Tiberino Pappardelle con Ragu_s

Weltraumpasta aus Italien. Ich hab mich durchgebissen. Für euch. Für die Nachwelt.

Wieso tut man sich als Feinschmecker so was an? Ich kann es euch sagen: Neugier. Ich meine, wer seine napoletanischen Fleischspezialitäten in so schönes Papier wickelt, der wickelt auch mich ein.

Mandara Macelleria Milano

Diese «Boutique del Gusto», ich nenne so was Metzgerei, in der Nähe der Mailänder Piazza del Duomo hat mich magisch angezogen. Auf die Frage, welche einzigartigen Produkte aus ihrem Sortiment ich unbedingt probieren muss, hat der Metzger nicht lange gefackelt: Alles was wir in der Nähe von Napoli selbst herstellen und hier verkaufen.

Da wären die richtig gute Mozzarella di Bufala, geräucherte Scamorze, Provolone, grobe Salami tipo napoletano mit grossen Fettwürfeln und sensationelle frische und getrocknete Salsicce. Normale, geräucherte und superscharfe. Und auch typisches napoletanisches Gebäck wie die Sfuiatell‘, Pastiera oder Babbà sind stadtbekannt.

«Und was geht mit dieser Pasta?» frag ich ihn, als ich meine Einkäufe bezahle. «Ganz okay. Alles natürliche Zutaten.» «Selber schon gegessen, wie schmecken sie?»

Tiberino Packshot_s

«Ich? Also nein. Ich hab die noch nie probiert. Aber unsere Kunden kaufen die regelmässig und sind begeistert.» Hm, was soll man von gestressten Milanesi halten, die lieber Trockenfutter in die Pfanne hauen als selber schnell eine Pasta zu kochen? «Probiers halt, dann weisst dus», meint der Metzger.

Ich werfe einen genaueren Blick drauf: Oha! Der Namensgeber ist ja voll der Hipster. (Und das bereits seit der Gründung im Jahre des Herrn 1888.)

Tiberino Label_s

Und noch etwas entdecke ich auf der Packung. Die vier Buchstaben NASA. Wow! Das ultimative Killer-Verkaufs-Argument. Ich weiss das. Ich schaue oft (und gerne) Dauerwerbesendungen. Da fehlt es Sekunden vor dem Bestelltelefon so gut wie nie als Zünglein an der Waage. Und es wiegt schwerer als Gold. Härter kannst du ein Produkt nicht prüfen, als durch die NASA. Das weiss jedes Kind.

Und diese Pasta wurde 2007 und 2011 von der NASA anerkannt! (Wusste zwar nicht, das im Weltall schwebende Techniker die massgebliche Instanz in Sachen Kulinarik sind, aber egal). Einen TV-Bericht darüber gibt es hier.

Und auf der Firmenwebsite der apulischen Sudalimenta gehts weiter mit aktuellen NASA-Commitments und jeder Menge Produkte, die eigentlich einen ganz ordentlichen Eindruck machen.

Zuhause kippe ich, zack! den Inhalt des Palstikbeutels auf einen Teller und begutachte die zerbrochenen Pappardelle und die dehydrierte Würzmischung.

Inhalt Tiberino Pappardelle

Man muss dazu sagen. Dehydrieren, also trocknen, ist nicht die schlechteste Art der Lebensmittel-Konservierung. Besser als jede andere Methode, die Konservierungsmittel welcher Art auch immer verwendet. Niemand kann zum Beispiel etwas gegen getrocknete Pasta oder Hülsenfrüchte einwenden.

Und wenn das Ausgangsprodukt gut ist, sollte auch das Resultat nach dem «Regenerieren» (so nennen Gastroprofis das Wiederaufbereiten von Speisen – ich mag das Wort, aber nicht unbedingt den Prozess) akzeptabel sein.

Die Zubereitung ist wirklich idiotensicher (schafft sogar ein Astronaut in der Schwerelosigkeit). Inhalt mit Wasser und  Olivenöl zum Kochen bringen …

Pappardelle in padella

… und tatsächlich, nach 12 Minuten ist das Wunder vollbracht: Ecco pronta la Pasta!

Pappardelle pronte

Bisschen Parmesan drüber und fertig.

Pappardelle Tiberino close_s

Sieht aus wie liebevoll gekochte Pappardelle con Ragù, ist aber eine Simulation.

Auf der anderen Seite: Ich hab in italienischen Restaurants – leider, ganz ehrlich – schon viel schlechtere Pasta gegessen.

Aber meins ists trotzdem nicht. Schon gar nicht, wie die Etikette verspricht, il Primo come piace a te! Die Pappardelle sind eine Spur zu dick. Auch wenn sie einen angenehmen Biss haben und nicht quellen. Die Sauce schmeckt intensiv nach (guten) getrockneten Tomaten. Insgesamt aber zu eindimensional, als hätte man nur Tomatenmark mit Wasser gemischt. Das Fleisch hat so gut wie keinen Geschmack.

Fall ihr also demnächst zufällig diese Pasta in Italien entdeckt und sie in eurer Ferienwohnung verputzen möchtet: Kann man machen, muss man aber nicht. Die Zeit, die ich zum Kochen einer eigenen Pasta spare, wäre es mir nicht wert.


11 Kommentare zu Selbstgeisselung: Plastik-Pasta.

  1. Michaela am 14. Juni 2015 at 22:45:

    Sehr lecker *urks* Also ich denke auch, ein einfaches, leckeres Pastagericht bekommt man auch schnell hin ohne ominösen Tüteninhalt aus bella Italia.
    Nichts desto Trotz, ich fand den „Test“ witzig und das aussehen des unfertigen Nudelgerichtes…ein bisschen wie Plastikstreifen mit Ziegel und Mauerresten dekoriert 😀

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  2. Houdini am 15. Juni 2015 at 01:34:

    Na ja. Als Astronauten- oder Bergwanderer-Futter vielleicht ok, müsste aber ohne 12 minütiges Kochen gehen, allein mit heissem Wasser und mit Warten. In etwas mehr als 12 Minuten mache ich leckere Pasta – nicht selbstgemachte 😉 – mit Sauce.

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  3. lieberlecker am 15. Juni 2015 at 09:26:

    Lieber Claudio,
    dass Du es auf Dich genommen hast, so etwas für uns zu probieren … WOW! Ein ganz dickes Dankeschön! Aber immerhin war ja das Urteil nicht völlig vernichtend (sonst hätte es Dein Metzger wahrscheinlich gar nicht im Angebot).
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

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  4. Mr.Wonderful am 15. Juni 2015 at 11:34:

    Wir sind von der Packung und dem Branding so begeistert, dass wir es unbedingt bestellen möchten. Voll der Visionär war der Signor Tiberino 🙂

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  5. Basler Dybli am 21. Juni 2015 at 07:18:

    I bi im Momänt derbyy mi Kuchi umzbaue. E einzigi èlèggtrischi Kochblatte, ergo, Campinggfyyl uf dr Thèèrasse. In dr Not frisst dr Deifel au Fliege … 😉

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  6. Hansi am 15. Juli 2015 at 20:55:

    Verpackung sieht toll aus. Zubereitung noch besser. Bestellt.

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  7. miraculix am 16. Juli 2015 at 10:11:

    Fauler Sack

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  8. Toni am 21. Juli 2015 at 21:51:

    Hallo? Ist da noch wer?

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  9. Susann am 23. Juli 2015 at 17:37:

    Grazie Claudio 🙂 Wieder mal köstlich geschrieben.

    Unsere Homepage kam gestern zur Welt! Euphorisch und voller Tatendrang stecken wir in den Windeln. Die Rüstmesser gewetzt, der Kühlschrank gefüllt, die Pfannen und Kamera griffbereit und der PC im Standby. Nun geht’s richtig los. Mit Kochen, Tüfteln und anschliessend Festhalten im Blog. La Vita e bella oder so.
    Liebe Grüsse, Susann und Adrian

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  10. Jan am 14. Januar 2017 at 18:34:

    Sieht ja so schlecht gar nicht aus. Einen Test wäre es mal Wert!

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  11. Uwe am 22. März 2017 at 13:11:

    Wenn man mal bedenkt, dass so etwas echt praktisch auf einer Wanderung oder dergleichen wäre, sieht es gar nicht mehr so schlecht aus 😉

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