Bekommst du italienische Schweinebacke in die Hand, halte auch die andere hin.

Das ist er. Der Einzige. Der Richtige. Der Echte: Guanciale.

Um diesen unvergleichlich feinwürzigen, luftgetrockneten italienischen Speck aus der Schweinebacke wieder einmal in die Finger zu bekommen, musste ich mich gedulden, bis ich letzthin wieder einmal in Milano bei einem Feinkosthändler Fuss fasste.

In meinem unmittelbaren Einkaufsradius habe ich bisher leider noch keinen Guanciale gesichtet. Ich wecke hiermit vorsätzlich den Sportgeist meiner Leserschaft und hoffe, ihr werdet bei einem lokalen Metzger fündig. (Piesackt ihn ruhig ein wenig, damit er euch welchen besorgt – es lohnt sich!)

Guanciale, der ursprünglich in den Regionen Latium und Umbrien hergestellt wird, ist vorwiegend für zwei traditionelle Gerichte unabdingbar: Bucatini all amatriciana und Spaghetti alla Carbonara.

Ich habe mir mit diesem Blog, glaube ich, den Ruf erarbeitet, ein Verfechter klassischer, traditioneller Rezepte zu sein, wenn es um italienische Gerichte geht.

Dies hat wohl dazu geführt, dass ich kürzlich vom Magazin für Geniesser «al dente» zu einem Carbonara-Gipfel eingeladen wurde. Una bella sorpresa!

Sternekoch Rico Zandonella und Eden au Lac Küchenchef Sebastian Diegmann haben ihre Carbonara-Interpretaion präsentiert (Rico mit Onsen-Ei, Sebastian mit Hummer) und ich durfte das Rezept für eine klassische Carbonara beisteuern. Hier nachzulesen.

Was wir einhellig zementiert haben: Rahm gehört definitiv nicht an eine Carbonara! Das tat richtig gut.

Zur Zeit läuft ja ein Spot in Schweizer Werbefenstern, der regelmässig meine Contenance zum ausflocken bringt, in welchem ein bescheidenes Milchprodukt mit Zusatzstoffen für einen besonders cremigen Carbonara-Genuss sorgen soll. Macht. Das. Nicht.

Wie bei so vielen vermeintlich simplen italienischen Rezepten, steht und fällt das Geschmackserlebnis mit der Qualität der Zutaten und ein paar geübten, aber nicht wirklich schweren, Handgriffen.

Für 4 Personen schneide ich 200 g Guanciale in fingerbreite, etwa 3 mm dünne Streifen und brate sie bei mittlerer Hitze in einer  Schwenkpfanne langsam an.

Erster wichtiger Kniff: Dem Guanciale Zeit lassen! Das Fett soll langsam schmelzen. Nichts soll anbrennen. Das dauert gut und gerne 20 Minuten.

Am Schluss wollen wir knusprige Stückchen, die innen weich und von dieser unglaublich schmelzigen Schwarte umgeben sind.

Die letzten paar Minuten aromatisieren wir mit einer ungeschälten, angedrückten Knoblauchzehe (danach entfernen).

Guanciale-Streifen beiseite stellen. Übriges Fett aus der Pfanne abgiessen und aufbewahren (zum Beispiel für beispiellos gute Bratkartoffeln!).

Jetzt kommt der zweite Clou: Die Röststoffe im Pfannenboden mit 1 dl kaltem Wasser deglacieren. In diesem Wasser werden wir die Spaghetti mit der Eimischung vermengen.

Inzwischen in einer kleinen Schüssel 4 frische, mittelgrosse Bio-Eier  verquirlen, 4 EL frisch geriebenen Pecorino romano daruntermischen und mit frisch gemahlenem schwarzen Pfeffer würzen.

In einem grossen Topf gut gesalzenem Wasser 400 g raue Spaghettoni (z.B. die von PPURA) sehr bissfest al dente kochen.

Spaghettoni abseihen, in die Schwenkpfanne geben und stark erhitzen – Dreh Nummer 3: So löst sich Stärke aus der Pasta, die Sauce bindet besser und wird wunderbar sämig.

Pfanne vom Herd ziehen. Die verklopften Eier und ¾ vom Guanciale zur Pasta geben und energisch mischen (die Eier sollen cremig bleiben und nicht stocken).

Pasta in Teller heben und mit den restlichen Guanciale-Streifen garnieren.

Das muss nicht spektakulär aussehen – es reicht, wenn es spektakulär schmeckt.


25 Kommentare zu Yippie Yah Yei – Schweinebacke!

  1. zorra am 19. März 2014 at 08:50:

    Ich mach sie manchmal auch mit Rahm. Komm ich jetzt in die Carbonara-Hölle? 😉

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  2. feinschmeckerle am 19. März 2014 at 08:56:

    8:55 und ich habe Lust auf carbonara. genau so muss sie sein. und nicht wie in dieser grausamen werbung.

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  3. Mike am 19. März 2014 at 09:00:

    Ich muss gestehen: ich habe sie auch schon mit Sahne gemacht. Zu meiner Verteidigung muss ich aber anmerken, dass mir das ein italienischer Koch so gezeigt hat 😉
    Die luftgetrocknete Schweinebacke ist dagegen hier kein Problem. Bekomme ich von Fallorni aus Greve hier bei meinem Importeur. Falls Du wieder mal in Deutschland bist, kann ich Dir eine Backe schicken.
    Liebe Grüße
    Mike

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  4. Hande am 19. März 2014 at 09:20:

    Einverstanden ausser das Wasser: es sollte das kochwasser des pastas sein, stärkehaltig und warm. 🙂

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  5. Hande am 19. März 2014 at 09:21:

    Ps: addresse genügt, damit du guanciale aus Rom bekommst 😉

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  6. Martin Zwick am 19. März 2014 at 09:44:

    JA, Guanciale ist das non-plus Ultra. Seit fast 1 Jahr gibt es ihn im „Frischeparadies Lindenberg“ und ich benutze nur noch Guanciale. Kein Vergleich zu dem salzigen Etwas aus dem Schwarzwald, Dänemark etc.

    Martin „BerlinKitchen“

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  7. Malte am 19. März 2014 at 10:36:

    Ich habe das Glück und bekomme ab und zu Guanciale bei einem italienischen Feinkostgeschäft, direkt in meiner näheren Umgebung. Einmal habe ich ihn für Bucatini all amatriciana verwendet und war absolut begeistert. Ein tolles Produkt!

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  8. Karin am 19. März 2014 at 10:52:

    Ich gehe am Freitag für 3 Tage nach Mailand und bringe gerne Guanciale mit, bin am Montag wieder in Basel, Übergabe sollte also kein Problem sein!! 🙂 Ich muss mir unbedingt das Pontormo von Berti kaufen, wo finde ich den die Messerboutique in der du das Prunkstück gekauft hast?

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  9. Magdi am 19. März 2014 at 11:52:

    Ich pack die Eiweisse nicht mit in die Carbonara, nur die Dotter. Sollte nach dem Anrichten noch irgendewas Glibbriges in der Pasta sein, könnte mir das den Apetit verderben. Sonst wie gehabt:)

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  10. Claudia am 19. März 2014 at 14:20:

    So, jetzt hab ich aber Hunger…Schweinebacke

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  11. lieberlecker am 19. März 2014 at 14:27:

    Zementiert oder nicht, die beste Ehefrau von allen wird stinkesauer, wenn ich an meinem Corbonara Rezept (mit Rahm!) etwas ändere. Aber vielleicht ist sie ja wieder mal auf Geschäftsreise 😉
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

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  12. Claudio am 19. März 2014 at 15:37:

    Aber nicht doch, Zorra, höchstens in so einem grusligen Werbespot ;). Genau, Feinschmeckerle, und warum haben die Produzenten von üblen Produkten eigentlich immer so viel Kohle für grausame Werbung? Mike, dieser Typ gibt entweder sofort seinen italienischen Pass ab oder seinen Beruf auf. Danke für das Angebot! Auch dir grazie, Hande: Noch lieber würde ich ihn mir natürlich selbst bei dir abholen inklusive Insidertour und lauschige Cena bei Cesare 😉 Vorsicht mit dem Pastawasser: Das kann dann leicht zu salzig werden. Geil, Martin, ich habe bis jetzt immer nur Deo benutzt, aber ich versuchs jetzt auch mal mit Guanciale. Wir: Die echten Kerle 😉 Happy Malte, du! Da fragst du mich jetzt was, Karin. Das war eine kleine Coltelleria in einer Seitengasse zwischen PECK und Caffè Vergnano (mein liebster Caffè übrigens – unbedingt probieren!) Magdi, du musst die Eier vorher nur gut verquirlen: Männer brauchen Eiweiss! Dann habe ich etwas richtig gemacht, Claudia, hoffe, du hast was Gutes zu Beissen bekommen. Haha! Andy, kennst du den Spruch: Wie me si zieht, so het me si 😉

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  13. Claus am 19. März 2014 at 20:57:

    Bei dir nicht, bei Marcella nicht, bei Herrn Ducasse nicht. Deshalb auch nicht hier bei uns am Mittelrhein. Kein Sahnezeugs gehört da rein! Niemalsnicht!

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  14. Patrick am 19. März 2014 at 23:10:

    Endlich Dein Rezept. Muss ich gleich ausprobieren. danke.

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  15. Christoph am 20. März 2014 at 14:33:

    „Die Röststoffe im Pfannenboden mit 1 dl kaltem Wasser deglacieren.“

    Danke für den Tipp, das werde ich heute ausprobieren, und anstelle des Knoblauchs, diesem Wässerchen Bärlauch hinzugeben.

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  16. Lilo am 20. März 2014 at 19:49:

    Wie ich SIE beneide!!!! Sie kommen an Fleischstücke – davon kann ich nur träumen. Bin traurig.
    Trotzdem beste Grüße

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  17. alex am 21. März 2014 at 14:39:

    Das sieht saulecker aus. Ich hoffe, das es sich nicht zu meiner Mission Impossible erweist, ich probier es aus. Danke für das Rezept und immer wieder schmunzeln dürfen über deinen Wortwitz.l.g.die Alex

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  18. Martin am 21. März 2014 at 15:25:

    Wunderbar! Wie haben den die beiden anderen Variationen geschmeckt?

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  19. Claudio am 21. März 2014 at 18:01:

    Schlag ein, Claus! En Guete, Patrick. Das gibt dann Carbonara primavera, Christoph. Und online bestellen, Lilo? Mischen is possible, Alex, good luck! Soll ichs verraten, Martin? Wir sind vor lauter posieren und referieren gar nicht zum Probieren gekommen.

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  20. Laszlo Horvath am 22. März 2014 at 14:01:

    Guanciale gibt es in Bern beim Ferrari (Hauptgeschäft und Loeb).
    Das Fett ist wirklich lecker.

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  21. MARIANNE CLASEN am 21. April 2014 at 09:37:

    meine Entdeckung….die Fattoria Sarda in Meerbusch
    prompte Lieferung, endlich mal eine leckere Auswahl und ich denke,
    auch die Preise sind in Ordnung
    und vom Geschmack her????????? für mich gibt es keinen anderen Speck
    mehr
    lG-janni

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  22. I veri Spaghetti alla Carbonara | zum fressn gern. am 23. Juli 2015 at 20:40:

    […] habe ich auch entdeckt, dass Claudio von Anonyme Köche den Speck bereits verbloggt hat. Man kann mir also vertrauen: Guanciale ist „the real […]

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  23. Gabi am 4. März 2016 at 22:43:

    Hallo! Der Post ist schon alt, aber ich habe inzwischen entdeckt, dass es in Weil am Rhein einen kleinen italienischen Supermarkt gibt, der Guanciale und andere Köstlichkeiten führt. Little Italy, Danziger Straße 4. Gruß, Gabi

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  24. Claudio am 5. März 2016 at 00:34:

    Genau, Gabi, und die Salsicce dort sind auch sehr okay.

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  25. Anonyme Köche » Blog Archive » Meine Carbonara macht Schule. am 27. April 2017 at 00:10:

    […] Gramm Guanciale in 1 cm breite, 2 cm lange Streifen schneiden und bei mittlerer Hitze in einer Bratpfanne ohne […]

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