Zwei Steaks, eine Meinung

Hochrippe

Das wirklich Erstaunliche an Basel ist die Nähe zu Frankreich und Deutschland.

Auch der moderne Mensch hat sich noch so etwas wie einen Jagdinstinkt oder zumindest ein einträgliches Beuteschema bewahrt. Als Konsument im Allgemeinen und als bekennender Fleischfresser sowieso.

Wer nicht selbst zu Jagd geht oder Grossvieh aufzieht, pirscht eben durch das Angebot der Metzgereien.

Und so wie sich das Jagdrevier des Neandertalers nicht auf ein begrenztes Gebiet beschränkte, wird heute wohl kaum jemand sein Fleisch bei ein und demselben Metzger einkaufen – und sei er noch so voll seines Vertauens.

Warum das so ist? Neugierde.

Der Mensch kommt voran, weil er sich für Neues interessiert. Tut er das nicht, bleibt er hocken. Und dann spielt es (für ihn) auch keine Rolle, ob er sich von Discounterfleisch oder marinierten Tankstellensteaks ernährt.

Wenn man in der Region Basel lebt, kann man folglich dreifach auswählen, wo man sein Hohrücken kaufen möchte. Und vor allem, was man dafür ausgeben will.

Im Basler Schnitt sind das immerhin rund 50 Franken das Kilo. Es kann aber auch, je nach Metzgerei, locker das Doppelte sein. In Frankreich dagegen ist man mit rund 20 Euro (32 Franken) dabei.

Entdeckt man in deutschen Gefilden jedoch die Schwarzwaldmetzgerei Kalbacher (die mit der lustigen Webseite), bekommt man das gute Stück für 15 Euro (24 Franken) angeboten. Das heisst, für einen Viertel vom höchsten Preis in der Schweiz.

Soll man jetzt eine Debatte darüber anzetteln?

Wer will kann. Auf der anderen Seite ist jeder frei, dort einzukaufen, wo es ihm passt. Das ist wohl, was den marktwirtschaftlich gesteuerten Menschen vom Jäger und Sammler doch wesentlich unterscheidet.

Ich kann nur sagen, das Steak von der Hochrippe war gut. Sehr gut sogar, wenn auch nicht super. Gut 2.5 cm dick und gute 450 Gramm schwer.

Am liebsten hätte ich es auf den Grill gehauen, aber beim aktuellen Sauwetter musste es mit der Bratpfanne vorlieb nehmen. Also habe ich gleich einen kleinen Salz- und Pfannentest gemacht.

Steaks mit Olivenöl, Rosmarin und Knoblauch über Nacht einlegen (Kühlschrank). Zwei bis drei Stunden vor dem Braten herausnehmen.

Steak 1 wurde in der Gusseisenpfanne gebraten. Zuerst Rosmarin und Knoblauch entfernen (verbrennt sonst) ordentlich salzen und pfeffern, dann 2 Minuten pro Seite auf höchster Stufe in Butter/Olivenöl und dann für 10 Minuten ins 100 Grad heisse Rohr (jetzt Rosmarin und Knoblauch wieder dazu geben).

Hochrippe Gusseisen

Fantastisch zart, saftig und trotzdem mit einer knusprigen Oberfläche.

Hohrücken Anschnitt

Steak 2 ging in die Chromstahlpfanne. Gleiches Prozedere, gleiche Garzeit. Jedoch habe ich bewusst erst nachträglich gesalzen und gepfeffert – welch ein Fehler!

Hohrücken Chromstahl

Entgegen der landläufigen Meinung, man dürfe Fleisch niemals vor dem Braten salzen, weil sonst der Saft verloren geht, ist genau das Gegenteil passiert! Meine schöne Knusperkruste – dahin! Der Saft lief fast unkontrolliert aus dem Steak und machte es um einiges zäher und trockener als das erste.

Rib Eye

Fazit: Kalbacher ja, Gusseisen ja, vorher salzen ja.

Was ich nicht ganz begriffen habe ist, ob das Steak die Hochrippe, das Hohrückensteak, das Rib Eye oder das Entrecôte ein und dasselbe Stück sind.

Für den nächsten Test, hier eine kleine Inspiration


18 Kommentare zu Zwei Steaks, eine Meinung

  1. Boris Zatko am 13. Juni 2008 at 08:50:

    Ach du meine Güte! Der Film, das Land, das FLEISCH!!! Das will ich auch!!!! Jetzt!!!!!

    Ansonsten bin ich auch für’s vorher salzen und pfeffern. Aber das Hohrücken ist nicht unbedingt mein Favorit. Ich nenn’s immer mein Notfallfilet.

    Viele liebe Grüße

    Boris

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  2. Mike Seeger am 13. Juni 2008 at 14:52:

    Je näher der Hals, desto weniger Entrecôte, bzw. Rib Eye. Offiziell schon Hochrippe, ist es doch dem Hohen Roastbeef näher. So kenne ich es zumindest. Dein Test verwundert mich allerdings. Denn ich habe durchweg gute Erfahrung mit dem späteren Salzen. Vielleicht liegt es an Deiner Pfanne. Probiere doch mal ungesalzen in der Gusseisenpfanne aus.
    Ich plane gerade die Anschaffung einer guten Stahlpfanne, und werde wohl eine von diesen nehmen. Die Hitzeverteilung ist damit optimal, da auch die Seitenwände aus dem gleichen Aufbau wie der Boden bestehen. Bei Pfannen ist es wie mit den Frauen: Sucht man eine fürs Leben, muss man einige ausprobieren, um sich dann endlich für die richtige zu entscheiden.
    Soviel zu den läppischen 20% von gestern.

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  3. jürg am 13. Juni 2008 at 23:29:

    die erklärung von mike trifft zu „Je näher der Hals, desto weniger Entrecôte“, dies kann ich bestätigen. das in der schweiz unter dem namen „hohrücken“ bekannte stück entspricht in deutschland der hohen rippe, bzw. in den u.s.a. dem rib eye. das „entrecôte“ ist am stück ohne fettdeckel als „roastbeef“ bekannt. in den u.s.a. wird das „entrecôte“ – mit dem auf der anderen seite des knochens gelegenen „filet“ – auf dem knochen belassen und ist als „t-bone“ bekannt.
    @mike: deine frauen-pfannen-weisheit kann ich (sowie auch claudio) nicht bestätigen. es gibt pfannen die sich bereits nach dem . . . . .

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  4. Claudio am 16. Juni 2008 at 08:52:

    Da hilft nur Ferien umbuchen oder mit Pippo reden, Boris. Interessante Pfannen, Mike, und erst noch deine Theorie dazu, ich glaube, es gibt nur einen, der dir das Machowasser reichen kann:
    http://youtube.com/watch?v=3FgMLROTqJ0
    Hast du auch das Gefühl, Jürg, dass Rindfleisch in Italien und Frankreich tendenziell länger abgehangen wird, als in Deuschland oder bei uns?

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  5. Gabor am 16. Juni 2008 at 15:28:

    Ich schwöre auf die Metzgerei des Hieber. So was, wie mir dort vor ca. 3 Jahren – auf kurzem Baselbesuch – unter die Augen kam, habe ich vorher und nachher nicht mehr gesehen.
    Eigentlich wollte ich bloss am Tresen vorbeischlendern. Aber da lag so ein komisches Stück, auf das ich mir keinen Reim machen konnte. Lag beim Rind, war länglich, aber immer noch fast oberarmdick. Die Farbe des Fleisches selbst sah ebenfalls nach klassischem Beef aus… Aber die Fetteinschlüsse waren ungewöhnlich. Eigentlich hätte ich auf Filet getippt, aber weil das Fleisch derart gesprengkelt war mit schneeweissen Fetteinschlüssen, das es mich tatsächlich an eine Granitplatte erinnerte, konnte das ja eigentlich nicht sein. Der Metzger nickte aber nur nachdrücklich… Doch, doch. Das sei Filet! Vom Gerspachrind (merken!). Ich war erstaunt und irre „gschpannt“, wie das nun schmecken könne, wo es doch aussah wie meine Phantasie von Kobe-Rind (hab noch nie eines in Echt gesehen).
    Ich ärgere mich noch heute, dass ich nicht gleich alles, was von diesem Viech – von dem ich mich mittlerweile frage, ob die Kreatur nicht unter einer Art glücklicher Stoffwechselstörung litt – aufkaufte.
    Es war das beste Stück Fleisch meines Lebens. Mit Abstand! Nie vorher, nie nachher wieder so ein unglaublich saftiges, zartes, geschmacksintensives Stück Fleisch im Mund gehabt.

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  6. Claudio am 17. Juni 2008 at 09:12:

    Das wär doch mal ein Werbeslogan für Fleisch: GERSPACHRIND – DAS MIT DER GLÜCKLICHEN STOFFWECHSELSTÖRUNG! Das mit Hieber war ein schöner Glücksfall für dich, meine Erfahrung mit Fleisch von Hieber ist nämlich genau der Grund, weshalb ich zu Kalbacher gewechselt habe.

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  7. Boris Zatko am 17. Juni 2008 at 09:20:

    Da muss ich aber Gabor das Rückgrad stützen, denn im Hieber habe ich schon des öfteren gute Erfahrungen mit dem Fleisch gemacht (immerhin hat der Herr Hieber ja ein persönliches Verhältnis zu seinen Rindviechern). Oder war das wieder eine deiner „Jeder hat eine erste Chance verdient!“-Erfahrung ;).

    Viele Liebe Grüße

    Boris

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  8. Claudio am 17. Juni 2008 at 09:41:

    Wenn einer Rückgrat hat, dann Gabor, sagst du immer, Boris. Da musst du eher das von Hieber stützen. Wenn schon Rind vom Grossverteiler, dann noch lieber Bio oder Naturaplan von coop (mach mal einen Direktvergleich – Farbe, Konsistenz und Geschmacksunterschied sind bemerkenswert!). Ansonsten hat Fleisch von ausgesuchten Metzgern bei mir Vorrang.

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  9. Boris Zatko am 17. Juni 2008 at 10:38:

    Ausgesuchte Metzger sind ja auch mein Favorit, denke nur an unser geplantes Grillspektakel. Aber ich kann ja auch nur aus meiner Erfahrung schreiben, und da hat mir der Hieber bisher noch keinen Strich durch die Rechnung gemacht.

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  10. kaltmamsell am 17. Juni 2008 at 20:15:

    Rib Eye Steak gebe es nicht mehr in Deutschland geschnitten, sagte die Metzgerin auf dem Viktualienmarkt heute. Wegen BSE verboten. Sie erinnere sich genau, das sei kurz vor ihrer Prüfung zur Metzgermeisterin gewesen, als man das verboten habe. Aber rauchen, das täten sie immer noch, ha.
    (Es wurde statt dessen ein Rinderkottelet, 1 kg schwer das Stück, mit Fettschichten.)

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  11. Mike Seeger am 17. Juni 2008 at 23:31:

    @ Kaltmamsell: a Schmarrn! Lediglich Rindfleisch aus Schottland (Angus), England und Irland darf seit dem nicht mehr eingeführt werden. Egal ob Rib Eye, „Woadschenkel“ oder Tafelspitz. Aber ein Rinderkotelett ist ja auch ganz schön. Andere Seite des Roastbeefs, mehr Richtung Hals, Knochen weg, und das Rib Eye läge jetzt auf dem Teller.

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  12. Claudio am 18. Juni 2008 at 02:12:

    Achtung! liebe Kaltmamsell, die Metzgerin vom Viktualienmarkt hat offensichtlich keine Licence to Grill. Ganz im Gegensatz zu unserem Freund und Schlachter Mike Seeger. Drohen Sie ihr ruhig, keine solchen Halbwahrheiten mehr zu verbreiten, weil Sie sonst den Mike vorbeischicken. Er weiss, wie man renitente Frauenzimmer zur Räson bringt. Und dass Sie mir das Côte de Boeuf ja schön blutig zubereiten!

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  13. kaltmamsell am 19. Juni 2008 at 07:06:

    Tse! Der werde ich was erzählen, der Metzgerin.

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  14. Sebastian am 5. August 2008 at 23:04:

    ich finde, wenn man vorher salzt, kriegt die Kruste mehr krust und würz. Nachher tut das Salz nur Saft rausziehen, wie erlebt. Ich arbeite mit Zwischenruhe: Steak auf jeder Seite 1 Minute braten, dann 10-15 Minuten zur Seite, bis es lauwarm ist, und dann fertig braten, noch mal 5-10 Minuten ruhen – auch wenn die Kruste leidet. Aber Euer Steak sieht auch sehr schön aus!

    Aber: Dieser Bittmatalauford soll doch bitte im amerikanischen Internet bleiben und dort erklären, wie das hier in Europa so läuft. Es reicht, wenn er in den USA damit weltberühmt wird.

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  15. Claudio am 5. August 2008 at 23:33:

    Hab grad heut Abend wieder Lammkotletts vom Grill gemacht: Auf dem Rost erst gesalzen und gepfeffert. Heilandsack! waren die krustig! Da klebten richtige Salzkristalle dran! Freut mich, dass du auch so denkst.
    Zwischenruhe ist neu für mich, Profikniff was? Werd ich gerne mal testen.
    Zu „Bittmatalauford“ kann ich nur sagen: was ich immer schon aussprechen wollte, aber nie zu sagen wagte 😉

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  16. onlyfood am 19. März 2011 at 12:30:

    Hallo Claudio,

    du wohnst in Basel und kaufst deine Hochrippe nicht beim
    Jenzer??? Solltest du unbedingt nachholen.
    Zart wie Butter und lecker.

    Kalbacher hat nach meiner Meinung nur Durchschnittsqualität.
    Macht nichts.Jeder macht mal einen Fehler.

    Grüsse
    Ralf

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  17. Claudio am 22. März 2011 at 23:46:

    Das ist ja das Schöne, Ralf. Im Basler Umkreis finden sich Jenzer, Kalbacher und französische Charolaislieferanten – oder türkische Metzger, die delikates Schweizer Lamm verkaufen. Auch Grüsse.

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  18. Elsässer am 4. Dezember 2012 at 09:59:

    Mit dem Hieber hab ich bisher gute Erfahrungen gemacht. Allerdings bekomme ich Charolais von meinem Vermieter, der die in Sichtweite auf der Wiese hat und da brauch ich nicht lange nach guter Qualität suchen (falls gerade geschlachtet wurde).

    Natürlich sind die Märchen falsch, dass man vorher nicht salzen solle. Immer wieder erzählen Fernsehköche (also nicht die guten Köche), dass man vorher die Gewürze und Kräuter und am Ende das Salz zugeben solle.

    Richtig ist, dass man vorher salzt und nachher die meisten Gewürze zugibt. Kräuter verbrennen, Paprika wird bitter und alles was ätherische Öle hat verträgt die hohe Hitze nicht gut. Es ist auch Quatsch, dass Salz die Flüssigkeit rausziehen würde. Bei der kurzen Verweildauer des Salzes auf dem Fleisch und der kurzen Zeit in der Pfanne kann das alles nicht stattfinden. Salz und Gewürze bleiben immer nur in der Kruste und haben keinerlei Einfluss auf den Kern, außer beim Marinieren.

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