Reich der Mittelmaessigkeit

Chinesische Figuren

In China essen und trinken 1,3 Milliarden Menschen. Eine imposante Zahl. Imponierend nicht unbedingt. Aber vielleicht diese Vorstellung:

Laden Sie mal alle Chinesen zu ihrem nächsten Geburtstagsessen ein! Sie bräuchten dafür 325 Millionen Vierer-Tische und, grob geschätzt, 650 Millionen Kilo Reis, Gemüse und Fleisch. Und nebst 2,6 Milliarden Essstäbchen natürlich auch noch ein paar Flaschen Bier.

Laut UN ist China das bevölkerungsreichste Land auf dem Erdball. Ganze 20% gemessen an den restlichen Weltbewohnern. Jeder fünfte Schweizer also ein Chinese? Nicht ganz. Aber chinesisches Essen ist hier schon sehr beliebt. Allerdings nicht mehr ganz so sehr wie auch schon.

Die angesagten Asiaten heissen anders. Machen wir mal ein paar Schubladen auf: Globetrottel essen Thai – günstig und unkompliziert. Arrivierte markieren beim Japaner gerne Abgeklärtheit, notorische Neuentdecker suchen beim Koreaner und Vietnamesen die Wahrheit. (Dann gibt es noch die nicht beachtenswerte All-you-can-eat-Fraktion, die gerne beim Mongolen kräftig zulangt.)

Und wer setzt sich dann noch zum Chinesen? Eigentlich nur der Bünzli.

Zahlenmässig drückt sich das so aus: Der schweizerische Wirteverband Gastrosuisse  zählt rund 28‘000 gastronomische Betriebe im Land. Leider gibt es keine detaillierte Auflistung nach Spezialitätenküche. Ebensowenig beim Bundesamt für Statistik . Schöpft man aus der Datenquelle directories, spuckt diese 312 thailändische, 194 chinesische, 62 japanische und 20 vietnamesische Restaurants schweizweit aus. Andere Exoten kommen nicht über 10.

Der wahre Reichtum aus dem Reich der Mitte – China hat die älteste und vielfältigste Küche überhaupt – kommt in unseren Breitengraden leider nur als mittelmässiges Essen auf den Tisch. (Freuen wir uns auf die Lügenstrafen von Frau Esskultur, wenn sie aus dem Berliner Ma berichtet.)

Leider überwiegt bei den meisten „unserer“ chinesischen Restaurants das Plastik- und Glutamatambiente. Vom Dekor über den übervollen Ringbuch-Speiseatlas bis zu den Chopsticks. Da klebt doch etwas sehr viel Fernweh-Exotik der 70er-Jahre dran. Wer schon mal in China gegessen hat, weiss, dass es da ein ganzes Universum ungeahnter Geschmackserlebnisse gibt.

Gut, das ist jetzt vielleicht alles ein bisschen überwürzt formuliert. Aber es steckt doch mehr als nur ein Reiskörnchen Wahrheit drin. Die Frage ist, was wird eigentlich gespielt? Wann zetteln die Chinesen die nächste Kulturrevolution an und servieren uns Essen, bei dem einem die Spucke nicht weg bleibt?

Eine passende wie auch lustige Idee für unerschrockene Nummerngerichtbesteller findet sich übrigens auf diesem frischen Blog. Ich werde da bestimmt auch mal was posten. Die Frage ist nur, wie lange es dauert, bis ich je wieder einmal ein Lokal betrete, das die Gerichte nach Nummern listet!


8 Kommentare zu Reich der Mittelmaessigkeit

  1. Mario am 21. Februar 2009 at 14:24:

    Der Blogtipp ist herrlich.
    Getoppt wird er nur von deinem Artikel.

    Da ich bei einem weltweit-austrahelndem-Rundfunksender arbeite, kann ich behaupten, dass die chinesische Küche bei uns um die Ecke nur eine Messerspitze der Kostbarkeiten ist.

    Ich würde gerne meinen Geschmackshorizont über Kokos-Curry uns süss-sauer erweitern. Bin über Tipps im Köln / Bonner Raum immer dankbar.

    Beste Grüße,
    Mario

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  2. Kirsten am 22. Februar 2009 at 08:23:

    Du hast ja sooo recht! Ich hab schon vor Jahren der chinesischen Küche abgeschworen. Ich liebe die indische, thailändische und auch vietnamesisch Küche. Aber auch koreanisch und japanisch ist toll! Und wer kein feines asiatisches Restaurant in der Nähe hat, kocht einfach selbst – ist überhaupt nicht schwer!

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  3. Claudio am 22. Februar 2009 at 21:39:

    Mario, Kirsten, allein in Peking gibt es mehr als doppelt so viele Restaurants wie in der ganzen Schweiz! Was die alles so servieren, wurde von Max Küng höchst amüsant im «Magazin» geschildert:
    http://dasmagazin.ch/index.php/maden-in-china/

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  4. katha am 23. Februar 2009 at 16:09:

    wir scheinen da in wien ein bisserl mehr glück zu haben: mir fallen auf anhieb drei sehr gute chinesische restaurants ein: on, goldene zeiten, kaiserlicher thron. und sichuan-küche ist eine meiner liebsten überhaupt. was den herrn raue betrifft: es war weit weniger „chinesisch“ als vermutet, aber nicht weniger aufregend! more to come…

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  5. katha am 23. Februar 2009 at 16:09:

    ps: wer ist der „bünzli“? (niemand, mit dem du bevorzugt essen gehen würdest, nehme ich mal an…)

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  6. peppinella am 23. Februar 2009 at 17:55:

    o ja! und es ist so dermaßen hipp beim mongolen zu essen. und es ist so trendy beim japaner zu meditieren. und…ich mag das alles nicht. gar nicht. am schlimmsten finde ich „asia-crossover-cooking“…also ich sag nur: reisnudel-bolognese…….ma va all’diavolo, schlitzauge, und all jene, die sich damit brüsten, auch die merkwürdigsten undefinierbaren speisen runterzuwürgen.

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  7. Claudio am 1. März 2009 at 17:06:

    Der „Bünzli“ ist in der Schweiz der gemeine „Spiesser“, Katha. Crossover geht gar nicht, Peppinella, ich entwickle gerade eine handfeste Ingwer-Zitronengras-Allergie, wo die das schon überall reinpaschen ist unerträglich.

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  8. Heiko Grabolle am 25. März 2009 at 15:09:

    Ganz toll der Text über China!

    Hier einmal etwas über Brasilien:

    Brasilianische Küche im Mittelpunkt
    Von Heiko Grabolle

    Wieder einmal wurde die Costa Kreutzfahrtenlinie Mittelpunkt der brasilianischen Küche. Mit dabei waren diesmal 12 renomierte Küche aus Brasilien, davon ein Deutscher Koch aus Westfalen und der Restaurantverein Boa Lembrança – Associação da Boa Lembrança (Verein brasilianischer Restaurants der guten Erinnerung) die das Event wie immer tatkräftig unterstützen.

    Die speziellen Aktivitäten der Themenreise 2ª Prata Gourmet, die vom 28. Februar bis zum 09. März 2009 stattfand, wurden von den 12 Küchenchefs und 4 Auszubildenden mit großer Bereitschaft ausgeführt. 450 kg Meeresfrüchte (250 kg Garnelen), 650 kg Fisch-Filet (250 kg Filets Stockfisch), 200 kg Lamm-Carré, 250 kg getrocknetes Fleisch, 300 kg Tomaten, 350 kg Zwiebeln , 200 kg Kartoffeln, 250 kg Manioka, 180 Liter Kokosmilch , 100 Liter Olivenöl und 100 kg Cupuaçuconzentrat, dies sind nur einige Zahlen der Zutaten die wärend der 9 Tage langen Reise für 2680 Passagiere von den brasilianischen Köchen verkocht wurden.

    Costa Kreutzfahrten sind die einzigsten die in Südamerika diese spezielle Themreise mit original brasilianischer Küche anbieten. Die Beteiligung von renommierten brasilianischen Köchen, und dem deutschen Koch, Heiko Grabolle, der schon seit 5 Jahren in Brasilien lebt, erweitern das Angebot um ein vielfaches.

    Zu den Aktivitäten der eingeladenen Köche zählen die verschiedensten Themen: Flavia Quaresma spielte mit den Kindern „blindes Huhn“, die Kleinen Passagiere mussten mit verbundnen Augen Lebensmittel wiedererkennen und beschreiben – in einer anderen Aufführung kochte die Küchenchefin gefüllten Mini-Teigbällchen und kreierte so ein fantastisches Essen für die Kleinen.

    Aber auch die Erwachsenen hatten die Möglichkeit an den verschiedenen speziellen Angeboten, den Workshops teilzunehmen: Zum Beispiel wurden Rezepte mit Moqueca – einem brasilianischem Garneleneintopf, von der Köchin Tereza Paim vorgeführt; Risotto mit getrocknetem Fleisch von Monica Rangel; Teigtaschen mit Meeresfrüchten gefüllt und dargestellt von den Köchen Mariana Palmeira e Dalton Rangel; Informationenen zum Barreado Açoriano, einem klassichem brasilianischen Lehmtopfgericht, gab es unter der Leitung des Deutschen Küchenmeisters und Mitglied im Verband der Köche Deutschlands, Heiko Grabolle. Es gab auch eine Vorführung von Tapiocaplätzchen mit dem Küchenchef César Santos und natürlich gab es auch einen Vorgeschmack von dem asiatischen Koch aus der Stadt Braslília, William Chen Yeng der ein authentisches Yakissoba vorkochte.

    An einem Themenabend bereiteten die Köche unter anderem 2400 „escondidinhos de camarão“ – ein typisches Gericht das aus überbackenen Garnelen mit Mandiok und Käse besteht oder auch 2000 Portionen Stockfischconfit zudem 6.000 kleine Zwiebeln und Frühlingskartoffeln serviert wurden. 1.400 Cashew-Panna-Cotta mit Cupuaçusauce und so weiter…

    Für die Verkostung der Weine war der Koch Paulo Pinho zuständig der die Gäste zu einer zweistündigen Vorführung über Wein einlud. Über 60 Gäste hatten die Möglichkeit die verschiedenen Weine zu verkosten.

    Es wurden auch noch spezielle Themenbuffets am Lido-Deck angeboten wo die Köchin Ana Bueno unter anderem 1600 Knödel aus Trockenfleisch mit Bananenfüllung zubereitete. Der deutsche aus Westfalen, Heiko Grabolle stellte seinen Fischeintopf aus Santa Catarina vor der an 600 Personen serviert wurde.

    Zusätzlich zu den Angeboten wurde in diesem Jahr zum ersten mal ein Kochwettbewerb veranstaltet. Die Gäste konnten sich dazu vorher einschreiben von denen 6 Personen später ausgelost wurden. Unter Leitung der Köche gab es als Aufgabe in nur 40 Minuten ein Risotto für 4 Personen zu kochen. Die Teilnehmer hatten dazu eine grosse Auswahl an verschiedenen brasilianischen Lebensmitteln.

    „Diese Art von Unterhaltung war so erfolgreich dass wir sie schon fürs nächste Jahr in unser Programm aufgenommen haben!“ sagt Heiko Grabolle, der unter anderem auch für die Planung des Events mitverantwortlich ist. „Nur dass wir nächstes Jahr sehr viel mehr Gäste zu verköstigen haben. Auf der Costa Magica mit Ihren 3460 Passagieren!“ bestätigt er fröhlich.

    Und deshalb für alle Freunde der brasilianischen Küche, 3ª Prata Gourmet 2010 auf der Costa Magica – Buchen Sie Ihre Kabine und Ihren Platz am Tisch! Wir wünschen Ihnen schon einmal guten Appetit – Saúde.

    Für mehr Informationen wenden Sie sich bitte an den Küchenmeister Heiko Grabolle
    http://www.heikograbolle.com
    http://heikograbolle.blogspot.com

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