Traumhafter Steipilzrisotto

Risotto Steinpilz-Erde

Wisst ihr noch, wie ich von einer Steinpilz-Erde geträumt habe und mit einem konkreten Rezept aufgewacht bin? Als knuspriger Umami-Booster auf diesem cremigen Steinpilzrisotto macht sie sich sehr, sehr flott!

Das Rezept für die «Erde aus Steinpilzen» und die traumhafte Geschichte dazu findet ihr in diesem Beitrag.

Erde aus Steinpilzen

Wenn wir schon von getrockneten Steinpilzen sprechen, also von hochwertigen, schönen, grossen, ganzen Scheiben, nicht so undefinierbare Krümel, die aussehen, als hätte jemand den Boden gewischt und den Dreck in eine Cellophantüte gefüllt.

Solche super Steinpilze habe ich immer vorrätig. Sie sind eine Wunderwaffe. Eine Umamibombe. Natürliches Natriumglutamat und damit exzellenter Geschmacksbooster. Sie verleihen vielen Gerichten eine dunkle, waldige, vollmundige Aromentiefe. Ich  verwende sie sehr selten als eigentliche Zutat zum Essen, sondern vielmehr als geheimnisvolle Würzbeigabe. Ein bis zwei Scheiben davon in Suppen, Brühen oder Fonds wirken Wunder, ohne dass der typische Geschmack hervortritt. Oder dann eben, sehr zur Nachahmung empfehlen, Steinpilz-Erde damit machen!

Diesmal habe ich sie aber auch tatsächlich für meinen Steinpilz-Risotto verwendet. Frische Steinpilze in guter Qualität, sind wir ehrlich, sind nicht leicht zu bekommen. Manchmal ziehe ich sogar gefrorene zweifelhaften frischen vor. Wenn man Risotto mit getrockneten Steinpilzen macht, schmeckt das jedenfalls auch sehr gut. Allerdings schneide ich die Pilze sehr klein. Zu gross geschnitten finde ich sie Im Biss zu pappig.

Für den Risotto

1,2 l kräftige, hausgemachte Hühnerbrühe
20 g getrocknete Steinpilze, klein geschnitten
1 Schalotte, fein geschnitten
40 g Butter
320 g Carnaroli superfino (ich liebe den Spitzenreis der Riserva San Massimo!)
100 ml trockener Weisswein

Zum Fertigstellen

50 g Parmesan
50 g kalte Butter
Ein paar Löffel Steinpilz-Erde

Zubereitung

In einem Topf Butter schmelzen, Schalotte bei schwacher Hitze 5–10 Minuten weichschmoren, ohne dass sie Farbe annimmt. Reis dazugeben, rühren und so lange auf Temperatur bringen, bis er glasig wird. Pilze dazugeben und kurz mitdünsten. Weisswein angießen und komplett verdampfen lassen. Nach und nach eine Suppenkelle warme Brühe angiessen. Sobald die Brühe aufgesogen ist, kräftig am Topfboden rühren und die nächste Kelle Brühe dazugiessen.

Ab 18 Minuten probieren, ob der Reis den gewünschten Biss hat: weich mit einem bissfesten Kern.

Risotto vom Herd ziehen, frisch geriebenen Parmesan und Butter in Stücken dazugeben. Kräftig durchrühren, damit der Risotto schön cremig wird.

Risotto offen 3 Minuten zur Ruhe kommen lassen. In vorgewärmten Tellern anrichten. Steinpilz-Erde darauf verteilen. Den Herbst umarmen und diesen waldigen Duft einatmen.

Risotto Steinpilz-Erde


Sommerlicher Ausklang.

Erbsen

Noch leuchtet der Sommer – und verdreht uns mit seiner reifen Pracht den Kopf.

Manchmal reicht schon der Anblick von knackig grünen Erbsen, um einen Schalter im Denkapparat umzulegen. Wandert der Blick dann noch über den Marktstand auf einen Bund Frühlingszwiebeln, habe ich bereits ein fertiges Gericht vor Augen und möchte umgehend loslegen mit kochen.

Frühlingszwiebeln

Als Küchenmusik setzte ich dann Sam Cooke auf, und höre meine liebste Version von Summertime im Loop. Zwischendurch unterbrochen von der umwerfend grossen Interpretation des gleichen Ohrwurms eines unscheinbaren Persönchens von der hoffentlich noch viel zu hören sein wird; ein zehnjäriger, norwegischer Engel namens Angelina Jordan!

Ich mache dazu Risi e Bisi – Reis mit Erbsen – wieder eines dieser schlichten Rezepte, das mit wenigen Zutaten auskommt. Es ist auch in meinem Buch Italien vegetarisch zu finden (aus Platzgründen bekam es allerdings kein Foto). Erbsen, Zwiebeln und strahlend weisser Risotto-Reis lassen uns den ausklingenden Sommer kulinarisch voll ausschöpfen. Sanft, cremig und makellos.

Wir brauchen für die Brühe:

  • 1 Zwiebel
  • 1 Karotte
  • 1 Stange Staudensellerie
  • 5 Stängel glatte Petersilie
  • 1,2 Liter Wasser

Für den Risotto:

  • 600 g Erbsen in der Schote
  • 50 g Parmesan
  • 1 Bund glatte Petersilie
  • 1 Frühlingszwiebel
  • 50 g Butter
  • 300 g Vialone Nano Reis

Gemüse für die Brühe rüsten. In einen Topf geben, kaltes Wasser dazugiessen und einmal kräftig aufkochen. Dann zugedeckt 1 Stunde leise köcheln. Gemüse entfernen und nach Wunsch anderweitig verwenden, Brühe warm halten.

Stiele der Erbsenschoten entfernen, die Erbsen auslösen und bereitstellen. Die leeren Schoten gründlich waschen und 1 Stunde in 300 ml Gemüsebrühe zugedeckt weichkochen. Anschließend pürieren, mit Salz abschmecken und durch ein feines Sieb passieren.

Frühlingszwiebel waschen, mit dem Grün fein schneiden und in einer weiten Pfanne mit der Hälfte der Butter weichschmoren.

Reis dazugeben und auf Temperatur bringen, bis er glasig wird. Hälfte der verbliebenen Gemüsebrühe dazugeben und bei mittlerer Temperatur köcheln.

Nach 5 Minuten Erbsen, Erbsenschotenpüree und Petersilie zum Reis geben.

Weitere Brühe dazugießen. Reis in ca. 20–25 Minuten bissfest kochen. Dabei darauf achten, dass der Reis schön flüssig bleibt – Risi e bisi liegt von der Konsistenz her zwischen einer Suppe und einem Risotto.

Restliche Butter und Parmesan einrühren und gleich servieren. Nach Wunsch mit weiterem frisch geriebenem Parmesan bestreuen.

Risi e bisi


Von Sanftheit umgeben.

Zucchini Risotto

Stillt den frühlingshaften Farbhunger auf grasiges Grün: Risotto mit Zucchini.

Meine aussersaisonale Lust auf Zucchini sei mir bitte verziehen. Aber bei den ersten zarten Exemplaren aus Italien konnte ich einfach nicht widerstehen.

Nun denn. Man kann sich ja das Rezept schon mal vormerken:

Als Erstes setzt man einen klassischen Risotto al Burro e Parmigiano auf. Mit selbstgemachtem Gemüse-Brodo selbstverständlich. So einen simplen wie hier beschrieben, einfach ohne Tomaten.

Von sechs kleinen Zucchini werden drei in kleine Brunoise-Würfel geschnitten. Diese bräunt man geduldig mit in Olivenöl an.

Sobald sie Farbe annehmen, fein gehakten Knoblauch dazugeben, mit Muskat, schwarzem Pfeffer und Salz würzen. Mit etwas Wasser strecken. Kurz vor dem Servieren mit gehackter Petersilie bestreuen.

Die drei restlichen Zucchini grob würfeln. Knapp mit Wasser bedecken. Zugedeckt 5 Minuten dämpfen. Dann mixen, Schuss Olivenöl dran, Salz, Pfeffer – fertig ist die seidige, intensiv-grüne Crème auf die man den Risotto bettet.

Crème auf vorgewärmten Tellern ausstreichen, Risotto in die Mitte schöpfen, gebratene Zucchini darauf verteilen, Parmesansplitter darübergeben und mit einem Faden bestem Olivenöl beträufeln.

Buon appetito!


Gutes ist jederzeit gut.

Scarpetta al sugo di pomodoro

Wenn der Heisshunger die Geduld übermannt und man sich am Sugo vergreift.

Wehe, meine Mutter erwischte mich! Das gab ganz schön Schelte, wenn ich mich als Kind an den Herd schlich und ein grosses Stück Brot in den blubbernden Sugo versenkte, um es sogleich gierig in meinen Schlund zu hieven.

Eine Scarpetta macht man schliesslich in seinem eigenen Teller, nachdem man gegessen hat und die Sugoreste mit Brot auftunkt. Und nicht vor dem Essen. Und schon gar nicht direkt im Topf, wo vielleicht noch ein Brotmocken hineinfällt.

Noch heute halte ich es kaum aus, bis das Essen parat ist, vor allem wenn es etwas mit Tomatensugo gibt. Aber immerhin benutze ich einen Teller und schöpfe mir vom Sugo auf ein Stück frisches Brot. So kann ich auch gleich abschmecken, ob die Sauce noch Salz und Pfeffer braucht.

Es gab wieder einmal Tomatenrisotto. Ein wunderbar seelenwärmendes Gericht. Etwas für die Wochentage. Unspektakulär, aber glücklichmachend. Und wahnsinnig kostengünstig. Ich frage mich, warum gibt es so etwas Solides, Schnörkelloses und Schmackhaftes nicht da, wo mit kleinem Budget gekocht werden muss? In Kantinen, an Mittagstischen für Kinder, als Personalessen …

Hier ein paar Kniffe, wie es besonders gut gelingt.

Eine Zwiebel in feine Würfel schneiden und 10 geduldige Minuten bei mittlerer Hitze im Olivenöl anschwitzen ohne zu bräunen. Sie soll glasig und weich werden – und ihre ganze Süsse freigeben.

Das wisst ihr schon, dass gebräunte oder zu stark angebratene Zwiebeln den Tomatensugo bitter und unrund machen? Eben. Wollte nur sicher gehen.

Passierte Tomaten dazugeben, mit Wasser strecken und für mindestens zwei Stunden zugedeckt leise köcheln bis sich das Öl an der Oberfläche absetzt. Ab und zu kontrollieren, dass der Sugo nicht zu dick wird und falls nötig mit Wasser strecken.

Tomatensauce mit Salz und Pfeffer abschmecken. Nun eine Karotte und eine Stange Staudensellerie dazugeben und mit Wasser bis auf 1,2 Liter aufgiessen. 30 Minuten zugedeckt simmern: Das ist die Brühe für unser Tomatenrisotto.

Mehr als bei anderen Gerichten wollen wir bei einem Tomatenrisotto einen milden, süsslichen, runden und harmonischen Tomatengeschmack.

Risotto al pomodoro soll dich umarmen wie eine weiche Kuscheldecke. Säure, aufdringliche Kräuter oder Gewürzspitzen wären wie eine kratzende Etikette oder ein überstehender Nylonfaden an der Kuscheldecke. So etwas Zickiges tolerieren wir nicht. Auf keinen Fall. Schnipp-schnapp!

Guten Carnaroli oder Vialone in wenig Olivenöl toasten und auf Temperatur bringen bis er glasig wird. Keine Zwiebeln, kein Wein. Der ganze Geschmacksakkord liegt in der Tomatenbrühe, mit der wir den Risotto ein erstes Mal ablöschen.

Ich wiederhole es gerne noch hundert Mal: Man muss Risotto nicht ständig rühren. Aber man muss konstant dabei bleiben, damit er nicht anhockt. Sobald der Reis die Flüssigkeit aufgesogen hat, rührt man mit einem Holzspachtel am Topfboden, wo sich die Stärke vom Reis löst. Dann übergiesst man den Reis mit weiterer warmer Brühe und wiederholt das Prozedere. Nach 20 bis 25 Minuten ist der Risotto weich und hat noch einen leicht kernigen Biss.

Nun darf man ordentlich Butter und geriebenen Parmesan unterziehen. Diese Mantecatura verleiht dem Risotto seine einzigartige Cremigkeit. Frischer, fein geschnittener Basilikum steht ihm ebenfalls gut.

Die perfekte Konsistenz von Risotto nennen die Italiener all onda. Er soll noch so flüssig sein, dass er in einer sanften Welle zum Rand fließt, wenn man ihn auf einen flachen Teller gibt, diesen etwas kippt und unten mit der Handfläche dagegen klopft.

Und so sollte er auch bitte serviert werden. Nicht als gestockter Haufen und überdeckt mit allerlei unnötigem, wichtigtuerischem Firlefanz.

Tomatenrisotto


Respect the Cock

Wo ist eigentlich Roy Black geblieben?

Falls sich das der eine oder die andere schon gefragt hat: Der ist im Kochtopf gelandet. Zusammen mit seinen krähenden Weggefährten James Brown, Barry White und Chignon.

Für die Schlachtung seiner ersten beiden Hähne hatte Chickendenny ja mich gebeten, Hand anzulegen. Wie ich mich das erste Mal so gmetzget habe, kann man hier nachlesen.

Das glücklich frei lebende Federvieh war am jüngsten Tag 16 Wochen alt und etwas über 1 Kilo schwer. Nur so zum Vergleich: Im Schnitt erreichen heute weniger prominente Zuchthühner ihr Schlachtgewicht bereits nach vier bis fünf Wochen. Aber das ist eine andere Baustelle.

Inzwischen hat Chickendenny die weiteren beiden Hähne selbst geschlachtet. Respect, Denny! Die beiden stolzen Machos brachten mit ihren 22 Wochen über 2 Kilo auf die Waage.

Für unser einzigartiges Güggeli-Festessen habe ich lange nach geeigneten Rezepten gescharrt. Rezepte, die ausdrücklich nach einem Hahn verlangen. Logisch.

Am häufigsten findet man den Klassiker Coq au vin, den ich am liebsten so zubereite. Auch wenn ich dieses Gericht bis dato aus Mangel an Hähnen immer mit Poulet zubereitet hatte.

Es sollte darüber hinaus ein italienisches Rezept sein, weil ich schliesslich kein chef de cuisine bin sondern un cuoco di cuore.

Für die Herausforderung, etwas Appetitliches mit den Hahnenkämmen anzustellen, gibt es die perfekte Lösung: Risotto con le creste.

Ein Risotto, das weiss jedes Kind, ist immer nur so gut wie der Brodo, mit dem er getränkt wird. So ein Korn nimmt gut und gerne das Fünffache seines Gewichts an Flüssigkeit auf. Um 100 Gramm Risotto–Reis zu kochen, braucht man also mindestens 5 dl Bouillon. Somit ist es die Brühe, die für einen runden, tiefen Geschmack sorgt.

Nachdem ich die Pédicure an den Hahnenfüssen erledigt hatte, setzte ich damit meinen Brodo auf.

In das kalte Wasser kamen auch die Hälse, die Karkassen, Karotten, Sellerie, passierte Tomaten, Zwiebeln, Lorbeer, schwarze Pfefferkörner und Gewürznelke.

Die Hahnenkämme habe ich einmal aufgekocht und dann eine Stunde ziehen lassen. Danach die Haut abgelöst und kurz vor dem Servieren in Butter gebraten.

Darauf bin ich selbst gekommen. Noch am Samstagmorgen stand ich vor fünf gestandenen Metzgern des ersten Delikatessgeschäftes am Platz. Nachdem ich eine Kalbszunge gekauft hatte fragte ich beiläufig nach der Garzeit von Hahnenkämmen.

Ha! Die Fragezeichen, die vor ihren Gesichtern tanzten, hätte ich gerne fotografiert! Keiner der fünf Fleischer konnte mir antworten. Keiner hat je selbst Hahnenkämme gekocht. War ein bisschen so, als hätten sie gerade bei Wetten dass? verloren.

Vorweg gab es wieder einmal meinen liebsten Wintersalat.

Danach ein wunderbar cremiger, reicher Risotto (superfino Carnaroli Ferron) bei dem kein Aroma dominierte, sondern nur runder, profunder Geschmack.

Die Kämme zu essen fordert Überwindung – reine Kopfsache. Auf der Zunge nämlich sehr zart, schmelzend schon fast, ähnlich wie das gelatinöse Bindegewebe von geschmortem Rindfleisch.

Der zweite Gang dann die Entdeckung: Blecs cul gjal. Blecs sind unregelmässig geschnittene Nudeln, eine Eierpasta ähnlich den Maltagliati. Auf 800 Gramm Mehl habe ich 4 Eier plus 4 Eigelbe genommen, Salz, ein Esslöffel Olivenöl und etwas mehr als ein Glas lauwarmes Wasser. Von Hand kneten und auswallen ist eine Frage der Ehre.

Gjal hingegen ist das Dialektwort für das italienische Gallo – Hahn.

Sie werden mit dem Ragù, also der Sauce des Hahnenragouts serviert und – für Italien eher untypisch – einem Hahnenteil auf demselben Teller.

Das Gericht ist seit Jahren der Renner auf der Karte der Trattoria Blanch im friaulischen Mossa, für den Kenner kilometerweite Anfahrtswege in Kauf nehmen.

Das Rezept findet sich im Buch Ricette di Osterie d’Italia (Hallwag). Sehr treffend wird darin bemerkt: «Paradoxerweise liegt die Schwierigkeit des Rezeptes nicht im ausrollen des Teiges, sondern in der Beschaffung des Hahns, der selbst auf traditionsverhafteten Bauernhöfen im Aussterben begriffen ist.»

Der zerlegte Hahn wird bemehlt und in einer Mischung aus Olivenöl und einem schönen Stück geschmolzenem Lardo gebraten.

Danach kommen klein geschnittene Karotten, Sellerie, Zwiebel, Knoblauch, passierte Tomaten und Rosmarin, Salbei, Thymian und Majoran dazu. Deglaciert wird mit Weisswein und aufgegossen mit – ja was wohl? Genau, mit dem eigenen Hahnenbrodo, der gemütlich vor sich hindampft. Fleischbrühe geht jedoch ebenso gut (und ich habe tatsächlich noch von meinem eigenen Kalbsfond hineingeschmuggelt, hehe.)

Nach einer Stunde leisen Köchelns mit Deckel hat man nicht nur ein hoch aromatisches und äusserst saftiges Güggeli sondern auch einen intensiven, herzhaften Sugo, der die Blecs dankbar aufnimmt, wenn man sie vor dem Servieren kurz darin schwenkt, wie es sich für jede Pasta mit Sauce gehört.

Auffallend: Das Fleisch ist fest. Kein Vergleich mit gewöhlichem, bleichem und leicht zerfallendem Pouletfleisch.

Vorzüglich dazu: Ein Schioppettino, Colli Orientali DOC, aus der zur Herkunft des Rezeptes passenden Provinz Gorizia.

Den piatto forte bildete dann der etwas grössere Hahn aus dem Ofen. Mit nichts als einer Zitrone und einer Knoblauchknolle im Bauch und aussen nur gesalzen und gepfeffert, wurde er nach eineinhalb Stunden im Rohr eine knusprige Offenbarung.

Zwei mal 10 Minuten gab es seitlich auf dem Gitterrost liegend 200 Grad heisse Umluft. Der austretende Saft und das heruntertropfende Fett wurden von den darunterliegenden Kartoffelschnitzen dankend aufgesogen. Alleine für solche Kartoffeln lohnt es sich, von einem kapitalen Gockel zu träumen.

Danach verbrachte er eine Stunde bei 140 Grad Unter-/Oberhitze (dabei habe ich ihn vier mal von einer Seite auf die andere gedreht.) Zum Schluss gab es nochmals gute fünf Minuten Umluft mit Obergrill für die ultimative Knusperhaut.

Ja, die Haut. Sie ist halt nicht wie die von gewöhnlichen Poulets. Die reisst nicht, sie platzt nicht, sie wirft keine hysterischen Blasen.

Zum einem ist sie natürlich sehr knusprig und würzig. Aber sie ist auch so dick, dass sie eine regelrechte Schutzfunktion für das darunterliegende Fleisch übernimmt, das recht saftig war. Selbst die Brust, die zwar trockener war, aber dennoch nicht ausgetrocknet. Gut, die milde Beschreibung ist vielleicht auch dem einlullenden Amarone geschuldet, den wir dazu getrunken haben.

Mit den tagesfrischen Eiern aus Dennys Chickenfarm machte eigentlich nur eine Nachspeise wirklich Sinn: Zabaione.

Über dem Wasserbad aufgeschlagen mit einem Esslöffel Zucker und einer halben Eierschale voll Marsala pro Eigelb . Perfekt vermählt mit den pere sciroppate al vino rosso. Aromatische, kochfeste Decana-Birnen aus der Emilia. Eine Stunde gekocht in Rotwein. Mit Zucker, Zimt, Sternanis, Gewürznelke und der Schale von Amalfizitronen und Moro-Orangen.

Die Birnen kann man sehr gut im Voraus zubereiten und kalt servieren. Den Wein kocht man zu einem dickflüssigen Sirup ein.

Einmal mehr: Danke Denny. Es war mir ein besonderes Festessen!


Blumen besorgen nicht vergessen

Knoten in die Serviette machen lohnt sich: Makelloser Risotto mit Zucchiniblüten.

Bisschen komisch ist es schon, gerade jetzt damit zu kommen. Denn Zucchiniblüten gehören ja in den Sommer. Ich wundere mich auch.

Nur, die folierten Schälchen mit den hübschen italienischen Blüten begegnen mir praktisch das ganze Jahr über in den Gemüseabteilungen.

Gewöhnlich lass ich sie kopfschüttelnd, und auch ein bisschen wehmütig, liegen. Ebenso wie Treibhaus-Zucchini und andere saisonverirrte Gemüse.

Jetzt war ich das erste Mal froh darum. Denn ich musste die Fiori di Zucchine für ein Kundenmagazin fotografieren.

Danach habe ich sie  zu einem blütenreinen Risotto verarbeitet. Und diesen Risotto sollte man sich – bitteschön – im kulinarischen Kalender für kommenden Sommer dick anstreichen.

Er ist grazil. Cremig. Mild. Und irgendwie sophistiziert. Endlich ein Risotto, bei dem man den Eigengeschmack des guten Reiskorns tatsächlich wahrnimmt, so fein ist das Aroma der Zucchiniblüten.

Als Vorspeise eine gute Hand voll guten Carnaroli superfino und vier Zucchiniblüten pro Person rechnen.

Den Topfboden gerade eben mit Olivenöl bedecken. Eine fein geschnittene Schalotte darin langsam glasig schmelzen. Geputzte, kleingeschnittene Zucchiniblüten dazugeben und anschmoren, bis sie in sich zusammenfallen.

Mit Salz, Pfeffer und  wenig Muskat würzen. Herausnehmen und beiseite stellen.

In derselben Pfanne den Reis einrühren und gleichmässig auf Temperatur bringen. Ein halbes Glas trockenen Weisswein angiessen und komplett reduzieren. Nach und nach selbst gemachte, warme Gemüsebrühe angiessen.

Man soll einen Risotto keine Sekunde aus den Augen lassen und ihm die gebührende Aufmerksamkeit widmen. Klar. Aber ständiges Rühren, wie oft beflissen kolportiert wird, ist nicht nötig.

Es reicht, den Reis einmal kräftig durchzurühren, sobald die Brühe aufgesogen ist. Dann gibt man eine weitere Suppenkelle voll Brühe dazu und wartet wieder, bis sie aufgesogen ist, bevor man wiederum kräftig rührt.

Mit jedem Mal löst sich Stärke aus dem Korn und der Reis wird immer cremiger – behält jedoch den gewünschten Biss.

Erreicht man den Punkt, an welchem das Reiskorn weich, aber eben noch Biss hat, wird der Reis mit Butter und Parmesan glattgerührt – mantecare wie man in Italien sagt: Dazu die beiseite gelegten Blüten zum Risotto geben und 25 g kalte Butter und 25 g geriebenen Parmesan darunterschlagen.

Vor dem Servieren zwei Minuten ruhen lassen.

Erreicht man den Punkt, an dem man erkennt, dass vollkommener Genuss nicht dann erreicht ist, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann, sollte man sich für seinen Mut zur Schlichtheit mit einem Schluck kühlen Weisswein beglückwünschen.


From Italy with Love

Als Gastarbeiterkind kenne ich das: Mit italienischen Fressalien gefüllte Koffer.

Je weiter sie herkamen, desto mehr schleppten sie heim. Sizilianer, Kalabresen oder Napoletaner und andere Emigranten des Mezzogiorno auf der Heimreise von ihren Sommerferien zurück in die arbeitgebende Schweiz.

Hochschwangere Koffer, die mit dicker Packschnur zusammengehalten wurden, riesige Korbflaschen mit Wein, die so schwer waren, dass sie von zwei Personen in den Zug gehievt werden mussten. Gerne auch über das Abteilfenster!

Unsere Wege kreuzten sich auf dem Bahnsteig in Roma Termini. In diesem heiss geliebten Sammelbecken der Skurrilitäten meiner Kindheit. Beim Einsteigen und Abteil einnehmen jedes Mal ein Tumult sondergleichen. Bellende Mammas, fluchende Väter, heulende Kinder und ratlose Schaffner.

Am Ende arrangierte man sich – wie immer – all Italiana. Alle rückten irgendwie zusammen. Und der schrille Pfiff an den Lokführer signalisierte sogleich: Das grosse Fressen ist eröffnet! Mit einem Ruck setzte sich der Nachtzug in Bewegung und der Süditaliener an seine mitgebrachten Schätze.

Und dann wurde verteilt – und wehe, man verweigerte als Mitreisender die dargebotenen Delikatessen. So musste man bei gefühlten 50 Grad nachts um 11 anstatt zu schlafen, essen. Und das Essen loben! Wehe, man lobte das Essen nicht: Man wurde mit einer noch grösseren Ration bestraft.

Und so kaute man sich durch Provolone, Pecorino, Soppressata, Zedrat-Zitronen und eingelegtes Gemüse bis alle ermattet und im Ta-takt-ta-takt-ta-takt der Ferrovia Federale Svizzera gen Norden schaukelten.

An diese prägenden Erlebnisse musste ich denken, als letzthin ein Köfferchen aus Italien bei mir eintraf. Eines aus Karton. Überbracht von einem Kurier im Namen einer PR-Agentur zur Promotion des Quadrilatero Unesco.

Keine Sorge, ich wusste auch nicht, was das ist. Das Quadrilatero Unesco umfasst die Regionen Emilia Romagna, Venetien und die Lombardei in Norditalien, die letztes Jahr von einem Erdbeben betroffen waren. Mit einer gemeinsamen Kampagne wollen sie den Tourismus dieser Regionen wieder stärker vorantreiben.

Gefüllt war das Köfferchen – na mit was wohl? Leckereien aus den drei Regionen. Wie Parmigiono Reggiano, edlem Aceto Balsamico Tradizionale oder Risottoreis.

Und damit man alles für einen typischen Risotto mit Kürbis beieinander hatte, fehlte auch nicht ein Kürbis (woher der zu dieser Jahreszeit kam, bleibt ein Geheimnis) und sogar eine in Plastikbeutel verschweisste Zwiebel!

Kofferinhalt Quadrilatero

Nun muss man wahrlich keine Kristallkugel konsultieren, um zu erahnen, dass ich Italien über alles liebe. Und selbstverständlich rühre ich noch so gerne die Werbetrommel für diese Regionen.

Das tue ich ja ohnehin, seit ich diesen Blog betreibe!

Also bitte: Geht nach Ferrara und verleibt euch die einzigartige Salama da Sugo ein! Übernachtet auf einem Bio-Agriturismo neben hunderten von Aceto-Fässern. Lasst euch auf mythischen Risotto ein. Es wird unvergesslich, versprochen.

Ich hab dann übrigens kein Kürbisrisotto gemacht. Gestern gab es spontan einen mit Prosecco Valdobbiadene, Spinat und knackigen Jakobsmuscheln. Muss ich mir merken, hat prima funktioniert.

Den frischen, blanchierten, im Eiswasser abgeschreckten Spinat habe ich mit feinst geschnittenem Knoblauch in einer Tonne Beurre de Normandie sautiert. Boah!

Aber bitte, erzählt das nicht den Italienern. Die vierteilen mich!


Bohnen und Lamm aufs Korn nehmen

Wer hat gerne Lamm? Wer hat gerne Bohnen? Wer hat gerne Reis? Bene, hier lang. Es gibt Risotto con Fagioli rossi di Lucca e Angnello.

Wenn man als Erstes die Bohnen mit dem Fleisch gekocht hat, muss man sich so was von zusammenreissen: Gross ist die Versuchung, sich eine grosse Serviette um den Hals zu binden und diese Pfanne Löffel um Löffel genüsslich wegzuputzen.

Zum Glück (für die anderen) dringen die Rufe der Familie an mein Ohr: «Hung-eeer! Wann gibts Essen?». Also auf – Risotto aufsetzen.

Aber der Reihe nach: Von der Lammkeule löst man so viel Fleisch vom Knochen, wie man pro Person mag und teilt es in mundgerechte Stücke. Den Knochen entsorgen oder dem Hund überlassen.

Das war ein Scherz! Der Knochen kommt natürlich zum Fleisch in den Topf, wo er für eine besonders gute Sauce sorgt.

Die Fleischstücke (und den Knochen) sanft im Olivenöl anbraten, viel Knoblauch, ein Stück Sellerie, ein paar zerstossene Fenchelsamen und Peperoncino dazu. Salzen, pfeffern und mit einem Schluck Weisswein deglacieren.

Passierte Tomaten dazu und mit Brühe aufgiessen. Die über Nacht eingeweichten Bohnen dazugeben und auf kleiner Hitze zwei Stunden weich schmoren.

Die Bohnen der Sorte Fagiolo Rosso di Lucca sind von ausgezeichneter Qualität. Sie behalten die Form und schmecken fantastisch. Der gute Freund, der mir schon von seinem weissen Trüffel abgegeben hat, hat sie mir vom diesjährigen Salone del Gusto mitgebracht. Grazie!

Habe ich erwähnt, dass das ein guter Freund ist?

Den Carnaroli-Reis habe ich nur im Olivenöl etwas auf Temperatur gebracht. Man braucht den gar nicht gross zu parfümieren, sondern nur nach und nach mit guter Brühe angiessen.

Wenn er gar ist, kippt man von diesem grossartigen Bohnen-Lamm-Eintopf dazu und labt sich an einem herzhaften Risotto rusticano!


Hallo Herbst!

Wozu jammern über den Verlust des Sommers? Mit dem Herbst kommt doch für uns Kulinariker die Erntezeit, der wir das Summum abgewinnen können.

Mit grösster Vorfreude habe ich mich darum an das Aushecken und Zubereiten eines reichen Menus gemacht.

Auf dem Herbstteller gab es als Einstieg wunderbar pfeffrige Hirschsalami von Tichy und Wildschweinschinken. Darunter versteckt sich ein halber Steinpilz. Mal eben kurz mit Schalotten in Butter geschwenkt.

Dazu die ersten glasierten Marroni. Gedämpft, geschält und dann langsam mit Karamellzucker, Butter und Fleur de Sel überschmelzt.

Die perfekt gereiften italienischen Feigen habe ich im Ofen mit Staubzucker und Weisswein gebacken. Und schliesslich ein Apfel-Chutney aus den eigenen Sauergrauech-Äpfeln dazu gereicht.

Den Sirup mit Schalotten, Senfkörnern, Ingwer, Rohrzucker und Zimt eindicken lassen – ohne Apfelstücke drin, damit sie nicht zerfallen. Würfelchen davon lieber alleine in einer Pfanne kurz und heftig anbraten und dann unter den fertigen Sirup heben. Passt übrigens auch sehr gut zu Käse.

Dazu Riesling von Boxler. Mal mineralischer, mal harmonischer. Beide eine Wucht.

Den Butternut-Kürbis gab es als Süppchen mit Safran und selbst gemachtem Gemüsefond. Veilchen als Farbtupfer und süss-saure Crevette als Abschiedsgruss an den Sommer.

Exotischer aber sehr gesitteter Begleiter dazu ein Chardonnay aus Südafrika.

Das Herzstück im Trüffelrisotto ist ein rosa gebratenes Medaillon vom Rehrücken. Die Sauce dazu gezogen aus den ausgelösten Knochen, Mirepoix, Rotwein, Port und aromatisiert mit Nelken, Wacholder, Zimt und Thymian.

Dieser Côtes-du-Rhône ein respektvoller Begleiter, dem auch ein Steinpilzrisotto geschmeckt hätte.

Zum dritten Mal hab ich nun das Sieben-Stunden-Lamm nach Anthony Bourdain aufgetischt. Ich habe meine Hausaufgaben gemacht. Um 6 Uhr morgens aufgestanden, nur eine Tasse Weisswein als Flüssigkeit verwendet und minuziös den Creuset mit Brotteig zugespachtelt.

Das Resultat kann sich sehen und vor allem schmecken lassen. Den eingedickten Bratenjus habe ich vor dem Servieren nochmals kurz mit Weisswein deglaciert. Die 20 Knoblauchzehen die man herausfischen konnte, waren herrlich karamellisiert und zart wie Pralinen.

Als Beilage gab es blaue St. Galler-Kartoffeln, die als Püree leider etwas von ihrem intensiven Violett einbüssen.

Dafür hat dieser Papst unseren Durst nach intensiven Purpur bestens gestillt.

Karamelliger geht fast nicht. Das ist selbst für Kalbsbäckchen harte Konkurrenz.

Die Vieille Julienne konnte bestens Paroli bieten. Komisch, ich hätte schwören können, dass wir dazwischen noch eine Bottiglia di Barolo getrunken haben. Aber die Flasche ist entweder verschwunden oder in meinem sanften Rausch abgetaucht.

Der Käsehändler vom Basler Markt streckte mir ein Stück entgegen und warnte: „Sind Sie sicher, dass sie diesen Gorgonzola piccante versuchen möchten? Der macht süchtig!“ Das muss der erste ehrliche Dealer sein, den ich getroffen habe.

Zum Dessert zwei Mal Todsünden von Maître Pâtissier Jacques, Mulhouse: Chocolat und Caramel au Fleur de Sel. Mein Gast, der am nächsten Tag nach Kalifornien geflogen ist, meinte treffend: „Wenn mein Flieger morgen abstürzt, hat es sich wenigstens gelohnt!“

Ach ja, Dessertwein war auch noch und lange, lange Gespräche und ein noch längerer Nachhall auf einen schönen Herbstauftakt.



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