Entwaffnend einfach
Ich liebe Linsen. Aber diese hier liebe ich ganz besonders: Schwarze Linsen aus Santo Stefano di Sessanio.
Natürlich, Linsen mit Speck, Würsten und anderen Schweinereinen sind toll. Von indischen Linsencurrys (Dhaals) lasse ich mich jederzeit verführen, oder von einer marokkanischen Harira, schön scharf, aber hallo!
Doch für Puristen, die immer die einfachste Zubereitung, den maximalen Geschmack aus wenigen Zutaten suchen, sind diese Linsen eine Offenbarung.
Mit etwas Glück findet man sie in einem italienischen Feinkostladen, ansonsten:
Ab nach Italien zum Gourmet-Shopping!
Für die einfachste Zubereitung braucht man:
Eine Hand voll Linsen
2 Esslöffel Olivenöl
2 Lorbeerblätter
2 Knoblauchzehen
geröstete Brotwürfel
Das Olivenöl wird erhitzt und mit dem Lorbeer und dem Knoblauch parfümiert, was die Italiener im Allgemeinen und Marcella Hazan im Speziellen «insaporire» nennen. Damit ist das sehr behutsame, gut 5 Minuten dauernde auslösen der Geschmacksstoffe gemeint.
Danach kommen die uneingeweichten Linsen hinzu, Wasser (etwas mehr als das doppelte Linsenvolumen) und 30 Minuten leise Kochzeit.
Die gerösteten Brotwürfel (es darf durchaus auch altes Brot sein) in einen Teller geben, mit den abgeschöpften, gesalzenen und gepfefferten Linsen überdecken und nicht zu knapp mit Olivenöl beträufeln.
Als Begleitung eignet sich ein würziger Pecorino – cremig frisch ebensogut wie gereift bröckelig – oder eben eine schöne Salsiccia.
Mein liebstes Gericht heisst jedoch Past‘ e lenticchie und geht so:
2 Hand voll Linsen
4 Esslöffel Olivenöl
2 Lorbeerblätter
2 Knoblauchzehen
1/2 Peperoncinoschote
2 Esslöffel passierte Tomaten
1 Stück Knollensellerie
250 g frische Quadrettini
Das Olivenöl erhitzen und darin den Knoblauch (am besten den einzigartigen aglio rosso di Sulmona), den Lorbeer, den Sellerie und den Peperoncino «insaporire», dann die Tomaten und die Linsen dazu und weiterhin «insaporire». Wasser dazu, gut salzen und gemässigt pfeffern (wir haben ja schon Peperoncino drin) und während 30 Minuten einköcheln.
Inzwischen frische Quadrettini (heissen teilweise auch Quadrucci) herstellen. Keine Lust auf selber machen? Auch okay, dann bitte frische Tagliatelle kaufen und mit dem grossen Gemüsemesser zu Quadraten schneiden. 2 – 3 Minuten kochen und – wichtig – das Kochwasser beim Abschütten auffangen.
Die Linsen zu den Quadrettini geben und so viel Kochwasser dazugeben, bis man eine schön kupfrig glänzende, betörend duftende Suppe mit Einlage hat.
Wer es nicht lassen kann und die Suppe unbedingt mit Pancetta oder Speck aufmotzen will, dem sei das erlaubt – je kälter es draussen ist, desto legitimer.
Einfach am Anfang beim «insaporire» mitrösten. Für Effekthascher und Aufschneider geht auch diese Variante: Dünne Speckscheiben separat knusprig rösten und als Garnitur auf die Suppe geben.
Italiener essen an Silvester Linsen, weil sie sich Glück und Reichtum davon versprechen. Bei mir kommen sie das ganze Jahr durch auf den Tisch, weil sie meinen Geschmacksinn bereichern, und glücklich machen sie mich auch.
Da ist schon was dran.
Da weint man vor Glück.
-Ich kann verstehen, warum Esau sein Erstgeburtsrecht verkauft hat.
Muss zu meiner Beschämung zugeben, dass ich erst wieder nachlesen musste, was es mit dieser Semiotik auf sich hat. Ich war zwar Messdiener, aber mich interessierte weder das alte noch das neue Testament: Ich war vor allem hinter den Hostien und dem Wein vom Pfarrer her 😉
-Die schwarzen Linsen gibt es (in überzeugender Qualität!) in Deutschland auch im Bioladen: Rapunzel Beluga-Linsen heissen die glaube ich. Damit habe ich schon das ein oder andere Dhaal gekocht, am liebsten mit Hühnerfleisch, Curry (alles, nur keine deutsche Mischung) und Mango-Chutney. Um mal wieder ein typisches Claudio-Wort zu gebrauchen: Hammer!
-Epilog: Achtung! Ich bin keine marokkanischen Harira 😉
-Epilog zum Epilog: Voll oberpeinlich, der Kommentar ging ja sowas von daneben. Da habe ich gestern im Stress eine Suppe für etwas ganz anderes gehalten. Und erst nachher gekuckt was eine Harira ist. Hoffentlich gibt´s kein Ärger mit der Fatwa.
Deshalb hier mein neues Manifest zum Senf abgeben in Blogs.
Schritt #1: In aller Ruhe das Posting lesen
-Schritt #2: unbekannte Begriffe klären
Schritt #3: Kommentar schreiben
Und ich hab mich nicht getraut zu fragen, was du damit meinst!
-Lieber Claudia, liebe Anonyme Köche
Herzlichen Dank für das überraschende Paket. Am Montag kam ich von einem Kurzurlaub aus Rom (wie Herr Gri)ins Büro zurück, war ganz erschlagen von so viel Kunst und Geschichte, demenstprechend matschig und lustlos und fand diese Überraschung im Postfach. Ein Lichtblick! Vielen Dank. Wie schön, wieder von Dir zu hören und endlich neue Nachrichten von Herrn Gri. Immer wieder habe ich mich gefragt, was er wohl so treibt?!
-Liebe Grüsse
Claudia
Läng mer s Gwehr, Claudia! Dich hier zu lesen ist auch eine schöne Überraschung. Wird Zeit, dass wir uns wieder sehen – 2008 definitif!
-[…] Eine davon sind Pasta-Gemüse-Kombinationen wie Pasta mit Bohnen (past‘ e faggioli), mit Linsen (past‘ e lenticchie), mit Brokkoli (past‘ e broccoli), mit Kichererbsen (past‘ e ceci) oder mit Kartoffeln (past‘ […]
-[…] Einlage gibt es entweder Quadrettini (quadratisch geschnittene Nudeln) oder Tagliarini. Für vier Personen werden 2 Volleier und ein […]
-[…] im geschlossenen Topf bei 180 Grad schmoren. Inzwischen Linsen zubereiten wie für Past‘ e Lenticchie aber stärker eindicken […]
-[…] und sehr fleischig. Dazu Hummersauce und Linsen aus den Abruzzen, mit denen ich auch gerne Past’ e Lenticchie […]
-[…] Eigentlich. Dann ist mir die italienische Pasta mit Lenticchie in den Sinn gekommen und der innere (Blogger-)Schweinehund, die Nase am Boden und immer auf der Suche nach mehr, trieb mich durch so einige Rezepte und noch mehr Anregungen. Bei My Miracles, bei lamiacucina natürlich (gibt es eigentlich ein einziges italienisches Pastagericht, das man da nicht findet??), bei Claudio. […]
-[…] musste ich vorhin denken, als ich etwas gar spontan beschlossen hatte, heute Abend Past’ e Lenticchie zu […]
-[…] einmal nicht aus Santo Stefano di Sessanio, mit denen ich gerne Past’ e lenticchie, also Linsensuppe, mache, sondern aus der Provinz […]
-Schade, dass ich das Rezept nicht schon 2007 kannte, Sohnemann und ich sind nämlich wirklich schwer begeistert davon und haben jeder 2 große Teller gegessen. Im Internet habe ich umbrische Linsen aufgetrieben (die schmecken wirklich grandios), Nudeln waren wie üblich selbstgemacht. Abwandlung meinerseits (ich hab es irgendwie nicht so damit, mich haargenau an Rezepte zu halten): etwas Soffritto zum Andünsten, etwas Zitronenabrieb (darauf stehe ich nun mal ;-))und frische Petersilie als Garnitur. Einfache Küche und dennoch ein Traum, kommt definitiv auf meine „immer-wieder-Kochliste“.
Danke für das tolle Rezept,
Niki
P.S. Ich freu mich schon sehr auf Euer Buch Italien vegetarisch!
-Cool, danke, Niki! Freu mich auch sehr auf das Buch 😉
-[…] und Pasta? Kann ich mir denken. Auch mir ist jeder Piatto povero mit Linsen, Bohnen oder Kichererbsen, wie diese Pasta e ceci, ein […]
-[…] Und, dass das das Lieblingsgericht von Claudio sei. DEM Claudio, les ich weiter, dessen Blog Anonyme Köche zu meinen liebsten gehört. Und dessen erstes Buch, das (antiquarisch aufgetrieben) seit zwei […]
-Sehr schönes Rezept!! Sicher springt die schwäbische Variante (wer dort gelebt hat muß das kennen) sofort ins Auge. Womöglich lohnenswert wäre auch eine historische Recherche, ob die inzwischen wieder zu bekommenden ALBlinsen (Albleisa)für die weite Verbreitung des Gerichts eine Rolle spgespielt haben. Die kleine Variante der Alblinsen ähnelt im Aussehen und Geschmack den umbrischen (aus Castellucio) schon sehr.
-Zum Schluß noch etwas (angelesene) Besserwisserei. Bei Vilgis fand ich die Unterscheidung zwischen Geschmack und Aroma. Erster ist wasserlöslich während Aromastoffe nur in Fett löslich sind. Finde ich als Differenzierung sehr hilfreich. Wird im Rezept ja auch durchgeführt, die Beschreibung ist halt mißverständlich. Herzlichen Gruß aus dem Ammerland
Dank, map. Eines von unzähligen fleischlosen italienischen Gerichten, die ohne Ersatzprodukte glücklich machen. Wegen Aroma: Heute schreibe ich in meinen Rezepten tatsächlich Olivenöl mit Knoblauch „aromatisieren“.
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