Teile und geniesse

Für die Ruhe vor dem Kochen – kleiner Salat von Herzen: Puntarelle di Catalogna.

Gestern, Sonntag, also das grosse Menü für Gäste. Klar, dass man da schon während der Woche tüftelt, einkaufen und bestellen geht. Und am Samstag noch die letzten Dinge frisch besorgt und in aller Ruhe vorkocht, was vorzukochen ist.

Zum Glück habe ich frische Catalogna gefunden. Im Winter gibt es die Sorte mit den dicken Auswüchsen am Strunk. Daraus lässt sich ein Spitzensalat zubereiten. Passt perfekt als leichtes, stimulierendes Mittagessen vor dem Geköche.

Dazu die äusseren Blätter entfernen (und später wie Spinat zubereiten), die unteren, weissen Verdickungen klein schneiden und die feinen inneren Blätter zurecht zupfen und waschen.

Angemacht wird der Salat auf römische Art: Sardellenfilets klein schneiden, Knoblauch zerdrücken, pfeffern und mit Zitronensaft und Olivenöl zu einer Emulsion schlagen. Den Salat damit vermengen – und dazu ruhig mal die Hände nehmen! – damit jedes Blättchen von der Sauce abbekommt, aber der Salat nicht ertränkt wird. Knackig. Saftig. Göttlich.

Und jetzt, wie versprochen, die Bilder zum sieben Stunden Sonntags-Menu:

Im Glas eine Art Panzanella – mit lauwarmen, konfierten Datterini-Tomaten. Darunter geröstete Brotwürfel und marinierte Corna di Bue-Peperoni.

Zur toskanischen Wildschwein-Salami, eingelegte Thymian-Oliven aus der Provence und frische, butterzart gekochte und dann mit Knoblauch, Weissweinessig und Olivenöl marinierte Artischocken.

Zum Jamòn Ibérico frische Feigen aus der Türkei und Mozzarella di Bufala. Die Vinaigrette dazu aus Honig, Zitronensaft, Salz, Pfeffer und bestem Olivenöl – nach dieser Inspiration.

Ein unfiltrierter Chardonnay verstärkt die sonnengertränkte Sonntagsstimmung wie ein Röhrenverstärker gute Musik: äusserst charmant.

Ein Cappuccino, den man explizit nach 11 Uhr nehmen darf: Cremiges Süppchen von Steinpilzen mit Cognac, Weisswein, einer guten Brühe fatta in casa und viel Rahm. Dazu knusprig-feine Sesam-Flûtes.

Die Bäckchen vom Seeteufel hab ich zum ersten Mal zubereitet. Nur kurz in Butter gebraten. Toller Seeteufel-Goût und sehr fleischig. Dazu Hummersauce und Linsen aus den Abruzzen, mit denen ich auch gerne Past‘ e Lenticchie koche.

Je simpler, desto unwiderstehlicher: Gnocchetti di patate al pomodoro.

Auch diese Bäckchen (vom Kalb, mit Bramata-Polenta und Burgundertrüffeln) gabs bei mir zum ersten und – ich gelobe(!) – nicht zum letzten Mal. Befeuert hat mich Astrid mit ihren obsessiven Rezepten dazu. Zubereitung ist eigentlich einfach: anbraten, simmern lassen.

Für die gute Sauce allerdings muss man seine Siebensachen gerüstet haben. Am besten einen Liter selbst gemachten Kalbsfond, eine Flasche Rotwein, Portwein und dann Geduld. Sehr viel Geduld sogar, beim Reduzieren und abschliessenden Montieren mit eiskalter Butter.

Diese Weine (die roten), waren hervorragend gebaute Begleiter. Den Riesling, rechts, gabs zum Dessert.

Ein schlichter, schüchterner Tomme, aber einer der besten der Schweiz: Tomme Fleurette. Flankiert wird er von einem Testun al Barolo, höhlengereiftem Appenzeller und hausgemachtem Schalottenkonfit.

Auch zum Nachtisch ein Novum an meinem Tisch: Crema Catalana.

Wo warst du bis heute? Bestelle ich in Restaurants praktisch nie, für zuhause aber gerade wiederentdeckt und wahnsinnig Freude daran.

Hat das mit dem grassierenden 80er-Jahre Revival zu tun?

Das Praktische an so einem Mammut-Sonntags-Menü – man braucht für niemanden mehr Abendessen kochen.


30 Kommentare zu Teile und geniesse

  1. Schnick Schnack Schnuck am 29. November 2011 at 07:01:

    Ach da schau her, so heißt der? Mein Gemüsehöker wollte mir genau den Salat neulich als Löwenzahn andrehen. Kein Witz.

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  2. concuore am 29. November 2011 at 07:19:

    Hach. Ein wirklich schönes Menü passend zur Jahreszeit. Und sieben Stunden klingen angemessen 😉

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  3. BerlinKitchen am 29. November 2011 at 07:54:

    Toller Stoff, insbesondere der San Luigi.

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  4. katha am 29. November 2011 at 08:53:

    machst du das jetzt öfter? ich frag‘ nur, damit ich mir’s gut einteilen und die reise planen kann. im ernst: schön stimmiges, absolut unaufgeregtes menü, das nicht nur geruch und genuss, sondern auch gespräche und gaudi ermöglichst. gäbe es solche wirtshäuser doch bloß mehr. ein menü, das sich gerne ein paar stunden ziehen darf, ein menü, bei dem man keinen larousse in der tasche haben muss, ein menü, das man vermutlich höchst befriedigt in erinnerung haben wird und danach trotzdem nicht tot- sondern nur müde ins bett fällt. aber du willst ja keins aufmachen!

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  5. stephan am 29. November 2011 at 08:54:

    hey claudio,

    wahnsinnsmenue! wieviel davon war denn vorbereitet? und wieviel selbst gemacht? (Artischocken, Sesam-Flutes etc)

    Und gibt’s da auch mal Rezepte für?

    Beste Grüße

    Stephan

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  6. David am 29. November 2011 at 10:20:

    Meine Speicheldrüsen haben grad Fehlzündungen: Gleichzeitig läuft mir das Wasser im Mund zusammen und bleibt mir die Spucke weg. Des is a Wohnsinn, is des! Copy-Paste zum Weihnachtsmenü.

    Cheers, David

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  7. PEPE NERO am 29. November 2011 at 10:25:

    Ja,ja… so gemein, erst Adresse nicht preisgeben und uns dann mit den Bildern von Deinem Wahnsinns-Menue foltern…
    Liebe Grüsse
    Susann

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  8. Arthurs Tochter am 29. November 2011 at 11:08:

    Lieber Claudio,
    da frage ich mich schon den ganzen Morgen, warum die Leser von Dir zu mir strömen. 🙂
    Schön, dass Dir die Backen so gut geschmeckt haben. Und ja, wenn man die Vorarbeit erledigt hat, machen sie sich wirklich von selbst. 😉
    „obzessiv“ gefällt mir in dem Zusammenhang übrigens besonders gut! Ich könnte mich nackich in dieser Sauce baden, aber natürlich nie öffentlich! 😉

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  9. Eline am 29. November 2011 at 11:13:

    Abgesehen von den von mir ungeliebten Kalbsbäckchen (da hätte ich mich aber sehr an Sauce, Trüffeln und Bramata erfreut) eine sehr anregendes Menü.
    Ich beneide dich um den Catalogna, sowas bekomme ich hier leider nicht. Und auch um die Weinauswahl, vor allem der 2001 Oberto-Barolo!

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  10. Sheik am 29. November 2011 at 11:13:

    Claudio. ich warte immer noch auf die einladung 😉

    ein grossartiges menu

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  11. Alex am 29. November 2011 at 12:29:

    Claudio, Du bist so geil!! :=) Im Ernst, hab jetzt wahrlich eine Inspiration fürs Weihnachtsmenü bekommen! Linsen mit Seeteufel und Hummersauce werde ich etwas abwandeln, mit nem Scampispieß! Yeah! :=) Schöne Grüße!

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  12. Claudio am 29. November 2011 at 14:11:

    Haha, Gemüsehöker, gefällt mir, Schnick Schnack Schnuck. Also gewöhnlicher Löwenzahn (die Blume) ist es nicht, aber ich glaube Catalogna gehört als Zichorie schon irgendwie zu Löwenzahn (Wegwarten), oder kann uns da wer mit grünem Daumen mehr dazu sagen? Danke, concuore, allerdings die Gnocchetti von „Da Maria“ in Fano waren, zugegeben, noch eine Klasse besser. Ja, BerlinKitchen, durfte Weihnachten quasi vorfeiern! Von nicht wollen kann keine Rede sein, liebe Katha, aber wenn es dann zum Muss wird, bliebe zumindest bei mir ein grosser Teil Genuss und Freude auf der Strecke. Glaub ich. Aber danke für die Vorschusslorbeeren! Stephan, Rezepte sind zum Teil im Blog verteilt (kannst die Schlagwortsuche nutzen) oder kommen nach und nach mal rein. Es war so gut wie alles vorbereitet und nur noch à la Minute zu wärmen und anzurichten (sonst hätte ich gar nicht mitessen können) und alles ausser den Flûtes, der Salami, dem Schinken und dem Käse war selbstgemacht. Ehi, Davide, das hätte dir bestimmt alles sehr geschmeckt, würd verglemmi schon gerne eine Beiz aufmachen, ma lasciamo perdere, va! Deal, Susann: Du gibst mir deine preis und ich komme als Störkoch 😉 Oh ja, Astrid, se Kwiin of se Bäckchen, die Sauce ist zum niederknien! Catalogna und Barolo, damit könnte ich auf einer einsamen Insel überleben, Eline. Warum, Sheik, du bist doch da und geniesst es 😉 Yesss, Alex, rock das Ding!

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  13. Ellja am 29. November 2011 at 16:07:

    ich bin begeistert, schon wieder ein menü, bei dem ich jeden gang lieben könnte (mein favorit: seeteufel und linsen). aber eines muss ich dich schon fragen: wo sind bitte die zwetschgen truffes? 😉

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  14. David am 29. November 2011 at 17:08:

    Und wie hiesse sie denn, die Beiz? Zum sabbernden Kalb? Du Cuisinier Anonyme? Ich stünde Dir jedenfalls zur Verfügung. Und sei es nur als Testesser. Die Kalbsbäckli haben Kult-Potential. Und die Gnocchetti auch. Und die Crema. Und…

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  15. Ralf am 30. November 2011 at 19:49:

    Du hast meine ungeteilte Bewunderung. Ich bin schon hektisch wenn ich nur ein Foto aus einem Menü machen soll, zumindest wenn Gäste im Nebenzimmer
    sitzen. Wie war gleich nochmal dein Trick?

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  16. Thomas am 30. November 2011 at 21:28:

    Buonasera Claudio,grandioso furioso das Menu. Schade dass du die Kalbsbäggli erst jetzt kennengelernt hast 😉 Catalogna ist Hammermässig und kenne ich aus meiner Zeit als “ Lehrling “ der toskanischen Küche in der Antica Trattoria Botteganova in Siena. Weiter so, hänge mit Wasser an den Mundecken an deinem Blog…..Sonntag ist bei mir grande Cusina angesagt 🙂

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  17. Foodfreak am 1. Dezember 2011 at 09:21:

    Was für ein Wahnsinnsmenu, ich schliesse mich Katha an, dafür würde ich auch gern anreisen 🙂

    „Höker“ ist übrigens ein in Norddeutschland vollkommen gebräuchlicher Ausdruck gerade auch bei Gemüsehändlern (bis hin zu Gröönhöker), nicht abwertend.

    Und jetzt hab ich Hunger (und das um 9:20 Uhr am morgen…)

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  18. Barbara am 1. Dezember 2011 at 18:17:

    Sieben-Stunden-Menü?! Super! 🙂

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  19. Claudio am 1. Dezember 2011 at 20:37:

    Wow, gut aufgepasst, Ellja! War ein bisschen enttäuscht vom Zuggerbegg, denn sie waren nicht wirklich frisch, da hab ich sie mit Nichtknipsen bestraft. Den Namen haben wir schon lange, David, wenn wir den „Bären“ der Familie meiner Frau übernommen hätten, hiesse er heute: „L’Orso raffinato“! Ganz lapidar, Ralf, nicht hektisch sein – für alles andere gibt es Photoshop. Danke, Thomas, meglio tardi che mai, nicht wahr? Viel Erfolg am Sonntag! Du bist ja eh viel unterwegs, Petra, auch mal in der Regio Basiliensis? Knock-knock. Nichts gegen ein italienisches 14-Stunden-Hochzeitsessen, Barbara, dafür aber auch nicht so kitschig.

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  20. Tintin am 2. Dezember 2011 at 09:16:

    wo bekommst du denn in der Jahreszeit gute – sprich: „reife“ – Feigen her? …ansonsten Volltreffer, du bist gebookmarked 🙂

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  21. Claudio am 2. Dezember 2011 at 11:03:

    Ahoi, Tintin. Eigentlich hatte ich die Feigen schon abgeschrieben, weil es a) keine frischen oder b) wenn doch, nur aus Peru gab. Dann bin ich aber am Vortag bei meinem liebsten Gemüsetürken an die vermutlich letzten türkischen geraten. Waren genau richtig!

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  22. Silvan am 4. Dezember 2011 at 18:49:

    @Claudio: Du liegst vollkommen richtig! Ob Löwenzahn oder Zichorie (Chicorée, Cicorione), am Ende sind sie alle nah miteinander verwandt als Korbblütler. Wie auch Endivie und die ganzen anderen Salate, Artischocken, Topinambur, Schwarzwurzel, Stevia, Calendula, Sonnenblume usw. Von der Wurzel über Stengel, Blätter, Blüten bis zu den Samen könnte man ganze Menüs ausschließlich auf Basis von Produkten nur dieser einen Pflanzenfamilie aufbauen 🙂

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  23. David am 5. Dezember 2011 at 12:42:

    @Silvan: Schön hier, von Dir zu lesen. Ist biz wie an ner Party: Am Ende stehen alle in der Küche rum 😉

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  24. Claudio am 5. Dezember 2011 at 16:41:

    Ja, jetzt, klar! Du hast da den entsprechenden Bio-Background, Silvan, danke! Geile Menü-Idee, ich lass es mal reifen. Yes, David, AK-Style, I like it like that!

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  25. Nic am 12. Dezember 2011 at 10:48:

    Hi Claudio,

    ein großartiger Blog!!! Danke für tolle Inspirationen. Die Gnocchis in Tomatensoße lassen mich nicht los… Ich muss unbedingt wissen, wie das geht 😉 Wo finde ich das Rezept?

    Beste Grüße,

    Nic

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  26. Claudio am 12. Dezember 2011 at 14:23:

    Danke, Nic. Mein Rezept findest du hier. Wobei ein Fleischsugo nicht zwingend ist. Kannst auch eine einfache Tomatensauce machen: Olivenöl, Zwiebeln, Tomaten, Salz, Pfeffer am Schluss Basilikum. Gutes Gelingen!

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  27. Recent Blog Reads – Nov/Dec 2011 — Blind Tasting Club – Wine and Dine Blog am 14. Dezember 2011 at 18:46:

    […] Und zu guter letzt: Bei Claudio, dem anonymen Koch, konnte ich mir glatt Inspiration für mein eigenes Weihnachtsessen dieses Jahr holen. Es werden diese Kalbsbäckchen!! […]

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  28. Anonyme Köche » Blog Archive » Immer schoen anfeuern am 29. Dezember 2011 at 22:30:

    […] es bei diesem Menü Bäckchen vom Seeteufel, gab es diesmal Jakobsmuscheln auf den abruzzesischen Berglinsen. […]

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  29. Anonyme Köche » Blog Archive » Wenn das keine schönen Augen gibt. am 27. März 2012 at 00:17:

    […] immer noch der Renner unter meinen Blattsalaten: Puntarelle von der Catalogna. Habe ich hier schon mal […]

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  30. Anonyme Köche » Blog Archive » Hallo Herbst! am 24. September 2012 at 21:52:

    […] geht fast nicht. Das ist selbst für Kalbsbäckchen harte […]

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