Pane, Amarone e Fantasia
Nostalgie als dauerhafte Lebensbegleitung, nicht als kurzlebiger Lifestyle.
Für Leute, die wie diese neurotischen Zicken in Hollywoodfilmen bestellen: Zuerst dies anstatt das und anstelle von dem hier das hier, aber bitte auf einem separaten Teller und von dem da, aber nicht gebraten sondern gedämpft, natürlich ohne Zwiebeln und ohne Knoblauch, und um Gotteswillen keine Mayonnaise sondern ein Joghurtdressing und dazu bitte ein Glas Chardonnay muss so ein Restaurant ein Horror sein.
Für Leute, die einfach Lust auf ein unkompliziertes Restaurant mit aufrichtigem Essen haben, ist es perfekt: die Trattoria Al Pompiere. Im Herzen Veronas, einen Steinwurf von Romeo und Julias Balkon des Hauses De Capuleti entfernt.
In einer traditionellen Trattoria zu sitzen, ist immer wieder ein unheimlich beruhigendes Ess-Erlebnis. Weil darin eine ungeschminkte Selbstverständlichkeit liegt. Klar wird regional, saisonal, frisch und mit den besten Produkten gekocht, die von lokalen Erzeugern stammen von denen lo Chef jeden mit Vornamen kennt.
Aber nicht als Gastrokonzept, das auf mediterrane Trattoria machen will. Auch nicht aus einer angesagten Food-Bewegung heraus und schon gar nicht, um mit irgendeiner revolutionären Ess-Doktrin oder kundenbindenden Konzernstrategie vorauszueilen.
Hier braucht es ja auch gar keine Speisekarte. Weil man nicht lesen soll, sondern zuhören. Dem Kellner. Denn er versteht sein Metier und er weiss, dass er mit dem, was heute für Gäste wie uns gekocht wurde, die besten Karten in der Hand hat.
«Pasta empfehle ich beide, ich mache Ihnen von jeder nur eine kleine Portion, ja?»
Cappelletti, gefüllt mit einer bravurös gereiften Büffelricotta
Fettuccine mit weissem Spargel aus dem Veroneser Umland
Über die fein aufgeschnittenen Wurstwaren als Einstieg braucht man gar nicht zu diskutieren. Der alte Maestro Natalino, der in einer Ecke der Trattoria unter einem Himmel von Schinken zu wohnen scheint, lässt es sich nicht nehmen, seinen Degustationsteller höchst persönlich an den Tisch zu tragen.
Toskanischer Rohschinken, Lardo di Colonnata, Soppressata, Porchetta, Pancetta und dazu schlichtes, lauwarmes Gemüse mit Olivennöl und Essig
Dolce Vita tanken und gepflegtes Durstlöschen im Al Pompiere
Die stattliche Portion einer marmeladig-zartschmelzenden Schweinshaxe auf blauem Kartoffelpüree wurde gnädigerweise – so weit ging unser Recht auf Mitsprache – auf zwei Teller verteilt.
Für wohligen Ausklang und finalen Zungenkuss sorgte ein seelenvoller Amarone Corte Sant‘ Alda.
Grazie, Verona, in dich muss man sich einfach verlieben.
Da wäre ich gern dabei gewesen. Alles mein Geschmack! Besonders der Amarone. Was muss man denn in so einer Trattoria für eine Flasche Amarone anlegen?
-Die Schweinshaxe werde ich unbedingt einmal nachkochen. Die Fettuccine mit Spargel gibt es dann vorweg.
schon wieder !!! einfach nur toll
-Wenn du schon so nahe bei mir bist, warum kommst du nicht vorbei? An den Gardasee wäre es ein Katzensprung und durch Südtirol mußt du auch. Wahrscheinlich hast du keine Zeit, so wie halt alle:(
-Ein wahnsinns Ambiente in und ausserhalb dieser Trattoria. Wow!!!
-Also ich hätte grad am meissten Lust auf die Fleischplatte mit dem lauwarmen Gemüse, ein knuspriges Brot dazu und den Amarone natürlich…
Also, bei sowas komm ich in’s schwärmen!!!
Saluti
Susann
Ich habe neulich einen grandiosen Vortrag von Karl Heinz Götze mit einer Episode über französische Küche und neurotisch-zickige Studenten gehört – in dem sehr deutlich wurde, dass diese ständigen Extrawürste nicht nur für die anderen Anwesenden, sondern auch für den Koch beschämend sind, der sich bei seinen Rezepten so viel Mühe gibt. Diese Trattoria scheint wirklich ein Traum zu sein und letztendlich braucht ein gutes Restaurant wirklich keine Speisekarte. Schön!
-Du hast natürlich recht, aber diese Art der Restaurants gibt es immer weniger. Wenn ich in Italien bin dann suche ich immer diese Art der Trattoria, leider ist die Liebesmüh oft vergeblich. Traurig aber wahr, bei uns sieht es sogar noch schlimmer aus. Entweder Gourmettempel die mit riesigem Aufwand das Essen zelebrieren, oder Restaurants bei denen die Gerichte aus dem Eimer oder aus dem Tetrapack kommen.
Es grüßt ein trauriger
Martin
-Schon mal was von Zeno von Verona gehört?
-legger!
in genau einem jahr gehts in die elternzeit und damit für sechs wochen mit dem VW-Bus rund um italien. und nun auch wieder quer durch!
im übrigen finde ich menüumstellungen mehr als peinlich. der koch hat sich, im idealfall, dabei ja irgendwas gedacht. und wenn nicht, dann geh ich da eh nicht hin. also hinnehmen und genießen!
rockn
-capitan*
Traumhaft! Wie haben die denn die Haxe gemacht?
-..fantastico!
-Martin, ganz Ligurien ist voll mit trattorien und ristorantes die KEINE speisekarte haben und die nur servieren was sich der chef gedacht hat. man muss nur die eingeschlagenen pfade verlassen und ein bischen in die berge fahren ,,,,, ecco
-Danke für diesen Tipp, sieht wunderbar aus!
-Unterwegs sein ist schön. Und wenn das Entdeckte für Leser zur Entdeckung wird freut mich das umso mehr. Dieser Amarone steht ab 50 Euro aufwärts auf den Weinkarten italienischer Restaurants, Mike. Was meine Flasche gekostet hat, weiss ich nicht, ich war Gast. Irgendwann mach ich gerne einen Schlenker zu dir, Magdi, kommt Zeit, kommt Besuch 😉 Das Rezept der Haxe hätt ich auch gern, Claus. Auf jeden Fall am Stück und langsam, sehr langsam im Wein geschmort – die Form war intakt, aber bei der ersten Berührung mit der Gabel ist das Fleisch richtiggehend auseinandergefallen – und das Kollagen klebte förmlich an den Zähnen!
-Ein beneidenswertes Erlebnis.
(Nach der kurzen Vorrede: Ich finde die Bilder hier als auch bei deiner eremitlichen Einkehr sogar schöner als sonst. Die haben trotz ihres Anti-nostalgischen Urspungs etwas besonderes, vileicht nostaligisches, auf jeden Fall aber setzen sie mal einen Kontrapunkt zu der allgemein vorherrschenden hardcore Foodpornographie, bei der alles perfekt beleuchtet, bis auf die kleinste Poore erkennbar sein muss und das Essen farblich und vor Kontrast explodiert, um in der weiten Blogwelt mit dem ersten Bild die Leser zu locken.)
Liebe Grüße aus Leipzig,
-Ein Freund Analoger Kleinbildkameras.
Enchanté, Markus, du scheinst auch ein Avenger der ungeschminkten Küche zu sein. Habe ich mit Freude gelesen. Wie funktioniert das mit dem Kommentieren bei dir drüben?
-Gut, dass du darauf verwiesen hast, ich hatte die Funktion noch nicht aktiviert. Das habe ich jetzt nachgeholt, noch nicht formschön, aber das folgt in den nächsten Tagen. Also – Auf der Startseite unter dem entsprechenden Beitrag auf den Schriftzug, der nun hoffentlich nicht mehr lange zum lesen der „0 Kommentare“ einläd, klicken. Dann sollte sich eine Seite mit Kommentarfunktion öffnen.
-Hört sich einfach nur super an! Das Einfache ist oft das Beste, lautet auch mein Motto! Und mit Italien fängt man mich sowieso immer! Mal schaun, in 2 Wochen bin ich auch dort. Meinst du man muss einen Tisch für 2 Personen reservieren?
-Ich empfehle es dir sehr, Simone. Man ist doch gleich viel entspannter und kann sich doppelt freuen. Viel Vergnügen!
-Sodele,
habe reserviert für den 18.06
Allerdings (!!!) machen mir die Kommentare einiger Leute auf den italienischen Seiten etwas Sorge.
Die Kellner sind zuuuuu schnell bei der Sache, der Preis ist doch etwas höher, der Service ist nicht so toll…..(so di Kommentare)
Und ich kann über vieles hinweg sehen – aber ein Kellner, der mir nach 25 Sekunden die Karte bringt um nach drei Minuten die Bestellung aufnehmen zu können geht gar nicht………
Vedremo!
@Zeno
-Wer oder was ist Zeno (habe keine Lust es zu ergoogeln)
Danke
@ Antonio
war ein spontaner und ein bisschen deplatzierter Post aufgrund der etwas kindlichen Freude an der Vornamensgleichheit, die ich mit Verona immer assoziiere:
In Verona stößt man an jeder Ecke auf San Zeno: San Zeno war in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts der achte Bischof von Verona und afrikanischer Herkunft. Ihm ist die Basilica di San Zeno Maggiore an der Piazza San Zeno geweiht, eines der schönsten Meisterwerke romanischer Kunst in Italien. Übrigens gibt’s ( oder gabs ? ) hier an der historischen Piazza auch eine Pizzeria San Zeno di Verona, in welcher ich mal eine einfache, aber gute Pizza Margherita aus dem Holzofen gegessen habe- Pizza Margharita- die mit den italienischen Nationalfarben : grünes Basilikum, weißer Mozarella, rote Tomaten. Jetzt hats wenigstens etwas mit Essen zu tun.
Die Schweinshaxe sieht phantastisch aus!
-ahhhhh, alles klar! klang nach einem spitzen-tröpfchen oder leckerer schmausestation…
-merci
Und so phantastisch schmeckte die Haxe auch, zeno. Dann bin ich ja mal gespannt auf dein Verdikt, Antonio, buon appetito!
-Was freue ich mich auf die Osteria. Noch 10 Tage bis Verona. Claudio, dieser Bericht war Auslöser auf dem Weg in die Toskana in Verona zu übernachten. Danke 🙂
-Geniess es! Ich war vor drei Wochen auch wieder in Verona – und ging japanisch essen, hehe! Ins Kobe. Saugut!
-Diese Trattoria, die ich übrigens im Sommer 2011 nach der Lektüre dieses Beitrags hier besucht habe, wurde letzten Sonntag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung besprochen, falls von Interesse, kann ich den Artikel als Scan zukommen lassen.
-Würde ich gerne lesen!
-Danke!
Oh, gerne, Rocco: claudio@anonymekoeche.net, und wie fandest du es so? Antonio, ich kann dir den Scan dann weiterleiten, wenn Rocco einverstanden ist?
-[…] der Kultur steht die Kulinarik, auf diese Trattoria wurde ich übrigens auf einem Beitrag des Blogs Anonyme Köche aufmerksam, auch in der FAS erschien später eine (nicht ganz so berauschte) Kritik, mir hat es […]
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