Ein toller Schnappschuss, der meinem lieben Freund und Koch Glyn da gelungen ist: Ich in bester Hitchcock-Pose, wie ich meine investigative Nase in die Causa Conegliano Valdobbiadene Prosecco Superiore stecke.

Angestrahlt vom Beamer, während ich mich mit dem Direttore des Consorzio, Giancarlo Vettorello, unterhalte. Grazie, Glyn!

Am liebsten würde ich alle Events, die das Weinmagazin Vinum regelmässig organisiert, besuchen. Das Konzept könnte man in etwa so bezeichnen: Koryphäe präsentiert Konsortium, Kellereien und Kultur. Wie letztes Jahr mit Filippo Bartolotta über Brunello. Und das verspricht einen breiten und lehrreichen Einblick in ein Weingebiet – manchmal inklusive Tastingmenü.

Am Mittwochabend war das Thema in der Kunsthalle, Basel, Food & Wine Pairing mit Prosecco Superiore. Die erstaunliche Erkenntnis: Prosecco Superiore geht erstaunlich gut mit ganz vielen Speisen und hat nichts mit billigem Apéro-Cüpli zu tun. Die Weine aus Toplagen, den Rive, bieten eine unheimlich differenzierte Vielfalt. Dazu sind sie im besten Sinne leicht und durchaus demokratisch.

B wie Bichsel, oder der Bollicine-Bewunderer DOCG. (Foto: foto-salva.ch)

Ex Vinum-Chefredaktor Rolf Bichsel führte mit Berner Nonchalance und wohl dosiertem Fachwissen durch den Abend. Und das Beste für alle, die ihn verpasst haben: Auf seiner Seite findet man eine besondere Leseperle zum Thema – das mehrseitige Extra «Die Welt des Prosecco Superiore» über Herkunft und Herstellung (alles Handarbeit!), mit Winzerportraits und Reise- und Gastrotipps für eine zweifelsohne lohnenswerten Erkundungstour in die süperbe Region.


Abstimmungswochenende

Blöde Frage: Was macht ein Foodblogger lieber – seinen Geburtstag feiern, oder für Vinum das Wochenende durchkochen und portugiesische Weine darauf abstimmen? Eben, blöde Frage.

Der Vorteil für die Leserschaft dieser Seiten: Ich verschenke schon heute einen Einblick. Ins Heft kommt das Wine & Food Pairing in der Dezemberausgabe.

Insalata di Polpo, Salat vom Oktopus, ist eine feine Sache. Im Sommer mache ich ihn gerne mit Stangensellerie, Peperoncino, Knoblauch, Olivenöl und Zitrone. Dieser hier ist sozusagen die Winterversion.

Ich schmore ihn wie für den sommerlichen Salat im eigenen Saft: Olivenöl mit Lorbeerblatt, Selleriestange, Knoblauch, und Peperoncino erhitzen. Polpo dazugeben, Deckel drauf, 1 Stunde bei kleinster Hitze weich schmoren.

Dazu kippe ich nach halber Kochzeit aber eine Schalotten-Wein-Reduktion (von 4 dl auf 1 dl). Das Resultat: Intensiver, tiefer Eigengeschmack. Ein Traum. Ich hab nicht einmal gesalzen.

Der 2007 Dolium Reserva ist intensiv, komplex und elegant. Passt mit seinen leichten Noten von roten Peperoni wunderbar.

Diese kleinen Freunde hier, Calamaretti, habe ich einfach zum Oktopus in den Topf gegeben. Aye! Gute Idee. Kann ich als Vorspeise so was von empfehlen. Sind butterzart. Die müssen nicht gefüllt, nicht gewürzt oder sonst wie aufgemotzt werden. Der Tintenfisch, der Weinjus, perfetto.

Am ersten Kochabend besucht mich ein Freund. Er war im Piemont und sagt, er hätte ein Problem: Weisser Alba-Trüffel. Den muss man jetzt essen! Kein Problem, sag ich. Trink dich durch acht portugiesische Weine und dazu verputzen wir etwas Kleines mit Trüffel.

Als Erstes gibt es ein Slow Egg nach Christian Seiler. Seidenweich und trüffelreich. Der junge, eher leichte Fagote Reserva 2010 gesellt sich mit seiner Frische gut dazu.

Als Primo gönnen wir uns Tajarin mit einer Butter-Käse-Sauce und weiterem Trüffel (dazu trinken wir uns durch die portugiesische Weinpalette. Schöne Weine).

Nebst dem leicht narkotisierenden Trüffelduft, der die Küchenluft schwängert, betört uns schon die  ganze Zeit das schwere Bouquet vom Ragù, das schweigend auf dem Herd vor sich hin simmert. Seit fünf Stunden.

Wir können uns nicht zurückhalten und werfen ein paar Pappardelle ins schäumende Salzwasser. Die Fleischsauce ist so dick und intensiv, dass der Herzschlag einen Gang hochschaltet.

Als Nachspeise gönnen wir uns Parmesan. Einen alten Malandrone. Sehr alten sogar. Er hat unglaubliche 120 Monate auf dem Laib! Schaut nur die Salzkristalle, sehen sie nicht aus wie Sterne am Käsefirmament?

Am nächsten Tag brate ich behutsam eine Wildenten-Brust auf der rautenförmig eingeschnittenen Haut. Karamellnoten steigen auf. Ich lasse sie im Ofen bei 100 Grad ruhen und ziehe eine Rotwein-Port-Sauce mit frischen Preiselbeeren.

Das Ganze begleitet von einer schlichten Bramata-Polenta. Schon beim Degustieren vom 2010 Monte da Ravasqueira wusste ich, zu dieser tollen, vollreifen Fruchtnote, muss es Ente sein. Ein sehr schöner Pas de deux.

Für den 2008 Herdade da Servas (70% Syrah, 30% Touriga Nacional) wähle ich schlichte Past‘ e fagioli.

Der Wein ist charmant ausbalanciert und passt mit pfeffrigen Noten sehr gut zu den Umami-Komponenten Bohnen, Sellerie, Knoblauch, Tomate.

Den 2007 Perescuma Reserva mit komplex-würzigen Aromen, Frische und Wucht kombiniere ich mit einem scharf gebratenem und sanft zu Ende gegarten Lamm-Coquille auf Couscous und gebratenen Auberginen.

Beim Verkosten des 2008 Herdade do Portocarro war klar. Dieser gerbstoffreiche companheiro verträgt fettige, sukkulente Speisen. Ein Saucisson aus Neuchâtel bei dem das Fett nur so rausspritzt kombiniere ich mit Rippchen und Salzspeck.

Die süssen Komponenten vom Rotkraut und den glasierten Marroni bringen dann die fruchtigen Noten vom Wein sehr schön nach vorn.

Ein Sonntagsessen sondergleichen wurde das schlichte Ossobuco mit Safranrisotto alla Milanese (und seit dieser Nummer halte ich mich an das asketische Rezept).

Elegant herausgeputzt kommt auch der 2008 Herdade da comporta daher. Lang ist er, mit weichen Tanninen und feinen Holznoten.

Den nimmt man nach dem Essen auch gerne mit aufs Sofa rüber, um dem sonntäglichen Nickerchen sanfte Träume zu entlocken.

Aber vorher muss noch die Paarung Monte da Ravasqueira 2009 mit Salsiccie al Monte de Ravasqueira (statt al Barolo) getestet werden. Na ja, eine Kombo muss auf dem letzten Platz landen.

Eigentlich liebe ich dieses Gericht: Peperoncino geschärfte Salsiccie al Finocchio braten, mit einer Flasche Wein aufgiessen, Kartoffeln und Pepperoni dazugeben und warten bis alles gut wird.

Hier hat es nicht so richtig funktioniert, denn die Säure überwiegt und auch die Schärfe ist dem Wein nicht zuträglich (die Eiche ist zu dominant). Dieser fällt im Vergleich zum 2010 (der mit der Entenbrust) ohnehin deutlich ab. (Zu den Tajarin al Tartufo hingegen, hat er sich sehr gut verhalten).

Was die verpasste Geburtstagsfeier betrifft: Die Kocherei und Testerei hat mich mehr als entschädigt!


Commedia di Vino

Beschreibt Montalcino wie Dante das Inferno: Weindozent Filippo Bartolotta.

Ausgerechnet er, gebürtiger Florentiner, und somit ein natürlicher Feind der Sieneser, doziert über Wein an der Università di Siena. Und dann noch wie! So lebhaft und packend, dass das Präsidium des Consorzio del Vino Brunello di Montalcino ihn für die Promotionstour 2012 engagiert hat.

Heute doziert er in Zürich. In einer süffigen Assemblage aus Italienisch-Englisch und mit einem Timbre, als hätte er seine Stimmbänder im Fass ausgebaut. Ja, Fass. Denn dieses andere Wort, *arrique, an das darf man heute nicht mal mehr denken! Total verpönt. Heute heisst der Tenor Terroir.

Und dorthin führt seine Reise. Ins toskanische Montalcino. An dieses abgeschiedene Fleckchen Erde. Mit den abgeschotteten Menschen. Die diese abgedrehte Rebe pflegen. Sangiovese. Oder Bastardo, wie die Bauern sie liebevoll nennen, weil die Traube so dünnhäutig ist.

Dazu degustieren die geladenen Gäste den Jahrgang 2007. Um nur einige zu nennen: Casiano Colombaio, Col d’Orcia, Fossacolle, Ferrero, Scopone, Fanti, Collemattoni oder Uccelleria.

«The Brunello 2007 has a great approachability. Do you agree?» Ja, klar. Würde sogar zustimmen, wenn er sagen würde: «The Brunello 2007 makes the world a better place».

Was würde man mehr wollen, als mit dem Blick über die Hügel von Montalcino streichen, einen Teller Tagliatelle al Tartufo vor sich haben, eine Tagliata auf dem Grill wissen und dazu einen gehörigen Schluck Brunello kauen?

Mehr Brunello trinken? Schliesst euch den Schweizern an, die haben den höchsten Brunello-pro-Kehle-Verbrauch weltweit. Mehr über Wein wissen? Lest das Weinmagazin Vinum, die haben diesen gelungenen Anlass organisiert. Mehr von Filippos Reisen erfahren? Schaut euch seine Luxury Vacations an.



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