Eine Lesung und ein weiteres Kapitel Anonyme Köche das noch geschrieben – oder besser, gedreht – werden will, haben mich nach Hamburg gelotst.

Das erste Mal übrigens: Hamburg. Die Stadt ist zum Verlieben. Genau wie die Menschen, die ich hier kennenlernen durfte.

Hier schreibt man Zentrum mit C. Centrum. Ungewohnt, aber passend. Irgendwie humanistisch. Die Stadt wirkt friedvoll und erstaunlich empfänglich für lateinische Lebensart. Der Papst könnte durchaus hier leben, statt in Rom. Entschuldigung, wo bitte gehts denn hier zum Pontifex? Immer Richtung Centrum! Danke. Ave!

Sympathischer Hamburger Habitus: bisschen retro, bisschen arty, bisschen Italianità kultivieren.

Sogar am Steindamm im Stadtviertel St. Georg, wo mein Hotel lag, war es beschaulich, wenn auch nicht die erste Adresse, um essen zu gehen.

Ein kariertes Sitzkissen macht noch keinen Appetit auf einen Frühlingsteller.

Dem Claim ist mutig!

Die meisten hatten mir abgeraten in. St. Georg abzusteigen. Mach das auf keinen Fall! Drogen! Prostitution! Albaner! Aber ja. Und um 1200 wurde hier ein Lepra-Hospital errichtet, 1564 ein Pestfriedhof und der Galgen von Hamburg stand ebenso hier. Alles Geschichte.

Eine andere ist die 25-jährige Geschichte von Universum Box Promotion, Hamburg. Das Erste, komischerweise, was ich mir bei der Ankunft im Hotelzimmer ansah, war dieser Clip

Gleich dahinter jedoch, an der Langen Reihe, liegt Entenhausen. Besser gesagt, das Restaurant X.O.K., wo ich die beste Pekingente gegessen habe, seit ich in Peking Pekingente gegessen habe. Mit einer ultrakrossen Haut.

Die Ambiance ist casual und einladend, es gibt Buffet oder à la carte. Alles wird frisch zubereitet, vieles selbst gemacht.

Dort war am Mittwochabend auch meine Lesung mit Essen. Das Hamburger Abendblatt hatte einen prominenten Veranstaltungshinweis veröffentlicht und das Restaurant war gut besetzt. Sogar aus Hannover sind extra welche angereist (liebe Grüsse!).

Die meisten waren wohl, wie ich, wegen Stevan Paul gekommen. Der hat wie immer mitreissend gelesen!

Nicht nur das Publikum hatte gut lachen an der ersten Lesung mit Essen im Restaurant X.O.K.

Die beste Currywurst auf diesem Planeten bekommt man nicht etwa in Berlin sondern bei Curry Queen in Eppendorf. Ich kann das zwar nicht wirklich beurteilen, denn es war meine erste Currywurst ever! Aber der Laden ist sehenswert, das Konzept überzeugt und die Würste erst recht.

Verschärftes Logo für scharfe Würste.

Auch hier wird alles frisch zubereitet und teilweise selbst hergestellt, von den Würsten über den Ketchup (kommt demnächst in den Verkauf) bis zu den ausgefallenen Currymischungen.

Aufgefallen ist mir das El Bulli-Bier.

Dachte erst, Bully Herbig hätte da was o’zapft, aber auf die Schnapsidee ist er noch nicht gekommen.

Wie El Bulli? Hopfensaft von Ferran Adria? Gleich probiert, die 0,75 l-Pulle für 11,90 Euro. Kommt als Weinflasche daher, das Bier soll aus Weissweingläsern getrunken werden und bis zum nächsten Schluck im Weinkühler stehen.

Du, das perlt aber! Schmeckt ganz angenehm. Und sehr nahe an meinem Lieblingsbier aus Basel, Ueli Bier. Geschmacklich zumindest, preislich ist Ueli dreimal günstiger. Und wir reden hier immerhin von Schweizer Preisen. Aber Marketing ist eben teuer.

Im Designhotel Side musste ich mir unbedingt noch den Reifeschrank der Meatery anschauen. Und was für ein Glück, Küchenchef Hendrick Maas himself nahm sich die Zeit, mir alles über Sinn und Zweck dieses Konzepts näher zu bringen.

Window-Shopping für Fleisch-Fetischisten

Mehr über ihn, dry aged Premium-Beef, das anscheinend sehr en vogue ist und 800 Grad heisse Öfen in denen die Fleischbrocken gegrillt werden gibt es übrigens in der aktuellen BEEF! am Kiosk.

Gewiss, die Einhaltung der Bestimmungen betreffend Lebensmittelhygiene ist eine besondere Herausforderung für Gastronomiebetriebe.

Aber sollten die Reinlichkeits-Lorbeeren wirklich in Form einer unappetitlichen Affiche der Stiftung Warentest die Fassade zieren?

Klar verlässt man sich bei der Wahl eines Restaurants nur ungern auf gut Glück.

Hamburg scheint jedoch in dieser Hinsicht unter einem guten Stern zu stehen.

Meine erste Adresse ist übrigens das Restaurant Trific. Mehr dazu jedoch im nächsten Post.


13 Kommentare zu Horizonterweiterung in Hamburg

  1. Alex am 10. Mai 2010 at 00:25:

    Cool! El Bulli Bier. Wieder was dezugelernt. Trifft sich gut wo ich mich gerade etwas mehr mit Bier befasse. Prost! BTW, wenn dir 12 Euro für hochwertiges Bier viel vorkommen, dann versuch mal den Preis von diesem Gebräu zu finden http://www.1598.fuerst-wallerstein.de/ ;=) . Grüße

    -
  2. Claudio am 10. Mai 2010 at 00:37:

    Autsch, ich glaube, ich warte mit der Bestellung eines 6er-Kartons bis zu meinem 60. Geburtstag!

    -
  3. Sigrid am 10. Mai 2010 at 08:59:

    Falls noch in Hamburg, dann bitte unbedingt ins Tschebull gehen (Mönckebergstraße) und ins San Michele (ein wenig abseits in der Jarrestraße), dort aber nicht à la carte essen, sondern sagen: „Franco soll uns bitte einfach was kochen“!

    Viel Spaß!

    -
  4. Magdi am 10. Mai 2010 at 09:11:

    Gibt es echt so einen blauen Himmel über Hamburg?? Wie lange? Für uns ist die Schweiz das teuerste Pflaster, für euch ist der Rest von Europa wahrscheinlich günstig. Schöner Bericht!

    -
  5. Franz am 10. Mai 2010 at 10:34:

    Macht Lust, mal wieder nach Hamburg zu fahren: tolle Stadt. Und wohnen in St. Georg ist Kult und Pflicht.

    -
  6. Claudio am 10. Mai 2010 at 11:28:

    Das mag ich, Sigrid, einen Gruss in die Küche schicken und sagen, macht einfach mal! Ja, Magdi, wenn Engel reisen, lacht der Himmel 😉 Genau, Franz, man fühlt sich sauwohl da.

    -
  7. Christina am 10. Mai 2010 at 11:52:

    Die erste Currywurst ever, echt jetzt? Und dieser Meatery-Reifeschrank, steht der für alle sichtbar im Restaurant?? Wär ja mal was ganz anderes als großformatige Aquarien, Fleisch statt Fisch, hat doch was 😉

    -
  8. capitan am 10. Mai 2010 at 13:30:

    da warste ja gleich bei mir nebenan. es war zwar nicht meine erste currywurst, aber die von curryqueen ist pflicht.
    den ein oder anderen hübschen laden musstest du wohl überspringen. aber der himmel über hamburg ist hier meistens so blau.
    darum wohnt der kölner ja jetzt auch hier.
    und beim nächsten mal in HH hört und isst er mit!
    prost*

    -
  9. Tweets that mention Ein paar sehr charmante Worte zu meiner Heimtstadt bei den Anonymen Köchen #Hamburg -- Topsy.com am 10. Mai 2010 at 23:44:

    […] This post was mentioned on Twitter by Paul Fritze. Paul Fritze said: Ein paar sehr charmante Worte zu meiner Heimtstadt bei den Anonymen Köchen https://www.anonymekoeche.net/?p=1478 #Hamburg […]

    -
  10. Mike am 11. Mai 2010 at 09:29:

    Die „Caffetteria“ ist fast genau so schön, wie der Dativunfall. Wir haben in Göttingen übrigens einen „Hähnchengrill aus Bodenhaltung“. Bei Gelegenheit mache ich mal ein Foto. In Hamburg kenne ich leider nur den Großmarkt. Bin als Kind oft mitgefahren, als der Vater Obst- und Gemüsegeschäfte gemacht hat. Damals wurden holländische Tomaten, Gurken etc. noch versteigert. War sehr lustig zuzuhören. Im Sommer fahre ich mal einen Tag nach Hamburg, und suche „den Besten unter dem Besten“.

    -
  11. Claudio am 11. Mai 2010 at 20:41:

    Echt jetzt, Christina. So oft war ich eben noch nicht in der Currywurst-Ecke Deutschlands, ich war nur bis zur Weisswurst gekommen, wobei, was heisst hier nur? Ahoi, capitan, bis zum nächsten Mal dann. Lieber ein “Hähnchengrill aus Bodenhaltung” als ein auch schon gelesener „Kinder-Döner“, Mike!

    -
  12. Mike am 12. Mai 2010 at 09:34:

    Der „Kinder-Döner dünkt mich nicht gefährlicher, als das „Kinderschnitzel“, Claudio. Stutzig wurde ich neulich, als mir via Anzeige eines osteuropäischen Lebensmittelgeschäfts „Mädchenmilch“ in Dosen angeboten wurde. Auch die beiden Schlachtereien, die mir ihre „Koteletten“ feilboten, waren mir suspekt.

    -
  13. Frank am 13. Mai 2010 at 15:22:

    ein schöner, unterhaltsamer Abend war das im X.O.K….apropos Currywurst, Claudio,falls dich deine nächste Lesung oder ein anderer erfreulicher Anlass nach Berlin führt solltest du hier einkehren, eine kulinarische Institution, rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr geöffnet:
    http://www.curry36.de/curry36.html
    liebe Grüße von denen aus Hannover

    -

Kommentieren

 


Handcrafted by kubus media.