Werdet (nicht) erwachsen

Bärlauchsprossen

Schwierig, solchen Sprösslingen die Aufmerksamkeit zu verwehren.

Ein altes Baguette war heute Auslöser einer kulinarischen Kettenreaktion. «Aus diesem Baguette machen wir Paniermehl!» proklamierte ich am Frühstückstisch. (An einem anderen Tag hätte ich meine Schwiegermutter zitiert: «Dieses Brot ist nicht hart – kein Brot ist hart.»)

Darauf folgte das Dekret meiner Söhne: «Genau, wir wollen panierte Schnitzel mit Pommes Frites!» Gute Idee, sagte der Fettjunkie in mir. Vergiss es, moralte der innere Fitnesscoach.

Ausserdem war da noch der apulische Grünspargel, den meine Frau gestern extra für mich gekauft hatte (etwa um den inneren Fitnesscoach zu motivieren?).

Eine Kombination musste her: Menü 1 für die Kinder, Menü 2 für die Eltern. Oh, das gibt es in letzter Zeit oft. Allen guten Vorsätzen zum Trotz. Am Sonntag zum Beispiel gab es Haché mit Hörnli. Dazu die üblichen Diskussionen, weil die Kinder das nicht essen wollten. (Aussichtslos darauf zu beharren, dass Hamburger auch aus Hackfleisch bestehen und Hörnli Teigwaren wie jede andere Pasta sind.)

«Als du beim Nachbarsmädchen eingeladen warst, hast du das auch gegessen. Aufgegessen sogar», warf ich dem Jüngeren in die Waagschale. «Ja, hallo? Da war ich verliebt!» – Er ist gerademal sechs.

Den Schlüssel zum Menü 2 fand ich dann vor der Haustüre: Bärlauch! Ja, es ist tatsächlich schon wieder so weit – fast auf den Tag genau sogar. Wenigstens auf die Natur ist noch Verlass.

Coop sei Dank, gibt es Bio-Schweinszimmerli, die es einem punkto Qualität leicht machen, auf astronomisch teures Schweizer Kalbsfleisch zu verzichten. Allerdings, passen würden Kalbsschnitzel zu folgendem Gericht schon:

Spaghetti alla Chitarra mit Bärlauchschaum und Scaloppine mit grünem Spargel.

Spaghetti mit Spargeln

Den Spargel nur an den Enden etwas stutzen. Dann 4 Minuten im Salzwasser blanchieren und im Eiswasser abschrecken. Spaghetti im Spargelwasser kochen. Schnitzel salzen, pfeffern und 2 Minuten scharf anbraten. Warm stellen.

Den Spargel mit Olivenöl und Butter in die Fleischpfanne geben. Ein paar Minuten rösten und zum Schluss einen Spritzer Zitrone darübergeben.

Für den Bärlauchschaum Schalotten in Butter glasieren und mit Weisswein ablöschen. Kalbsfond angiessen und reduzieren lassen. Mit Rahm aufgiessen, einköcheln lassen bis die Sauce eindickt. Vor dem Servieren mit dem Stabmixer aufschäumen, fein geschnittene Bärlauchblätter unterrühren und die aufgedrehten Spaghetti damit nappieren.

Der neidische Blick meiner Youngsters war umwerfend und der Kommentar voller  kindlichem Sinn für Ungerechtigkeit: «Ihr esst immer so schöne Sachen!»

Schnitzel mit Grünspargel


19 Kommentare zu Werdet (nicht) erwachsen

  1. Alex am 13. März 2009 at 09:30:

    Toll! Jetzt sag blos Chitarra ist Bärlauch auf italienisch, dann hätt‘ ich wieder was gelernt! 🙂 Gruß, A.

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  2. Kirsten am 13. März 2009 at 10:36:

    Ooooh, wie kommen mir Deine Worte bekannt vor! Ich koche derzeit auch oftmals für a) die Kids und b) die Eltern, wobei ich eigentlich dies auch noch unterteilen muss in b1) und b2), denn das, was mein Angetrauter bevorzugt, ist nicht immer meins – oder umgekehrt. Manchmal komme ich mir vor, wie in einem Restaurant. Nur, wenn ich dann die unterschiedlichen Gerichte serviere, geht das gegenseitige Probieren los – nein, alle wollen bei mir probieren (ich hab ja schon während des Kochens die anderen Speisen gründlich gekostet… :-))) ). Egal, wenn meine beiden Zwerge dann begeistert rufen „Du kochst immer sooo lecker, Du musst uns ganz schön liebhaben!“, dann bin ich entschädigt und versöhnt mit mir und der Welt…

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  3. Mike Seeger am 13. März 2009 at 11:33:

    Komme gerade aus dem Garten. Habe alles abgesucht: kein Bärlauch. Sonst hätte ich den Speiseplan für heute Abend noch einmal umgeworfen. So gibt’s Zitronen-Knoblauch-Hühnchen.
    Ich will auch Bärlauch ….

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  4. BerlinKitchen am 13. März 2009 at 11:41:

    Echt, es gibt schon Bärlauch? WOW

    Ich habe vor ein paar Tagen die letzten Bestände meiner fiefgekühlten Bärlauchbutter vom letzten Frühjahr zu „Bärlauch-Risotto“ verarbeitet. Sehr empfehlenswert……..

    http://berlinkitchen.com/berlinkitchen/BerlinKitchen/Entries/2007/5/3_Wild_Garlic_Risotto.html

    Schönes Wochenende,
    Martin

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  5. Claudio am 13. März 2009 at 14:01:

    Lezione numero 5 «Gastronomia» per Alex: Bärlauch = Aglio selvatico – Chitarra = Gitarre. Schönes Wochenende! Willkommen im Club, Kirsten! Im Vergleich zu euch da oben, Mike und Martin, befinden wir uns hier in Basel ja bereits in Südeuropa (ich leg mich dann mal untern Sonnenschirm, bitte nicht stören).

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  6. Mario am 13. März 2009 at 14:07:

    Claudi, ist das Rezept fitnesstauglich? Dann würde ich es gerne meinen Rad Rebellen (www.rad-rebellen.de) empfehlen.

    Kurzer Text + Bild und alles verlinkt hierhin – wäre das ok?

    Beste Grüße,
    vom hungerhabendenweilessogutaussiehtmario

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  7. Mario am 13. März 2009 at 14:15:

    ohhh, das o vergessen

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  8. Claudio am 13. März 2009 at 14:17:

    Das ist sogar sehr okay, denn als radelnde Rebellen könnt ihr die Extra-Portion Kohlenhydrate der Spaghetti gut gebrauchen (das bisschen Rahm und Butter an der Sauce ist mit den ersten 100 Höhenmetern locker überwunden) und die knackigen Spargeln sorgen für den nötigen Biss.

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  9. Zoolicious am 14. März 2009 at 16:50:

    Mmmhm, sieht toll aus.
    Leider entspricht das Wetter so gar nicht der Stimmung, die das Gericht verbreitet.
    Allein bei dem Gedanken an Spargel läuft mir das Wasser im Mund zusammen.

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  10. katha am 14. März 2009 at 23:16:

    bärlauch? ich dachte, wir sind nachbarn? wir frieren hier wie die schneider! wollte übrigens heute endlich deinen apfelkuchen machen, habe mich dann aber doch umentschieden, weil sooo viele äpfel da waren und ich folglich ein ganzes blech voll mürbem, gedecktem apfelkuchen machen musste und dann habe ich von dem warmen (eh super) trum so viel gegessen, dass mir jetzt noch schlecht ist. wie man’s macht, macht man’s falsch.

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  11. Projekttagebuch » Blog Archive » Gourmet Rebellen am 15. März 2009 at 08:33:

    […] Das ganze Rezept mit netten Anekdoten gibt es hier. […]

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  12. Mario am 15. März 2009 at 08:36:

    2000 Dank s.o. 😉

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  13. Claudio am 15. März 2009 at 21:26:

    Kommt schon, Zoolicious, nur Geduld. Kenn ich, Katha: Obwohl heute früh raus (ja, Frühling!), auswärts üppig gegessen, vom Wein beduselt auf Burgruinen rumgekraxelt, erschöpft heimgekommen, sofort Gnocchi gemacht. Es war ein unbändiger Drang, der erst nach der 3. Portion verebbte. Aua, aua. Mein Bäuchlein schmerzt jetzt noch. Wünsch euch eine geile Rad-Saison, Mario!

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  14. peppinella am 16. März 2009 at 20:51:

    ich nehme an, „Schweinszimmerli“ sind „fettine di maiale“, oder? ich mag das. spärgel mögen hier alle. vorzugsweise grünen….und für mich einen schönen chablis dazu…oder einen est-est-est. ich muß dir nicht zum xten mal sagen, wie gut das bei dir hier immer aussieht, gell?!;-)

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  15. LarissaToday am 19. März 2009 at 09:22:

    Köstlich! Ich muss auch immer zweimal kochen – mindestens! Mein Mann ist Vegetarier und ich nicht! und dann für meine Tochter und dann noch Babybrei für meinen Sohn AAAAAAAhhhhhhhh! Wie oft habe ich schon überlegt, Vegetarierin zu werden… aber ich esse so gerne! und da würde definitiv was fehlen!
    Toller Text! RSS abboniert!

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  16. Der Frühling naht … « mEinblick am 19. März 2009 at 21:50:

    […] Nachhinein möchte ich noch Claudio danken, der mich wohl auf die unbewusst inspiriert hat, auch wiedermal selber zum Bärlauch zu […]

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  17. Porcelinablue am 23. März 2009 at 19:31:

    Ja, dat sieht ja echt lecker aus und so, besonders erwähnenswert finde ich aber das Verb „moralen“! Sofort in aktiven Wortschatz übernommen.

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