Angschtochn is!

Spargeln Hollandaise

«Schpàrischla» heissen die Spargeln im Unterelsass. Und so schmecken sie auch: unnachahmlich.

(Den Süddeutschen, die jetzt lautstark vor ihrem Bildschirm protestieren, werfe ich der Fairness halber auch einen Stein ins Gärtchen: Ich gelobe, eines Tages die Badische Spargelstrasse unter die Räder zu nehmen.)

In der Zeit, als ich beruflich viel in Strassburg zu tun hatte, brauchte ich nur René im Büro anzurufen: «Isch kùm am Mondàà ùf Schtroossburi, kannsch dü mer drei Kilo Schpàrischla rischta, s‘il te plaît?», um zu den besten – und frisch gestochenen! – Spargeln zu kommen.

Kein Vergleich zu den meist dickeren aus dem provenzalischen Cavaillon, mit denen ich meine Saison eingläutet habe. Aber für 8 Franken 50 das Kilo habe ich mich gerne verführen lassen.

Keinen Spass verstehen die Elsässerinnen, wenn es um die Mayonnaise zu den Spargeln geht. Da konnten sie noch so auf kochfaule Bürotussi machen, wenn es um Mayo ging, waren sie radikal: Selbst gemacht oder gar nicht!

Wer dagegen hielt (so wie ich, als ich noch Mayo aus der Tube drückte), wurde mit verständnislosem Kopfschütteln als Waschlappen abgekanzelt.

Ausweichen durfte man höchstens auf Hollandaise oder auch , aus weiblich-kalorienstrategischer Sicht, Vinaigrette: ebenfalls selbstgemacht, hors de question.

Oh ja, diese unerbittliche, kompromisslose Haltung beim Kochen ist genau «ma tasse de thé», wie man in Frankreich sagt. Und die Elsässer sind da sehr geübt.

Auch der Umgang zwischen den Geschlechtern ist übrigens rustikal und direkt. Einmal sassen wir zu Tisch. Eine junge Assistentin beklagte sich bei mir über Rückenschmerzen. Und ich hörte ihr voller helvetischer Empathie zu.

Als ihr Vorgesetzter ihr Wehklagen bemerkte, sprach er: «Was màchsch dä dü fir a gschisseni Fratz!?» und quittierte ihr «oh, rien, j‘ai seulement mal au dos» mit der Bemerkung: «Wùrsch àllewej wìder rùmgebockt han wia a Ochs das Wùcha-n-and!», und damit war die Sache vom Tisch.

Die Kraftausdrücke und Drèckworter gehören für mich sowieso zum Liebenswertesten an diesem Dialekt.

Meine Hollandaise habe ich mit dem Stabmixer im Shaker (den ich ins Wasserbad halte) zubereitet – aber natürlich mit geklärter Butter und den standfesten Schaum bekomme ich durch Zugabe von kaltem Rahm hin.

Beim zweiten Service habe ich der Hollandaise noch einen ordentlichen Batzen von meiner Bärlauchbutter untergejubelt (kleine grüne Tupfer im Bild) – wow! kann ich da nur mit stinkendem Eigenlob verbreiten: 10 out of 10.

Spargel Baerlauch Hollandaise

Dazu habe ich am liebsten Roh- und Kochschinken und viel dick bebuttertes Brot.

Und bitte, bitte, liebe Spargefreunde. Könnt ihr mal mit den elend überflüssigen Vergleichen zwischen grünem und weissem Spargel aufhören? Wenn euch der weisse nicht passt, wunderbar, dann hats eben mehr für mich. Aber ich möchte nie mehr hören, dass er weniger interessant oder vielseitig ist. Er passt euch nicht – kauft ihn nicht. C’est tout.

Dass man mit den Spargelenden und etwas Spargelwasser eine ganz passable Basis für ein feines Süppchen hinbekommt ist ja bekannt (wer behauptet, Schalen auskochen ergibt ebenfalls akzeptable Resultate lügt oder weiss es nicht besser).

Nun habe ich jedoch zum ersten Mal richtig dick Schaum geschlagen und am nächsten Tag einen angeberischen Spargelcappucino mit Resten zubereitet:

Spargelenden pürieren, durch ein feines Sieb streichen, etwas vom aufbewahrten Spargelwasser (in meinem hats immer Salz, Zucker, Butter) dazu und aufkochen. Ein paar Löffel der aufbewahrten Hollandaise dazu und während fünf Minuten auf kleiner Hitze konstant mit dem Stabmixer glattrühren.

Nach Belieben weiteren Rahm dazugeben, mit Salz und Pfeffer abschmecken und in einem kleinen Espressoglas als Frühlings-Starter servieren.

Spargel Cappuccino


12 Kommentare zu Angschtochn is!

  1. Mike Seeger am 19. April 2008 at 09:32:

    Ich liebe Spargel! Bei mir hats im Spargelwasser aber noch etwas Zitrone. Deinen Frühlingsstarter werde ich ausprobieren, sieht sehr interessant aus (Ich hab nicht „lecker“ geschrieben, nein, ich hab nicht „lecker“ geschrieben!)
    Am liebsten esse ich den Spargel „altdeutsch“, d. h. mit brauner Butter, in der Semmelbrösel knusprig gebacken wurden. Dazu roterdige Sieglinde Galatina aus Italien und geräucherten Knochenschinken aus Westfalen oder Tiroler Speck. Ebenfalls gern von mir dazu gegessen: ein paniertes, ca. 5 cm hohes Schweinskotelett mit leichtem Fettrand. So! Jetzt habe ich Spargel-Hunger! Dabei musss ich leider gleich in den Osten düsen; aber da soll es auch ganz guten Spargel geben.

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  2. Boris Zatko am 19. April 2008 at 11:51:

    Die Enden der Spargeln sehen spitze aus. Ich bin schon gespannt auf Gabors Kommentar, schon wegen seinen Spargeln vor genau einer Woche. Übrigens, Gabor, wie ist dir denn eigentlich der Braten gelungen?

    Viele liebe Grüße

    Boris

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  3. BerlinKitchen am 19. April 2008 at 13:48:

    Aber bitte Mike, doch kein „geräucherten Knochenschinken aus Westfalen oder Tiroler Speck“ zum Spargel.
    Das ist eine Vergewaltigung!

    Ich liebe den Spargel am liebsten mit Butter/Olivenöl und darüber frischer Parmesan. Klassisch mit Hollandais ist natürlich auch hervorragend. Ich habe im letzten Jahr eine neue Methode à la Hans Haas/Rest. Tantris ausprobiert, auch fein. Der Spargel wird da in Alufolie mit viel Butter im Ofen gegart.

    Rezept: http://berlinkitchen.com/berlinkitchen/BerlinKitchen/Entries/2007/4/25_Asparagus_“H._Haas”.html

    Zubereitung: http://berlinkitchen.com/berlinkitchen/Slideshow_Asparagus_Haas.html

    Grüße,
    Martin
    http://www.berlinkitchen.com

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  4. zorra am 20. April 2008 at 07:56:

    Ich bin am sabbern!

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  5. Mike Seeger am 20. April 2008 at 10:41:

    Martin, gerade der Kontrast zwischen dem zarten Spargel und dem geräucherten Schinken ist es, der mich anmacht. Meine Bröselbutter besteht übrigens auch zur Hälfte aus Olivenöl; hatte ich vergessen zu erwähnen. Parmesan zu Spargel? Nicht für mich. Der Parmesan hat die Eigenschaft überall die Geschmackshoheit eringen zu wollen, was ich zum Spargel eher unpassend finde. Aber eine schöne Vinaigrette mit gewürfeltem Eiweiß, Schalottenwürfeln, einem aromatischen Weinessig und gutem Olivenöl? Immer gerne. Die Geschmäcker sind halt verschieden. Das Haas-Rezept werde ich aber unbedingt ausprobieren. Nächstes Wochenende ist Spargelwochenende bei uns. Das wird man dann auch am Geruch auf der Toilette feststellen können 😉

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  6. Claudio am 20. April 2008 at 20:20:

    Boris: Ja, Gabor, sag! Übrigens, Boris, Libor, ein Tscheche, macht eine Hammersauce mit Sauerrahm. Darin versteckt er viele, viele Mayokalorien, Gewürzgürkchen und Schinkenwürfel. Steve hortete immer dermassen viel Sauce (auch wenn er noch keine Spargeln hatte), dass er fortan von uns Hortensia genannt wird.

    Martin: Wusste gar nicht, dass du so unerbittlich-Elsässer-Bürotussi-mässig drauf sein kannst 😉

    Zorra: Hast du dich denn nicht daran satt gegessen, als du letzte Woche deine Heimat besucht hast?

    Mike: Du Glücklicher! Wie kommst du an Sieglinde Galatina? Roterdig gibts hier nur welche aus Zypern, aber die sind auch ein echter Knoller! (Als Bratkartoffel mit Schale und Salbeiblättern, hmm!)

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  7. Mike Seeger am 21. April 2008 at 07:35:

    Du wirst es kaum glauben: EDEKA (aktiv) – Markt. Das Kilo zu 1,99 € (Ungefähr 3,20 Franken).

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  8. Claudio am 21. April 2008 at 08:43:

    Echt? Höchste Zeit, dem grenznahen Hieber (auch Edeka) wieder mal einen Besuch abzustatten. Der dürfte jetzt auch badischen Spargel haben und – eine Spargelschälmaschine im Laden! Die fotografier ich. Genau.

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  9. zorra am 21. April 2008 at 17:15:

    Es wurde mir immer nur grüner Spargel aufgetischt, leider. 😉

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  10. Claudio am 21. April 2008 at 17:17:

    Gsehsch jetzt, immer diese Grünspargelfresser!

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  11. BerlinKitchen am 22. April 2008 at 08:50:

    „Elsässer-Bürotussi“

    Wie bitte?! ha,ha,ha…………habe ich ja noch nie gehört.

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  12. Claudio am 22. April 2008 at 12:07:

    Na klar, bei Bollis Spargelsauce hast du auch wieder rumgezickt (hab dich schon gelesen!). Obwohl, so Meckermacken mag ich schon noch. Nur das mit dem Parmesan seh ich jetzt ehrlich gesagt auch eher bei grünem Spargel (mit Olivenöl und Zitronensaft, dazu ein flachgeklopftes Kalbskotlett – perfekt!).

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