Kalbsfilet Medaillons

Diesem Gericht sieht man an: Da ist jemand schwer verliebt in Röstaromen.

Da wären einmal drei gnadenlos scharf angebratene Kalbsfiletmedaillons, eine Sauce aus weisser Balsamicoreduktion, Demiglace und Rahm, dazu in Butter geröstete Spätzli und weisser, karamellisierter Spargel aus dem Ofen.

Ich gebs zu, ich bin ein Maillard-Reaktionär. Ich bin verrückt nach intensiven Röstaromen, Karamellisiertem und scharf Angebratenem. Und Schuld daran hat allein die Maillard-Reaktion.

In der Bäckerei bin ich der Schnösel, der insistiert, nicht dieses, bitte das andere Brot mit der dunkleren Kruste! Gratins und sogar Torten befreie ich nicht aus dem Ofen, bis sie eine anständige Portion Acrylamid gebildet haben.

Das macht übrigens auch eine gute Rösti zu einer guten Rösti.

Ich liebe geröstetes Gemüse, auch wenn es anschliessend in einer Sauce schwimmt und natürlich taff getoasteten Arabica als Espresso.

Aber was mich richtig wütend macht, ist, wenn man Fleisch nicht heiss und lange genug anbrät. Aha, den konspirativen Zischlauten entnehme ich, dass hier Kenner am mitlesen sind. Gut so.

Nur ein Gruselbeispiel: Hackfleisch oder Ragout, das grad mal so weit erwärmt wird, bis es Wasser zieht und dann gemütlich vor sich hindampft. Ein klassischer Fauxpas, nicht?

Und dann – hopp – mit Flüssigkeit wie Tomaten, Bouillon oder Rahm bedecken und sich darüber wundern, dass Fleisch und Sauce diesen eigenartig metallischen Geschmack haben, als würde man sich eine blutende Wunde lecken.

Was ich bis jetzt jedoch noch nie probiert hatte, ist weissem Spargel auf die Maillard-Sprünge zu helfen. Dank Martin und Mike hab ich es versucht und es ist – logisch – der Hammer!

Auf zwei Lagen Alufolie kommen zwei Prisen Zucker und Salz, dann der Spargel, Olivenöl, Butterflocken und nochmals zwei Prisen Zucker und Salz.

Spargel

Nach 30 Minuten im 220 Grad heissen Rohr sieht das dann so aus. Duft und Geschmack aus dem eigenen Saft sind umwerfend. Wer mag, kann etwas Schnittlauch darüber geben.

Spargel 2

Zum Fleisch: Die Kalbsfiletmedaillons sprangen mir mit einem aggressiven 50%-Sticker ins Auge. Coop, Bio, gesehn, gekauft. Auffällig dunkel-, nicht hellrosa, was nach Vincent Klink eh besser ist.

Mit wenig Mehl bestäuben und in einer sehr heissen, unbeschichteten Stahlpfanne mit Butter und Öl 1 Minute pro Seite anbraten. Salzen, pfeffern und Fleisch im 80 Grad warmen Ofen ruhen lassen.

Fett aus der Pfanne wischen. Bratensatz mit einer halben Tasse weissem Balsamico-Essig lösen und fast ganz verdampfen lassen. Dann – sofern man hat – 6 Würfel gefrorene Demiglace auflösen und auf bonbonartige Konsistenz reduzieren. Einen Viertelliter Rahm dazu und mit Salz und Pfeffer justieren. Aufmixen.

Eine Röstung mag ich übrigens nicht: Sich die Pfoten beim Kochen verbrennen.


17 Kommentare zu Ein Hoch auf die Maillard-Reaktion!

  1. BerlinKitchen am 19. Mai 2008 at 07:43:

    😉

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  2. Bolli am 19. Mai 2008 at 07:43:

    Sieht klasse aus!

    Ich bin eher das Gegenteil, frage in der Boulangerie immer nach dem hellsten Baguette, aber, alles andre muss auch scharf an der Grenze zum Verkohlten sein……….

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  3. Mike Seeger am 19. Mai 2008 at 09:25:

    Als ich, „anno dunnemal“ im Burghotel Hardenberg arbeiten dufte – damals noch unter Küchenchef Ammann mit einem Michelin-Stern gesegnet – hätte man mich unter Prügelstrafe gestellt, wenn ich ein edles Stück Fleisch so scharf angebraten hätte. Röstaromen ja, harte Kruste nein. Ich persönlich mag es auch lieber etwas dunkler angebraten (schwarz ist noch lange nicht verbrannt 😉 ), so wäre auch meine erste, missglückte Version des gegrillten Spargels etwas für Dich gewesen.
    Kalbfleisch ist so eine Sache: Echtes Kalbfleisch gibt es kaum noch, es kommt nicht in den Handel. Echtes Kalbfleisch heißt: Ein Kalb, nur mit Muttermilch großgezogen, bei dem also noch nicht alle Mägen etwas zu tun hatten. Das Fleisch ist dann wirklich noch rosa. Die Produktion ist allerdings unrentabel, weil noch nicht sehr viel Fleisch „geerntet“ werden kann.

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  4. katha am 19. Mai 2008 at 10:40:

    „…als würde man sich eine blutende wunde lecken“. jawohl. und es geht noch schlimmer: wokgerichte, die keine sind (weil die hitze fehlt), hell gebratene, aber furchtbar zähe fleischstücke, nicht durchgebackenes brot, gatschiger, halbroher mürbteig (besonders böse) und leute, die die pfanne mit dem allerheiligsten einfach in die abwasch stellen. wie kann man nur so blöd sein? zur befriedung gegenbeispiele: die rein (=form) vom schweinsbraten, der bei uns zuhause nienienie aufgegossen werden durfte. gegrillte melanzani, die dann allerlei andere gerichte mit ihrem röstraucharoma durchdringen, frisch gebackene, knusprige linzeraugen direkt aus dem ofen mit schöner farbe (bleiche können mir gestohlen bleiben) und natürlich das steak vom grill. beim lamm wird’s besonders knusprig, braun und aromatisch.

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  5. Claudio am 19. Mai 2008 at 15:50:

    Bolli: Hier gibts haufenweise gutes Brot, aber kein anständiges Baguette: zu schwammig.
    Mike: Na, bitte. Diese Spitzenköche wissen einfach nicht, was uns schmeckt. Hast du das Bild von Küchenchefin Katja Burgwinkel gesehn? Ob die das auch so hält wie ihr Vorgänger? Wie oft habe ich in Sternelokalen ein zwar butterzartes Rindsfilet bekommen, aber es hatte null Kruste. Ich hab dann immer das Gefühl ich muss einer alten Frau in den lauwarmen Innenschenkel beissen …
    Katha: Wusst ichs doch, dass von dir konspirative Zischlaute kommen. Schön so.

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  6. BerlinKitchen am 19. Mai 2008 at 20:03:

    „Ich hab dann immer das Gefühl ich muss einer alten Frau in den lauwarmen Innenschenkel beissen …“

    ha,ha,ha……

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  7. Mike Seeger am 20. Mai 2008 at 08:44:

    Zu dem Innenschenkel fielen mir eine Menge Ferkeleien ein, die ich aber mal weglasse – vorerst. Das Bild habe ich gesehen; Du meinst das, wo sie gerade an einem Tellergericht rumklöppelt, oder? Es sind ja Überlegungen im Gange, in der Kochsparte eine neue Berufsbezeichnung einzuführen: Food-Architekten.
    Ich war bei der Dame noch nicht essen, kann es nicht sagen, vermute aber, dass das Wort „scharf“ weder bei ihr, noch bei der Speisenzubereitung Anwendung findet.
    Warum muss ich jetzt dauernd an Fisch denken?

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  8. Claudio am 20. Mai 2008 at 11:02:

    Es gibt noch ein zweites – schärferes – Bild: Link im zweiten Textblock vom Gourmet-Restaurant Novalis. Ich denke mal, sie ist die Antithese von Sarah Wiener, oder zumindest kann ich mir schlecht vorstellen, dass sie in Minirock und hohen Stiefeln kocht. Das wiederum könnte per se schon mal von Vorteil sein – kulinarisch, mein ich.

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  9. lamiacucina am 20. Mai 2008 at 11:08:

    darum brate ich auch niedergegartes Fleisch erst nach dem Niedergaren an, dann weiss ich worauf ich kaue.

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  10. Claudio am 20. Mai 2008 at 17:03:

    Wie ein richtiger Profi also.

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  11. Boris Zatko am 21. Mai 2008 at 08:20:

    Claudio, die Spargeln sind wunderbar geworden. Danke für den Tipp!

    Viele liebe Grüße

    Boris

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  12. Daniela am 22. Mai 2008 at 13:46:

    Wir bereiten den Spargel auch so zu, bei uns kommt am Schluß noch ein Spritzer weißer Balsamico drüber, das gibt noch mal nen richtigen Kick.

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  13. B.A, am 4. Juni 2008 at 18:07:

    schonmal was von ages gehört? und glykotoxinen?….“Die hohen Temperaturen beim Grillen und zum Teil ebenfalls beim Braten bewirken, dass Speisen besonders hohe Mengen an AGEs enthalten. Werden diese verzuckerten Proteine mit der Nahrung aufgenommen, erhöhen sie auch den AGEs-Blutspiegel im Körper deutlich. Somit kann der übermäßige Genuss von Gegrilltem die Gesundheit nachhaltig gefährden. Das Wissenschaftlerteam um Helen Vlassara empfiehlt daher, bei der Zubereitung von Speisen eher auf das Dünsten und Schmoren zurückzugreifen. Natürlich heißt das nicht, dass das Grillvergnügen damit generell tabu ist. Letztendlich gilt wie überall im Leben: Auf das richtige Maß kommt es an …“
    Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin der Deutschen Diabetes-Klinik des Deutschen Diabetes-Zentrums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
    Quelle: Uribarri J, Cai W, Peppa M et al. Circulating glycotoxins and dietary advanced glycation endproducts: two links to inflammatory response, oxidative stress, and aging. J Gerontol A Biol Sci Med Sci 2007; 62: 427-433

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  14. Claudio am 5. Juni 2008 at 09:38:

    Danke für den Hinweis, mein Osteopath hätte seine Freude daran. Er gab auch schon den Rat ab, nicht übermässig Geröstetes zu verspeisen, weil es in vielerlei Hinsicht den Organismus belasten kann. Mein Rat an Genussmenschen ist, sich nicht von Meinungen verrückt machen zu lassen und Erkenntnisse aus der Ernährungswissenschaft mit Vorsicht zu geniessen. Es gibt unzählige Beispiele dafür, wie einseitig Forschungsergebnisse interpretiert werden und Ernährungsempfehlungen über die Jahre elegante 180-Grad-Wendungen nehmen (Butter, Kohlenhydrate, Kaffee, Rotwein, Salz etc. Udo Pollmer lässt grüssen). Einseitigkeit vermeiden ist denn auch das einzige Credo, das für mich Sinn macht. Mit einer ausgewogenen, wenn möglich mediterranen, Mischkost tut man seiner Gesundheit sicher schon mal einen Gefallen. Und kann, vorausgesetzt die eigene Erbanlage macht einem keinen Strich durch die Rechnung, sich auf ein langes Genussleben freuen.

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  15. Ché Borko am 30. Juni 2008 at 17:56:

    Die Idee für den Spargel ist ja super… schade, hab ich viel zu spät gelesen. Vielleicht bekomme ich heut noch einmal Spargel, bei uns sind die Felder quasi direkt vor der Tür, nur ich glaub die Saison ist offiziell vorbei?!

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  16. Zoolicious am 23. August 2008 at 22:01:

    Hallo Claudio!

    Vorhin saß ich rum und wusste nicht was ich einkaufen sollte.
    Du hast mich inspiriert, und ich zog los.
    Wieder kam ich mit einem Schweinefilet, und diversen anderen Zutaten, so wie Spätzle. 😀
    Heraus kam das:
    http://www.britishbeef.de/lalala.jpg
    Ja, das Getränk passt nicht optimal. Aber ich musste meinen Kumpel ja irgendwie in die Wohnung locken.

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  17. Spargelquiche für Bärbel am 8. Juni 2011 at 18:56:

    […] Und jetzt noch die Sache mit dem Spargel vom Blech. Die gibt es hier […]

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