Kostbarste aller Zutaten: Zeit.

Gnocchetti sardi Malloreddus

Malloreddus, geschmorte Lammschulter, Cicerchie. Zubereitungszeit: 36 Stunden.

Richtig gelesen. Die Zubereitung dieses Pasta-Gerichts hat nicht weniger als 36 Stunden in Anspruch genommen. Jede einzelne war es wert. Und bei jedem Bissen, für den man sich schön Zeit lässt und den man mit ungewöhnlich klarem Verstand kaut, wächst neben dem Gefühl der Sättigung auch jenes der Erfüllung.

Wer also Kochbücher und Rezeptseiten aus Arbeitsscheu, Drückebergerei oder was auch immer notorisch nach den kürzesten Zubereitungszeiten abklappert: Husch, husch! Weg hier! Geht und macht eure Blitznudeln und One-pot-Pasta woanders.

Was wir hier machen ist: Platterbsen 24 Stunden einweichen und danach 2 Stunden weichkochen. Eine Lammschulter 7 Stunden im Ofen schmoren, dem trotz akkurater Teigversiegelung des Bräters ein hypnotischer Duft entweicht der die ganze Bude betört. 2 Stunden für handgemachte Pasta aufwenden. 1 Stunde Zutaten aufbereiten, Sauce aufkochen und Teller anrichten. Gibt nach Adam Riese? 36 Stunden.

Cicerchie Platterbsen

Am Vortag werden die schönen, aber auch schön giftigen, Cicerchie eingeweicht. Und zwar nicht weniger als 24 Stunden. Wasser aufkochen, salzen, die Platterbsen damit übergiessen. Damit wird das toxische Alkaloid namens Lathyrin abgebaut. Ist wie mit dem Phasin in grünen Bohnen, die dürfen ja auch nicht roh verzehrt werden. Alles in bester Ordnung. Keine Sorge.

Am nächsten Tag Cicerchie abbrausen und in frischem Wasser etwa 2 Stunden weichkochen. Für 100 g Cicerchie braucht es 1 Liter Wasser. Ausserdem 1 Karotte, 1 Selleriestange, 1 Zwiebel, 1 Knoblauchzehe, 1 Lorbeerblatt, 1 Esslöffel passierte Tomaten und ein paar Tropfen Olivenöl. Alles kalt ansetzen, einmal aufkochen, dann zugedeckt bei kleiner Hitze schmoren und erst am Schluss mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Platterbsen sind wahnsinnig delikat. Sie schmecken süsslich, nach Erbsen, Kichererbsen und Lupinen. Die Textur ist kompakter als die von Kichererbsen oder Bohnen und die Haut ist leicht seifig und weniger brüchig.

Lammschulter

Ebenfalls am Vortag lässt sich das Sieben-Stunden-Lamm nach Anthony Bourdain zubereiten. Treue Leser dieser Seiten haben die Hausaufgaben natürlich längst gemacht. Für die Neulinge: Es ist einfach der Hammer! Sollte man echt öfters machen, es ist so eine Freude und das Fleisch ist so was von – wie sagt man „melt in your mouth“ auf Deutsch? – schmelzig und intensiv!

Anstelle einer Lammkeule habe ich diesmal eine Lammschulter von 2 kg verwendet. Der türkische Metzger (nein, nicht der hier, der gerade das Internet zerlegt) hat sie mir in vier Teile zersägt, damit sie in meinem Gusseisenbräter passt.

Das Wichtigste: Das Fleisch nicht anbraten! Wir geben es einfach so in den Topf. Roh. Bisschen Salz, bisschen Pfeffer. Dazu nach Belieben, ein paar Zwiebeln, Karotten, Sellerie, eine Knoblauchknolle (ja von mir aus auch zwei, du Wahnsinniger), ein Loorbeerblatt, ein paar Petersilienstängel, Thymianblüten – oder was immer ihr an Kräutern in eurem Bouqut garni mögt – und schliesslich, auch das ist sehr wichtig. Zwei bis drei Deziliter Flüssigkeit. Und zwar einen Teil Weiss- oder Rotwein und einen Teil Olivenöl.

Jetzt einen Teig aus etwa 500 g Mehl und 300 g Wasser kneten. Keine Angst, nicht zum Essen. Damit minutiös den Gusseisen-Bräter versiegeln.

Gusseisenbräter versiegelt

Dann kommt der Bräter für sieben Stunden in den 150 Grad heissen Ofen. Versteht jeder, dass in dieser Zeit keine Feuchtigkeit aus dem Bräter entweichen darf? Weil sonst haben wir am Schluss Briketts im Topf statt zartestem Fleisch, welches auf leisesten Druck vom Knochen fällt. Das Aufschlagen der Versiegelung ist ein wahrlicher Indiana Jones-Moment!

Siebenstundenlamm

Das Fleisch ist ein Festessen für sich, keine Frage. Und die Sauce, die wir mit etwas Wasser strecken und durch ein ein Sieb passieren eine Wucht.

Siebenstundenlamm Platte

Für unsere Pasta brauchen wir pro Person etwa 100 Gramm Lammfleisch. Von Hand vom Knochen lösen, etwas zerzupfen und mit der Sauce bereitstellen.

Für die Malloreddus, oder Gnocchetti Sardi, wie sie auch genannt werden, brauchen wir nichts als italienisches Hartweizengriess, bekannt als Semolina rimacinata di grano duro und Wasser. Toll, nicht? Ist also gar nicht so kompliziert, wie vermutet.

Für vier Personen 300 g Mehl mit 150 g lauwarmem Wasser mischen. Dann zu einem sehr glatten, kompakten Teig kneten. Geht gut und gerne 15 Minuten und ziemlich in die Arme. Der Teig sollte sich trocken und hart anfühlen. Abdecken und mindestens 30 Minuten ruhen lassen. Dann Teig portionsweise in fingerdicke Rollen formen und in 1 cm lange Stücke schneiden. Diese mit Daumendruck über ein bemehltes Gnocchiholz drücken. Das geht so:

Mit Mehl bestäuben und bereitstellen. Die Gnocchi können auch ein paar Stunden im Voraus zubereitet werden. Pasta im kochenden Salzwasser al dente kochen. Ganz einfach: Das ist der Moment, in welchem sie aufschwimmen. Abschöpfen und in eine breite Schwenkpfanne geben, wo sich bereits das Lammfleisch, die Lammsauce und eine Handvoll Cicerchie pro Person  befinden.

Gnocchetti sardi Malloreddus

Alles bei mittlerer Hitze vermengen, dabei etwas Pastawasser einrühren, damit die Sauce schön bindet und alles gleichmässig überzieht. Auf Tellern anrichten und dann stolz die Ahh! Ooh! und Mmh! einkassieren.

Gnocchetti sardi Lamm Cicerchie


Spiesser lieben Lammfleisch.

Brochettes d'agneau

Leute – esst mehr Lammspiesse. Es macht Fernweh und weckt den Reisehunger.

Ich hatte ja total vergessen, wie versessen wir in Marokko immer auf die hammelmässigen Brochettes d’agneau waren. Der Duft von gebratenem Fleisch und würzigem Lammfett, das über dem kleinen Ton-Grill kleine Bläschen schlägt, und das typische Aroma von Kreuzkümmel haben sich so sehr in meine Erinnerung gebrannt, dass ich beim Essen direkt die sengende Sonne Nordafrikas auf den Schultern spüre.

Auch mein liebster marokkanischer Schwager, Ahmed, liess kein Familienfest ohne die zarten Spiesschen steigen. Zu lange ist es leider her.

Meine beiden Freunde Thomas und Reto von der S-Fabrik haben mir mit ihrem Überraschungspäckli das Türchen zu den Brochettes wieder einen Spalt geöffnet. Die zwei wissen, was gut ist.

Ihre Kräuter von Daphnis und Chloe eignen sich wunderbar für die Marinade:

Daphnis and Chloe

Lorbeer, Oregano, wilde Thymianblüten, Salbei und Chili habe ich mit zerstossenen Fenchelsamen, frisch geschnittener Petersilie, Zwiebelwürfel, Paprikapulver, Salz, Pfeffer, Kreuzkümmel und Olivenöl gemischt.

Das Fleisch einer Lammschulter in regelmässige Würfel von etwa 2 bis 3 cm geschnitten und ein bis zwei Stunden in der Marinade ziehen lassen. Auf Spiesse gesteckt und über Holzkohle grilliert.

Mehr als ein frisches Fladenbrot dazu braucht es kaum.

Fladenbrot

Aber unbedingt erfrischendes Schafs-Joghurt mit marokkanischer Minze.

Jogurt mit Minze

Und ein paar scharfe, gegrillte Paprikaschoten.

Paprikaschoten

Lammfleisch vom Spiess schmeckt mir besonders gut. Es hat eine eigene Eigenschaft, was Aroma und Textur angeht. Ganz anders als Fleisch, das am Stück gebraten wird. Und die Grösse der aufgespiessten Stücke hat einen wesentlichen Einfluss darauf.

Die kleinen Arrosticini vom Lamm, die man zum Beispiel in den Abruzzen zubereitet, sind zwar extrem knusprig und würzig, aber lange nicht so saftig, wie diese marokkanischen Brochettes. Sie sind perfekt, wenn sie aussen karamellisiert sind und innen noch zart rosa. Kurz bevor ich sie vom Grill nehme, gebe ich noch den Rest der Kräutermarinade darüber – das macht sie dann extra würzig.

Lamm-Spiess


Selbst wenn ich ganz scharf nachdenke: Nein. Es fällt mir niemand ein, der sich nicht sofort nach dem ersten Bissen in meinen Lamm-Steak-Salad verlieben würde.

Hier gehts zum Rezept.


Es gibt genau ein Mal im Jahr die Möglichkeit, die Kirschen von unserem gebrechlichen Kirschbaum zu pflücken. Wenn uns die Junisonne über Tage mit voller Kraft von heute auf morgen in den Sommer katapultiert.

Dann muss man sie nehmen. Bevor der Regen kommt und die pralle Frucht verletzt und faulen lässt. Dann sind alle gefragt, die pflücken können – oder willens sind.

Und will man das Glück perfekt machen, bäckt man damit schleunigst den besten Kirschpfannkuchen, den man hinbekommen kann.

An so einem perfekten, heissen Frühsommertag, will man ein rauschendes Festmahl im Freien feiern. Also bäckt man gleich weiter. Und ist glücklich, dass die Focaccia dank dem lievito madre, der eigenen Mutterhefe, die man hegt und pflegt, so luftig und knusprig glückt.

Zur Vorspeise einen meiner liebsten Sommersalate. Mit Cannellini-Bohnen, Sellerie und leicht bitterem Cicorino rosso.

Angemacht mit einem fantastischen Olivenöl, das ich neu entdeckt habe: L’Olio Tenero aus den Marken. Kalt gepresst aus der Monovarietät Tenera Ascolana. (Die Olivensorte, mit denen die berühmten gefüllten Olive all‘ Ascolana zubereitet werden). Mehrfach ausgezeichnet. Mild und gleichzeitig intensiv fruchtig mit Noten von grünen Tomaten und Kräutern.

Das Öl kann übrigens auch im Kontor meines lieben Bloggerkollegen Mike bezogen werden.

L'olio tenero_s

Und weil es so heiss ist, und man aber trotzdem das Essen mit einem passenden Wein begleiten möchte, aber bitte keinen so schweren, kommen die Schaller vom See genau richtig.

Das hingebungsvolle Winzerpaar aus Podersdorf produziert gleich drei neue, besonders leichte Weine.

Zum Antipasto mit handwerklich hergestelltem neapoletanischem Affettato – Salsiccia piccante, geräucherte Salami tipo napoletano und eine zartwürzige Pancetta – gesellt sich der prickelnde Rosé secco aus Cabernet Sauvignon und Zweigelt und macht richtig gute Laune.

Collage Antipasto

Zu der ultradünnen, ebenfalls neuen Pasta extra fine von Lieblings-Pastamacher und amico Cemal kommt die Cuvée weiß sehr, sehr gut. Fruchtbetont, knackig und sehr erfrischend.

Die dünnen und sehr feinen Maccheroncini, wie sie im Ursprungsort Campofilone genannt werden, sind mit sizilianischer Zitrone verfeinert – schlicht genial. Sie sind schon in 2 Minuten al dente und man könnte sie ohne weiteres einfach mit Butter geniessen.

Natürlich passen dazu auch Meeresfrüchte oder Fisch hervorragend. Ich habe dazu frische Scampi mit Zucchinistiften kombiniert. Mit einer Sauce aus den gerösteten Krustentierschalen, mit Weisswein deglaciert und mit wenig Butter gebunden.

Man kann das Meeresrauschen hören!

PPURA pasta extra fine_s

Zum Hauptgang dann Medaillons vom Lammrücken in der Pfefferkruste. Eine einfache Parmigiana di melanzane dazu und ein Kräuterpesto mit dem Olio Tenero.

Lamm Medaillon_s

Dazu die Cuvée rot und die Freude wird richtig gross. Mit schmalbrüstigen 11,5 % vol. holt dieser Wein ganz schön tief Atem. Zweigelt und Sankt Laurent mit viel Struktur, viel Frucht, viel Beeren und dabei so leicht wie eine Sommerbrise. Davon kann man nicht genug bekommen.

Collage Rotwein

Man könnte tanzen vor Freude.

Schaller Etikette rot_s

Doch dann kommt das Dessert. Also lässt man die Geschmacksknospen weiter tanzen und geniesst zum Schluss den saftigen Kirschpfannkuchen mit den nur wenige Stunden zuvor geernteten Kirschen.

Vielleicht ist das alles so einmalig gut, gerade weil man es nicht jeden Tag hat. Aber von mir aus könnte der Sommer das ganze Jahr über bleiben.


In vier Gaengen: Lamm

Lamm 3_s

«Bist du sicher, dass ich Grobian dafür geeignet bin?» hatte ich Steffen gefragt.

«Hehe, „Grobian“ finde ich gut!» meinte er. «Nein, aber im Ernst. Ich denke schon, dass Du sehr gut dazu passt. Ich lade die Leute ja nicht willkürlich ein.»

Für gewöhnlich halte mich aus sogenannten „Blog Rallyes“ raus. Aber die Einladung von Steffen Sinzinger zu seinem Einjahresprojekt «In 4 Gängen» habe ich sehr gerne angenommen.

Der Küchenchef der Brasserie Le Faubourg in Berlin hostet auf seinem Blog Berliner Speisemeisterei jeden Monat vier Rezeptvariationen zu einer Hauptzutat: Vorspeise, Zwischengang, Hauptgang, Dessert.

12 ausgewählte Blogger kommen so vier Mal zur Ehre, dem Maestro (der nebenbei auch ein Meister der Fotografie ist) ihre Kreationen zu kredenzen.

Nun ist mein ersten Gang an der Reihe: Lamm | Barba di Frate | Zucchiniblüte

Seit ich im Frühjahr bei Albert Raurich in Barcelona ein Tataki von einer 9 Jahre alten Kuh gegessen habe, bin ich begeistert von dieser japanischen Zubereitungsart. (Und natürlich von Ferran Adrià-Weggefährte Albert Raurich und seinem japanisch-katalanischen Konzept im Dos Pallilos).

Bisher hatte ich nur marinierten Thunfisch so kurz gebraten, dass das Innere roh bleibt. Natürlich geht das auch mit Fleisch. Und gerade Lamm offenbart bei dieser Zubereitung ungeahnte Zartheit und ein sehr delikates Aroma.

Der feine, spinatartige Mönchsbart ist quasi das Gras, auf dem so ein Lamm schon zu seinen Lebzeiten steht. Ein gutes Futter. Schafe sind können ja nicht gemästet werden. Ergo ernährt es sich grundsätzlich natürlich und bietet dadurch qualitativ hochwertiges Fleisch.

Mit dem Sommer kommen schliesslich auch die Zucchiniblüten, die ausgebacken und mit frischer Schafs-Ricotta gefüllt nochmals den Geschmack und die Texturen auf diesem Teller erweitern.

Zutaten

1 Lammnierstück (ausgelöste Lammkrone)

2 TL Rohzucker

1 EL Japanische Sojasauce

1 EL Reiswein

Telly Cherry Pfeffer

Bratbutter

1 Bund Mönchsbart (Barba di Frate)

Bestes Olivenöl

Hochwertigen Balsamessig aus Modena (Aceto Tradizionale)

Fleur de Sel

1 Zucchiniblüte

Frische Ricotta von der Schafsmilch

Mehl

Wasser

Salz

Salatblätter (z.B. Portulak und Asia Leaves)

Zubereitung

Rohzucker in Sojasauce und Reiswein auflösen und in einen Gefrierbeutel füllen. Fleisch dazugeben, satt umwickeln und 1 Stunde bei Küchentemperatur marinieren.

Mönchsbart waschen, von den Wurzeln befreien. 3 Minuten in Salzwasser blanchieren, im Eiswasser abschrecken, trockentupfen. Spitzen auf eine einheitliche Länge schneiden und die Halme als Band in der Mitte des Tellers arrangieren.

Zucchiniblüte unter fliessend Wasser kurz abspülen, trockentupfen. Stempel entfernen, Blüte mit frischer Schafsricotta füllen.

Eine Hand voll Mehl mit so viel Wasser mischen, bis ein flüssiger Ausbackteig entsteht, salzen.

Marinade vom Fleisch abtupfen. In wenig Bratbutter 1 Minuten von allen Seiten sehr scharf anbraten. Als Tataki muss das Fleisch innen roh bleiben. Herausnehmen und auf einem Gitter kurz abstehen lassen. Dann in dünne Medaillons aufschneiden.

Blüte durch den Teig ziehen und 30 Sekunden im Olivenöl ausbacken. Auf Küchenkrepp abtropfen und dann auf Salatblätter platzieren.

Möchsbart mit Olivenöl und Essig beträufeln. Lamm-Tataki darauf verteilen, mit wenig Fleur de Sel würzen.

Lamm 4_s


Bohnen und Lamm aufs Korn nehmen

Wer hat gerne Lamm? Wer hat gerne Bohnen? Wer hat gerne Reis? Bene, hier lang. Es gibt Risotto con Fagioli rossi di Lucca e Angnello.

Wenn man als Erstes die Bohnen mit dem Fleisch gekocht hat, muss man sich so was von zusammenreissen: Gross ist die Versuchung, sich eine grosse Serviette um den Hals zu binden und diese Pfanne Löffel um Löffel genüsslich wegzuputzen.

Zum Glück (für die anderen) dringen die Rufe der Familie an mein Ohr: «Hung-eeer! Wann gibts Essen?». Also auf – Risotto aufsetzen.

Aber der Reihe nach: Von der Lammkeule löst man so viel Fleisch vom Knochen, wie man pro Person mag und teilt es in mundgerechte Stücke. Den Knochen entsorgen oder dem Hund überlassen.

Das war ein Scherz! Der Knochen kommt natürlich zum Fleisch in den Topf, wo er für eine besonders gute Sauce sorgt.

Die Fleischstücke (und den Knochen) sanft im Olivenöl anbraten, viel Knoblauch, ein Stück Sellerie, ein paar zerstossene Fenchelsamen und Peperoncino dazu. Salzen, pfeffern und mit einem Schluck Weisswein deglacieren.

Passierte Tomaten dazu und mit Brühe aufgiessen. Die über Nacht eingeweichten Bohnen dazugeben und auf kleiner Hitze zwei Stunden weich schmoren.

Die Bohnen der Sorte Fagiolo Rosso di Lucca sind von ausgezeichneter Qualität. Sie behalten die Form und schmecken fantastisch. Der gute Freund, der mir schon von seinem weissen Trüffel abgegeben hat, hat sie mir vom diesjährigen Salone del Gusto mitgebracht. Grazie!

Habe ich erwähnt, dass das ein guter Freund ist?

Den Carnaroli-Reis habe ich nur im Olivenöl etwas auf Temperatur gebracht. Man braucht den gar nicht gross zu parfümieren, sondern nur nach und nach mit guter Brühe angiessen.

Wenn er gar ist, kippt man von diesem grossartigen Bohnen-Lamm-Eintopf dazu und labt sich an einem herzhaften Risotto rusticano!


Hallo Herbst!

Wozu jammern über den Verlust des Sommers? Mit dem Herbst kommt doch für uns Kulinariker die Erntezeit, der wir das Summum abgewinnen können.

Mit grösster Vorfreude habe ich mich darum an das Aushecken und Zubereiten eines reichen Menus gemacht.

Auf dem Herbstteller gab es als Einstieg wunderbar pfeffrige Hirschsalami von Tichy und Wildschweinschinken. Darunter versteckt sich ein halber Steinpilz. Mal eben kurz mit Schalotten in Butter geschwenkt.

Dazu die ersten glasierten Marroni. Gedämpft, geschält und dann langsam mit Karamellzucker, Butter und Fleur de Sel überschmelzt.

Die perfekt gereiften italienischen Feigen habe ich im Ofen mit Staubzucker und Weisswein gebacken. Und schliesslich ein Apfel-Chutney aus den eigenen Sauergrauech-Äpfeln dazu gereicht.

Den Sirup mit Schalotten, Senfkörnern, Ingwer, Rohrzucker und Zimt eindicken lassen – ohne Apfelstücke drin, damit sie nicht zerfallen. Würfelchen davon lieber alleine in einer Pfanne kurz und heftig anbraten und dann unter den fertigen Sirup heben. Passt übrigens auch sehr gut zu Käse.

Dazu Riesling von Boxler. Mal mineralischer, mal harmonischer. Beide eine Wucht.

Den Butternut-Kürbis gab es als Süppchen mit Safran und selbst gemachtem Gemüsefond. Veilchen als Farbtupfer und süss-saure Crevette als Abschiedsgruss an den Sommer.

Exotischer aber sehr gesitteter Begleiter dazu ein Chardonnay aus Südafrika.

Das Herzstück im Trüffelrisotto ist ein rosa gebratenes Medaillon vom Rehrücken. Die Sauce dazu gezogen aus den ausgelösten Knochen, Mirepoix, Rotwein, Port und aromatisiert mit Nelken, Wacholder, Zimt und Thymian.

Dieser Côtes-du-Rhône ein respektvoller Begleiter, dem auch ein Steinpilzrisotto geschmeckt hätte.

Zum dritten Mal hab ich nun das Sieben-Stunden-Lamm nach Anthony Bourdain aufgetischt. Ich habe meine Hausaufgaben gemacht. Um 6 Uhr morgens aufgestanden, nur eine Tasse Weisswein als Flüssigkeit verwendet und minuziös den Creuset mit Brotteig zugespachtelt.

Das Resultat kann sich sehen und vor allem schmecken lassen. Den eingedickten Bratenjus habe ich vor dem Servieren nochmals kurz mit Weisswein deglaciert. Die 20 Knoblauchzehen die man herausfischen konnte, waren herrlich karamellisiert und zart wie Pralinen.

Als Beilage gab es blaue St. Galler-Kartoffeln, die als Püree leider etwas von ihrem intensiven Violett einbüssen.

Dafür hat dieser Papst unseren Durst nach intensiven Purpur bestens gestillt.

Karamelliger geht fast nicht. Das ist selbst für Kalbsbäckchen harte Konkurrenz.

Die Vieille Julienne konnte bestens Paroli bieten. Komisch, ich hätte schwören können, dass wir dazwischen noch eine Bottiglia di Barolo getrunken haben. Aber die Flasche ist entweder verschwunden oder in meinem sanften Rausch abgetaucht.

Der Käsehändler vom Basler Markt streckte mir ein Stück entgegen und warnte: „Sind Sie sicher, dass sie diesen Gorgonzola piccante versuchen möchten? Der macht süchtig!“ Das muss der erste ehrliche Dealer sein, den ich getroffen habe.

Zum Dessert zwei Mal Todsünden von Maître Pâtissier Jacques, Mulhouse: Chocolat und Caramel au Fleur de Sel. Mein Gast, der am nächsten Tag nach Kalifornien geflogen ist, meinte treffend: „Wenn mein Flieger morgen abstürzt, hat es sich wenigstens gelohnt!“

Ach ja, Dessertwein war auch noch und lange, lange Gespräche und ein noch längerer Nachhall auf einen schönen Herbstauftakt.


Nordisch by Nature: Salzwiesenlamm

Fast muss ich dankbar dafür sein, dass beim Geflügelhändler auf dem Markt in Lörrach alle Vögel schon ausgeflogen waren. Denn so hatte ich Augen für die wenigen Fleischstücke beim Händler am Stand gegenüber. Der verkauft eigentlich mehr so Oliven, Pilze, Wurst und Käse.

„Seit wann verkauft ihr denn Lamm?“ frag ich. „Nicht oft, aber wenn, dann ist das ein Glückstag für Sie, so viel steht fest! Das ist Salzwiesenlamm ausm Norden.“

Ich hatte schon pre-salé Lamm von der französischen Atlantikküste und vorzügliches walisisches Lamm, das ebenfalls unglaublich zart und würzig ist, weil es die Matten an der salzigen Meerebrise abgrasen darf – und nun also das nicht minder geschätzte Salzwiesenlamm.

Ich kann nur sagen: Ein Festessen der ganz seltenen Art!

Und ich empfehle sehr: Bitte nicht überwürzen. Die ach so verbreitete Kräuterkruste, die bei Lammracks so beliebt ist, wäre hier wirklich ein Frevel.

Ich habe das Karree eine Stunde vor dem Braten aus dem Kühlschrank genommen und dann – ohne alles – in einer Gusseisenpfanne bei mässiger Hitze in geklärter Butter rundherum goldbraun gebraten.

Dann bei 12o Grad auf das Ofengitter gelegt bis es eine Kerntemperatur von 70 Grad hatte. Ofen ausschalten und vor dem Anschneiden bei offener Ofentüre 5 Minuten ruhen lassen.

Am Tisch stellt man den Gästen Fleur de Sel und Telly-Cherry-Pfeffer hin. Die meisten begnügen sich mit dem Salz! Zumal die Beilagen für viel Freude sorgen.

Vor allem die Cannellini-Bohnen: Mit einem Soffritto aus Knoblauch, Sellerie, Rosmarin und Olivenöl starten. Wenig Tomatenmark dazugeben und etwas Röstaromen annehmen lassen. Dann aufgeweichte Cannellini-Bohnen mit etwas Wasser dazugeben und langsam einkochen. Salzen, pfeffern.

Wunderbare Ergänzung dazu, konfierte Cherrytomaten: Halbieren und auf einem Blech mit Backpapier verteilen. Salzen, pfeffern und grosszügig mit Puderzucker bestreuen. Frische Kräuter nach belieben (zum Beispiel Thymian). Olivenöl darüber tröpfeln und etwa 2 Stunden bei 120 Grad Umluft konfieren, bis daraus schön klebrig-schrumpelige Bonbons werden.

Aus dem Bratensatz der Gusseiesenpfanne eine Reduktion aus Rotwein, Kalbsfond und Demiglace ziehen und mit eiskalter Butter montieren.

Einen Klacks Tapenade von schwarzen Oliven macht sich sehr gut auf dem Teller. Ebenso die sehr knusprigen, sehr salzigen neuen Bratkartoffeln.

Selten so glücklich vor einem leeren Teller gesessen.


Vorbereitung auf 1001 Nacht

So. Die Lammhals-Stücke sind geröstet. Aber anknabbern ist pfui!

Die schwimmen jetzt nämlich in diesem Topf, wo sie über Nacht einen schönen Fond ziehen. Mit viel Kurkuma, Safran, Ingwer, etwas Zimt, Nelken, Lorbeer, Tomaten, Zwiebeln und Karotten.

Das ganze Haus duftet schon wie ein Beduinenzelt!

Morgen mache ich dann daraus 60 Portionen Couscous für das Robi Fest 1001 Nacht. Dafür kommt Bio-Rindfleisch von diesem Hof hinzu.

Und Kürbis, Karotten, Zucchini, Kichererbsen, frischer Koriander und eine scharfe Harissa-Sauce.

Bevor ich noch orientalische Fleischbällchen mache, esse ich mein liebstes Ofengemüse: Auberginen mit Peperoni und Zwiebeln.

Die groben Stücke in einen beschichteten Bräter geben, sehr wenig Olivenöl dazugeben und bei 180 Grad etwa 40 Minuten schmoren, bis sie eine schöne Farbe nehmen. Noch warm bekommen sie 2 zerdrückte Knoblauchzehen, Olivenöl und Essig, Salz, Pfeffer und Petersilie untergezogen. Unbedingt lauwarm servieren!

 

Dazu braucht es nur etwas frisches Brot und höchstens noch einen guten Käse.

Heute war das ein wunderbar cremiger Saint Félicien aus Rohmilch, der mir so freudig entgegenlief, dass ich ihn herzlich mit den Worten «Viens chez papa mon petit!» aufnahm.

Sind sie nicht süss, die kleinen Fleischbällchen? Optisch ja, charakterlich sind sie scharf und würzig. Lammfleisch gewürzt mit Paprika, Kreuzkümmel, scharfem Chili und Koriander. Gedippt werden sie in Jogurt mit frischer Minze.

Jetzt bitte ich um Einlass ins Harem und träum was Schönes. Morgen gibts vielleicht Bilder vom Fest.

Layla saida!

[Edit: 18. September 2011]

Das grösste Rätsel von Couscous? Warum koche ich es nicht öfter! Ich liebe dieses Gericht. Auch die Fest-Besucher hatten ihre Freude daran, und die 60 Portionen gingen flott über den Tisch.

Der Clou: Das warme Essen stand durchgehend von 12:00 bis 21:00 Uhr bereit. Nur so als Tipp für die nächste lange Oriental-Night.

Die Sauce mit Fleisch und Gemüse wird einfach auf dem Herd warmgehalten und dadurch wird sie – das ist das Schöne – immer besser! Der Griess wird einfach nach Bedarf immer wieder frisch aufgesetzt. Geht mit diesem hier nur 5 Minuten und wird perfekt.

Mein Rezept ist eine tiefe Verneigung an meinen marokkanischen Schwager.

Am Vortag Kichererbsen einweichen (Dosenware ist ein No-Go) und den Fond zubereiten. Dafür holt man sich in der türkischen Metzgerei Lammhals. In 2 cm breite Stücke sägen lassen und diese im Ofen mit wenig Öl bei 180 rösten bis sie eine schöne Farbe annehmen. Etwas auskühlen lassen (das ausgetretene Fett erstarrt auf dem Blech und kann entsorgt werden).

In einem grossen Topf Zwiebeln und Safranfäden sanft in Olivenöl anschwitzen. Mit kaltem Wasser zu 3/4 aufgiessen. Dann kommt hinein: Fleisch, Karotten, Sellerie, Nelken, ein Stück Zimt, ein Stück Ingwer, ein Lorbeerblatt, passierte Tomaten und Kurkuma. Fond 1 Mal aufkochen dann Hitze reduzieren und mindestens 8 Stunden ziehen lassen (es darf dampfen aber nicht mehr blubbern).

Auskühlen lassen und, falls nötig, zum entfetten oberste Fettschicht abschöpfen. Durch ein Sieb giessen und Fleisch für eine andere Verwendung von den Knochen lösen und aufheben.

Am nächsten Tag Fond erwärmen, gewürfeltes Rindfleisch (oder nach Belieben Lamm, Hühnchen oder, wenn vorhanden und geschätzt, Kamelfleisch) zugeben sowie grob gewürfeltes Gemüse: Karotten, festfleischiger Kürbis, helle und dunkle Zucchini und die eingeweichten Kichererbsen.

Gut salzen, pfeffern und mit einer ordentlichen Wurst Harissapaste anfeuern. Zum Kochen bringen und dann Hitze reduzieren und 2 Stunden simmern, danach nur noch warm halten, so lange es nötig ist. Das Ganze bleibt sehr flüssig, sagen wir 1/3 mehr flüssiges Volumen als Festes. Wir wollen genügend Sauce für den Griess.

Zum Anrichten im Teller einen Couscous-Kegel anhäufen, in der Mitte eine Mulde formen, Fleisch und Gemüse hinein schöpfen, Couscous mit einem Löffelrücken rundherum etwas andrücken, mit zusätzlicher Sauce nappieren und mit frischer Koriander-Chiffonade besprenkeln.

Dazu 2 Schalen abgeschöpfte Extrasauce reichen: Eine verschärfte Version davon mit Harissapaste!



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