Der 4000 Franken Eierkocher.
Weiss nicht, wo ich das wieder aufgelesen habe, aber der Spruch trifft einen Nerv: «If you’re not cooking on wood, you’re not cooking».
Ich fragte mich nämlich kürzlich, gibt es etwas Unromantischeres als Kochen mit einem automatischen Dampfgarer? Gut, dasselbe wird sich der neuzeitliche Höhlenmensch gefragt haben, als ihm seine Liebste den ersten elektrischen Backofen in die Hütte stellte.
Und tatsächlich wundere ich mich schon länger darüber, warum ich eigentlich nur einen und nicht zwei Backöfen besitze? Denn wo, bitte, soll unsereins Beilagen zubereiten, wenn das halbe Rind im Rohr bei Niedrigtemperatur den Ofen eine gefühlte Woche besetzt?
Die bessere Antwort als sich einen zweiten Backofen anzuschaffen, wäre freilich, einen Steamer in Betracht zu ziehen. Weil so ein Dampfgarer den Aktionsradius an Kochanwendungen doch wesentlich erweitert.
Nun konnte ich eine Woche lang mit einem ziemlich einzigartigen Steamer bei mir zuhause rumspielen. Das Testgerät, ein Relax Powersteamer, wurde mir von Kuhn Rikon zur Verfügung gestellt.
Ich schreibe seit Jahren für das Schweizer Traditionsunternehmen, das seit 1926 die Kochwelt mit innovativen Produkten rund ums Zubereiten, Servieren und Geniessen begeistert. Deshalb habe ich gerne zugesagt, als man mich fragte, ob ich Lust hätte, das Ding zu testen.
Das Unternehmen verfügt über einen bedeutenden Wissensvorsprung im Druckgaren. Die Marke Duromatic zum Beispiel ist in vielen Ländern Synonym für Schnellkochtopf.
Seit ich in meiner eigenen Küche werkle, gehört ein solcher zu meiner Basis-ausstattung und ich bereite damit schlafwandlerisch und schonen Schalenkartoffeln, Hülsenfrüchte oder Fleischeintöpfe zu.
Der Relax Powersteamer ist im Grunde nichts anderes als ein eingebauter Dampfkochtopf mit einer cleveren und bequemen Programmsteuerung.
Superpräzis und superbequem: Das Einbaugerät verfügt über einen Wassertank und eine Auffangschale und benötigt somit keinen externen Wasseranschluss und keine Ableitung.
Was der Vorteil gegenüber anderen Steamern ist? Dass nicht nur mit Dampf gegart werden kann, sondern auch mit Druck. Das spart enorm Zeit und Energie. Als Beispiel: Ein Gulasch ist statt in 2 Stunden innert 30 Minuten zart und saftig.
Aber gut, jemanden wie mich, holt man mit dem Zeitargument nicht hinter dem Ofen hervor. Wenn ich mein Ragù für Pappardelle mache, ist eine Kochzeit von unter 8 Stunden blanker Hohn.
Spannender ist die Möglichkeit, gradgenau zwischen 40 und 120 Grad kochen zu können und diese Temperaturen auch konstant zu halten.
«Onsen-Ei!» jubelt es da in meinem Hinterkopf. Endlich kann ich mal eines dieser perfekt gegarten Eier zubereiten.
Die Hochgastronomie feiert diese wachsweiche Delikatesse als neue Errungenschaft wie das Ei des Kolumbus, seit die Sous-Vide-Garmethode Einzug in die Profiküche gehalten hat.
Die Methode wenden die Japaner allerdings schon seit den hunderten, vielleicht sogar tausenden Jahren an – ganz ohne Hightech. So viel zu Romantik. In den Onsen, Japans heissen Quellen, werden Eier mehrere Stunden gegart. Dabei gerinnen Eiweiss und Dotter nur ganz leicht und das Ei bekommt eine gleichmässige wachsweiche Konsistenz, vergleichbar mit einem pochierten Ei.
Wer keine Onsen-Quelle hinter dem Haus hat, muss sich mit einem präzis steuerbaren Thermostat fürs Wasserbad oder eben einem Powersteamer behelfen. Die Kochzeit beträgt 1 Stunde bei 64 Grad.
Man kann es ganz, zum Beispiel als besonderes Frühstücks-Ei, geniessen oder dann das Eigelb vom Eiweiss befreien und dieses goldige Dotter, das eben gerade so zusammenhält und innen noch leicht flüssig ist, effektvoll servieren.
Zum Beispiel als lauwarmen Zwischengang in einer mit Butter aufgemixten Bärlauch-Weisswein-Reduktion. De-li-kat!
Perfekte Eier kochen kann der Powersteamer also. Aber nur dafür 4000 Franken auszugeben, wäre etwas dekadent.
Kontrolliert, zeitgenau und gradgenau kochen heisst natürlich auch ganz bequem einkochen. Da ist die Lust gross, schnell und unkompliziert eingelegte Balsamico-Zwiebeln einzumachen.
Die geschälten Zwiebeln kommen in einem Sud aus Rotwein, Wasser, Balsamico-Essig und Gewürzen direkt ins Einmachglas und werden während 25 Minuten bei 90 Grad eingekocht. Fertig.
Gemüse pochiert man natürlich ebenso im Schlaf. Fisch, Lachs zum Beispiel, gelingt spielend wie er sein sollte: Glasig und saftig. Und alles lässt sich intuitiv über einen Farb-Touchscreen in einer übersichtlichen Programmnavigation anwählen und automatisch zubereiten.
Mir gefällt auch die Idee des Vorgarens und warm halten. Ein Kabeljaufilet kann man nachdem man Kartoffeln, Zucchini und Spinat gedämpft hat, knapp unter den Punkt garen und bei 40 Grad warm halten.
Dann stellt man in Ruhe das Zucchini-Petersilien-Püree fertig, aromatisiert den Babyspinat und rührt eine Béchamelsauce. Fischfilet portionieren, salzen, pfeffern und in aufgeschäumter Butter 1 Minute bräunen.
Die Kombination lege ich mir selbst nochmals nachdringlich ans Herz – war eine spontane Kombination, aber eine, die unbedingt nach Wiederholung schreit!
Und nun zur eigentlichen Zwickmühle: Fleisch ganz entspannt bei niedriger Temperatur garen und den Backofen gleichzeitig frei haben für Kartoffelgratin und dergleichen.
Funktioniert tadellos. Ich habe ein Hohrückenfilet von 1,5 kg ohne anzubraten mit wenig Olivenöl eingepinselt und mit Thymian und einigen Knoblauchzehen 1,5 Stunden bei 60 Grad ohne Druck sanft gegart (ist kein Standardprogramm und natürlich könnte man mit der Temperatur und der Garzeit je nach Gusto variieren).
Aber der Punkt ist: Das Ding war brutal zart. Die Kerntemperatur von etwas über 50 Grad kann man locker 1-2 Stunden warm halten, ohne dass etwas zu befürchten wäre.
Kurz vor dem Servieren habe ich das Filet in drei-Finger-dicke Steaks geschnitten und in Butterschmalz 1 Minute pro Seite fertig gebraten.
Heiliger Sankt Maillard! Da gab es nichts zu meckern.
Wer nun wirklich mal auf einen Quickie aus ist, kocht sich nach einem der vielen Rezepte die mitgeliefert werden so etwas wie das zarteste Pouletcurry, das ich jemals zubereitet habe.
Unten eine Schale Basmatireis, oben eine Schale mit der Sauce. Darin – wiederum ohne vorher anzubraten das Pouletgeschnetzelte – und in 15 Minuten ist eine Mahlzeit fertig.
Hier könnte man sich schnell an den Vorteil von programmiertem Kochen gewöhnen: Da der Kochprozess von selbst stoppt und die Speise danach gut warmgehalten wird, kann ich während der Kochzeit sonst was erledigen und muss nicht auf die Minute genau am Herd stehen und den Zampano machen.
Einziger Kritikpunkt am Gerät ist das relativ langsame Display, das in etwa die Abmessung eines Smartphones hat, aber eben viel langsamer arbeitet. Hm, so schnell gewöhnt man sich an digitale Responsezeiten und ist dann plötzlich untolerant.
Aber hey: Noch kann mein iPhone kein perfektes Onsen-Ei kochen!
Wer sich ernsthaft für den Einbau eines Relax Powersteamers interessiert, bekommt über den Küchenbauer seines Vertrauens kostenlos ein Testgerät für eine Probewoche nach Hause geliefert.
Ja Heilandzack, hätte ich nicht schon einen Kombisteamer UND einen Backofen, ich täte jetzt sofort anrufen ;-). So bleibt mir bloss, das eine oder andere versuchen nachzukochen.
-Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Als Erstes (falls du es noch nie zubereitet hast) das Onsen-Ei, lieber Andy! Ich nehme an, bei deinem Kombisteamer kannst du 64 Grad einstellen? Muss auch nicht unbedingt im Wasser liegen, mit der Lochschale funktioniert es auch.
-Menno! Jetzt hast du mir ein ganzes All American Breakfast aufs mal durch den Mund gezogen. Und nun sitze ich mit leerem Magen da und denke: „Wenn du kein Powersteamer hast, dann hast du kein Powersteamer“.
-Ich muss unbedingt ein Vatertag/Geburtstag/Weihnachts-Kombigeschenk einfädeln, wenn nötig mit Vitamin B…;-)
Alter Schwede – Pornografie vor dem Mittagessen.
Ich Interessiere mich ernsthaft für den Kauf von 104 Powersteamern, bekomme ich evtl. so in Ding für zwei Jahre probegstellt?
Mit neidischen Grüßen (hehe, Du musst es ja wieder abgeben)!
-Andreas
hallo andreas
zwei jahre können wir dir das testgerät leider nicht zur verfügung stellen. aber wenn du an einem test für eine woche interessiert bist, so steht das angebot. alles was wir von dir benötigen wäre etwas abstellfläche, eine freie steckdose und dann kannst du auch schon loslegen!
beste grüsse
-rené
Kuhn Rikon
Hehe, Frenk, habe mir auch schon überlegt, wo ich das Ding einbauen lassen würde (weil in der Küche kein Platz ist). Schlafzimmer vielleicht? Der Relax arbeitet jedenfalls leiser, als ich schnarche 😉 Andreas, bei dir wäre er bestimmt in guten Händen. René, gibt es die Testgeräte eigentlich auch für Interessierte in Deutschland und Österreich?
-René hat schon blitzschnell geantwortet, er wollte sich aber auf zwei Jahre Testzeit nicht einlassen.
Ich habe einen WISE CIRCU aus der Labortechnik, gebraucht für 200 Euro auf eBay geschossen, vor 5 Jahren so ungefähr.
http://www.witeg.de/pdf/61/witeg-wisd-070206_12.pdf ist das aktuelle Modell, kostet auch nur 600.
Onsen? Ja gern, aber bitte mit mikroskopisch dünnen Alba-Scheiben und ohne alles sonst. Dann gern auch zwei oder drei 🙂
-Ist das hier NOFOLLOW? Nicht, dass die Nachwelt mich für verfressen hält 🙂
-Oh, ja, bei Alba bin ich dabei. Wobei, da muss es nicht mal Onsen sein, in der Cocotte mit Fontina kommt das auch gaaanz gut: siehe Bild
-in deutschland und österreich bieten wir der relax noch nicht an. tut mir leid, aber interessierte aus diesen märkten müssen sich noch etwas gedulden. 🙂
-von einem perfekt gegarten Onsen-Ei träume ich auch schon lange…
so werden Wünsche (wieder-)geweckt 😉
wobei ich das Druckgaren völlig uninteressant finde, ich möchte keine Zeit sparen und bin fest davon überzeugt, dass der Geschmack leidet.
-Ich muss leider auch weiter träumen, weil ich kein Testgerät mehr habe. Beim Geschmack kommt es drauf an, was man zubereitet. Ich finde, gerade Gemüse behält den Eigengeschmack und die Farbe besser. Auch Hülsenfrüchte und Fisch gelingen gut. Bei Gerichten, die den Geschmack über eine längere Kochzeit und vor allem durch das verdampfen, also reduzieren von Flüssigkeit entwickeln (meistens Fleischsaucen), geb ich dir recht. Da bevorzuge ich auch das klassische Schmoren.
-Ich persönlich brauche kein Onsen-Ei, aber ein Steak, so wie es auf den Bildern aussieht ist schon großes Kino. Zeitsparen muss ich auch nicht unbedingt, ein Gulasch braucht nun einmal seine 2 Stunden und das ist auch gut so.
-Damit hat man dann schon sehr viele Möglichkeiten 🙂
-Foodporn!
Ist das Gerät mittlerweile eigentlich auch in Deutschland verfügbar? Oder weiterhin nur in der Schweiz?
Hat da jemand Informationen zu?
-Wahnsinn, vielen dank für dieses Tolle Rezept.
-Ich mag meins aber eher so um die 53 Grad, aber da ist natürlich jeder Geschmack verschieden:)
Moin moin,
-das grüne Ei im Bärlauch-Weisswein sieht ja mal echt gefährlich aus. Gefällt mir aber gut.
Viele Grüße
Dustin