Prada? Gucci? Berti!

Ein handgefertigtes Unikat: Das Pontormo aus der traditionsgeführten toskanischen Messermanufaktur Berti.

Was es mit dem Gebrauch von guten Messern auf sich hat und was meinen Herzschlag im Speziellen erregt, habe ich bereits hier einmal beschrieben.

Nachdem ich in diesem mailänder Bistrot die wunderschönen Stakmesser von Berti serviert bekam,

musste ich mir in einer kleinen Messerboutique im Zentrum Mailands quasi den grossen Bruder gönnen. Das Schicksal hat mich am Schaufenster vorbei schreiten lassen und eine 30%-Beschilderung trug das Restliche zum Kaufimpuls bei.

Weiter vorne, beim Feinkostladen Peck and der Via Spadari, kann man sich das dazu passende Schnittgut kaufen.

Wer seine Bistecca Fiorentina stilvoll am Tisch tranchieren möchte, möchte vor seinen Gästen gerne zu diesem Messer greifen.

Die Inspiration zur Form des Pontormo entspringt der Firmengeschichte nach einer Messerdarstellung auf dem Gemälde Cena in Emmaus des Renaissance-Malers Pontormo. Es ist ein universell einsetzbares Tranchier- und Kochmesser.

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Der Griff ist aus Büffelhorn gefertigt und liegt angenehm in der Hand.

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Mein Glück, dass es in Milano Anziehendes nicht nur von Prada zu kaufen gibt.


Hot Spot alla Milanese

Grosses Glücksgefühl im kleinen Chinatown Milanos: Aromando Bistrot.

Das sind doch immer noch die erhellendsten kulinarischen Momente. Wenn man durch puren Zufall ein Restaurant entdeckt und schon beim Blick von aussen alle Geschmacksknospen auf Grün schalten.

Ecke Via Canonica/Via Moscati 13 in Milano ist so ein Fall.

Die Einrichtung ist mehr als eigenwillig: Liebevoll arrangiertes Wohn- und Küchenmobiliar der 50er- und 60er-Jahre. Und das keineswegs als aufgesetzter Shabby-Chic oder als eine dieser Vintage-Maschen.

Das Interior-Design entspringt vielmehr dem Gedanken einer allgemeinen Wertehaltung, den das Sommelier-Paar Cristina Aromando (was für ein Name für eine Wirtin!) und ihr Mann Savio Bina konsequent umsetzt.

Warum neues Mobiliar für die Einrichtung des Lokals ordern (und damit Energie verschleudern und Müll produzieren) wenn man Gutes erhalten und wieder verwerten kann?

Vor allem, wenn man es so witzig und gekonnt umsetzt, möchte man anmerken (zur Ablage von Handtaschen, steht bei jedem Tisch ein Kinderstühlchen, Ohrensessel oder ein Fussschemel bereit).

Nicht Blumen in Vasen schmücken den Tisch, sondern Küchenkräuter in Gläsern und Schalen. Altgediente Pfännchen kommen als Brotkörbchen zu einer zweiten Daseinsberechtigung.

Die Grissini aus Biomehl und – selbstredend – mit langer Teigführung aus dem Holzofen und gesalzene Bio-Butter sind bereits eine erste Visitenkarte.

Vieles, das serviert wird, ist Bio. Aber das ist weder Konzept noch folgt man damit einem Dogma. Das wäre kurzsichtiges Denken.

Schliesslich sind Bio-Lebensmittel je nach Produktionsbedingung nicht per se bessere Lebensmittel, schon gar nicht, wenn sie um den halben Globus geflogen werden müssen, um auf unseren Tellern zu landen.

Logischer und lobenswerter ist der Weg, den man im Aromando geht: Direkteinkauf beim Erzeuger des Vertrauens. „Wenn du mit lokalen Erzeugern arbeitest, die deine Überzeugungen teilen,“ sagt Savio Bina, der in seinem Hosenträger-Look ein wenig gymnasial rüberkommt, „kommst du automatisch zu guten Produkten, die geschmackvoll, handwerklich sauber und saisongerecht sind.“

Ein weiterer Vorteil: Ohne Zwischenhandel kann die Ware günstiger bezogen werden. Dieser Preisvorteil wird direkt an die Restaurantkunden weiter gegeben.

Eben kommt Emilia mit einer Kiste frisch gestochener weisser Waldspargeln ins Lokal. Sie baut sie bei Varese, nahe der Schweizer Grenze an. Aussergewöhnlich schamckhaft. Sie werden heute Abend roh serviert. Dünn aufgeschnitten an einer einfachen Vinaigrette.

Gekocht wird leidenschaftlich und ungekünstelt. Mit einer soliden Verankerung in italienischer Tradition (sonntags werden die hausgemachten Cappelletti in Brodo wie daheim aus der grossen Suppenschüssel gereicht) aber auch mit Offenheit gegenüber Neuinterpretationen.

Der Norditalienische Küchenchef lässt gerne auch Ideen seiner Kollegen aus Süditalien, Sri Lanka und Mexico einfliessen.

Die Gemüse-Veloutés scheinen einer anderen Epoche entsprungen. Unaufgeregt, Geschmacklich unglaublich tief und samtig weich. Ein kulinarischer Hort.

Die Pasta, schlicht, mit einem – höchstens zwei Hauptaromen. Die Fleisch- und Fischgerichte präzise gegart und unprätentiös angerichtet.

Das Zicklein aus dem Ofen (eine grosszügige Portion für 20 Euro) perfekt begleitet mit Catalogna und Brennessel-Pesto. Das Entrecôte vom Chianina-Rind ist ebenso schlicht wie ergreifend. Dazu gibt es 1/2 (in Worten: eine halbe) mit etwas Fontina überbackene Kartoffel (ebenfalls für faire 20 Euro).

Zum stilvollen Aufschneiden werden diese zum Anbeten schönen Vintage-Messer von Berti gereicht.

Bei den Weinen gibt es sowohl kleine Winzer zu entdecken als auch gestandene Erzeugnisse zu geniessen. Zum Abschied schenkt uns Savio ein Probierkanisterchen von seinem Lieblingsöl befreundeter sizilianischer Erzeuger.

Eine Website gibt es übrigens keine (mehr). Es gab mal eine mit Blog. „Entweder wir betreiben ein Bistrot oder eine Website“, meint Savio. Aber wenigstens ist die Facebookseite erhalten geblieben. Dort wird auch mal stolz gepostet, dass selbst der Playboy vom Lokal angetörnt ist.

In Chinatown gibt es ausser alten Trattorie die jetzt Trattoria Cinese heissen eigentlich nichts zu sehen. Aber das Aromando ist sozusagen ein echter Glückskeks in diesem Quartier und den Abstecher dorthin hundertmal wert. Und ich wünschte mir wirklich, es gäbe in jeder Stadt mindestens ein solches Lokal.

Übrigens, sollten die Dessert nicht nach Gusto sein: Genau gegenüber gibt es die Gelateria Siciliana vasa vasa mit einer umwerfend guten Granita (ich empfehle die Kombination Mandorla und Caffè) oder cremig-knusprige Gelati und Cannoli.



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