Sushi

Sushi immer als grosse Portion bestellen. Normale Portionen sind für europäischen Appetit ein Witz.

Es dürfte langsam ein halbes Jahr sein, seit ich mit Boris jeweils freitags über Mittag schwimmen gehe. Zur Belohnung gabs deshalb eine grosse Portion Sushi.

Damit wir uns verstehen, nicht als Belohnung für den zurückgelegten Kilometer. Sondern dafür, dass wir es mit diesen militanten Schwimmern aushalten!

Schon aufgefallen? Schwimmer sind etwa so kleinkariert wie ambitionierte Minigolfspieler. Aber 100 mal aggressiver. Wenn in jedem Schweizer ein Polizist steckt, dann stecken in einem Schwimmer zwei plus ein hirnamputierter Grenadier.

Vielleicht kriegt ein Schwimmerhirn zu wenig Sauerstoff vom falschen Atmen?

Und den ganzen Hilfskram den die immer mitschleppen und provokativ am Beckenrand aufmunitionieren – eine Kampfausrüstung.

Die geben einem jedes Mal jeden nur erdenklichen Grund das Handtuch zu schmeissen. Sie sind wahre Meister der nonverbalen Kommunikation und ihre Hauptbotschaft lautet: weg da!

Zehennagel in den Schenkel rammen beim Vorbeischwimmen: normal. Von der Bahn drängen: normal. Extra anspritzen bei der Wende: normal. Den Spind vor der Nase wegschnappen: normal. Sich beim Umkleiden vor einem aufbauen wie ein Silberrücken: normal.

Das ist aber überhaupt nicht normal! Das wäre wie wenn ich willkürlich fremde Jogger anrempeln würde, weil sie das falsche Tempo haben, die falsche Lauftechnik, die falschen Hosen anhaben oder was auch immer.

Aber auch verbal sind sie sehr kreativ. Dabei geben sie wildfremden Menschen Verhaltensanweisungen, wie sie nicht mal der frustrierteste Schulhausabwart zu Jugendlichen raunzt. Apropos Abwart, Bademeister? Geht gar nicht, oder? Aus demselben Holz geschnitzt.

Sogar meine Frau kann das bestätigen. Während der exklusiven Schwimmzeit für Frauen hat ihr eine gesagt, Frauenschwimmen sei nur für Hausfrauen. Wer sportlich schwimmt, muss am Dienstag gehen (wobei das Hallenbad am Dienstag geschlossen ist!). Der Bademeister meinte dazu, kommen sie doch etwas später.

«Die Nasszone ist im Fall da draussen!», «Kästchen Nummer 82 ist mir – und zwar schon seit zwanzig Jahren!», «Haben Sie zuhause keine Dusche!?» «Barfusszone!», «Kraulen ist auf Bahn zwei verboten!».

Und wenns keine Militanten hat, dann hats Dilettanten. Schwer parfümierte Frauen zum Beispiel, die auf der Wasseroberfläche einen Film hinterlassen, als wäre soeben ein Moschus-Ochse ins Becken gestürzt. Das ungewaschene männliche Pendent dazu ist natürlich ein ebenso unappetitlicher Ochse.

Ganz zu schweigen von der Rentner-Rotte, die gemütlich nebeneinander in der für Längen schwimmen reservierten Bahn vor sich hin dümpelt. Scheinbar ahnungslos.

Aber damit muss man anscheinend leben. Schwimmen heisst überleben. Nicht schwimmen heisst untergehen. Gegen den Strom schwimmen braucht Kraft.

Sehr viel Kraft sogar.

Und die muss eben mit einer grossen Portion Sushi kompensiert werden.


9 Kommentare zu Und nach dem Schwimmen: Sushi

  1. Boris Zatko am 21. Mai 2008 at 08:18:

    Du hast mir aus dem durchgewässerten Herzen gesprochen! … Allerdings hätten es ein paar Worte mehr zum Sushi auch sein können. Allerdings hätte ich mich an deiner Stelle ebenso ins Anekdotenaufzählen verbissen wie ein ausgehungerter weißer Hai.
    Andererseits … sich zu einem japanischen Gericht in Europa zu äußern wäre im Grunde so sinnvoll wie die wissenschaftliche Analyse der Darstellung indianischer Lebensweisen während den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg. Ergo: Wir müssen nach Japan!

    Viele liebe Grüße

    Boris

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  2. katha am 21. Mai 2008 at 08:23:

    jetzt weisst du, warum manche nur in schönen salzkammergutseen schwimmen gehen… ich sage nur: fuschlsee. wobei: dort gibt’s kein sushi danach, maximal räucherforellen aus der schlossfischerei. auch nicht schlecht.
    ps: moschusochsen schmecken aber gut, gab’s in grönland…

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  3. LarsB am 21. Mai 2008 at 11:25:

    Danke für das viele Futter, dass mich in meiner tiefgreifend-notorischen Schwimmbad-Abneigung schwer unterstützt. Darauf einen ordentlichen Schluck Chlor-Wasser mit homöopathischer Dosis von Kinder- und Rentnerurin! Ich wünsche weiterhin viel Kraft beim gegen den Strom schwimmen und mache weiter meine Trockenübungen.

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  4. Frenk am 21. Mai 2008 at 15:44:

    …und dann gab’s noch die Kinderschwimmkurse. Von 18h bis 19h, damit auch berufstätige Männer ihre Gören bringen konnten und Mammi etwas Ruhe hatte. Das Dumme war nur, dass ich der einzige Vater war und jeweils einer Armee von 20 sehr interessierten, grinsenden Hausfrauen gegenüber stand. Ich hab’s überlebt. Aber nach der dritten Mittelohrentzündung – hervorgerufen durch die von LarsB beschriebene Brühe – hat mir mein Arzt ein Schwimmverbot auferlegt…
    Bei Sushi bin ich blutiger Anfänger. Wo gibt’s denn sowas zum probieren?

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  5. Claudio am 21. Mai 2008 at 18:17:

    Boris: Nach Japan? Schwimmen!?
    Katha: Ich huschl nach Fuschl und kuschl am See. Moschusochsen? Erzähl!
    Lars: Gerne. Apropos Homöopathie: Es ist voll die Abhärtung, sag ich dir! Mein nächstes Buch: «Alles was Sie je durch Ihre Schwimmbrille erblicken könnten, aber nie sehen möchten!»
    Frenk: Oje, Desperate Housewifes. Sakura am Bahnhof, Yoko Sushi bei der Heuwaage, Negishi Sushi in der Gerbergasse – NICHT im Comino in der Freienstrasse, pfui!

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  6. Boris Zatko am 22. Mai 2008 at 09:03:

    Und vor allem nicht ins Susu’s. Bloß nicht! Lieber mit dem Teufel Fliegen essen. Als ich das letzte Mal dort war, roch das Essen nach alten Socken eines türkischen Brummifahrers, in denen der Schweiß bereits zu gären begonnen hat. Meine Freundin hatte es bestellt (ich hatte Sushi), und uns wurde so schlecht, dass wir das Lokal fluchtartig verlassen mussten.

    Viele liebe Grüße

    Boris

    P.S.: @Claudio: Schwimmen können wir in Japan auch, aber vordergründig meinte ich dort essen gehen. Und außerdem gibt’s noch bei uns in der Nähe das Noohn, vergiss das nicht!

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  7. Claudio am 22. Mai 2008 at 11:46:

    Brummis sind scheisse – für Güter die Bahn!

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  8. Gabor am 5. Juni 2008 at 14:05:

    Respekt; Ihr zwei!
    Vernehme ich mit Freude, dass ihr brav schwimmen geht!
    Doch sei Euch verraten, dass es gerade als „gelernter“ Schwimmer tatsächlich schwer ist, ruhig zu bleiben, wenn Idioten auf der Bahn schwimmen, die noch nicht einmal zwischen links und rechts zu unterscheiden vermögen. Oder irgendwelchen traurigen Bojen auszuweichen, die ihre Beinschere sogar auf dem Rücken glauben demonstrieren zu müssen und dann zwangsläufig zick-zack treiben.
    Aber ist das denn verwunderlich? Wie würde wohl der Durchschnittsvelofahrer reagieren, wenn die Autos mal links, mal rechts, mal komplett auf dem Fahrradweg rumschlingern würden? Auf der Schwimmbahn gibt´s jedenfalls gewisse Regeln, die – wie das Regeln so an sich haben – der Vereinfachung dienen und nur von jenen als Schikane empfunden werden, die sich nicht an sie zu halten vermögen.
    Mein letzter Ärger dazu rührt aus einem Zürcher Hallenbad: Eine Brustscherengrätscherin der übelsten Sorte war einerseits unfähig rechts an der Leine zu „schwimmen“ und gleichzeitig nicht gewillt damit zu rechnen, dass zügigere Schwimmer sie ev. würden überholen wollen. Da sie also praktisch in der Mitte der Bahn schwamm, andere Bahnnutzer aber entgegen kamen, war man – sofern nicht ebenfalls gewillt, blanke Rücksichtslosigkeit an den Tag zu legen – stets genötigt so nahe wie möglich an derjenigen welche vorbei zu ziehen, um so kurz wie möglich auf die „Gegenfahrbahn“ zu gelangen. Aufgrund ihres miserablen Brustbeinschlages schaffte sie es tatsächlich mir beim Überholen mehrmals in den Bauch zu treten (was ja immerhin für ihre Beweglichkeit spricht, denn ich schwamm Crawl! – und das NEBEN ihr). Schliesslich stellte sie mich bei der Wende, um mir vorzuwerfen, dass ICH SIE treten würde. Ich war total platt. Crawlschwimmend?! Mit durchgestreckten Beinen!? Wahrscheinlich ihren Fuss… So wie die Fussbälle immer gegen den Fuss von Karli Odermatt getreten hatten.
    Auf den Hinweis, das dies schlecht möglich sei, hat sich dann ein kleines Wortgefecht entwickelt, in dessen Verlauf sie mir vorwarf, dass ich ja nicht so schnell schwimmen müsse. Ausgerechnet auf der Bahn mit dem Schild „für Schwimmer“ liess sie mich dann mit offenem Mund stehen, nachdem sie mir noch schnippisch an den Kopf geworfen hatte, dass ich es… „wohl nötig hätte“ hier auf Schwimmer zu machen. Im SPORTbecken!

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  9. Claudio am 6. Juni 2008 at 00:51:

    Herrlich! Du weisst genau, von was wir sprechen. Und deine Erfahrung beweist, dass Anfänger genauso militant wie Profis sein können. Oh, Gott, mir graut vor morgen! Ich frag mich einfach, warum diese Aggression ausgerechnet in Schwimmbädern grassiert. Bei anderen Sportarten /-Hallen/-Einrichtungen müssen auch Regeln beachtet werden. Von unterschiedlichsten Niveaustufen. Aber nirgends ist man so untolerant wie im Wasser. Schon komisch.
    PS: Stell dir vor, letzten Freitag haben wir zur Einweihung des Bottmiger Bedlis dein Mami angetroffen! (Angetroffen, nicht angerempelt.)

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