Essen ohne Ausflucht

BVB

Fragt jetzt nicht, was die «Basler Verkehrsbetriebe» mit «Grenzüberschreitende Angebote» meinen. Mir persönlich reicht eigentlich schon die Basler Fasnacht als Grenzüberschreitung.

Ich gestehe, ich begehe Fasnachtsflucht. Wann immer möglich. Fahnenflucht wäre, für jemanden der in oder um die Fasnachtsbastion Basel lebt, ein nicht wesentlich minder wiegendes Vergehen. Zumindest aus Sicht der «Aktiven».

Diskussionen über die Basler Fasnacht (und Fasnächtler legen es gerne darauf an) sind jenseits von Gut und Böse und gleichen sehr rasch der Giftelei zwischen Atheisten und Kreationisten.

Aber was tun, wenn man, aus welchen Gründen auch immer, nicht flüchten konnte? Well, if you can‘t beat them, join them!

Zum selbst aufgelegten Wenn-schon-denn-schon-Programm gehörte aber nicht nur der «Morgestraich», Montagmorgen um 4 Uhr (Start ob dem Lohnhof hatte tatsächlich etwas Magisches, nicht aber der Blick hinunter auf den halbleeren Seibi – grassiert da etwa eine Fasnachtsflucht unter den Aktiven?) sondern auch: eine Einladung zu Määlsuppe, Ziibele- und Kääswaie auszurichten.

Ein gutes Rezept für Määlsuppe hatte ich schon bei Fasnachtsflüchtling Robert entdeckt und sogleich mit minimster Variation übernommen.

Das Geheimnis einer halbwegs geniessbaren der doch arg antiquierten Mehlsuppe liegt ohnehin in der Qualität der beigefügten Fleischbouillon. Ich habe auf eine zurückgegriffen, die ich mit Rindfleisch (Federstück), Markknochen, Ochsenschwanz und viel Wurzelgemüse zubereitet hatte.

Am Vortag (aufgewärmt schmeckt Mehlsuppe, wie die meisten Suppen eigentlich, besser) 60 g Mehl in 30 g geklärter Butter 10 Minuten haselnussbraun rösten. Dann 5 Minuten 1 klein gewürfelte Schalotte und Knoblauchzehe mitrösten. Mit 2 dl Rotwein ablöschen. 1 Liter Fleischbrühe und 1 mit Nelken und Lorbeer bespickte Zwiebel dazugeben und etwa 2 Stunden leise köcheln. Auskühlen. Am nächsten Tag langsam aufkochen und je nach Geschmack nochmals 0,5 dl Rotwein nachgiessen. Mit fein geriebenem Gruyerekäse servieren.

Basler Mehlsuppe

Für die Ziibelewaie gut 500 g Zwiebeln anbraten und 15 Minuten dämpfen. 100 bis 200 g Bratspeck (je nach Vorliebe) würfeln und ebenfalls anbraten. Beides auskühlen lassen. Kuchenteig (wir nehmen ohne schlechtes Gewissen gekauften) auf ein rundes Backblech geben und einstechen. Zwiebeln und Speck zu einem Guss aus 3 Eiern und 3 dl Rahm geben, sparsam salzen und reichlich pfeffern Alles auf dem Teig verteilen und 30 Minuten bei 180 backen.

Ziibelewaie

Für die Kääswaie 500 g allerbesten Käse reiben (z.B. 40% Appenzeller extra, 20% Vacherin Fribourgeois, 20% Gruyère surchoix und 20% höhlengereifter Emmentaler). 3 Eier trennen; Eigelb mit 3 dl Rahm verquirlen, mit einer gepressten Knoblauchzehe, Muskat, wenig Salz und Pfeffer würzen, geriebenen Käse dazugeben. Das Eiweiss steif schlagen und vorsichtig unter die Masse heben. Kuchenteig auf ein rundes Backblech geben und einstechen. Käsemasse auf dem Teig verteilen und 30 Minuten bei 180 backen.

Kääswaie

Beide Wähen schreien nach einem schönen gemischten Salat als Begleitung – und reichlich Burgunder! Pour les Welsch geht natürlisch auch heimischer Vin Blanc.

Käsewähe

Zwiebelwähe

Lustig wirds dann, mit oder ohne Schnitzelbängg, nach dem Essen. Wenn jeder noch so renitente Fasnachtsmuffel plötzlich hintenrum kräftig die Tuba spielt.


9 Kommentare zu Essen ohne Ausflucht

  1. Eva am 4. März 2009 at 01:04:

    Was ist eigentlich so schlimm an der Basler Fasnacht, dass ihr alle flüchten wollt??? – Deine Wähen würde ich dir aber gerne vor der Flucht (falls sie doch noch stattfinden sollte) abnehmen! 🙂

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  2. vbernd am 4. März 2009 at 08:24:

    ich versteh nur bahnhof… (bis auf den teil mit der tuba 😉 )

    sieht aber trotzdem gut aus.

    lg
    vbernd

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  3. multikulinaria am 4. März 2009 at 10:41:

    Klingt für ungeübte Ohren nicht nach Basler Fasnacht sondern nach Böhmischen Dörfern. Bin ich froh, dass wir hier in Berlin (abgesehen von den zugezogenen Bonner Politikern samt Gefolge) traditionell Karneval-verschont bleiben. Obwohl, wenn ich mir die Speisen anschaue, verpassen wir irgendwie doch was…
    Man könnte doch als neue Tradition (und gute Tat) Karnevals-Fresspakete in den Norden schicken. Wie wäre das?

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  4. Claudio am 4. März 2009 at 17:36:

    Ach, liebe Eva. Die Basler Fasnacht ist die beste wo gibt. Aber auf Dauer ist es schon sehr anstrengend mit der Nummer 1 zu leben. Na, das ist doch schon mal was, vbernd. Was genau klingt nach Böhmischen Dörfern, multikulinaria?

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  5. Boris Zatko am 5. März 2009 at 09:17:

    Das war jetzt der perfekte Solo-Gässler, lieber Claudio. Ja, die Basler Fasnacht ist unter den Top 5 weltweit, ganz klar. Wusstest du, dass der Moorgestraich in über 70 Länder übertragen wird? Aber es stimmt schon, man kann auch vom Besten eine Überdosis erwischen, was mir ja auch so ergangen ist. Aber immerhin hat die Basler Fasnacht ja nichts mit dem allgemein verstandenen Karneval zu tun, sondern ist doch im Großen und Ganzen ein märchenhafter Event.

    Irgendwann bin ich auch wieder dabei! Und dann eine Mehlsuppe zusammen?

    Viele liebe Grüße

    Borz

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  6. multikulinaria am 5. März 2009 at 09:43:

    Böhmische Dörfer für meine Augen und Ohren: Morgestraich, Ziibelewaie, Kääswaie, Schnitzelbängg 😉

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  7. Zoolicious am 5. März 2009 at 16:49:

    Oh Claudio, die Wähen.
    Ich brauche dringend runde Backbleche!

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  8. Claudio am 5. März 2009 at 22:57:

    Auch nach Böhmen, Boris? Mehlsuppe ja, aber nur wenn ich sie selbst zubereite 😉 Du solltest uns erst mal Baseldytsch sprechen hören, multikulinaria. Nicht unbedingt, Zoolicious, auf einem Ofenblech gehts auch, sogar beide nebeneinander, einfach in der Mitte eine Begrenzung aus Teig formen. Backzeit und Temperatur ist ja dieselbe.

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  9. lamiacucina am 6. März 2009 at 17:07:

    auch für die Basler Fasnacht gilt der Spruch von Bernstein: Die schärfsten Kritiker der Elche, waren früher selber welche.

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