Wie immer, aber anders.

Gnocchi alla carbonara

Es gibt Dinge, die liegen eigentlich auf der Hand. Aber du realisierst sie nicht. Vielleicht, weil man sie nicht sieht. So wie den Wald vor lauter Bäumen.

Vielleicht auch, weil italienische Rezepte sehr oft in Marmor gemeisselt und scheinbar unantastbar sind. Klar, ist die Kombination Bucatini alla carbnonara faktisch Weltkulturerbe. Aber eine Carbonara funktioniert auch mal anders. Mit Kartoffelgnocchi zum Beispiel. Kaum habe ich die zu ersten Mal gemacht, habe ich es bitter bereut, dass ich diese seidige Seeligkeit nicht schon längst zubereitet habe! Hier meine Anleitung zum geschmeidigen Glück.

Göttlich, wenn sie zart und fluffig wie Daunenkissen sind. Grottenschlecht, wenn sie misslingen. Damit die Zubereitung von Kartoffelgnocchi nicht zum Drama wird, halten wir uns am besten an die goldenen sieben Regeln, die jede italienische Nonna eisern befolgt:

  1. Die richtige Kartoffel wählen. Am besten eignen sich mehligkochende Lagerkartoffeln. Wenn möglich gelbfleischige, die bekommt man jedoch selten, dann greift man zu weissfleischigen. Neue Kartoffeln eignen sich nicht, sie haben zu viel Wasser und zu wenig bindende Stärke.
  2. Die Kartoffeln sollten alle etwa gleich gross sein, damit sie gleichmäßig durchgaren. Gekocht werden sie immer mit Schale, geschält würden sie zu viel Wasser aufnehmen. Traditionell setzt man sie in kaltem Wasser an und kocht sie so lange, bis sie weich sind. Eine gute Methode ist auch, sie im Ofen bei 150 Grad zu backen oder im Steamer zu dämpfen.
  3. Zum Verarbeiten müssen die Kartoffeln warm sein. Deshalb nur kurz ausdampfen lassen, zügig schälen und durch eine Kartoffelpresse drücken. Niemals mit dem Mixer oder Handrührgerät zerkleinern; mit dem Kleber, der dabei entsteht, könnte man glatt die Wände tapezieren.
  4. Die durchgepressten, noch warmen Kartoffeln sogleich mit Mehl zu einem Teig formen. Aber wie viel Mehl? Hier greift mehr denn je die Formel quanto basta! Will heissen, so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Kommt ganz darauf an, wie viel Mehl die Kartoffeln aufnehmen. Als Richtwert gilt: nicht mehr als 250 Gramm auf 1 Kilogramm Kartoffeln. Die Kunst besteht darin, den Teig ohne Zugabe von Eiern oder zu viel Mehl zu formen. Nur so gelingen luftige Gnocchi.
  5. Fertig gerollte Gnocchi wollen so schnell wie möglich ins siedende Salzwasser hüpfen. Länger als 1 Stunde sollte man nicht warten. Sie werden sonst pappig. Einmal gekocht und mit etwas Sugo vermischt, lassen sie sich dafür gut 1 Stunde bei 50 Grad im Ofen warm halten.
  6. Gekocht werden Gnocchi in siedendem (nicht sprudelndem) Salzwasser. Damit sie nicht am Topfboden kleben bleiben, vorsichtig mit einem Holzlöffel umrühren. Sobald die Gnocchi nach wenigen Minuten an die Oberfläche kommen, kann man sie mit einer Schaumkelle abschöpfen. Am besten gibt man sie dann mit etwas Sauce in eine Auflaufform und hält sie im Ofen warm.
  7. Ob man Gnocchi rillt oder nicht, ist Ansichtssache. Gerillt haftet die Sauce etwas besser. Mir persönlich gefallen ungerillte, kleine, fast runde Gnocchi. Zu groß sollten sie auch nicht sein. So golfballgrosse Dinger sind schrecklich. Man will ja nicht daran ersticken. Die schlimmste Unsitte außerhalb Italiens ist aber, sie nach dem Kochen zu braten. Bitte nicht, das sind Gnocchi, keine Schupfnudeln!

Zutaten
1 kg mehligkochende Kartoffeln (z. B. Typ Agria)
250g italienisches Weizenmehl tipo 00 (alternativ Type 405) feines Meersalz
Mehl zum Verarbeiten

Zubereitung
Die Kartoffeln in der Schale weich kochen, dämpfen oder backen. Kurz ausdampfen lassen und dann noch warm schälen (mit einer Gabel halten, damit man sich nicht die Finger verbrennt). Sogleich durch eine Kartoffelpresse auf die Arbeitsfläche drücken.

Die Kartoffelmasse mit einer Gabel locker zu einer gleichmäßigen Fläche ausbreiten. Die Hälfte des Mehls darübersieben, mit einer Teigkarte die Masse von beiden Seiten in die Mitte falten, das restliche Mehl darübersieben und die Masse sorgfältig mit den Händen zu einem kompakten, weichen Teig drücken. Es ist nicht nötig, den Teig zu kneten. Den Gnocchiteig 10 Minuten ruhen lassen.

Auf der gut bemehlten Arbeitsfläche Rollen von 1 cm Durchmesser formen. Mehrere Rollen nebeneinanderlegen, gut bemehlen und dann mit der Teigkarte kleine Stücke von etwa 1,5 cm abstechen. Das ist die effizienteste Methode und auf jeden Fall die schnellere, als von jeder Rolle mit einem Messer einzelne Gnocchi herunterzuschneiden. Die Gnocchi bemehlen, damit sie nicht aneinanderkleben, und auf dem bemehlten Pastabrett oder Küchentuch absetzen, bis man sie kocht.

Gnocchi lassen sich auch einfrieren. Dazu auf einem Brett auslegen, 30 Minuten anfrieren und dann in eine Vorratsdose oder einen Gefrierbeutel füllen. Zum Kochen die gefrorenen Gnocchi direkt ins siedende Salzwasser geben.

Zutaten für die Carbonara
200g Guanciale (italienischer Speck von der Schweinebacke)
2 Eier
2 Eigelb
100 g Pecorino Romano, gerieben

feines Meersalz,
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
weiterer Pecorino zum darüber streuen

Zubereitung
Den Guanciale in Stifte schneiden, etwa 2 cm lang und 1 cm breit. In einer Schwenkpfanne bei kleiner Hitze auslassen und langsam knusprig braten, herausnehmen. Das Fett in der Pfanne in ein kleines Gefäss abfüllen und beispielsweise für schmalzige Bratkartoffeln verwenden.

Die Eier und die Eigelbe in einer Schüssel verquirlen, den geriebenen Pecorino daruntermischen, kräftig pfeffern.

Die Gnocchi in siedendem Salzwasser garen bis sie aufschwimmen, tropfnass in die Pfanne heben, ein paar Löffel Pastawasser dazugeben und bei hoher Hitze durchschwenken, bis sich die Stärke löst.

Pfanne vom Herd nehmen. Den Guanciale dazugeben, die Eier-Käse-Mischung darübergiessen und die Gnocchi behutsam vermengen (die Eier sollen cremig bleiben und dürfen nicht stocken), falls nötig mehr Pastawasser dazugeben, damit die Eiermischung geschmeidig bleibt und die Pasta seidig überzieht.

Auf Teller verteilen, nach Belieben weiteren Pfeffer und Pecorino darüber streuen.

Gnocchi alla carbonara


Kostbarste aller Zutaten: Zeit.

Gnocchetti sardi Malloreddus

Malloreddus, geschmorte Lammschulter, Cicerchie. Zubereitungszeit: 36 Stunden.

Richtig gelesen. Die Zubereitung dieses Pasta-Gerichts hat nicht weniger als 36 Stunden in Anspruch genommen. Jede einzelne war es wert. Und bei jedem Bissen, für den man sich schön Zeit lässt und den man mit ungewöhnlich klarem Verstand kaut, wächst neben dem Gefühl der Sättigung auch jenes der Erfüllung.

Wer also Kochbücher und Rezeptseiten aus Arbeitsscheu, Drückebergerei oder was auch immer notorisch nach den kürzesten Zubereitungszeiten abklappert: Husch, husch! Weg hier! Geht und macht eure Blitznudeln und One-pot-Pasta woanders.

Was wir hier machen ist: Platterbsen 24 Stunden einweichen und danach 2 Stunden weichkochen. Eine Lammschulter 7 Stunden im Ofen schmoren, dem trotz akkurater Teigversiegelung des Bräters ein hypnotischer Duft entweicht der die ganze Bude betört. 2 Stunden für handgemachte Pasta aufwenden. 1 Stunde Zutaten aufbereiten, Sauce aufkochen und Teller anrichten. Gibt nach Adam Riese? 36 Stunden.

Cicerchie Platterbsen

Am Vortag werden die schönen, aber auch schön giftigen, Cicerchie eingeweicht. Und zwar nicht weniger als 24 Stunden. Wasser aufkochen, salzen, die Platterbsen damit übergiessen. Damit wird das toxische Alkaloid namens Lathyrin abgebaut. Ist wie mit dem Phasin in grünen Bohnen, die dürfen ja auch nicht roh verzehrt werden. Alles in bester Ordnung. Keine Sorge.

Am nächsten Tag Cicerchie abbrausen und in frischem Wasser etwa 2 Stunden weichkochen. Für 100 g Cicerchie braucht es 1 Liter Wasser. Ausserdem 1 Karotte, 1 Selleriestange, 1 Zwiebel, 1 Knoblauchzehe, 1 Lorbeerblatt, 1 Esslöffel passierte Tomaten und ein paar Tropfen Olivenöl. Alles kalt ansetzen, einmal aufkochen, dann zugedeckt bei kleiner Hitze schmoren und erst am Schluss mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Platterbsen sind wahnsinnig delikat. Sie schmecken süsslich, nach Erbsen, Kichererbsen und Lupinen. Die Textur ist kompakter als die von Kichererbsen oder Bohnen und die Haut ist leicht seifig und weniger brüchig.

Lammschulter

Ebenfalls am Vortag lässt sich das Sieben-Stunden-Lamm nach Anthony Bourdain zubereiten. Treue Leser dieser Seiten haben die Hausaufgaben natürlich längst gemacht. Für die Neulinge: Es ist einfach der Hammer! Sollte man echt öfters machen, es ist so eine Freude und das Fleisch ist so was von – wie sagt man „melt in your mouth“ auf Deutsch? – schmelzig und intensiv!

Anstelle einer Lammkeule habe ich diesmal eine Lammschulter von 2 kg verwendet. Der türkische Metzger (nein, nicht der hier, der gerade das Internet zerlegt) hat sie mir in vier Teile zersägt, damit sie in meinem Gusseisenbräter passt.

Das Wichtigste: Das Fleisch nicht anbraten! Wir geben es einfach so in den Topf. Roh. Bisschen Salz, bisschen Pfeffer. Dazu nach Belieben, ein paar Zwiebeln, Karotten, Sellerie, eine Knoblauchknolle (ja von mir aus auch zwei, du Wahnsinniger), ein Loorbeerblatt, ein paar Petersilienstängel, Thymianblüten – oder was immer ihr an Kräutern in eurem Bouqut garni mögt – und schliesslich, auch das ist sehr wichtig. Zwei bis drei Deziliter Flüssigkeit. Und zwar einen Teil Weiss- oder Rotwein und einen Teil Olivenöl.

Jetzt einen Teig aus etwa 500 g Mehl und 300 g Wasser kneten. Keine Angst, nicht zum Essen. Damit minutiös den Gusseisen-Bräter versiegeln.

Gusseisenbräter versiegelt

Dann kommt der Bräter für sieben Stunden in den 150 Grad heissen Ofen. Versteht jeder, dass in dieser Zeit keine Feuchtigkeit aus dem Bräter entweichen darf? Weil sonst haben wir am Schluss Briketts im Topf statt zartestem Fleisch, welches auf leisesten Druck vom Knochen fällt. Das Aufschlagen der Versiegelung ist ein wahrlicher Indiana Jones-Moment!

Siebenstundenlamm

Das Fleisch ist ein Festessen für sich, keine Frage. Und die Sauce, die wir mit etwas Wasser strecken und durch ein ein Sieb passieren eine Wucht.

Siebenstundenlamm Platte

Für unsere Pasta brauchen wir pro Person etwa 100 Gramm Lammfleisch. Von Hand vom Knochen lösen, etwas zerzupfen und mit der Sauce bereitstellen.

Für die Malloreddus, oder Gnocchetti Sardi, wie sie auch genannt werden, brauchen wir nichts als italienisches Hartweizengriess, bekannt als Semolina rimacinata di grano duro und Wasser. Toll, nicht? Ist also gar nicht so kompliziert, wie vermutet.

Für vier Personen 300 g Mehl mit 150 g lauwarmem Wasser mischen. Dann zu einem sehr glatten, kompakten Teig kneten. Geht gut und gerne 15 Minuten und ziemlich in die Arme. Der Teig sollte sich trocken und hart anfühlen. Abdecken und mindestens 30 Minuten ruhen lassen. Dann Teig portionsweise in fingerdicke Rollen formen und in 1 cm lange Stücke schneiden. Diese mit Daumendruck über ein bemehltes Gnocchiholz drücken. Das geht so:

Mit Mehl bestäuben und bereitstellen. Die Gnocchi können auch ein paar Stunden im Voraus zubereitet werden. Pasta im kochenden Salzwasser al dente kochen. Ganz einfach: Das ist der Moment, in welchem sie aufschwimmen. Abschöpfen und in eine breite Schwenkpfanne geben, wo sich bereits das Lammfleisch, die Lammsauce und eine Handvoll Cicerchie pro Person  befinden.

Gnocchetti sardi Malloreddus

Alles bei mittlerer Hitze vermengen, dabei etwas Pastawasser einrühren, damit die Sauce schön bindet und alles gleichmässig überzieht. Auf Tellern anrichten und dann stolz die Ahh! Ooh! und Mmh! einkassieren.

Gnocchetti sardi Lamm Cicerchie


Gnocchi di ricotta pomodoro

Schnell gemacht, aber leider auch schnell verputzt: Seidenweiche Ricotta-Gnocchi an simplem Tomatensugo.

Meine Frau ist skeptisch. Um halb 12 kommen wir vom Einkaufen heim und ich schwinge das Pastabrett auf den Esstisch: «Was hast du vor? Dir ist schon klar, dass die Kinder von der Schule kommen und wir Punkt 12 essen müssen?».

«Und worüber machst du dir Sorgen?» entgegne ich gespielt gelassen, während ich summend Pastawasser und einen milden Sugo al pomodoro mit Zwiebeln aufsetze.

Ich bin ehrlich gesagt auch jedes Mal ziemlich erstaunt wie ziemlich schnell vier Portionen Ricotta-Gnocchi gemacht sind: Ricotta, Parmesan und Mehl (kein Ei) rasch vermengen, ausrollen, kochen.

Und in 30 Minuten bist du in Italien. Ungelogen!

Gut, verglichen mit Jamie Oliver ist das ziemlich lahm, ist mir schon klar. In 30 Minuten nervt der zehn Leute in jeder Weltecke, zerlegt ein Dutzend Küchen und schreibt nebenher ein paar Kochbücher für 15-Minuten-Menüs.

15-Minuten-Menüs. Pff!

Auf 500 g Ricotta (falls zu flüssig, kurz im Sieb abtropfen lassen) kommen 100 g geriebener Parmesan, etwas geriebene Muskatnuss und grob geschätzt 250 g Mehl.

Das „Geheimnis“ besteht darin, so wenig wie möglich, so viel wie nötig Mehl zu verwenden. Der Teig soll nicht mehr kleben, aber noch feucht sein. Beim Ausrollen und Formen dann jeweils gut bemehlen. Ist keine Hexerei – aber grande magia.

Gnocchi di ricotta

Eine Bitte: Macht sie nicht zu gross. Je kleiner desto grösser der Genuss. Abschnitte von 1 cm sind genau richtig. Beim Kochen gehen sie eh noch ein wenig auf. Das Salzwasser sollte nicht stark sprudeln. Wenn die Gnocchi aufschwimmen, sind sie gar und können mit einem Schaumlöffel abgeschöpft werden.

Ah, ja. Noch eine Bitte: Gnocchi niemals aus dem Kochwasser direkt in Teller schöpfen. Immer zuerst im Sugo durchschwenken! Wirklich immer.

Am besten gibt man Sugo in eine Auflaufform, dann schöpft man die Gnocchi portionenweise hinein und mischt sie sorgfältig. So kann man sie – im Ofen bei 60 Grad – auch gut warmhalten.

Parmesan nicht vergessen.

Gnocchi di ricotta al sugo

Im Handumdrehen himmlische Gnocchi – oder wie man in Italien sagt, in quattro e quattr’otto – was soviel heisst wie, in vier und vier macht acht.


Im Nesselfieber.

Brennnessel-Gnocchi

Auf, auf, ihr Lieben!

Diese geschmeidigen Brennnessel-Gnocchi sind denen vergönnt, die sich frühmorgens aufmachen, an den Waldrändern die zartesten Triebe zu pflücken.

Vorbei an Meeren blühenden Bärlauchs. Diesen umschiffen wir – die Zeit ist vorbei. Von den jüngeren Blättern haben wir bereits einen duftenden Vorrat Pesto für Pasta eingemacht und aromatische Butter, die gerne über gebratene Lammschlegel schmilzt.

Baerlauchfeld

Es ist ein anderes Atmen und Sehen, wenn man den Wald zu Fuss durchforstet auf der Suche nach Essebarem.

Brennnessel-Gnocchi

Die einen schlafen noch, die anderen quälen sich sonntagmorgens mit ihren Ohrstöpseln, Schweissbändern und Gehstöcken schnaubend durchs Unterholz. Ausser Boris, den wir antreffen. Er ist sportlich, aber gelassen unterwegs und hilft uns spontan Brennnesseln zu sammeln.

Schnecke

Vorbei am Haus der Kräuterfrau (die ich schon längst mal besuchen sollte) und an wogenden Kornfeldern.

Collage Haus und Feld

Wir zupfen nur die zartesten Blätter der Spitzen. Handschuhe haben wir dabei, sonst wird es unschön.

Brennnessel

Für acht Portionen braucht es eine halbe Einkaufstüte voll Brennnesselblätter.

Collage Brennnesseln sortieren

Daheim schütteln wir jedes Blättchen aus, damit wir keine Insekten und fremde Pflanzenteile mitkochen und spülen das Kraut unter fliessendem Wasser kurz ab.

Brennnesselblatt

Dann werden die Blätter in Salzwasser blanchiert. Einmal aufkochen und dann gute fünf Minuten bis sie so zart sind wie junger Spinat. Ungekocht riechen die Blätter grasig bis hanfig. Gekocht sind sie angenehm süsslich und fast noch delikater als Spinat, weil sie nicht den typisch erdigen Nachgeschmack haben. Und gesund sollen Brennnesseln sein! Liest man die einschlägigen Nachweise, isst man sich damit zu einem rundum sanierten Menschen.

Collage Brennnesseln blanchieren

Nach dem Blanchieren werden die Blätter fest ausgedrückt bis keine Flüssigkeit mehr abfliesst. Die Menge an gekochten Blättern auf 1 Kilo Kartoffeln sollte etwa 200 Gramm sein. Die Kartoffeln haben wir in der Schale weichgekocht, etwas ausdampfen lassen und noch warm durch die Kartoffelpresse gedrückt.

Dazu kommen die fein gehackten Brennnesselblätter, 200 Gramm Mehl, ein Ei, Salz, Pfeffer und eine Prise Muskatnuss. Die helfenden Hände der Jüngsten machen sich flink ans Rollen.

Haende rollen Gnocchi

Sieht nach viel aus – und auch nach wenig – je nach Appetit der Esser. Acht normale Portionen bekommt man aber locker hin.

Brennnessel-Gnocchi

Im leicht sprudelnden Salzwasser portionsweise kochen, bis sie auftauchen. Dann schöpfen wir sie ab und geben sie in eine weite Pfanne, in welcher wir ganz viel Butter (125 g) geschmolzen haben, geben halb so viel Olivenöl dazu, etwas Knoblauch und halten sie warm. Man könnte auch Salbeiblätter dazu geben oder fein geschnittene Rucola. Schmeckt kräftiger aber halt weniger nach delikaten Brennnesseln.

Brennnessel-Gnocchi

Auf jeden Fall darf man ganz viel reifen Parmesan darüber geben.

Collage Brennnessel-Gnocchi Kiste

Und sich für das geglückte Tagewerk belohnen.

Brennnessel-Gnocchi

Brennnessel-Gnocchi

Der Rest der gekochten Gnocchi kann man mit dem Butter-Olivenöl-Gemisch im Kühlschrank aufbewahren und anderntags alla Sorrentina zubereiten.  Dazu gibt man sie mit gezupfter Mozzarella in eine Auflaufform, bestreut sie mit Parmesan und gratiniert sie bei 220 Grad, bis sich eine goldene Kruste geformt hat.

Wenn man sie dann aufgabelt, ziehen sie diese schönen Fäden.

Brennnessel-Gnocchi gratiniert

Ach, Frühling: Lass dich umarmen und für immer festhalten.

 


GNOCCHETTI AL PROFUMO DI MARE

 

So, Sonntag. Hier kommt das versprochene Rezept für ein besonderes Festessen.

Mein zweiter Beitrag für das spannende Projekt «In 4 Gängen» von Steffen Sinzinger. Die Produktvorgabe war «Kartoffel». Der Gang, den ich dazu kreieren sollte, «Vorspeise».

Wie könnte ich – mit meinem italienischen kulinarischen Erbe – bei diesem Gang auf Kartoffelgnocchi verzichten? Undenkbar.

Unweit vom Heimatort meiner Eltern, in den Abruzzen, wächst die perfekte Knolle dazu: Die »Gelbe von Avezzano«. Eine gelbfleischige, fest bis mehlig kochende Kartoffel vom Typ Agria. Sie hat optimale Klebereigenschaften und einen angenehm runden und kräftigen Kartoffelgeschmack.

In den Bergregionen Abruzzos werden Gnocchi oder die kleineren Gnocchetti mit kräftigen Tomatensugos, Pilz-, oder Fleischsaucen, Salsiccia und Wildbret zubereitet. Oder als einzigartige Spezialität mit »Orapi«, einem delikaten Wildspinat, der nur oberhalb von 1400 Meter über Meer wächst. An den Küsten hingegen werden Gnocchetti gerne mit Fisch und Meeresfrüchten kombiniert.

Allen gemeinsam ist eine entwaffnende Ehrlichkeit und eine zarte, unendlich versöhnliche Konsistenz.

Zutaten Kartoffelgnocchi

1000 g fest bis mehlig kochende Kartoffeln (z.B. Agria)

300 g Weissmehl

Zubereitung

Kartoffeln in der Schale weichkochen. Ausdampfen lassen, dann schälen. Durch eine Kartoffelpresse in eine Schüssel drücken. Nach und nach Mehl (und nur soviel, wie die Kartoffeln aufnehmen) dazu geben und zu einem weichen, homogenen Teig verarbeiten. Auf einer bemehlten Arbeitsfläche dünne Rollen von 1 cm Durchmesser formen. Teigstücke von 1,5 cm abzwacken und zwischen den Handballen zu Kügelchen formen. Auf einer bemehlten Unterlage bereitstellen.

Zutaten Oktopus-Fond

1 ganzer Oktopus (1,5 kg)

50 ml Olivenöl

1 Chilischote

1 Knoblauchzehe

1 Lorbeerblatt

1 Selleriestange

Meersalz

Pfeffer

Zubereitung

In einem gusseisernen Topf Olivenöl erhitzen. Mit dem Knoblauch, Sellerie, Lorbeerblatt und Chili aromatisieren. Gewaschenen und trockengetupften Oktopus in den Topf geben. Zudecken. 5 Minuten braten. Oktopus wenden. Weitere 5 Minuten braten. Hitze reduzieren und 1 Stunde leise simmern. Vom Herd nehmen und ruhen lassen. Oktopus zur späteren Verwendung (Pulposalat) aufbewahren. Sud konzentrieren, abschmecken und warm halten.

Zutaten Meeresfrüchte-Sugo

8 ganze Garnelen

1 ganze Sepia

4 ganze Moscardini (kleine Oktopusse)

500 g Vongole (Venusmuscheln)

50 ml Olivenöl

50 ml trockenen Weisswein

50 ml passierte Tomaten

4 Datterini Tomaten

Frische Petersilie

Frischer Oregano

Meersalz

Pfeffer

In einer Schwenkpfanne Olivenöl erhitzen. Garnelen darin wenden, bis sie Farbe angenommen haben. Herausnehmen, schälen, Darm entfernen, kleinschneiden, bereitstellen. Schalen und Köpfe der Garnelen nochmals in die Pfanne geben, weiter rösten. Mit Knoblauch und den passierten Tomaten aromatisieren, mit Weisswein ablöschen, reduzieren. Sud passieren.

Erneut Olivenöl erhitzen. Geputzte, kleingeschnittene Sepia und Moscardini rösten, mit Weisswein löschen, zugedeckt weichschmoren. Alles mit den Garnelen im Garnelensud bereitstellen.

Erneut Olivenöl erhitzen. Mit Knoblauch und Chili aromatisieren. Gut gewässerte und geputzte Vongole dazugeben. Mit einem Schluck Weisswein zugedeckt aufkochen bis sich die Muscheln geöffnet haben. Sud durch ein Haarsieb passieren. Vongole auslösen. Den Sugo zusammen mit allen bereitgestellten Meeresfrüchten erwärmen, salzen, pfeffern.

Fertigstellen

Gnocchetti portionsweise in leicht gesalzenes Kochwasser geben. Sobald die Gnocchetti auftauchen, mit einem Schaumlöffel abschöpfen und mit wenig Meeresfrüchte-Sugo in einer Pfanne warmhalten. Zum Schluss fein gewürfelte Datterini-Tomaten mit dem restlichen Sugo zugeben und kurz unter Hitze durchschwenken, damit die Gnocchetti sich vollständig mit dem Meeresfrüchte-Sugo verbinden.

Auf Teller anrichten, frische Oreganoblättchen und einige Vongole in der Schale darauf verteilen. Mit dem Oktopus-Fond nappieren.



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