Die Schweinescholle

Meine lieben Leserinnen und Leser monieren, ich solle hier endlich wieder einmal Rezepte bieten. Ja, sind euch denn meine geistigen Ergüsse etwa zuwenig nahrhaft!?

Wisst ihr denn nicht, dass der Mensch vom Brot allein nicht lebt?

Aber ich will mal nicht so sein. Für dass ich jeden Tag koche, ist das Berichten darüber in letzter Zeit zu knapp gekommen, das stimmt. Hier also mein Angebot:

Ja, ja. Ich musste auch zweimal hinsehen! Was ist das?! Eine Scheibe ungekochter Schinken? Eine krude Prosciutto-Schnitte? Und wie soll man so etwas essen?

Gebraten wie ein Kotelett? Gegrillt wie ein Steak? Geschmort wie ein Braten? Steht ja drauf: Schweins-Braten. Und: Stotzen. Ach so! Von der Lammkeule schneidet mir mein liebster türkischer Metzger doch manchmal auch mit der Bandsäge solche Steaks, wenn er keine Koteletts mehr hat.

Dass die Schwarte noch dran ist, gefällt mir natürlich. Ich denke plötzlich an das Entrecôte persilée aus diesem Louis de Funès-Film und mache mich ans Werk.

Die Schwarte muss etwas eingeschnitten werden, weil sich das Fleisch beim anbraten zusammenzieht und dann nicht mehr flach auf dem Pfannenboden liegt.

Ich salze Fleisch und Boden meiner gusseisernen «Le Creuset» und gebe das Fleisch in die kalte(!) Pfanne. Das Fleisch soll ganz langsam Hitze bekommen und im austretenden Fett der Schwarte brutzeln. Alle zwei Minuten wenden und geduldig warten bis erste Röstaromen aufkommen.

Nach zwölf Minuten gebe ich zusätzlich Butterschmalz hinzu und das Fleisch fängt an Farbe zu nehmen. Alles brutzelt weiterhin auf sanfter Hitze. Nach zwanzig Minuten röste ich eine Handvoll weisser Senfkörner und 3 Knoblauchzehen mit.

Danach mit einem guten Schluck trockenen Weisswein löschen und reduzieren. Jetzt kommt so viel Rahm hinzu, bis das Fleisch fast bedeckt ist. Etwas Senf, Demiglace und reichlich schwarzer Pfeffer aus der Mühle. Weitere 20 Minuten sanft köcheln. Immer wieder wenden.

Wenn das Fleisch beim Andruck schön weich nachgibt und die Sauce eingedickt ist, kommt viel fein geschnittene Petersilie dazu und noch mehr Freude auf den ersten Bissen auf!

Man kann dazu wunderbare Bratkartoffeln mit etwas Rosmarin machen. Oder ein paar Nouilles au beurre, welche die cremige Sauce sicher dankbar aufnehmen würden. Auf jeden Fall aber will man reichlich knuspriges Baguette bereithalten und damit nicht ein Tröpfchen dieser zauberhaften Sauce übriglassen.

Auch wenn die eigene Schwarte davon um weitere Zentimeter wachsen wird!


28 Kommentare zu Die Schweinescholle

  1. fressack am 12. April 2010 at 02:16:

    Das ist eine Offenbarung. 2:15 h in der Frühe und ich sabbere.
    So werde ich uns mal ein paar Scheiben schneiden lassen.

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  2. Eline am 12. April 2010 at 08:54:

    Als ich diese Stelzenscheibe sah, hatte ich nur den angelernten österreichischen Reflex: Schweinsbratl mit Knoblauch, Kümmel, Kraut und Knödl, sonst nix. Dann kam die moderne Frau in mir durch und sagte: chinesischer Schweinebraten mit Szechuanpfeffer und Sojasauce, sonst nix. Dann las ich im Rezept weiter: Obers zur Schweinsstelze – das geht doch nicht, sagte sowohl die österreichisch-altmodische als auch asiatisch-fortschrittliche Seite in mir! Was mach der Claudio denn da? Mit dieser Skepsis gelangte ich zum Bild. Und plötzlich war ich überzeugt, dass mir das sehr gut schmecken könnte! Auch wenn dieses nahrhafte Scheibchen Fleisch mit Cremesauce besser in den Herbst oder Winter passt,.

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  3. Johannes am 12. April 2010 at 09:12:

    Bei dem Anblick bekomme ich spontan Lust auf Guinnes, oder lieber noch auf irgend ein Ale.

    Unsere Angelsächsischen Nachbarn haben es ja nicht so sehr mit der Zubereitung von leckeren Speisen. Dabei gerät oft in Vergessenheit, was für hervorragende Produkte zum Teil aus UK und Irland kommen. Es gibt phantastischen Käse, sehr gutes Gemüse und bezauberndes Fleisch an jeder Ecke zu kaufen.

    Unter anderem auch den Schnitt, den Du da ergattert hast. Das nennt sich auf den Inseln „Gammon-Steak“ und ist gebraten ein Klassiker unter den „Pub-Grub“ Gerichten. Bei den meisten Metzgern in Irland und wohl auch in UK ist es günstig und sehr gut zu bekommen. Am besten kauft man es aber auch beim Metzger und bereitet es selber zu den:

    There is plenty of great food in Ireland…

    untill it is cooked!

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  4. Claus am 12. April 2010 at 09:36:

    So´n Teil hab ich noch nie beim Metzger gesehen. Ich stelle mir schon mal die Schweißperlen auf seiner Stirn vor, wenn ich ihm das Bild zeige. Denn eins steht fest: Diese Beinscheibe will ich auch!

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  5. Schnick Schnack Schnuck am 12. April 2010 at 10:12:

    Ich mag die Sauce. Schwein ist nicht so meins.

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  6. Jürg am 12. April 2010 at 11:28:

    ciao claudio . . . . mhhhhh, und das um 11.30h, sabber sabber!
    habe mir dieses teil auch schon gekauft im MANOR, gibts ja sonst eigentlich nirgends zu kaufen weil die stotzen bei den grossverteilern bereits ausgebeint in die filialen kommen. eignet sich natürlich auch bestens für den grill, rosmarin drauf und frisches baquette dazu fetig. liebe grüsse und bis bald wieder.

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  7. Ellja am 12. April 2010 at 11:42:

    Genau auf SOWAS hab ich gewartet… genau sowas lässt mich jubeln! Du bist mir schon einer… 😉

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  8. Zoolicious am 13. April 2010 at 01:18:

    Ah, endlich mal wieder Essen. 😀

    Sieht mir sehr brauchbar aus.
    Nur was ist mit meiner geliebten, knusprigen Kruste am Rand?
    Mitessen kann man sie wohl kaum, knusprig wird sie wohl ebensowenig auf der ganzen Fläche.
    Was also tun?
    Davor abschneiden? Eher nicht.
    Danach abschneiden? Dann wirds erst recht nimmer knusprig.

    Jetzt hast Du mich in ein Dilemma gebracht – ich will’s nachkochen, aber nichts geht so wenig wie unknusprige Schweineschwarte. :-/

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  9. lamiacucina am 13. April 2010 at 10:33:

    Aktion ist vorüber, dann halt zum vollen Preis.

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  10. Chris am 13. April 2010 at 11:26:

    Kein Bio-Fleisch? Ich bin enttäuscht. Gerade auf einem Food-Blog, wo so viel Herzblut an den Tag gelegt und Tamtam um die Zutaten gemacht wird, hätte ich mir das als Mindest-Standard erwartet.

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  11. Arthurs Tochter am 13. April 2010 at 19:07:

    Und das Rosmarinzweiglein gehörte gleich zum Angebot?
    Wahnsinn! 😉

    Ein Rezept, ganz nach meinem Geschmack. Viel Fleisch, viel Pfanne, viel Gewürz und ein bisschen Zeit.

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  12. Christina am 13. April 2010 at 20:34:

    Joah, wenn dann mal wieder der kleine Hunger auf einen kleinen Fleisch-Snack kommt, könnte man ja so ein Scheibchen … was ein Gerät, man!

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  13. Claudio am 13. April 2010 at 22:06:

    So muss das sein fressack: Nachtwandeln und dabei sabbern! Genau, Eline, warum rezepttechnisch in die Ferne schweifen, das Gute liegt so nah. I do love readers with spirit, Johannes, und jetzt hab ich Lust auf ein Guinnes! (Kennst du den sexistischsten Guinnes Commercial ever: http://bit.ly/8Xxu?). Cool, Claus, freu mich schon auf deinen Bericht! Davon gibts bei mir immer genug, Schnick Schnack Schnuck. Grillen startet demnächst, Jürg. That’s a BINGO, Ellja! Nee, Zoolicious, Schwarte muss gar nicht immer knusprig sein, was ist mit der wunderbar weichen Schwarte bei gekochtem Speck mit Bohnen oder Sauerkraut? Einmal, zum ausprobieren, ist okay, Robert. Entspann dich, Chris, ich bin a) kein Heiliger (siehe http://bit.ly/7bIf9v) und b) war es einen Versuch wert. Ab jetzt gerne in Bio-Qualität ;). Ja, nicht?Arthur’s Tochter, fast so doof wie die abgebildete Petersilie auf gewissen Dosenfleischetiketten mit dem Hinweis „Serviervorschlag“. Ich kann dich beruhigen, Christina, bei mir haben 2 Erwachsene und 2 Kinder davon gegessen

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  14. Johannes am 13. April 2010 at 23:48:

    und jetzt habe ich Lust auf ein Guinnes!

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  15. Mike am 14. April 2010 at 10:30:

    722 g für zwei Erwachsene und zwei Kinder? Sahne hin oder her: Ihr seid auf Diät, oder?

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  16. Kirsten am 14. April 2010 at 20:09:

    Geht doch, Claudio! Ich dachte schon, Du hättest das Kochen verlernt – aber nun hast Du uns vom Gegenteil überzeugt 🙂

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  17. Claudio am 15. April 2010 at 00:14:

    Wieso, Mike? 500 g für den Papa plus den kleinen Rest, den die Junioren stehen lassen 😉 Klar, Kirsten, kochen ist wie Rad fahren, das verlernt man nicht.

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  18. Finkus Bripp am 15. April 2010 at 17:43:

    Das ursprüngliche Menü von heute abend habe ich regelrecht aus’m Fenster geschmissen… sabber sabber! Eigene Schwarte… no comment!

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  19. Jutta Lorbeerkrone am 17. April 2010 at 01:04:

    Auch eine tolle Ausrede zum „und danach Fernet“ trinken!

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  20. tobias kocht! am 17. April 2010 at 17:57:

    Nach Schwein steht mir auch gerade der Sinn. Sieht sagenhaft saftig aus.

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  21. Gastromacher am 12. Mai 2010 at 17:33:

    Sehr nett geschrieben und immer wieder tolle Fotos.Macht sehr viel Spaß zu lesen. Und nicht nur die Rezepte! ;-))

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  22. Schweinescholle, oder die Rache des Verschmähten « lamiacucina am 16. Juni 2010 at 04:02:

    […] ihr, ein Stück Fleisch dazu zu braten, irgendetwas aus Claudios Repertoire. Claudios berühmte Schweinescholle. Von Schweinescholle habe ich ihr aber nichts gesagt. Schnell in das Warenhaus gehüpft, in welchem […]

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  23. Sheik am 6. Juni 2011 at 12:17:

    hmmm, ich habs gestern abend gemacht und: es isch so guet gsi ,-)

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  24. Claudio am 6. Juni 2011 at 23:04:

    Ha! Das ist ja super, Sheik. Musste dein Metzger das Stück extra zuschneiden oder war das ein Spontankauf?

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  25. Sheik am 6. Juni 2011 at 23:14:

    weder noch Claudio

    in ermangelung einer solchen schinkenscheibe habe ich es einfach mit einer kräftigen tranche schweinskamm gemacht. im übrigen hab ich auch in frankreich einen solchen schnitt vom schinken nicht gefunden. hast du es bei coop oder migros gefunden ??

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  26. Claudio am 6. Juni 2011 at 23:41:

    Weder noch, Sheik, sondern bei Manor! Gibts in Basel an der Greifengasse und im St. Jakob Park.

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  27. Sheik am 7. Juni 2011 at 09:58:

    s manor hab ich vergessen;-) einer der besten meine ich… so einen laden mit solch einem tiefen und breiten angebot gibts hier leider nicht. besonders auch die fischabteilung….. yummy 😉

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  28. Anonyme Köche » Blog Archive » Der Preis ist heiss am 15. Mai 2012 at 23:44:

    […] liebe meine grosse gusseiserne Bratpfanne. Sie hat mich damals zu dieser Schweinescholle inspiriert. Oder wo, wenn nicht in meinem schweren schwarzen Bräter aus Gusseisen sollte ich […]

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