Die fetten Jahre sind vorbei

Nikolaus gestuerzt

Dieser Nikolaus ist nicht tot. Er ruht sich nur aus.

Dieses Bild plus das deprimierende Rauschen im Blätterwald von wegen die globale Finanzkrise hat nun definitiv eine Rezession in der Realwirtschaft ausgelöst und 2009 wird zappenduster, was wiederum dazu führen wird, dass wir alle den Gürtel werden enger schnallen müssen, was alle Marketingexperten sofort auf den Plan ruft, um wilde Spekulationen und wacklige Prognosen (schon wieder!) zu verkünden, wie wir Konsumenten uns nun verhalten werden, dass Cocooning wieder kommt, weil zu Hause ist es halt am schönsten, und less is more noch mehr an Bedeutung gewinnt, aber neu „the age of less“ – das Minus-Zeitalter – heisst und somit auch eine No-nonsense-Aera im Konsum anbricht, dass aber gleichzeitig Bio-Produkte weniger Absatz finden und ein Imageproblem haben werden, weil in der Not ist sich der Konsument selbst am nächsten, und nicht der Natur und seiner Umwelt, dass aber die Geiz-ist-geil-Mentalität trotzdem zu Ende sei, weil der Verbraucher jetzt eben kein „Verbraucher“ mehr sei und kein Schnäppchenjäger mehr, sondern ein Smart Shopper – hat in mir eine Erinnerung an meine Jugendzeit ausgelöst: Mit 16 hab ich mir von meinem mickrigen Lehrlingslohn fast nichts kaufen können, aber gutes Essen habe ich mir immer geleistet!

Überall musste ich Abstriche machen: Entweder dies oder das. Entweder mehr von dem dafür weniger davon. Aber beim Essen hab ich nie gespart. Und ich rede jetzt von der Qualität, nicht von überteuerten Raritäten und Schickimicki-Food.

Jeden Mittag, zum Beispiel, hab ich mich mit meinem Lehrlingslohn in ein Restaurant gehockt und ein Mittagsmenu bestellt. Und jeden Mittag waren zig Freunde dabei und wir hatten es alle verdammt gut miteinander. Und mit den Jahren kamen die Krisen und gingen die Krisen. Aber wir sassen immer noch da und hatten es immer noch gut miteinander – beim gemeinsamen Essen.

Und auch wenn Sibylle Berg heute in ihrer BaZ-Kolumne darüber wettert, wie bescheuert sie das findet, dass die Menschen heute alle übers Essen reden– das, Frau Berg, sind eben noch die wahren Werte, die einen glücklich machen können oder depressiv, je nachdem, was einem gutes Essen wert ist.


17 Kommentare zu Die fetten Jahre sind vorbei

  1. Mike Seeger am 7. Dezember 2008 at 01:35:

    Mein Vater sagte einmal (vorwurfsvoll) zu mir: „Wenn du nur noch zehn Mark in der Tasche hättest, würdest du sie im Restaurant ausgeben.“ Ich weiß bis heute nicht, was daran falsch ist …

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  2. Bolli am 7. Dezember 2008 at 10:07:

    Ich glaube, ich werde mein Budget Essen nicht reduzieren…..

    Interessant finde ich es dann, wenn andre Leute ( die teuren Nudeln für sich, die Alditeile für die Kinder!!)dann rummotzen, dass ich gutes Fleisch, Fisch etc kaufe, Gemüse vom Biobauern, und wenn man dann sieht, für welche Sch..;die dann die Kohle herausschmeissen, dann wird’s einem schlecht!

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  3. inspirado am 7. Dezember 2008 at 10:41:

    Wenn man sparen möchte, muss man das nicht an der Qualität des Essens tun. Die meisten Menschen wollen aber auf nichts verzichten, deshalb kaufen sie lieber billiges und minderwertiges Fleisch anstelle sich für das gleiche wenige Geld das beste Gemüse zu kaufen. Das ist an der falschen Stelle gespart. Noch schlimmer wird´s, wenn einem jemand erzählt, Tütensuppen aus Kostengründen zu kaufen. Relativ wahrscheinlich eines der teuersten Gerichte überhaupt. Die wirklich guten Gerichte, ich denke an meine schwäbische Heimat, sind doch meist so genannte Armenessen. Das teure daran ist, dass man sich ein wenig Zeit nehmen muss, um beispielsweise mal eine Brühe zu kochen und in Teilen einzufrieren. Aber im Tiefkühler ist wahrscheinlich kein Platz, weil da Fertigpizzen und andere Wucherprodukte liegen (Was kostet es schon, eine Pizza selbst zu machen oder Pasta herzustellen?). Ich wünsche mir ein „Kochbuch für Arme“ – die leckersten Sachen wären da drin, mein lieber Scholli. Claudio, machst du nicht irgendwas mit Layouts? Schreiben kannst du auch und kochen sowieso. Ich würd´s kaufen.

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  4. katha am 7. Dezember 2008 at 11:25:

    jawohl, bruder im geiste.

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  5. Zoolicious am 7. Dezember 2008 at 12:30:

    Ja, im Grunde genommen stimme ich Dir da zu, Claudio.
    Leider besteht ja das Gerücht, Studenten würden nur Mist essen…Ich achte zumindest meist darauf, dass die Qualität stimmt. Das ist zwar nicht immer günstig, den Luxus gönne ich mir aber ab und an. Die bekannten Bauern und die Beziehungen von Verwandten spielen da mit rein. 😀
    Was fällt mir im Zusammenhang immer ein? Meine liebsten Gerichte, die geschmorten, sind ja im Grunde genommen alle aus der Lebensmittelknappheit und Armut entstanden. Es gibt nix Schöneres, als auf einen Topf, gefüllt mit Allerweltswein, einigen Rüben und nicht gerade edlem Fleisch den Deckel zu setzen, 3 Stunden später wieder zu lüften und ein magisches Gebräu zu erhalten.
    Ich würd‘ ein Buch übrigens auch kaufen, also Abfahrt. 😀

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  6. peppinella am 7. Dezember 2008 at 15:58:

    „den gürtel enger schnallen“…pfffff…das ist so ein typisch deutsches sprichwort. caro claudio, du weisst wohl, genau wie ich, dass der/die italiener/in niemals den gürtel enger schnallt. eher wird ’ne pasende neue hose gekauft…am essen sparen? never ever. ma per carita‘!

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  7. Claudio am 7. Dezember 2008 at 22:01:

    Ich bin eben auch zu blöd, um darin einen Fehler zu erkennen, Mike. Genau, Bolli, jeder soll seine Priorität setzen, wo er es für richtig hält, aber dann soll er auch damit leben und uns gefälligst nicht mit seinem leeren Magen anknurren! Geduld, inspirado, Geduld, Zoolicious, irgendwann ist es bestimmt soweit, und eure Vorbestellung ist dann schon mal notiert 😉 Amicus est alter ego, Katha! Ci mancerebbe altro, vero Cara?

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  8. katha am 8. Dezember 2008 at 08:57:

    richtig. und ich könnte mir vorstellen, mich um den österreich-teil zu kümmern…

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  9. Lars am 8. Dezember 2008 at 16:23:

    Claudio, du sprichst mir aus dem Herzen, wir gehören wohl zur gleichen Sippe 🙂

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  10. jürg am 9. Dezember 2008 at 16:39:

    ja claudio, das buch! mach es . . . bitte
    ps: und jedes rezept mit einer netten illustration deiner freunde . . .

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  11. Kirsten am 10. Dezember 2008 at 08:15:

    Während ich Deinen Bericht gelesen habe, habe ich die ganze Zeit genickt. Du hast das so gut beschrieben – es ist ja soooo wahr!!! Ich konnte mir richtig vorstellen, wir Du und Deine Freunde im Restaurant gesessen seid und das Essen (und das Leben!) genossen habt.

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  12. lamiacucina am 10. Dezember 2008 at 16:39:

    Letzten Samstag war ich in der Delicatessa im Globus einkaufen. Von der „neuen Genügsamkeit“ habe ich noch gar nichts gemerkt. Für das neue Buch bewerbe ich mich gerne als Korrekturleser.

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  13. Claudio am 11. Dezember 2008 at 09:48:

    Mit Glossar, für all die lustigen österreichischen Wörter, Katha 😉 Da gibts glaub ich noch einige Gemeinsamkeiten, Lars, das seh ich auch so. Klar, Jürg, hab ja sonst nix zu tun (aber reizvoll wäre es schon!). Ist doch wahr, Kirsten. Ich gehe auch noch stoisch (aber selten) in die Delicatessa, Robert, hoffen wir, dass wir nächstes Jahr nicht die einzigen sind 😉

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  14. Wiener Schnitzel als Knuspergebäck « lamiacucina am 22. Dezember 2008 at 04:01:

    […] Thema “fette Jahre” hier der link zu einer lesenwerten Glosse von […]

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  15. Iris am 22. Dezember 2008 at 12:20:

    und ich hab gerade meine Weinpreise erhöht… na ja, gegen den Strom schwimmen soll ja die Muskeln stärken und die kann man am Steilhang ja immer gebrauchen:-).

    Für „arme Leute“ Kochbücher kann ich übrigens nur empfehlen, im Antiquariat nach einer Ausgabe des Dr.Oetger Kochbuchs aus den 40ger Jahren zu suchen – obwohl eine neuere Ausgabe von Koch-Hedonisten mit weniger Mehlschwitze auch nicht schlecht wäre.

    Roberts Schnitzel mit viel Panade sind ja schon ein guter Anfang:-).

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  16. Heiner am 31. Dezember 2008 at 14:08:

    nun, er ist vermutlich wirklich nicht tot, er liegt ja gerade bei unserem Laden auf der gegenüberliegenden Strassenseite, ich vermute einfach, dass er sich bei uns nachts in den Laden geschlichen hat, sich an der Schokolade gütlich getan hat… er versteht eben was von gutem Essen….

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  17. Claudio am 31. Dezember 2008 at 14:54:

    Hallo, Heiner. Wie wärs, wenn ich mich 2009 auch mal in euren Laden schleiche und unserer Leserschaft von euren verführerischen Erzeugnissen berichte?

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