

  1. Matthias am 14. März 2008 at 08:10:

    Beim Lesen musste ich mehrmals heftig schmunzeln – die Erfahrungen mit Kindern bezüglich des Essens scheinen sich doch sehr zu ähneln.

    Inzwischen isst meine kleinste (knapp 2 J.) fast alles, meine mittlere (knapp 5 J.) ist extrem „picky“, wie du es beschreibst, und mein großer (knapp 8 J.) fängt jetzt wieder an, alles zu probieren – und von ihm höre ich auch des öfteren das „hmmm, Papa, das ist aber lecker“ 😉

    Eine interessante Eigenart hat er: er riecht an allem intensiv, bevor er es probiert (die gute Nase hat er wohl von der Mutter geerbt). Momentan hat er Schnupfen und fühlt sich richtig behindert…

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  2. Claudio am 14. März 2008 at 11:39:

    Wow, dann hast du ja sozusagen drei bis vier Gästekategorien zufrieden zu stellen. Langweilig wirds dir dabei bestimmt nicht, was?

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  3. Matthias am 14. März 2008 at 12:29:

    Nö, langweilig ist’s eher selten…
    Und wenn ich nur eine Kategorie zufrieden stellen möchte, mache ich ein lauschiges Dinner mit meiner Frau – wenn die Kinder im Bett sind 😉

    Da bleibt dann auch etwas mehr Zeit, sich den Genüssen zu widmen…

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  4. Mike Seeger am 14. März 2008 at 22:21:

    Ich koche gerade Rinderbouillon aus Markknochen und einer Rinderunterschale, sowie Suppengemüse und einer halbierten und auf den Schnittflächen angebräunten Zwiebel. Der Duft ist göttlich und das „Beinchen strampeln“ programmiert. Aber den Teufel werde ich tun, und mein Getränk auf den Boden werfen.
    Meine Kinder sind 14 (Helena, wird Sonntag konfirmiert) und 20 (Lorenz, baut gerade sein Abitur) und haben eine ähnliche Entwicklung durchgemacht wie Deine. Lediglich das mit der Salami haben sie gelassen. Sie essen heute zwar nicht alles (Fett? Igitt! Außer Olivenöl natürlich.), aber das Spektrum ist groß, was mich natürlich freut. Meine Tochter liebt Carpaccio und mein Sohn Tomatensuppe, bis sie ihm aus den Ohren wieder rauskommt. Okay, es waren nicht die Ohren.

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  5. fressack am 15. März 2008 at 23:33:

    Mein Grosser (jetzt 18) hat mit 2 Fischterrine, Gänsestopfleber, Handkäs mit Musik und ähnlich exotisches Futter verputzt, dito die anderen beiden in entsprechendem Alter. Der Mittlere (jetzt 16) hat aber ab 3 nichts rotes mehr gegessen ausser Erdbeermarmelade. Das ging dann bis ca. 12. Der Kleine (jetzt 12) hatte laut eigenem Bekunden im Alter von 9 Jahren eine heftige Karottenallergie, so dass er diese nicht schlucken konnte.
    Die Bälger werden aber schon wieder. Ich esse auch nicht alles. Nur nicht den Mut verlieren.

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  6. Claudio am 16. März 2008 at 09:39:

    @Mike: Gratuliere! Ich wünsche euch eine schöne Konfirmationsfeier. Ihr geht aber schon ins Restaurant essen? Oder hast du Carpaccio vom Dexter-Bullen für 50 Personen vorbereitet?
    @fressack: Ebenfalls Gratulation zur erfolgreichen Züchtung. Haha, Karottenallergie?! Na, da kannst du schön froh sein, stell dir mal vor, eines deiner Kinder wäre Veganer geworden!

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  7. Mike Seeger am 17. März 2008 at 16:57:

    Kein Carpaccio, kein Restaurant. Mittag, Kaffee, Abendessen, alles bei uns zu Hause. Mittags ein kleines Menü mit zwei Hauptgerichten, abends Buffet, zwischendrin Kaffeetrinken mit zig Kuchen und Torten. Die Konfirmation ist geschafft, ich auch! Meine Tochter ist glücklich. Was will man mehr?

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  8. Claudio am 18. März 2008 at 00:33:

    Yeah, who’s your daddy!? Das ist doch eine wahre Freude, Glückwunsch.

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  9. Sascha am 22. März 2008 at 21:48:

    Mhhh lecker, solche Rezepte müsstest Ihr als PDF zum download anbieten.

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  10. Bolli am 23. März 2008 at 19:59:

    Ich war ähnlich und bin es geblieben, ohne Unterbrechung…..Vielleicht sind Jungs anders?
    Herrlich gelacht jedenfalls, und, es freut mich, dass es noch Eltern gibt, bei denen der Nachwuchs nicht Tiefgekühltes und Dossensuppen bekommt!!!!

    Ansonsten, falls es zu dramatisch wird, es gibt da ein paar gute Internate in der CH, kommt gleich mit 2 Trüffelknollen im Monat….

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  11. Claudio am 31. März 2008 at 15:03:

    Sascha: Kommt vielleicht noch, danke für die Anregung!
    Bolli: Und ich dachte, es gibt nichts, was du nicht isst?!

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  12. Der Starnberger am 17. April 2008 at 08:06:

    Fast so gut wie zuhause… 😉

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