Hatte die Ehre.

Wiener Secession

Schöner als jedes noch so schöne Osterei: Wienbesuch mit Family in der Karwoche.

Michael Vesely hatte mir via Facebook schon so viel Pastrami (der temporäre Renner zurzeit) durch die Nase gezogen, dass ich unbedingt (aber nicht nur deswegen, sondern eh schon lange mal) bei ihm im Reisinger’s essen wollte. Leider war auch er auf Ostereiersuche und das Lokal geschlossen.

Der Witz: Unser Hotelzimmer entpuppte sich als exakt gegenüberliegend. So grüsste ich täglich wie das Murmeltier nur die ausgehängte Schiefertafel, statt jeden Tag bei ihm einzukehren.

Reisinger's und Fladerei

Immerhin gibt es gleich nebenan die Fladerei. Wenn man nachmittags in Wien ankommt und Lust auf einen anständigen Snack und ein ungezwungenes Bier hat, ist das genau die richtige Adresse. Die frischen Fladen vom Grill werden mit einfachen Zutaten gefüllt und schmecken köstlich.

Noch so ein Witz: Für den Preis bekommt man bei uns in der Schweiz nicht mal was aus dem Kaugummiautomaten.

Abends dann meine Première bei Plachutta. Wiens gastronomisches Wahrzeichen!

Plachutta Wollzeile

Himmlisch: Traditionsbewusste Wiener Küche in schweren Kupfertöpfen.

Collage Plachutta 2

Herrlich: Flinker Service alter Schule und schwimmende Markscheiben in Suppe.

Collage Plachutta

Hinreissend: Allein schon die kuriosen Namen der unzähligen Gustostückerl. Tafelspitz ist ja nur die Spitze des austrophilen Siedfleisch-Eisbergs.

Ich hatte mich für das durchzogene Schulterscherzel entschlossen. Eine gute Wahl. Zart, saftig und geschmackvoll.

Letzthin übrigens bei Tobias Funke beim Pre-Opening vom Restaurant Zur Fernsicht als Rostbeef aus dem Big Green Egg serviert bekommen. Hammer! Hingehen lohnt sich auch wegen dem schönen Heiden im schönen Appenzellerland.

Unaufgeregt und gut japanisch essen kann man im Restaurant En. Etwas nüchtern, fast schon familiär die Ambiance wie auch die Karte und der Service.

Restaurant En Wien

Schnappschuss der Gäste liegt da allemal drin.

Restaurant En Wien

Ob es immer noch Katha’s liebester Japaner ist, nachdem sie das Land bereist hat?

Was bringt man jemandem mit, den man zum ersten Mal in Wien zum Essen trifft? Für Kult-Kulinariker Christian Seiler keine Frage: Brot vom Kult-Bäcker Joseph. Ich halte das für eine wahnsinnig schöne Geste. Danke, das Brot ist ein Wunder!

Joseph Brot Wien

Aber im von halb Wien besuchten Gasthaus Grünauer habe ich nicht von diesem Brot geknabbert, sondern Klassiker der Speisekarte wie gebackene Blunznradln mit Sauerkrautsalat, Schnitzel vom Lungenbraten (wieder so ein Austriazismus – gemeint ist das Filet vom Schwein) oder Krautfleisch mit Knödel.

Aktuell hatte es zudem frisches Lamm und Gitzi. Die Lebern davon waren ein Gedicht. Oder die – hört, hört! – Pappardelle mit Lamm-Ragù oder die würzigen Lammwürstl. Kompliment zu so viel Freestyle und dann noch so stilsicher und schmackhaft.

Gasthaus Gruenauer Wien

Im wunderbar altmodischen Beisl bleibt man gerne etwas länger sitzen.

Gasthaus Gruenauer Wien

Vor allem wenn Weinikone Willi Klinger aus dem Vollen schöpft und zur Weinverkostung schöne Geschichten vom Wein, vom Essen, der Schauspielerei und dem Gesang erzählt.

Klinger Seiler Del Principe

Was sich die beiden erzählt haben, wird demnächst in Christian Seilers Kolumne Auf eine Flasche Wein erscheinen.

Willi Klinger

Kürzlich erschienen ist Willi Klingers wunderbares Kochbuch mit den Rezepten vom Gasthof seiner Mutter Hedi Klinger. Eigentlich hätte ein Italiener so ein Buch machen müssen: Liebevoller kann man la Mamma nicht verewigen! Grossartige bodenständige österreichische Familienküche. Schön fotografiert von Manfred Klimek.

Tian Immer schon vegan

Weieters Mitbringsel aus Wien, endlich auch in meiner Kochbuchsammlung und uneingeschränkt zu empfehlen: Vegetarische Sommerküche von Sternekoch und Tian Küchenchef Paul Ivic sowie Immer schon vegan von meiner lieben Kollegin und IVEG Herausgeberin Katharina Seiser.

Zwischendurch gab es mal einen Business-Lunch bei DO & CO in der Albertina. Sehr chic. Und für eine Besprechung über Mittag mit einem Glas gelben Muskateller ideal. Es gibt zeitgemäss zubereitete Wiener Klassiker und eine Assemblage leichter asiatisch und mediterran inspirierter Gerichte.

Wenn einer der besten Köche des Landes endlich sein eigenes Restaurant eröffnet, ist es nicht verwunderlich, dass es Wochen im Voraus komplett ausgebucht ist. Das zumindest versicherte mir jede Wienerin und jeder Wiener. Zu unserem Glück (und Erstaunen) gelang es meinem Verleger dennoch, einen Tisch bei Christian Petz im Gusshaus zu bekommen.

Man muss die Wiener für ihre Herzlichkeit, ihren Charme – und ihren Humor lieben. Besonders wenn der Küchenchef mich mit den Worten: «Ah, der beste Italienische Koch» begrüsst.

Er wiederum begrüsst es sehr, wenn man ihn einfach machen lässt.

Petz im Gusshaus

Petz kocht, worauf er – so scheint es – selbst grosse Lust hat. Das geht von etwas Mut erfordernden klassischen Wiener Innereien über Asiatisches bis zu Agnolotti.

Die verwendeten Produkte sind hervorragend. Ebenso ihr genuiner Eigengeschmack. Dennoch birgt jedes Gericht eine eigenwillige Nuance, eine Spur aromatische Exzentrik, eine Eigenwilligkeit in sich. Das geht ganz ohne Effekthascherei.

Schöne Geste: Alle am Tisch bekommen jeweils eine Probierportion – selbst mein Jüngster, der eigentlich mit seinem Backhenderl ganz happy war.

Zu Beginn begeistert das seidenweiche japanische Ei mit Sobanudeln, Nori und knackigen Fisolen. Dem superzarten, fein abgeschmeckten Kalbskopf standen die frischen Morcheln on top ausgezeichnet.

Beuscherl werde ich von nun an (leider) an diesem messen. Hatte ich bisher noch nie gegessen. Das klassische geschnetzelte vom Herz und der Lunge war sehr zart, herzhaft und gleichzeitig frisch (Limette).

Die Milz-Agnolotti waren nur kurz in Salbeibutter geschwenkt (wie gesagt, keine Effekthascherei). Der Teig so fein und die Fülle so aromatisch, dass man selbst in Italien lange danach suchen müsste. Gross!

Der Wiener Klassiker Rahm-Kalbsherz wiederum kam fast schon bodenständig daher. Butterzart mit einer ausgewogenen, tragenden Sauce und Spätzle.

Zum Hauptgang kam einer meiner liebsten Fische: Meeräsche. Grossartig, dass Petz einen so unscheinbaren (und wie er findet, total unterschätzten) eher preisgünstigen Fisch auf die Karte nimmt. Er konfiert den makrelenartigen Fisch und flämmt die Haut knusprig heraus. Kräftige Aromen, die er mit frischem Blattspinat und zarten Rahmravioli kombiniert.

Meeraesche Petz Wien

Die Desserts konnten an diesem Abend nicht zum allerletzten Höhenflug ansetzen. Dafür fackelte die Weinbegleitung mit grossartigen Weinen von Bründlmayer, Loimer, Kracher und Dönnhoff ein umso intensiveres Feuerwerk ab. Grosse Freude.

«Ah, Christian Petz – der beste österreichische Koch!»

 


10 Kommentare zu Hatte die Ehre.

  1. Houdini am 7. April 2015 at 15:22:

    Ein Brot als Mitbringsel. Grossartig! Muss ich kopieren, mit selbstgebackenem Brot, falls es gut gelingt. Danke für den schönen Bericht.
    Gruss aus Chiang Mai

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  2. elfilii am 7. April 2015 at 16:18:

    Das nenne ich mal einen Wientrip für Foodies! Josepg-Brot ist wunderbar und Plachutta ist bestimmt fein, auch wenn ich nur seine tollen Kochbücher kenne. 🙂

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  3. Magdi am 9. April 2015 at 09:21:

    Ich muss lachen!! Letztes Jahr waren wir um diese Zeit in Wien, unsere Tochter besuchen, die dort studierte. Dieses Ostern waren wir in Oslo. Sie macht ihr Erasmusjahr.
    Wien ist immer eine Reise wert und wenn, wie du richtig sagst, nur wegen des Wiener Charmes.

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  4. fischkutter am 13. April 2015 at 11:55:

    Es bleiben ungelöste Rätsel:

    Weshalb schmeckt der Espresso südlich der Alpen einfach besser? WARUM ist die österreichische Hausmannskost der schweizerischen so überlegen?

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  5. Michaela am 14. April 2015 at 22:22:

    Herrliche Fotos! Ja Österreich ist immer wieder eine Reise wert und das nicht nur im kulinarischen Sektor 🙂

    Lieben Gruß aus Österreich (aus dem Bundesland Steiermark)
    Michaela

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  6. carlo bernasconi am 20. April 2015 at 11:08:

    Petz: sensazionale, mi piace da matto la sua cucina.

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  7. miraculix am 28. April 2015 at 20:33:

    Fauler Sack!

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  8. Silvia am 23. Juni 2015 at 14:08:

    Ich würde so gerne am Joseph-Brot knabbern! Darf ich mal euch Experte um Rezepte mit Pastinake bitten? Nützliche Info habe ich hier gefunden, jedoch kein gutes Rezept. http://beautytipps.ch/die-pastinake-eine-delikatesse-die-beinahe-in-vergessenheit-geriet/
    Vielen Dank schon im Voraus!

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  9. Anonyme Köche » Blog Archive » Abtauchen und Aufleben. am 12. Oktober 2015 at 16:34:

    […] zu Recht, dass er noch nirgends ein so gutes Wiener Schnitzel bekommen hat (nicht mal das bei Plachutta). Tatsächlich wird es in einer Schweineschmalz-Butter-Mischung ausgebacken und hat eine […]

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  10. Julian am 21. Juli 2016 at 12:50:

    Also wenn ich dieses Essen nur sehen und mir dazu noch einen edlen Tropfen Wein vorstelle, läuft mir schon ziemlich das Wasser im Mund zusammen. Was soll ich sagen? Einfach toll!

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