Erntedankfest

Kochbuch

Das erste reale anonyme Geköche ist unter anderem dem Anstoss zweier Gönner zu verdanken: Mike Seeger und Matthias Metze.

Wir haben uns mit einem weinenden und einem lachenden Auge an die Verkostung gemacht, denn Comenius, der als dritter AK-Autor hätte dabei sein sollen, zog die Geburt seines Sohnes unserem gemeinsamen Festessen in letzter Sekunde vor (bist entschuldigt): ALLES GUTE, MEU FIGU MAS LINDU!!!

Von Mike haben wir das toskanische Spitzenöl Viridum und Himalaya-Kristallsalz erhalten. Matthias hat unsere Teilnahme bei den Genussblog Awards mit einer Flasche grauem Burgunder von Wittmann (nicht mehr im Sortiment?) honoriert.

Der Mund ist schnell wässrig gemacht mit ein paar Trüffeloliven von Globus.

Oliven

Die erste Degustation des Olivenöls geschieht pur: Direkt ab Kaffeelöffel mit lauten Stakkato-Einsauggeräuschen.

Das Sauerstoff-Öl-Gemisch entfaltet sofort ein mildes, nussig-fruchtiges Aroma. Dennoch moderat und zurückhaltend. Im Hals jedoch erweist es sich als echter Feger! Es kratzt heftig und lang – typisch für toskanisches Öl. Ich persönlich bevorzuge deshalb mildere Öle aus Ligurien.

Zu Datterini-Tomaten oder zu knusprigem Brot mit etwas Meersalz vermählt es sich hervorragend. Im Verlauf des Abends wird es sich dann bei allen Speisen wunderbar einfügen.

Nun zum Salz. Was für eine Entdeckung! Patrick und ich hatten beide noch nie Himalayasalz probiert. Wir verwenden grundsätzlich Meersalz und diverse Fleurs de Sel, ab und zu auch ein Sel de Guérande.

Unser Versuch war gemein und hinterfotzig, zugegeben. Aber krasser gehts nimmer: Im Direktvergleich mit der Zunge probierten wir Jurasalz gejodet und das Himalayasalz.

Heilige Saurierkacke schmeckt das Jurasalz scheisse! Hart, flach, metallisch, chemisch, grau, beengend, wie wenn man ein leicht oxydiertes Metallstück lutschen würde. Das Himalayasalz hingegen ist weich, tief, aromatisch (obwohl sehr geschmacksneutral), breit, warm, farbig – unglaublich.

Auch das Salz haben wir bei allen Kochvorgängen eingesetzt und das war gut so. Den Durst mussten wir sofort mit reichlich Fischer-Bier löschen.

Zwischendurch durfte ich Patricks Geschenk mit der Hammerillu auspacken.
Das sehr schöne Buch von Peter Jenny «Mit dem Essen spielt man nicht?» merci, Patty!

Illustration

Patrick bereitete uns derweil ein paar konfierte Zwiebeln zu:

Zwiebeln

Für die Vorspeise wollte ich den Loup de Mer mit dem Grauen Burgunder von Wittmann bekannt machen (wie versprochen). Aber wieder einmal hat sich der blöde Barsch verweigert, statt in der Fischauslage auf mich zu warten. So musste ich auf einen Seeteufel ausweichen (was mir, ehrlich gesagt, sehr entgegen kam).

Die Medaillons wurden je Seite 2 Minuten im Butter-Olivenöl-Gemisch angeröstet.

Seeteufel

Gesalzen und gepfeffert kommen sie dann auf ein Salatbett von jungem Spinat (ja, Spinat, roh), dazu kommen geröstete Pinienkerne und etwas Aceto Balsamico mit Mikes gutem Olivenöl. Der Weisswein? Einfach perfekt dazu!

Lotte

Unser Pièce de résistance waren dann 4 (in Worten: vier) wunderschöne Schweinekoteletts mit ganzer Schwarte der Macelleria Italiana Caprano, die Patrick von der Markthalle Stuttgart mitgebracht hatte. Der ultimative Test bei diesem Gang hiess: Perfekte Garzeit – zartestes Fleisch.

Schweinekoteletts

Bier und Weisswein hatten unsere Laune zünftig gelockert. Und leider auch unsere Konzentration aufs Kochen.

Patrick machte sich als Erster an die beiden Monster (1 Kotelett = 500 g).

Sein Credo war: langsam, kurz und nicht zu heiss im eigenen Fett und einem Salbeiblatt braten, insgesamt etwa 3 Minuten (ich musste mir eine Nervenkrise verkneifen, als er die Dinger noch halb roh in den Backofen versorgte!).

Anbraten

Wir machten uns unterdessen an einem Chateauneuf du Pape zu schaffen. Nach nur 10 Minuten Niedergaren gingen wir gierig kontrollieren – aus!

Der Ofen war aus!!! Respektive, Patrick hatte ihn gar nicht eingeschaltet!

Okay, ganz ruhig, Claudio. Ich hab ja noch zwei Koteletts, die ich dann richtig zubereiten kann, dachte ich mir und goss den Patzer mit einem kräftigen Schluck Rotwein runter.

Nach 20 Minuten im ehm, pfff, weiss-jetzt-nicht-mehr-ganz-genau-wie-heissen Ofen holten wir die Dinger raus. Und siehe da! Sie waren unglaublich zart, saftig und super geschmackvoll (ehrlich Patty!)

piece de resistance

Ich hatte uns dazu noch ein paar karamellisierte Datterini-Tomaten gemacht. Zusammen mit den in Rotwein und Fond konfierten Zwiebeln eine tolle Männerbeilage.

Nun zu meiner Version der Kotlettzubereitung: Der Plan war 4 Minuten je Seite volle Kanne braten, ohne die Dinger je zu bewegen (Patrick hyperventilierte fast, weil er dachte, ich würde ihm seine Cousance-Gusseisenpfanne ruinieren und die Kottletts sowieso).

Dann würde ich grosszügig Butter, Rosmarin und zerdruckten Konoblauch dazu geben. Salzen, pfeffern und – jetzt kommts – ab der Herdplatte ziehen, Deckel drauflegen und 10 Minuten komplett ignorieren.

Herz

Sehen die zwei nicht herzig aus?

Was dann kam, ich muss es hier klar und deutlich aussprechen, war meine grösste Kapitulation in Sachen Fleischzubereitung!

Ich hab Kotletts nicht zum ersten mal so zubereitet und ich war mir sicher, es würde funktionieren. Aber nicht diemal: Furztrocken und steinhart die Dinger, gottverdammte Scheisse nochmal!

Patrick war …, schweigsam. Aber er hat mir immerhin keine Szene gemacht. Sorry, ich habs versaut, ich gebs zu.

Aber hey! wir haben die Dinger trotzdem weggeputzt – sogar als sie schon kalt waren, nach Mitternacht irgendwann.

Teller

Und wir zwei, ja wir haben dann noch ganz lange, ganz wichtige Dinge über Kochen, Essen, Trinken, Frauen, Freunde und so weiter geredet.

Gut, vielleicht auch etwas gelallt.

Patrick

Claudio


11 Kommentare zu Erntedankfest

  1. Matthias Metze am 13. Dezember 2007 at 00:28:

    Hallo Claudio,

    freut mich, dass es geschmeckt hat – den Seeteufel werde ich nächste Woche auch probieren; leider nicht mit einem Wittmann-Burgunder – der ist nämlich tatsächlich ausgetrunken.

    Nun heisst es warten auf den neuen Jahrgang – irgendwann im Frühjahr…

    Viele Grüße
    Matthias

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  2. jürg am 13. Dezember 2007 at 00:29:

    lieber claudio, lieber patrick,
    eben habe ich mir die zusammenfassung der championsleague-spiele angeschaut. nichts ahnend noch kurz die mails anschauen und einen kurzen blick auf eure seite, ob es etwas neues gibt. gopferdelli, der anblick eurer schwartenkoteletts haben mich jetzt um 23.20 fast um den verstand gebracht! was mach ich jetzt? soll ich mich nun tatsächlich vor dem schlafen gehen noch über den „rugel“ mortadella im kühlschrank hermachen (der kommt den schwartenkoteletts noch am nächsten)??
    es sollte verboten sein um diese zeit noch solche artikel zu publizieren!
    danke trotzdem für die wundervollen bilder und die animierenden texte . . . und gute nacht

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  3. Mike Seeger am 13. Dezember 2007 at 02:02:

    Hallo, Ihr Lieben,
    erst einmal meinen herzlichen Glückwunsch an Comenius. Dass er auf Claudios Koteletts verzichten durfte, wird er verkraften können. Der Rest macht mehr als nur Appetit, er macht Hunger.
    Danke für den schönen Bericht, morgen mehr.
    Liebe Grüße,
    Mike

    P.S. Mahlzeit!

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  4. Daniel Bachmann am 13. Dezember 2007 at 02:56:

    Bei der Illu dachte ich schon, „Ist das der neue El Bulli a la façon des cuisiniers anonyme?“, nach den bildern der côtelettes, dem abenteuerlichen bericht und verrissenen fotos kann ich nun beruhigt ins bett gehen, noch habt ihr kein schweinefleisch tiefgefroren und mit dem pacojet verarbeitet und als sorbet serviert (was mich im tiefsten innern schon seit langem zu zubereiten gluschtet). danke 😉

    Mit was muss man wohl pippo bestechen um auch in basel ein solches stueck fleisch zu bekommen….

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  5. Claudio am 13. Dezember 2007 at 13:00:

    Apropos Molekularküche, Boris hat mir kürzlich diesen Link der hübschen New York Times-Seite gemailt:
    http://video.on.nytimes.com/?fr_story=9fb8e3117faa13c11a6435c3055301c3c5549705

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  6. Boris Zatko am 13. Dezember 2007 at 13:11:

    Danke, Claudio! Twice. Für die nette Linkweiterreiche und den tollen Beitrag – als wäre man selber dabei gewesen. Dementsprechend hat sich mein Gesicht solidarisch mit deiner Bitterkeit verzogen, als du dein Waterloo bezüglich dem Fleisch eingestanden hast. Gut, aber 4 (!) Minuten Vulkanisation beidseits, das klingt schon in der Theorie trocken wie die Sahelzone. Das hätte ich von dir nicht erwartet. Allerdings muss ich zugeben, du traust dich was – zumindest kulinarisch. Ich eben nicht, ich Feigling. Darum wäre das Fleisch bei mir womöglich gelungen, denn das ist zumindest eine Sache, bei der ich doch recht sicher bin. Aber Fleisch alleine, ich weiss nicht. Ich bleibe bei meinen Geschichten ;).

    Viele liebe Grüsse

    Boris

    P.S.: Bei Patrick quillt die heimische gemütliche Atmosphäre förmlich durch die Fotos durch. Super!

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  7. Ché Borko am 16. Dezember 2007 at 19:45:

    Trüffeloliven- herrlich. Hab noch nie selbst Oliven gefüllt oder eingelegt. Achtung, das wird jetzt eine Premiere!

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  8. Rolf am 29. Dezember 2007 at 13:45:

    Mein lieber Claudio,
    Es spielt ja jetzt (zwei Wochen spaeter) keine Rolle mehr, aber ich wollte dir und den Lesern die Weihnachten nicht ver-Sauen; Der Beitrag in dem die wunderschoenen Schweinskoteletts vorkommen hat mir sehr gefallen, ABER, wir hatten hier genau um diese Zeit (einen Tag bevor dein Artikel erschien) sehr „disturbing news“, weil scheinbar schon wieder ein Schweine-Farmer erwischt wurde, welcher in den letzten paar Jahren – bis jetzt 7 Prostituierte – umgebracht und an die Schweine verfuettert hat, und man nimmt an, dass da noch mindestens 10 andere Nutten „fehlen“. Mir wurde fast schlecht als ich den Newsbericht las, da ich seit Jahren mindestens zweimal pro Monat Schweinefleisch esse. Wie gesagt, ist ja jetzt egal, und so oder so, das schadet dem Fleisch sicher nichts – es ist eher ein psychologischer Aspekt. Sei dem wie es will; morgen moechte ich wieder ein schoenes Schweinekotelett, und ich hoffe, dass das Fleisch von „sauberen“ Saeuen kommt.
    Viele Gruesse, und danke fuer all die schoenen „leckeren“ Rezepte! – just kidding ! – Ich HASSE dieses Wort!
    Rolf
    Broken Hill

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  9. Claudio am 31. Dezember 2007 at 03:56:

    Oy, Rolf, that bastard must have had an overreaction on snatch (the movie, though):

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  10. Anonyme Köche » Archiv » Reine Geschmacksfragen am 25. Januar 2008 at 02:50:

    […] glois bissle draurig. Ich freu mich aber für ihn. Noch mehr Freude kommt auf, wenn er dann jeweils Koteletts aus der Macelleria Italiana Caprano in Stuttgart […]

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  11. Jack am 15. September 2009 at 21:06:

    Ein richtiges Mannegeköche! Den Fisch probier ich nächstens, sieht sup aus.
    Zu den Koteletten: Ich brate so 300 g Dinger sie immer nach der Methode: 3 Min beidseitig mit Bratbutter anbraten mit Beigabe von ganzer Knoblauchzehe, Rosmariesträusschen, Salbei, dann – jetzt das kommts – 5 Min. in den Backofen bei 100 Grad. Mhhh!
    Ich kauf meine Kotletts am Samstagmorgen auf dem Oerliker Markt, PORC NOIR! Die sehen schon soooo aus!
    En Guete

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