Ausgezeichnete Kitchenparty.

Farbpalette

Gehört für meinen Freund Boris zu einem guten Essen: Malbesteck.

Zeichnen am Tisch! Das habe ich schon als Kind geliebt. Und das machen wir heute noch. Erst grad am Wochenende hat mein 12-Jähriger im Restaurant sein Zeichnungsheft kursieren lassen.

Das geht so: Er fängt mit irgendeiner Form an und dann müssen, rotierend, jeweils Mamma, Papa und der ältere Bruder weiter zeichnen. Sehr spassig – und eine gute Strategie gegen exzessiven Smartphone-Gebrauch.

Wachsamkeit ist allerdings gefordert, wenn das Personal naht. Denn wie das so ist, bei Pubertierenden, ziert früher oder später ein Pimmel oder ein Busen (oder auch der Plural davon) die expressive Grafik.

Kürzlich sass jedoch ein ganz anderes Kaliber an meinem Küchentisch. Zeichnerische Oberliga! Mein guter Freund und begnadeter Illustrator (und Buchautor) Boris Zatko.

Zu seinem Geburtstag hatte ich ihn zu einer «Kitchenparty» eingeladen. Kitchenparty? meinte er sofort begeistert, was ist das? Weiss nicht genau, entgegnete ich. Aber ich stelle mir vor, ich decke den Küchentisch für uns zwei. Nur für uns zwei. Und dann trinken wir guten Wein und reden über die Dinge, die nur uns interessieren und ich bekoche dich, bis du nicht mehr kannst. Oder ich.

Super! Entflammte er sogleich. Und ich aquarelliere alles – bis ich nicht mehr kann! Er wolle nämlich, so erklärte er, seine Technik im Schnell-Aquarellieren verbessern. Das wird geil! versprachen wir uns und klatschten gegenseitig ab.

Aber du darfst nichts vorbereiten, meinte er noch. Ich möchte die Produkte auch im Rohzustand zeichnen, bevor du sie in die Pfanne schmeisst. So weit die Herausforderung!

Es war ein Fest. Und was Boris nonstop produziert hat, ist beeindruckend. Ich meine, er ist schnell. Sehr, sehr schnell. Einige Teller hat er schneller skizziert als ich sie fotografieren konnte. Kein Scherz. Es geht ihm dabei weniger um Details oder Präzision (sagt er) als um das schnelle Erfassen der Stimmung. Der Betrachter komplettiert dann quasi das Bild im Kopf.

Ich zeige hier Fotos vom Abend. Schaut euch bitte seine Aquarelle bei ihm an.

Skizzieren

Zur Vorspeise gab es extrem scharf angebratene, aussen knusprige, innen cremige Foie Gras auf Crostini. Dazu eine Marmellade aus Tropeazwiebeln.

Foie Gras

Das vielleicht beste Bild des Abends, haben wir beide nicht festgehalten: Während ich stillhalten musste, damit Boris das Töpfchen mit Zwiebelmarmellade in meinen Händen abzeichnen konnte, brannten die Crostini unter der Grillschlange an. Wörtlich. Als ich es roch, war es bereits zu spät. Boris! Die Crostini!!! Wie ich das Blech aus dem Ofen holte, stand die Brotscheibe bereits in Flammen! Cool.

Zur Entspannung rollte ich gemütlich ein paar Gnocchetti …

Gnocchi

… während Boris geduldig seine Skizzen kolorierte.

Kolorieren

Es folgte eine lauwarme insalata di polpo.

Insalata di Polpo

Malen nach Schalen.

Polposalat malen

Diese Krabben machen sich auf den Weg ein sughetto für die Gnocchi zu werden.

Gamberetti

Aber davor gab es erst Miesmuscheln im Weissweinsud.

Miesmuscheln

Und einen Risottino mit Oktopusfond, Jakobsmuschel und Sepiatinte.

Risotto Jakobsmuschel

Gefolgt von einem Zander, auf der Haut gebraten. Dazu Mangold-Wirsing-Gemüse – einmal als Crème und einmal in Tomatensauce gedämpft.

Zander

Und schliesslich die gnocchetti ai gamberetti mit einem gebratenem scampo.

Scampo Gnocchetti

Als Hauptgang gab es eine glasierte Kalbshaxe. Die musste ich natürlich schon am Vortag zubereiten. Sonst wird das nix, mit dem guten Stück.

Kalbshaxe

Butterzart. Und die Sauce so intensiv, dass die Augenlieder von alleine zuklappen.

Kalbshaxe von oben

Crema Catalana gabs auch noch. Die ist leider nicht der Rede wert. Ich hatte sie so luftig geschlagen und zart nach Orangen duftend hinbekommen, aber ich hatte nicht bedacht, dass sie nach dem Befüllen der Förmchen im Ofen in sich zusammenfallen würde. Es war nurmehr ein kümmerlicher Bodensatz unter einer viel zu dicken, karamellisierten Zuckerschicht. Seis drum.

Dem wunderbaren Ausklang eines grandiosen Abends tat dies keinen Abbruch.

Fertig

Weitere „schnelle“ Aquarelle/Skizzen/Illustrationen finden sich auf der von Boris mitgegründeten Website Urban Sketchers Switzerland.

 


Glasieren anvisieren!

Glazed Chicken Heston Blumenthal_s

Fleisch am Knochen, überzogen mit einer klebrig-würzigen, süss-sauren Sauce. Wer leckt sich da nicht schon gedanklich die Finger?

Auf diese verlockend glasierten Hühnerschenkel bin ich dank Heston Blumenthals Barbecue Chicken Wings gekommen. Mit Keulen geht das auch. Und den Grill anwerfen braucht man auch nicht: Funktioniert auch im Ofen bestens.

Zwei Dinge daran sind genial. Erstens: Das Karamell! Ich weiss nicht, ob ich je wieder eine BBQ-Sauce ohne Karamell zubereiten kann: Es schmeckt einfach fantastisch. Zweitens: Das Fleisch zuerst ohne Marinade oder Sauce grillieren und erst dann glasieren. Ist extrem gelingsicher (weil die Sauce dadurch nicht anbrennt) und kann gut vorbereitet und warm gehalten werden (praktisch bei Mehrgangmenüs).

Mein abgewandeltes Rezept für 4 Personen geht so:

12 Pouletschenkel mit Salz, Pfeffer und Paprika einreiben und im Ofen auf einem Gitter bei 220 Grad 30 Minuten grillieren. (Darunter ein Blech mit Backpapier auslegen, um das heruntertropfende Fett aufzufangen). Ein Mal wenden und weitere 20 Minuten rösten.

Für die Sauce einen halben Liter Hühnerbouillon auf die Hälfte reduzieren und bereitstellen. In einer Saucenpfanne 100 g Zucker langsam haselnussbraun karamellisieren. Hühnerbouillon und 1 dl Reisweinessig dazugeben und zugedeckt köcheln, bis sich das Karamell auflöst.

Dann 2 Frühlingszwiebeln und 2 Shii-Take Pilze fein würfeln und mitköcheln. 1 TL frischen Ingwer hineinreiben. 1 Knoblauchzehe pressen und zufügen. Würzen mit 3 EL Tomatenketchup, 3 EL Austernsauce, 1 EL Worchestersauce, 1 EL Sojasauce, 1 TL Tabasco, 1 TL Cayennepfeffer und 2 EL Sesamöl. Alles 5 Minuten offen sirupartig einköcheln und auskühlen lassen.

Pouletschenkel nach dem grillen einzeln durch die Sauce ziehen und nebeneinander in eine feuerfeste Form legen. Mit der restlichen Sauce übergiessen und 10 Minuten bei 180 Grad glasieren. Dabei zwei-, dreimal wenden. Zum Schluss 2 EL Sesamkörner rösten und vor dem Servieren über die Pouletstücke geben – gnam!

Das mit dem Karamell hat mich beflügelt. Nach demselben Prinzip (und etwas anderen Gewürzen wie Lorbeer oder geräuchertem Pimentòn de la vera) habe ich Schweinsbrustspitzen zubereitet. Anstatt Hühnerbouillon habe ich ein spritziges Qowaz Weizenbier mit Cola und Lemongras verwendet: Das prickelt!

Dazu gegrillte Spitzpaprika, weisse Bohnen und Catalogna. Ein Fest.

Sunday Roast Spare Ribs_s

Mein Jüngster liebt ja Spare Ribs, die ich ihm gerne auch ganz exklusiv zubereite wie diese hier:

Spare Ribs

Als Geburtstagsessen hat er sich letzthin wieder sein Lieblingsessen gewünscht. Diesmal habe ich die Sauce ebenfalls mit dem Karamell als Basis zubereitet und statt dem Hühnerfond Fritz Kola Kaffee verwendet. Resultat: Fingerlecken ohne Ende! Dazu gab es seinen Lieblings-Kartoffelsalat mit Tropeazwiebelwürfeln «die schmecken so süss!».

Spare Ribs mit Kartoffelsalat Fotor_s

Ach ja, wo wir gerade dabei sind: Darf ich in Erinnerung rufen, wie ich die perfekt glasierte Kalbshaxe zubereite? Bitte.

Kalbshaxe


Hoch die Haxen!

Kalbshaxe_s

Mit einer Haxe kann man fast nichts falsch machen – wenn man alles richtig macht.

Allein schon beim Servieren glänzt die Grosse Pièce mit einem beeindruckenden Auftritt. Volumen, Tiefgang und Textur kommen aber auch geschmacklich auf hohen Hacken daher.

Wahre Connaisseurs ziehen so eine Haxe, wie zum Beispiel diese hier vom Kalb, jedem Filet vor. Und selbst das verwandte Ossobuco – eigentlich eine Scheibe aus der Haxe – oder meine heiss geliebten Kalbsbäckchen sehen dagegen regelrecht blass aus.

Dazu macht sich die göttliche Sauce dank dem Knochen, reichlich Fond und Wein beim langsamen Schmoren praktisch von alleine. Geduldige, behutsame Zubereitung wird belohnt mit saftiger, mürber und einmalig karamelliger Fleisch-Konsistenz. Zum Niederknien.

Haxe vom Metzger vorbereiten lassen. Aber von einem mit Verstand! Meinen habe ich voll auf dem falschen Fuss erwischt. Das Greenhorn war zwar übermotiviert, als er mir freundlich anbot, die Haxe zu parieren. Aber was macht er dann? Schneidet das Fleisch der Länge nach ein, klappt die Fleischlappen links und rechts vom Knochen nach aussen und sagt: «So!»

«So, was?» musste ich entgegnen. «Kleinschneiden und als Kalbsgeschnetzeltes verkaufen – und mir bitte eine frische Kalbshaxe holen, ich mach das selbst.»

Der arme Tropf hat gar nichts begriffen. Er hätte das so gelernt, so könne man den Knochen wunderbar präsentieren. «Sie scherzen? Ich will eine Haxe präsentieren die majestetisch dasteht und ihren Knochen gen Himmel reckt!»

Jaja, das ginge doch auch so, ich müsse das Stück lediglich wieder zuklappen und mit Küchenschnur binden. Ja klar, oder ich kann die Adresse dieser Metzgerei aus meinem Gedächtnis löschen und mein Fleisch in Zukunft woanders besorgen.

Zuhause also vom schmaleren Teil so viel Fleisch wegschneiden, dass der Knochen zu einem guten Teil sauber frei gelegt ist. Die Abschnitte kann man gut mitkochen. Reste davon ergeben eine grandiose Füllung für Ravioli oder eine reiche Sauce zu Pappardelle. Ich habe übrigens mit einer Kalbshaxe von einem guten Kilo in einem Sonntagsmenu vier Personen glücklich gemacht.

Am Vorabend oder etwa 8 Stunden vor dem Servieren Haxe salzen, pfeffern, im Mehl wenden. Überschüssiges Mehl abklopfen. Dann in einem Schmortopf mit klarer, nicht zu heisser Butter gemütlich von allen Seiten gut bräunen.

Parallel dazu in einem anderen Topf 6 dl Rotwein mit einer grob geschnittenen Schalotte, einem Zweig Thymian und einem Lorbeerblatt aufkochen und auf die Hälfte reduzieren.

Haxe herausnehmen und im selben Schmortopf Mirepoix aus Sellerie, Karotten, Schalotten und Knoblauch anbräunen. Etwas Tomatenmark dazugeben, Boden mit Puderzucker bestäuben und unter ständigem Rühren karamellisieren. Schluckweise mit 2 dl Portwein ablöschen und sirupartig einkochen.

Dann die Weinreduktion und 5 dl dunklen Kalbsfond dazugeben. Die Haxe wieder in den Schmortopf geben, Deckel drauf und auf niedrigster Stufe fünf Stunden schmoren. Die Temperatur sollte 90 Grad nicht übersteigen!

Das Fleisch ist sehr collagenhaltig. Deshalb wird es am zartesten, wenn es langsam bei niedriger Temperatur gegart wird. Das Fleisch sollte die Form behalten, sich aber auf leichten Druck vom Knochen lösen. Dann ist es perfekt.

Nach der Schmorzeit Haxe vorsichtig aus der Sauce heben und auskühlen lassen. Sauce passieren und schluckweise reduzieren, bis sie eine sirupartige Konsistenz erreicht. Mit Salz und Pfeffer justieren.

Ausgekühlte Haxe mit einer Mischung aus Sauce und Trüffelhonig (oder normalem Honig) bepinseln und im Ofen bei 80 Grad wärmen. Immer wieder mit der Mischung einpinseln.

Dazu luftig-buttriges Kartoffelpüree servieren und viel, sehr viel Sauce bereit halten. Jeder und jede am Tisch wird sich grosszügig damit bedienen wollen!

Kalbshaxe mit Sauce_s

Und zu guter Letzt: Das Knochenmark. Eine fast endlose Fülle lässt sich aus dem langen Knochen zu Tage fördern. Auf knuspriges Brot gestrichen und mit grobem Meersalz bestreut, ein weiterer Haxen-Hochgenuss.



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